Neues vom BSG / LSG

  • Hallo Mr. Sonnenschein,

    es fehlen in Ihrer Liste noch das Vorliegen \"offensichtlicher Schreib- oder Kodierfehler\" (darum kann man schön streiten) und das Wort \"ausnahmsweise\" (was nach meinem Verständnis ein regelhaftes oder auch häufiges Vorgehen ausschließt).


    Ich finde, es fehlt in der Urteilsbegründung an Klarheit beim Thema \"MDK\":
    Ist eine Rechnung noch nicht \"von der KK geprüft\" solange das MDK-Verfahren läuft? - Das würde Änderungen an der Rechnung bis zum Ende des MDK-Verfahrens zulassen. Mit dem bereits erwähnten Problem, dass MDK-Prüfärzte (Begehung) sich auch bei uns regelmäßig weigern, Nachkodierungen in ihr Gutachten aufzunehmen - andererseits aber gerne mal zu unseren Lasten den Prüfauftrag ausweiten. Hier ist von \"Waffengleichheit\" leider keine Rede.

    Die umgedrehte 6-Wochen-Frist gilt auch nur für bezahlte Rechnungen. Sind teilbezahlte Rechnungen nun bezahlt oder nicht bezahlt?
    Manche KK kürzen die Rechnungen von MDK-Fällen und zahlen erstmal nur den \"unstrittigen\" Teil. Aber auch Nicht-Prüffälle werden von manchen KK nur teilweise bezahlt. Bleiben also teilbezahlte Rechnungen von der 6-Wochen-Sperre ausgenommen?
    Man könnte dann zumindest einen positiven Aspekt an dem Urteil finden:
    die Motivation mancher KK an einer fristgerechten und vollständigen Zahlung könnte gesteigert werden.

    Grüße - NuxVomica

  • Schönen guten Tag NuxVomika,

    ein Gericht kann nur über das entscheiden, was auch Gegenstand des Verfahrens war. Dafür hat das Gericht in diesem Urteil des 3. Senats meines Erachtens recht weitreichende Grundsätze erarbeitet, während das Urteil des 1. Senats weitgehend auf den Einzelfall beschränkt blieb und sich aus der Begründung nur ganz wenig Grundsätzliches herauslesen lies.

    Der 3. Senat legt einduetig fest:

    • Der Anspruch auf eine korrekte Abrechnung erlischt nicht
    • Innerhalb von 6 Wochen nach Rechnungsstellung ist immer einer Rechnungsänderung möglich, weil dies in der Regel der Zeitraum ist, in dem die Krankenkasse die rechnung noch überprüft.
    • Außerhalb dieser Frist muss sich nach Abschluss der Prüfung durch die Krankenkasse das Interesse des Krankenhauses nach korrekter Abrechnung daran messen lassen, ob dieses Interesse schwerwiegender als der Verwaltungsaufwand der Krankenkasse ist.
    • Dies sieht das Gericht dann als gegegeben an, wenn sich der Rechnungsbetrag um mehr als 5%, mindestens jedoch um mehr als 300€ ändern würde.

    Zum MDK-Verfahren konnte sich der Senat nicht äußern, weil das nicht Gegenstand der Verhandlung war. Allerdings hat der Senat mit dem Abheben auf den Abschluss der Rechnungsprüfung durch die Krankenkasse als Kriterium für die 6-Wochen-Frist sowie den Begriff der \"Waffengleichheit\" meines Erachtens deutlich gemacht, dass während des MDK-Verfahrens selbstverständlich Rechnungsänderungen möglich sind, weil die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist und die Krankenkasse ja selbst zweifel an der Rechnungsstellung hat.

    Was die offensichtlichen Rechnungsfehler betrifft, so geht bereits aus dem Urteil des 1. Senats hervor, dass zumindest bei solchen Fehlern, die der Krankenkasse selbst auffallen müssten (z. B. Zahlendreher oder Verlegungsabschlag bei Verlegung in Reha) das Krankenhaus nach Treu und Glauben sogar erwarten dürfte, dass die Krankenkasse das Krankenhaus auf den Fehler hinweist.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Da sieht mans´s mal wieder, den Rest kann man sich ja denken.......

    Mit freundlichen Grüßen

    Alfred Dux
    Klinische Kodierfachkraft und Medizincontrolling.
    Kliniken der Stadt Köln gGmbH

  • Unter der Nr. 19 des vielzitierten Urteils wird allerdings noch auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass auch ein \"offen zutage liegender Fehler im Sinne der vom 1. Senat mit Urteil vom 08.09.09 dargelegten Kriterien\" vorliegen müsse.

    Insofern sehe ich diesen Punkt als elementares Kriterium an, eine nachträgliche \"Rechnungsoptimierung\" zu akzeptieren.

    MfG
    Der Einsparfuchs

    \"Lerne zu klagen, ohne zu leiden!\"

  • Schönen guten Tag Einsparfuchs,

    Zitat


    Original von Einsparfuchs:
    Unter der Nr. 19 des vielzitierten Urteils wird allerdings noch auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass auch ein \"offen zutage liegender Fehler im Sinne der vom 1. Senat mit Urteil vom 08.09.09 dargelegten Kriterien\" vorliegen müsse.

    Insofern sehe ich diesen Punkt als elementares Kriterium an, eine nachträgliche \"Rechnungsoptimierung\" zu akzeptieren.


    Das sehe ich anders:

    Während die Punkte 10 bis 18 auf die Grundsätze der Urteilsfindung eingehen, kehrt das Gericht unter Punkt 19 zum konkreten Fall zurück und stellt dar, dass der konkrete Fall weder dem vom ersten Senat etwickelten Kriterium des offensichtlichen Fehlers noch den selbstentwickelten Kriterien der Frist oder der Rechnungshöhe entspricht.

    Weil kein offensichtlicher Fehler vorlag und weil die Frist überschritten war (demgemäß...) \"...hätte die Klägerin nur zur Korrektur befugt sein können, wenn der Nachforderungsbetrag erstens den Wert der Aufwandspauschale [...] - 100€ - und zweitens mindestesn 5% des ursprünglichen Rechnungsbetrages erreicht hätte.\" Dieser Satz stellt meines Erachtens ganz klar die Möglichkeiten

    • offensichtlicher Fehler
    • Frist von 6 Wochen
    • mehr als 5% des Rechnungsbetrages, mindestens aber zum Zeitpunkt gültige Aufwandspauschale


    als Alternativen dar

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten morgen, Herr Schaffert!

    M.E. haben wir - folgen wir Ihrer Argumentation - aus beiden BSG-Urteilen ( 08.09.09 / 17.12.09) unterschiedliche Schlussfolgerungen:
    Im ersten Urteil ging es um einen Streitwert i.H.v. 841,38 €. Die Bagatellgrenze von 5% ist hier erreicht. Zudem war zum Zeitpunkt der Rechnungskorrektur eine 6-wöchige Frist abgelaufen.
    Unter Ihrer Auslegung des zweiten Urteils wäre diese Korrektur nunmehr als rechtmäßig einzustufen!

    Der erste Senat hat jedoch bekanntermaßen geurteilt, dass eine KK auf die korrekte Rechnungsstellung des KH vertrauen können muss. Eine nachträgliche Rechnungskorrektur kann nur dann nach einer (nun konkretisierten 6-Wochen-) Frist erfolgen, wenn eine offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt, und die Bagatellgrenze erreicht wird.

    Eine Anmerkung noch:
    Ihrer Argumentation folgend, würde man sich um den \"offensichtlichen Fehler\" nur dann streiten, wenn im Falle der Rechnungskorrektur die Bagatellgrenze (100 / 300 €, bzw. 5%) nicht erreicht würde.
    Oder ? :sterne:

    MfG
    Der Einsparfuchs

    \"Lerne zu klagen, ohne zu leiden!\"

  • Schönen guten Tag Einsparfuchs

    Zitat


    Original von Einsparfuchs:
    ... folgen wir Ihrer Argumentation...

    es ist nicht meine Argumentation, sondern die des 3. Senats des BSG.

    Zitat


    Original von Einsparfuchs:
    ... aus beiden BSG-Urteilen ( 08.09.09 / 17.12.09) unterschiedliche Schlussfolgerungen


    Richtig.

    Zitat


    Original von Einsparfuchs:
    Im ersten Urteil ging es um einen Streitwert i.H.v. 841,38 €. Die Bagatellgrenze von 5% ist hier erreicht. Zudem war zum Zeitpunkt der Rechnungskorrektur eine 6-wöchige Frist abgelaufen.


    Enbenfalls richtig.

    Zitat


    Original von Einsparfuchs:
    Unter Ihrer Auslegung des zweiten Urteils wäre diese Korrektur nunmehr als rechtmäßig einzustufen!

    Dabei lassen einen Aspekt außer Acht: Der vom ersten Senat behandelte Fall bezog sich auf eine Rechnungskorrektur nach mehr als 2 Jahren und der erste Senat hebt auf das Wirtschaftsjahr der Krankenkassen ab.

    Zitat


    Original von Einsparfuchs:
    Der erste Senat hat jedoch bekanntermaßen geurteilt, dass eine KK auf die korrekte Rechnungsstellung des KH vertrauen können muss. Eine nachträgliche Rechnungskorrektur kann nur dann nach einer (nun konkretisierten 6-Wochen-) Frist erfolgen, wenn eine offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt, und die Bagatellgrenze erreicht wird.

    Meines erachten verknüpfen sie hier die Urteile in einer Form, die sich so nicht aus den Urteilen ableiten lässt.

    Ich lese folgendes aus den Urteilen:
    1. Senat:
    Außerhalb des Wirtschaftsjahres der Krankenkasse kann das Krankenhaus eine Rechnungskorrektur nur bei offensichtlichen Fehler fordern.
    3. Senat:
    Nach Abschluss der Prüfung der Rechnung durch die Krankenkasse (in der Regel nach 6 Wochen) kann das Krankenhaus eine Rechnung nur noch korrigieren, wenn die Bagatellgrenze ( > 5% und > AWP ) überschritten wird.

    Wenn sie diese Aussagen kombinieren, dann gilt innerhalb des Wirtschaftsjahres die Bagatellgrenze und außerhalb des Wirtschaftsjahres nur noch der offensichtliche Fehler.

    Wir können uns hier lange um die Auslegung der Urteile streiten. Mir geht es auch nicht um das Recht, jederzeit meine Rechnungen nachbessern zu dürfen, ich denke das habe ich bei dieser und anderen Diskussionen bereits deutlich gemacht. Mir geht es um einen fairen vertragspartnerschaftlichen Umgang miteinander. Und da empfinde ich es genau so unfair (von beiden Seiten), wenn nach Jahren in großem Stil Rechnungsüberprüfungen mit dem Ziel der Optimierung (die nachteilig zu korrigierenden Rechnungen werden dabei ja dezent unter den Tisch fallen gelassen) durchgeführt werden, wie wenn von einer Seite die Rechnung strittig gestellt wird, andereseits aber die Prüfung und ggf. Korrektur der Rechnung von der anderen Seite nicht zugelassen wird.

    In diesem Punkt denke und hoffe ich hat das Urteil ein wenig zur Klarstellung beigetragen, oder?

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten Morgen, Einsparfuchs,

    was folgt denn nun Ihrer Meinung nach daraus?
    Wir haben in den vergangenen Wochen in Serie Ablehnungen von Rechnungskorrekturen erlebt. Durch die Kassen, in der Argumentation des MDK usw.. Es ging um Korrekturen der Schrittmacher und Defis (BQS_Korrektur zum Jahresende) und um nachgemeldete Strahlentherapien.
    Wir haben uns dagegen gewehrt und Briefe erhalten, in denen sinngemäß steht: Wir werden nicht zahlen.
    Wir haben das dem Anwalt übergeben, der hat eine Frist gesetzt. Kein Zahlungseingang.
    Das alles ohne die Urteilsbegründung.
    Jetzt ist die da. Die spricht dafür, dass wir alles bekommen, was wir nachgefordert haben.
    Wollen Sie jetzt wirklich die Interpretation so weit treiben, dass doch noch eine Zahlungsverweigerung begründet wird?
    Meinen SIe wirklich, dass es auf Dauer zu halten ist, dass wir einen eingebauten Defi nicht bezahlt bekommen
    Das macht doch nur bürokratischen Aufwand und beschäftigt die überlasteten Sozialgerichte. Lassen Sie ab!
    Wohlgemerkt: Die Tendenz, Bagatellbeträge aus der Nachberechnung herauszunehmen, begrüße ich durchaus.

    Gruß

    merguet

  • Guten Morgen Allerseits,

    ich denke, den offensichtlichen Fehler können wir außer acht lassen, denn das BSG hat sehr deutlich gemacht, dass es von den KK erwartet, dass diese die KH auf offensichtliche Fehlabrechnungen hinweist. Da sehe ich keine zeitliche Grenze für Nachberechnungen, wenn die KK diese Pflicht aus dem engen Vertragsverhältnis verletzt.

    Andere Nachberechnungen laufen dann nach Ablauf einer sechs-Wochen-Frist nur noch, wenn die Bagatellgrenze (über 300 € und über 5 %) überschritten ist.

    Da ist dann wohl auch Ihr Defi drin, Merguet, wenn gleich Sie sich natürlich rein qualitätstechnisch schon fragen sollten, wie so etwas vergessen werden kann. Aber das nur nebenbei! :augenroll:

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Hinsichtlich der Auslegung der Urteile bin ich auf Juristen / die Konzernleitung gespannt...

    Ich bin aber mit Ihnen vollkommen einer Meinung, dass es einen fairen Umgang miteinander geben muss. Dazu gehört aber auch für mich eine 6-Wochen-Frist, die für beide Seiten bindend ist!
    Die KK können nach Ablauf dieser Frist eine Beanstandung vergessen, und da fände ich es nur fair, wenn die (in einem anderen Beitrag angesprochenen, den wirtschaftlichen Zwecken der KH dienlichen) Wirtschaftsunternehmen, die sich am Markt tummeln, auch die Finger von den Altfällen lassen müssten.

    Ein weiterer Punkt i.S. \"fair\" wäre auch die Aufwandspauschale zu Gunsten der KK, aber das gehört jetzt hier nicht hin.... :biggrin:

    MfG
    Der Einsparfuchs

    \"Lerne zu klagen, ohne zu leiden!\"