T79 Frühkomplikation oder S-Kode mit T89 Komplikationen einer offenen Wunde

  • Hallo allerseits und ein frohes Neues Jahr allen Forumsmitgliedern!

    Ich benötige Hilfe bei folgendem Fall aus dem Jahr 2012 und bitte um Nachsicht: das Thema wurde schon zigmal hier diskutiert, aber ich komme einfach nicht weiter und stelle es daher erneut ein.

    Am 09.05.12 BG-licher Unfall: Schürfwunde und Hämatom am Unterschenkel. Patient behandelte selbst.
    Am 29.05.12 Vorstellung in der Klinik wegen fehlender Wundheilung und beginnendem Infekt. Aufnahmebefund: z.T. nekrotisch, z.T. schmierig belegtes Ulcus über Tibiavorderkante, auf Druck entleert sich eitriges Sekret. (So auch im Arztbrief beschrieben)
    Am 30.05.12 Wunddebridement und Vac-Anlage, iv-Antibiose, am 01.06. Abnhame Vac-Verband bei sauberem Granulationsgewebe.

    Kodiert wurde: HD T79.8 sonst. Frühkomplikation eines Traumas
    BG fordert: HD S80.81 Oberflächliche Verletzung des Unterschenkels, Schürfwunde und ND T89.02 Komplikation einer offenen Wunde, Infektion.

    Begründung: lt. Arztbrief läge eine offene Verletzung in Form einer nicht heilenden Schürfwunde mit zunehmender Rötung vor. Diese soll gem. DKR 1905c (2012) spezifisch mit S80.81 und T89.02 kodiert werden.

    Ich bin der Auffassung, dass keine offene Wunde mehr vorliegt und daher der S-Kode nicht mehr zu verwenden ist. natürlich besteht bei einem Ulcus eine Kontinuitätsdurchtrennung der Haut, dies ist aber doch wohl die Komplikation der ehemaligen Schürfwunde und ist nicht als "Fortbestehen" der ursprünglichen Schürfwunde zu sehen?


    Der Patient wird am 25.06.12 erneut stationär aufgenommen: es bestnad weiterhin eine Wundheilungsstörung mit 2cm großem, 0,5 cm tiefen Defekt. Dann erneut Vac-Therapie, Wunddebridementund Sekundärnaht am 06.07.12.

    Kodiert wurde: HD T79.8
    BG fordert: HD S80.81 Oberflächliche Verletzung des Unterschenkels, Schürfwunde und ND T89.3 Komplikationen einer offenen Wunde, Sonstige (Verzögerte Behandlung, verzögerte Wundheilung)


    Ich bitte Sie um Ihre Meinungen zu diesen beiden Fällen. Wie wird korrekt kodiert?

    Viele Grüße

    kodeverdreher

  • Hallo Kodeverdreher,

    wenn im Brief steht, dass es sich um eine nicht heilende Schürfwunde handelt, dann liegt immer noch eine offene Wunde mit einer Komplikation vor.
    Der Infekt ist wirklich Folge der Schürfwunde und nicht Folge der Hämatoms? Gerade an der Tibiavorderkante kommt es doch bei Hämatomen immer wieder zur Entwicklung von Nekrosen, unabhängig von einer offenen Verletzung. Dann wäre aber die Nekrose bzw der Hautdefekt HD.

    Gruß
    B.W.

  • Einen Wunderschönen Guten Morgen,

    Wie sieht es aus wenn sie die S80.1 nehmen als HD. Meines erachtens ist die T79 auch nur als ND zu wählen.
    zusätzlich der OPS 5-869.1 ( falls er durchgeführt wurde).

    Gruß die Hütti !!!!
    P.s. Wann kommt der Frühling???

  • Guten tag,


    vielen Dank für die Rückmeldungen! Ich hatte gerade an anderen Großbaustellen Land unter und komme erst jetzt dazu Ihnen zu antworten.

    Ich bin weiterhin nicht der Meinung , dass die ehemalige Schürfwunde noch als HD zu wählen ist. Wenn aus der ehemaligen oberflächlichen Schürfwunde ein mittlerweile zentimetertiefes Ulcus entstanden ist, bin ich der Auffassung, dass hier ein eigenständiges Problem entstanden ist. Ich habe der BG nun in beiden Fällen widersprochen und bleibe bei der T79 als HD.

    Interessanterweise habe ich einen ganz ähnlichen Fall mit dem MDK-Gutachter vor Ort in ca 10 sec abgehandelt. Die Fragestellung war die gleiche: Schürfwunde am Unterschenkel, dann stationäre Aufnahme mit nicht heilendem, tiefen, infiziertem Defekt. MDK sagt: HD ist die T79. So war es auch kodiert.


    Ich werde die Antwort der BG hier berichten.


    Vielen Grüße und einen schönen Tag noch!


    Kodeverdreher

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    ich verstehe Ihr Beharren auf T79 nicht. Entweder es liegt eine Komplikation einer offenen Wund vor (so wir es jedenfalls beschrieben), dann ist offene Wunde HD (in den DKR steht nichts von offener Wunde bei Vorstellung) oder es wäre medizinisch anders zu sehen, was aber immer noch keine T79 rechtfertigt. T79.8 beschreibt eine sonstige Frühkomplikation eines Traumas. Es ist liegt aber keine "sonstige", sondern eine spezifische vor: Ulkus oder Nekrose. Für beides gibt es spezifischere Kodes als "sonstige Frühkomplikation". Da wäre dann auch noch die DKR D005d zu berücksichtigen. Ebenfalls zu beachten ist, dass die 1905c für 2013 angepasst wurde.
    Aber mal nebenbei: Ist schon aufgefallen, dass Schürfwunden im OPS nicht unter "offene Wunde" fällt?

    Dass MDK-Beurteilungen nicht wirklich ein Gütesiegel für Kodierung sind, dürfte klar sein.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Vielen Dank Herr Selter für den Hinweis dass im ICD "Schürfwunden UNGLEICH offene Wunden".

    Ich stehe gerade vor einem ähnlichen Problem, bei einem Patienten mit Bursitis am Ellenbogen nach Sportunfall.

    07.04.13: Sturz auf das Ellenbogengelenk li mit Schürfwunde; Im Verlauf der nächsten Tage Schmerzen und Schwellung im Bereich des Ellenbogens bis zum Unterarm ziehend.

    11.04.13: Vorstellung im KH mit Schwellung und Rötung über Ellenbogen links bis im Bereich des ulnarseitigen Unterarms; keine Fluktuation, kein Pus, mit zentraler Hautabschürfung, Ellenbogen frei beweglich. Diagnose posttraumatische Bursitis olecrani.

    12.04.13: intraoperativer Abstrich seröses Flüssigkeit nach Durchtrennen der Subcutis --> Staph. aureus und Staph. lugdunensis; Bursektomie in toto, Histo: fibrinös-eitrige Exsudatbildung

    Kodiert wurde:
    HD M70.2 Bursitis
    ND S50.81 Schürfwunde U-Arm, T79.3 posttraumatische Wundinfektion, a.n.k. + Keime


    Versicherung fordert als ND stattdessen T89.02 Komplikation der offenen Wunde, Infektion

    Was ist nun zutreffend? Nach Herrn Selters Hinweis werden wir es weiterhin mit der T79.3 versuchen.

    E. Hamel
    Medizin Controlling - MDK-Anfragen
    Baden-Württemberg

  • Hallo Herr Hamel,

    ich halte die T89.02 für falsch. Das geht für mich eindeutig aus der DKR D1905 hervor. Sie können ja "Ihre" spezifische Komplikation mit M70.2 benennen. Mit den Keimen haben Sie eigentlich genau das Beispiel aus den DKR.
    Wieso wollen Sie T79.3 zusätzlich kodieren?

    Viele Grüße

    kodeverdreher

  • hallo Kodeverdreher!


    für mich ist in dem Fall von elham einiges verdreht, sowohl medizinisch als auch in der Kodierung.


    Medizin
    Es gibt " septische " und " non-septische " Bursitiden. Letztere werden ( unglücklicherweise ) auch traumatische genannt, wenn sie in der folge eines Traumas auftreten.


    Kodierung
    Der ICD nennt die septische Bursitis < infektiöse Bursitis >


    Im Fall von elham hat der Patient einen absolut typischen Verlauf einer septischen Olecranon-Bursitis.
    Diese kodiert mit M71.12, nicht mit M70.2.
    Dazu kommt natürlich noch der Keim mit Ausrufezeichen.
    Damit ist dann aber alles kodiert.


    Eine Infektion einer offenen Wunde ( T89.02 ) kann schon formal nicht kodiert werden, da keine offene Wunde vorlag ( S50.81 ist nicht S51.0 ).
    Eine " posttraumatische Wundinfektion, T79.3 " war es auch nicht. Diese Infektion wurde im Moment des Unfalls initiiert. Das ist etwas anderes als eine Infektion einer bestehenden ( Schürf- ) Wunde, wie sie zb auf den ( Ab- ) Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges die Regel war.
    Übrigens: bei rund der Hälfte der septischen / infektiösen Bursitiden ist die Haut über der Bursa intakt/ unverletzt.


    mfg ET.gkv

  • Hallo miteinander und ET.gkv,

    bei der M71 statt der M70 stimme ich Ihnen zu. Hatte ich dezent überlesen.

    Mit der Meinung T89.02 und T79.3 stimmen wir doch überein, oder?

    Viele Grüße
    kodeverdreher (es stimmt also doch!!!:-))


  • Eine " posttraumatische Wundinfektion, T79.3 " war es auch nicht. Diese Infektion wurde im Moment des Unfalls initiiert. Das ist etwas anderes als eine Infektion einer bestehenden ( Schürf- ) Wunde, wie sie zb auf den ( Ab- ) Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges die Regel war.

    Hallo ET.gkv,

    Ihre Interpretation, zumindest soweit ich Sie verstehe, halte ich für nicht zutreffend. Nach meinem Verständnis ist die "posttraumatischer Wundinfektion" die Infektion einer traumatischen Wunde. Dabei ist m.E. davon auszugehen, dass jede traumatische Wunde primär kontaminiert ist (Ausnahme s.u.). Das war auch bei den von Ihnen referenzierten Wunden auf den Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges nicht anders. Die fatalen Verläufe waren sicher auch durch zusätzliche sekundäre Kontamination (nach stattgehabter Verletzung) mitbedingt. Pathogenetisch war die Art der Wunden (Quetschungen, Zerreißungen) und fehlende primäre Versorgung entscheidend. Unter "posttraumatischer Wundinfektion" lediglich eine "Initiierung" der Infektion nach dem Trauma zu verstehen, entspricht m.E. nicht dem üblichen medizinischen Verständnis, zumal Infektion nicht nur das Eindringen und Verbleiben, sondern auch die Vermehrung von Erregern (s. Wikipedia) ist.

    Eine Ausnahme "traumatischer" Wunden, die primär nicht kontaminirt sind, stellen z.B. Operationswunden dar, die unter sterilen Kautelen gesetzt werden. OP-Wunden können medizinisch allenfalls im weiteren Sinn als traumatisch angesehen werden, kodiertechnisch gehört die Infektion aber unter T81.4 (Infektion nach einem Eingriff, andernorts nicht klassifiziert).

    Viele Grüße

    Medman2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (17. Januar 2015 um 22:08)