Wozu dienen UGVD-Abschläge???

  • Zitat


    Original von Selter:

    ohne Ihren Vorschlag wirklich ernst zu nehmen. drängt sich mir dann doch die Frage auf, warum Sie der Meinung sind, dass der ständig kritisierte MDK dann für eine Verbesserung der Medizin usw. sorgen würde. Wenn dem so wäre, müsste doch viel weniger Kritik seitens der Kliniken verbalisiert werden. So ganz verstehe ich das nicht.....


    Hallo Herr Selter,
    schade, dass Sie mich nicht ernst nehmen!

    Vermutlich sind Sie in einer Klinik, in der die Kollegen Ihre Verbesserungsvorschläge für die Dokumentation gleich in die Tat umsetzen!
    :i_respekt:

    Bei uns ist das leider nicht so! :a_augenruppel:

    Es wäre sicher ein großer Gewinn, wenn ein Kollege/Kollegin mit MDK-Erfahrung bei der Anamnese, der Visite, der Pflegevisite, der OP etc anwesend wäre und ständig Hinweise geben würde, wie man korrekt und ausreichend dokumentiert, um die Leistung korrekt abzubilden.

    Wir beide haben neulich darüber am Telefon geredet, dass ich in einer mehrstündigen Operation mit dem Lösen von Adhäsionen beschäftigt war aber durch meine Wortwahl im OP-Bericht leider die (Teil-)Adhäsiolyse nicht kodieren konnte. Hätte ich einen erfahrenen MDk-Kollegen zur Seite gehabt, wäre dies sicherlich nicht passiert.

    Vielleicht müssen sich manche MDK-Kollegen/Kolleginnen Kritik gefallen lassen weil sie nach jahrelanger ausschließlicher Gutachtertätigkeit den Boden unter den Füßen verloren haben.
    In vielen Fächer, nicht nur in der Gynäkologie, ist so einiges nicht mehr wie vor 10 Jahren. Ich habe deshalb schon einige Dispute gehabt, weil neuere OP-verfahren nicht immer korrekt nachvollzogen werden konnten.

    Meine Kodierkräfte sind allesamt erfahrene Schwestern, die ich heute gerne mit ihrem Wissen aus Kodierprüfungen und MDK-Begehungen auf die Stationen zurückschicken würde, um ihre Erfahrungen dort in die alltägliche Dokumentationspraxis einfließen zu lassen.

    Vielleicht habe ich es mit diesen Ausführungen verständlicher gemacht. Sonst können wir gerne nochmal miteinader telefonieren.
    Aber nicht morgen oder Donnerstag. Da habe ich wieder MDK-Begehungen mit 80 Prozent Verweildauerprüfungen bzw. §39 Überprüfungen.

    Nur ein Beispiel:
    Pat mit 140 kg, Rezidivvarikosis bei Z.n. Lungenembolie, Z.n.Ulcus cruris mit Hautverpflanzung, Marcumar-Dauertherapie, Vitalkapazität 70%
    Alleinstehende Patientin auf einem kleinen Dorf ohne öffentliche verkehrsmittel in ca 70 km Entfernung zur Klinik lebend.
    Fragestellung der KK: Hätte die Operation nicht ambulant durchgeführt werden können.
    Ich kann Ihnen das Ergebnis des Gutachtens mit 99% Wahrscheinlichkeit voraussagen: :i_baeh:
    Ein Berechnungstag wird \"großzügigerweise\" sozialmedizynisch akzeptiert.
    (Was kann die KK (Versichertengemeinschaft) denn dafür, dass die Frau so dick ist, dass sie keinen Mann hat, dass sie auf dem Dorf wohnt, dass sie wahrscheinlich ungesund lebt und keinen Sport treibt) :laugh:

    Medizinisch ist die MDK-Entscheidung angemessen. Alles andere ist Leistungsrecht wofür der MDK nicht zuständig ist.

    Das Beispiel ist kein Witz sondern tägliche Realität!

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Heller,

    ich habe es nicht ernst genommen, dass Sie MDK-Prüfer dazu verdonnern wollen, nach 4 Jahren wieder zurück in die Klinik zu müssen. Frau Dr. Busley erwähnte auch den Segen der freien Berufswahl.
    Wenn es nur um eine MDK-sichere Dokumentation geht, gerne, nehm ich auch. Dass aber eine Zwangsrückführung von MDK-Ärzten die Medizin (und ihre Anhängsel) in den Kliniken merklich verbessern würden, wage ich zu bezweifeln. Der zunehmende ökonomische Druck (Fallprüfungen, Konvergenzphase) wird da noch ein bisschen Potential in den Kliniken freilegen.

    Und wenn nicht, was soll`s? Entweder braucht es dann nicht (kommen blendend mit unserem Budget klar und das MC klärt alles unklare) oder das System fordert seine Opfer, die es haben will. Natürlich ist der letzte Passus flappsig....

  • Hallo,
    wie wäre es denn dann mit einm Pflichtpraktikum der klinischen Kollegen beim MDK? Da lernt man doch vielleicht auch das Intepretieren von und den Umgang mit Dokumentationen .... :lach:

    ok. - war nur ein Vorschlag :rotwerd:

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Horndasch,
    keine schlechte Idee - vielen Dank!

    Insbesondere Chefärzte und Oberarzt-Kollegen würde ich gerne mal da hin schicken. Denn der (MC-)Prophet gilt nichts im eigenen Lande. :a_augenruppel:

    Aber ich sehe schon, ich bin wahrscheinlich der einzige Don Quichote im Kampf gegen schlechte (nicht MDK-gerechte) Dokumentation. ;(

    Vermutlich liegt das daran, dass die MC-Kollegen bzgl Dokumentationsqualität alle weisungsberechtigt gegenüber ihren Chef- und Oberärzten sind. :d_neinnein:

    Dann verstehe ich allerdings nicht das Umfrageergebnis von Herrn Thieme & Kollegen, die immerhin einen durchschnittlichen Casemixverlust von 0,151 Punkten pro geprüften Fall feststellen. Irgendwie passt das nicht zusammen. gute Dokumentationsqualität und rel. hohen Punktverlust. :sterne:
    Bei uns lag er durchschnittlich unter 0,1 Punkten. :biggrin:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Zitat


    Original von Thomas_Heller:
    Insbesondere Chefärzte und Oberarzt-Kollegen würde ich gerne mal da hin schicken. Denn der (MC-)Prophet gilt nichts im eigenen Lande. :a_augenruppel:

    Aber ich sehe schon, ich bin wahrscheinlich der einzige Don Quichote im Kampf gegen schlechte (nicht MDK-gerechte) Dokumentation. ;(

    Vermutlich liegt das daran, dass die MC-Kollegen bzgl Dokumentationsqualität alle weisungsberechtigt gegenüber ihren Chef- und Oberärzten sind. :d_neinnein:


    Hallo Herr Heller,

    da kann ich sie beruhigen. Sie reiten da nicht allein gegen die langsam mahlenden Mühlen an. Andern gehts genauso. Häufigste Aussage ist dann: \"Ich dokumentiere doch nicht für den MDK\" oder \"Die Epikrise ist für den Hausarzt und nicht für den MDK\". Das mag zwar sein, aber meine Erfahrung hat leider gezeigt, dass das, was der MDK letztlich an der Dokumentation moniert hat, gerade die Informationen enthalten hätte, die auch für den Hausarzt wichtig gewesen wären. Oder nach sechs Wochen keiner mehr den Fall genau nachvollziehen kann, weil während des stationären Auifenthaltes jeder bescheid wußte, aber sich niemand die Mühe gemacht hat auch mal was aufzuschreiben. Dann habe ich natürlich auch keine Argumente, wenn Anfragen kommen. Die Doku ist eben nicht nur für den MDK da, aber da rennen sie gegen Mauern oder eben gegen Mühlen an.

    Schönen Feierabend
    MfG findus

    MfG findus

  • Zitat


    Original von Findus:

    Hallo Herr Heller,

    da kann ich sie beruhigen. Sie reiten da nicht allein gegen die langsam mahlenden Mühlen an. Andern gehts genauso. Häufigste Aussage ist dann: \"Ich dokumentiere doch nicht für den MDK\" oder \"Die Epikrise ist für den Hausarzt und nicht für den MDK\".

    Hallo Findus,
    das beruhigt mich doch sehr. Ich dachte durch die vorangehenden Posts, dass ich allein auf weiter Flur bin. So habe ich doch noch einen Mitstreiter.
    Dann sind wir schon zwei Don Quichotes.
    :e_aragorn::e_aragorn:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo,
    bei uns hat sich die Sitte eingebürgert, das jedes Gutachten, welches die Verweildauer kürzt, an den zuständigen Chefarzt weitergeleitet wird, sofern für mich als verantwortlichen MCler aus der Doku keine Grundlage für den Widerspruch hervorgeht. Diese Verfahren haben wir jetzt auch auf dei Vorbereitung der In-Haus-Prüfungen erweitert. Es wird ein langer und steiniger Weg werden, aber vielleicht merken doch einige der Kollegen, dass sie Arbeit verlagern könen, wenn sie die Assistenten zur Doku während des Aufenthaltes anhalten.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • MDK gerechte Dokumentation??
    Egal wie gut eine Dokumentation aktuell mit und ohne Chefarzt ist - da es auch um forensiche medizinische oder auch um soziale Belange geht - die der MDK nicht berücksichtigen darf oder nach großem Senatsbeschluss KK seitig nicht berücksichtigt werden muss - werden wir in einigen Fällen daran \"hängen\" bleiben. Fakt.

    Zukunft ist der \"Summary\" aller Ärzte dals Novum, das bei Aufnahme und täglich bei Visite, die jeden Tag die stationäre Indikation erneut bestätigt. Dies ist meine Botschaft im Krankenhaus. Die gelbe VWD Karte zeigt jedoch dann nicht der MDK den Abteilungen sondern die Klinikleitung über uns als MC´s oder Case-Manager.
    Historie:
    1. Das BMG hat die UGVD eingeführt, dass es nicht bei der Einführung des DRG Systems zu einer möglichen \"blutigen Entlassung\" kommt.
    2. Herr Tuschen BMG ist nach eigenen Angaben über den \"Selbstläufer\" der \"Überschreitung der UGVD\" und der resultierenden Abschläge selbst überrascht.
    3. Herr Heimig - IneK beteuert immer, dass obwohl die UGVD Abschläge rein rechnerisch berechnet werden, die Abschläge größer als einer tatsächliche Tageskalkulation entsprechen würden. Lassen wir so stehen. Fakt ist dass nicht der \"Tagespflegesatz\" sondern die Behandlung als aufwändigster Bestandteil den \"Gesamtpreis\" steuert.
    4. Die KK den Patienten gerne vollständig behandeln lassen, einem Abschlag von ca. 1/3 der DRG pro UGVD Tag bei \"sekundärer Fehlbelegung in der UGVD\" entgegensteht. Deal oder Zechprellerei, wie man es von jeder Seite sehen kann.
    Ggf. können auch zwei UGVD Lieger \"mehr Geld\" erwirtschften als 1 \"vollständiger\"...
    5. Herr Röder spricht es aus: Das DRG System muss neben Eintages- auch andere kurze Mehrtagesfälle in Fallpauschalensystem anbieten, damit die Vollständigkeit einer Behandlung (DRG=Fallpauschale!!) sich nicht über Tage ausdrückt.

    Dann prognostiziere ich einen Verfall der Behandlungstage in das Bodenlose, wie bereits die asymetrische Verweildauer von 20 DRG´s mit bisher ungeahnter Dynamik in der VWD Verkürzung zeigt incl. VWD bei Mengengerüstverhandlungen...

  • Hallo Herr Ritter,
    ich teile im Wesentlichen Ihre Ansichten bzw. Darstellung, aber...

    Zitat


    Original von ARitter:
    Historie:
    1. Das BMG hat die UGVD eingeführt, dass es nicht bei der Einführung des DRG Systems zu einer möglichen \"blutigen Entlassung\" kommt.
    2. Herr Tuschen BMG ist nach eigenen Angaben über den \"Selbstläufer\" der \"Überschreitung der UGVD\" und der resultierenden Abschläge selbst überrascht.


    [c=blue]Sie meinten sicher \"Unterschreitung der UGVD\"? oder habe ich da etwas falsch verstanden?[/code]


    Zitat


    3. Herr Heimig - IneK beteuert immer, dass obwohl die UGVD Abschläge rein rechnerisch berechnet werden, die Abschläge größer als einer tatsächliche Tageskalkulation entsprechen würden. Lassen wir so stehen. Fakt ist dass nicht der \"Tagespflegesatz\" sondern die Behandlung als aufwändigster Bestandteil den \"Gesamtpreis\" steuert.


    [c=blue]Dem letzten Satz kann ich nicht zustimmen! Die Argumentation von Herrn Heimig ist ja gerade die, dass die Behandlung nur einen Bruchteil der Gesamtkosten, die durch den Tagespflegesatz dominiert wird, ausmacht.

    Wenn Sie sich die Kosten-Daten aus dem DRG-Browser ansehen, dann ist das nachvollziehbar.

    Als Beispiel nehme ich mal die Amputation F13C, da hier keine Implantankosten das Bild verfälschen können:

    Bei einer durchschnittlichen Verweildauer von 15! Tagen machen die Kosten auf der Normalstation drei Viertel der Gesamtkosten aus. Die ganze Diagnostik und die Behandlung im OP ist also für ein Viertel zu haben.
    Wenn Sie die Leistung ambulant (z.B.Zehenamputation) erbrächten und die Kostendaten für OP und Anästhesie allein zu Grunde legen, wäre der Eingriff sogar für weniger als 700€ zu haben.

    Die Philosophie von Herrn Heimig ist also (wenn ich ihn richtig verstanden habe): In minder schweren Fällen, die vielleicht gerade mal der stationären Behandlung bedürfen, aber nach ein bis zwei Tagen wieder entlassen werden können, kann nicht der volle Preis der DRG, die auf eine mittlere Verweildauer von 15 Tagen ausgelegt ist und in der der \"Tagespflegesatz\" von 15 Tagen steckt, gerechtfertigt sein. Also sind hierfür Abschläge hinzunehmen.

    Die Krankenkassen und der MDK setzen nun alles daran, diese Abschläge mitzunehmen und machen dabei keinen Unterschied zwischen minder schweren Fällen und besonders guter Organisation, die manchmal auch erheblichen Aufwand verursacht. Siehe Beispiel \"Fast-Track-Chirurgie\".[/code]

    [c=crimson]Und in dieser fehlenden Unterscheidung liegt die Fehlsteuerung!
    da bei der Kostenermittlung die minder schweren Fälle und die gut und fortschrittlich organisierten Abteilungen in einen Topf geworfen werden.[/code]

    [c=blue]Noch ein Beispiel, um dieses deutlich zu machen!

    In der Geburtshilfe nimmt die Kaiserschnittfrequenz in den letzten Jahren exorbitant zu. Nicht etwa deshalb, weil man dadurch noch mehr Kindern das Leben retten könnte oder sonstige gesundheitliche Gefahren von Ihnen abwenden könnte.
    Es sind reine wirtschaftliche Überlegungen: Ein einfacher Kaiserschnitt bringt einen Mehrerlös gegenüber einer einfachen Spontangeburt von ca 1000€.
    Der Kaiserschnitt ist planbar und erfordert einen Zeitaufwand von ca 20 Minuten Schnitt- Naht-Zeit.
    Die Spontangeburt ist nicht planbar. Betreuungs- und Personalbindungszeiten betragen häufig zwischen 8 und 10 Stunden.

    Für den Preisunterschied macht Herr Heimig aber in erster Linie die längere durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Kaiserschnittpatientin veranwortlich.

    Außerdem sieht man an diesem Beispiel die Perfidie des Systems:
    Dadurch, dass jede dritte Frau einen Kaiserschnitt bekommt, werden die Spontangeburten (das sind die Fälle, die so rasch ablaufen, dass man rein zeitlich nicht mehr zu einem Kaiserschnitt kommt) im Preis immer niedriger, da die Personalbindungszeiten immer kürzer werden. Ergo wird die Spontangeburt (vor allem die, die etwas protrahiert verläuft) erlöstechnisch immer unattraktiver[/code]

    Sehen Sie das anders????
    :i_drink:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,

    Zitat


    Original von Thomas_Heller:

    In der Geburtshilfe nimmt die Kaiserschnittfrequenz in den letzten Jahren exorbitant zu.
    Es sind reine wirtschaftliche Überlegungen:


    Folgekosten

    Siehe hierzu:


    “The cumulative incidence of asthma was 4.0/1000. Children delivered by CS had a 52% increased risk of asthma compared with spontaneously vaginally delivered children (adjusted hazard ratio [HR] = 1.52; 95% confidence interval [CI] = 1.42 to 1.62). Between 1988 and 1998, planned and emergency CS was associated with a 42% (HR = 1.42; 95% CI = 1.25 to 1.61) and 59% (HR = 1.59; 95% CI = 1.44 to 1.75) increased risk of asthma, respectively.”

    cesarean section (CS)


    The Journal of Pediatrics
    Volume 153, Issue 1, Page 112 (July 2008 )

    Cesarean Section and Risk of Severe Childhood Asthma: A Population-Based Cohort Study
    Mette C. Tollånes


    Gruß

    E Rembs

  • Hallo Herr Rembs,

    in der Zeit der Quartalsberichte ist leider das Asthma vom Kaiserschnitt für den Kostenträger zu weit weg! 8o

    Gruss
    Dr. Christian Kramer

    Orthopäde - Oberarzt