Ihr "Kriminellen": Nehmt dies

  • Respekt, Herr Doetschmann,

    ich selbst hätte meine Meinung nicht besser formulieren können.
    ich bin sehr auf die Antwort auf Ihr Schreiben gespannt.

    Gerade ihr letzter Satz war mein erster Gedanke, als ich von dem GA hörte.

    Zitat

    Die Intention der AOK überhaupt ein Gutachten mit dieser Fragestellung zu beauftrage, sagt schon sehr viel über die Haltung der AOK gegenüber den Leistungserbringern aus. Eine Basis für eine vernünftige Zusammenarbeit wird hiermit zunichte gemacht.

    _______________
    Freundliche Grüße

    S.

  • Stopp!

    Zitat


    Original von R.Doetschmann:
    „Wes Brot ich fress, des Lied ich sing“

    Ich finde das nicht haltbar. Ich findes es, auch von der Wortwahl (fress), auch stilistisch bedenklich.

    Es gibt sicher in der Argumentation einige Kritikpunkte, die müsste man aber m.E. anders beantworten. Man könnte z.B. diskutieren, inwieweit der untersuchte Gegenstand bereits als Annahme in die Untersuchung einfliseßt. Dazu müsste man die Arbeit aber feiner beleuchten als in Ihrer Kritik.

    Der Kriminologe kann sich zunächst nur aus seiner fachlichen Sicht damit befassen. Das GA sagt sehr wohl aus, dass es verschiedene Gründe für falsch oder zumindest zu korrigierende Abrechnungen gibt.
    Es sagt auch aus, der der Anteil der bewussten Falschabrechnung wahrscheinlich klein ist, und wagt nciht, diesen zu beziffern.

    Es stellt gleichwohl fest, dass auch das Letztere nicht zuletzt wegen des alltäglichen Umgangs damit nicht sanktionsbewehrt ist. Das das aus kriminologischer Sicht fragwürdig ist, ist nachvollziehbar, wenn selbst weiderholtes Schwarzfahren eine Straftat ist.

    Die Detaildiskussion die Sie hier anstossen, muss sicher geführt werden. Auf die Komplexität des Systems wird aber hingewiesen.

    Zitat

    Die Intention der AOK überhaupt ein Gutachten mit dieser Fragestellung zu beauftrage, sagt schon sehr viel über die Haltung der AOK gegenüber den Leistungserbringern aus. Eine Basis für eine vernünftige Zusammenarbeit wird hiermit zunichte gemacht.

    Die Basis für eine vernünftige Zusammenarbeit wird vom Tagesgeschäft mit den Regionaldirektionen und Verhandlungsführern bestimmt. Ein solcher GA-Auftrag hat damit nichts zu tun. Dass die Kostenträgerseite auslotet, inwieweit justiziables Verhalten zur nicht sachgerechten Verwendung von Mitteln der Solidargemeinschaft beiträgt, ist nicht zu beanstanden. Die KH-Seite wird das nicht von sich aus tun.

    Die beauftragende Kasse hat zu Anfang des Jahres deutlich an der Medienkampagne mitgewirkt. Die gleiche Kasse hat auch die 6-Wochen Korrekturfrist durchgesetzt, während sie gleichzeitig ALtfälle aus dem Jahr 2006 aufgedrahtet hat. Dies alles kann man kritisieren. Dennoch ist es natürliches Verhalten, die sachgerechte Verwendung von Mitteln zu überwachen.

    Wer ohne Fehler ist, erhebe die Vorwürfe (um das blödsinnige Bibelzitat zu umschiffen).

    merguet

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,


    Zitat


    Original von merguet:

    Ich finde das nicht haltbar. ..., auch von der Wortwahl

    Vielen Dank für diesen m.E. berechtigten Hinweis


    Zitat


    Original von merguet:

    ... auch stilistisch bedenklich


    ...denn im Königreich Hannover galt wie überall:

    Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.

    Heute würde man wohl sagen:
    Wem sein Brot ich ess, dem sein Lied ich sing.

    http://www.spiegel.de/kultur/zwiebel…,415534,00.html


    Gruß

    E Rembs

  • Liebe Mitstreiter,

    nachdem ich nun auch das Gutachten gelesen habe und die hier veröffentlichen Kommentare, kann ich mich dem Schreiben von Herrn Kollegen Doetschmann nicht anschließen.
    Ich denke, dass damit ein \"Miteinander\" nicht gefördert wird.

    Auch im Gutachten gibt es verschiedene Kritikpunkte, die diskutiert werden sollten, wobei in erster Linie die Definition des \"Fehlers\" bei der Abrechnung zu nennen wäre. Die Tatsache, dass in den Prüfungen nach §275 überwiegend Inkorrektheiten zu Lasten der Kassen enthalten sind, ist dem Selektionsverfahren, was ja im Gutachten beschrieben wurde, geschuldet. Dies ist nicht dafür entwickelt, um Inkorrektheiten der Abrechnung des Krankenhauses zu finden, die zur Erhöhung der KH-Rechnung führen würden. Dies prozentuale Verteilung ist hier durch die Zielstellung und Auswahl des kassenseitigen Prüfverfahrens zumindest mitbedingt.

    Insgesamt bin ich der Meinung, dass der Gutachter sich aus seiner kriminologischen Sicht objektiv zum Sachverhalt äußert und daraus nachvollziehbare Schlüsse zieht.

    Diese sollten auch aus der Krankenhaussicht gewertet und diskutiert werden.

    Mfg

    U.Neiser

    Uwe Neiser


  • Liebes Forum,

    ich unterstütze den Beitrag von Herrn Doetschmann und kann nachempfinden, dass es einem in der täglichen MDK-Tretmühle einmal reicht. Im Gesetz sind die Rahmenbedingungen für die Einzelfallprüfungen nach §275 m.E. ausreichend (auch im Nachgang durch Urteile) geregelt, die praktische Umsetzung auf Kassen- und MDK-Seite lässt aus meinem Betrachtungswinkel zur Zeit noch sehr zu wünschen übrig.

    Der Alltag ist weiterhin, dass man mit unqualifizierten MDK-Gutachten herumärgern muss (handschriftlicher Zweizeiler durch einen fachfremden Arzt), dass die KK den vermeindlich strittigen Betrag schon nach dem ersten MDK Gutachten verrechnen (insb. AOK), obwohl sich dann herausstellt, dass unsere Kodierung sachgerecht ist.

    Meiner Meinung nach hätte es ein soziologisches Gutachten gebraucht, damit beiden Seiten etwas über den Habitus des anderen hätten \"lernen\" können (Beitrag zum gegenseitigen Verständnis).

    Bei der Wortwahl schliesse ich mich den Vorrednern an. Nur durch eine qualifizierte und wertschätzende Ausdrucksweise kann man in Streitfragen inhaltlich weiter kommen.

    made 95

    Wenn es Ihnen gut geht, informieren Sie bitte ihr Gesicht. :)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    nicht nur die AOK sieht hier das Strafrecht tangiert:

    Aus \"Die Internet-Zeitung für Insider im Gesundheitswese\" von heute:

    SPD will Korruption im Gesundheitswesen härter bestrafen
    Berlin. Korruption im Gesundheitswesen muss wirksamer bekämpft werden. Dies fordert die SPD-Fraktion in einem Antrag, in dem sie vorschlägt, das Strafgesetzbuch so zu ändern, dass Korruptionshandlungen niedergelassener Vertragsärzte Straftatbestände darstellen. Durch entsprechende gesetzliche Regelungen sei sicherzustellen, das systematische Falschabrechnungen von Krankenhäusern mit spürbaren Sanktionen geahndet werden, heißt es weiter. Weiter müssten die Länder besonders qualifizierte Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Ermittlungsgruppen bei der Kriminalpolizei errichten, fordern die Sozialdemokraten.
    Durch Korruption, Abrechnungsbetrug und Falschabrechnungen gingen der gesetzlichen Krankenversicherung jedes Jahr erhebliche Summen an Versichertengeldern verloren, begründen die Parlamentarier ihre Initiative. Schätzungen zufolge seien dies zwischen 5 und 18 Milliarden Euro pro Jahr.

  • Moin,

    Ich möchte noch mal auf einen Punkt hinweisen, also zitiere ich mich (unhöflicherweise) mal selbst.

    Zitat


    Original von merguet:
    Da wird gezeigt, dass bei dem vorselektierten Prüfungskollektiv (10-15% aller Fälle) zwar Fehler zuungunsten der Kasse bestehen, aber immerhin bei 3,5-8 % der Prüfungen Fehler zugunsten der Kasse bestehen.

    Da diese Fälle nicht in diesem Sinne vorselektiert sind, muss davon ausgegangen werden, dass ähnliche Raten bei allen Fällen aufzufinden wären, während die Fehlerraten zuungunsten der Kasse in dem Rest-Kollektiv (85-90 % der Fälle) vermutlich erheblich geringer wären (eben weil Sie gerade bei der EDV-gestützten Prüfungen der Kassen unauffällig waren).

    Insofern kann man vermuten, dass sich die Fehler auf beiden Seiten vermutlich gegenseitig ganz oder Teilweise aufheben.

    Der Bunderechnungshof geht von einem Kapitalschaden von 850 Mio Euro durch falsch zu hohe Abrechnungen aus.

    Nimmt man dagegen nur 3,5 % falsch zu niedrige Abrechnungen an und rechnet je Fall 1000 Euro, dann hat man bereits 600 Mio Euro Kompensiert.

    Rechnet man dann noch den Aufwand auf beiden Seiten, dann erkennt man, wieviel Geld die gesamte Fallprüfung vernichtet. Es dürfte der Einsparsumme durch Prüfungen mindestens ebenbürtig sein.

    Gruß

    merguet

  • Ach, noch was,

    Wenn man das Ganze mit einer Forderung zur Offenlegungspflicht aller GA gegenüber den KH verbindet und eine Sanktion für Falschbegutachtung mit einführt (Dies es eigentlich sogar schon gibt, §839a BGB) , dann soll mir das sogar Recht sein.

    Gruß

    merguet

  • Guten Morgen Merguet,

    ich enttäusche Sie nur ungern, aber § 839a BGB regelt die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen. Der haftet auch nur dann, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet und dieses zu einer für die Parteien eines Verfahrens nachteiligen Entscheidung führt. Der dann entstehende Schaden ist zu ersetzen.

    Die MDK-Gutachter fallen nicht (auch nicht in analoger Anwendung) unter diese Regelung. Die MDK-Gutachter können den Krankenhäuser auch keinen unmittelbaren Schaden zufügen. Ein unmittelbarer Schaden kann nur durch die Entscheidung bzw. das Verhalten der KK entstehen. Diese mag sich ihrerseits beim MDK schadlos halten, wenn sie falsch beraten wurde.

    Mit freundlichen Grüßen
    DRGRecht

  • Moin, DRGRecht,

    Nun gut, Danke für diesen Hinweis. Bliebe die Forderung umso mehr bestehen.

    Gruß

    merguet