MDK lehnt kompensierte Niereninsuff ab

  • Hallo,

    "Mit der Begründung, im Labor würden an den Kontrolltagen auch andere Blutwerte mitbestimmt, wird N18.8 abgelehnt. Ausserdem sei auch keine Diurese gemacht worden (haha bei kompensierter N18.8...).
    Gegenargumentiert wurde mit dem Laboraufwand und einem internistischen Konsil".

    Ich bin als Urologe erstaunt über die Auslegungsspielräume, die man sich da zulegt. Aber diese Diskussion greift frühere Diskussionen auf.

    1. Der MDK rät, N18.8 nur zu verschlüsseln, wenn Krea i.S. >2mg%, sonst müsse schon eine Kreaclearance/Isotopenclearance gemacht werden? Was denn; der MDK rät zur Verschlüsselung pathologischer Laborwerte? Geht nicht.

    2. Der MDK meint, eine Niereninsuffizienz mit erhöhtem Krea i.S. (egal in welcher Höhe) müsse man mit einer forcierten Diurese behandeln? Dann Kodierung N18.8 statthaft? Stimmt nicht.

    3. Der MDK sieht komplexere Kontrollen (Mitbestimmung anderer Parameter) als Grund an, diese unter dem Aspekt der Routinekontrolle, nicht als Kontrollen anzuerkennen? Ja was denn, darf man Parameter nur isoliert kontrollieren. Gibt es keine Entgleisungen der Elektrolyte u.a.? Was soll denn das?

    4. Ein Konsil ist kein Aufwand, der medizinische Aspekt nicht erklärbar? Ich bin wirklich sprachlos. Wie bitte soll eine solche Situation abgeklärt werden? Ich darf doch sicher davon ausgehen, dass irgendein Parameter (Krea i.S.) nicht in Ordnung war, dieser kontrolliert wurde, ein Konsil stattfand. Welches Vorgehen wird denn dann empfohlen?

    Hätte der MDK solche Bedenken auch bei CCL-Diagnosen <1? Das wäre doch nicht rechtens. In der Tat muß einfach nur geprüft werden, ob die Richtlinie für die Verschlüsselung einer Nebendiagnose erfüllt ist oder nicht. Sonst nichts. Da kann es meiner Auffassung nach gar keine Diskrepanzen geben.

    Gruß

    B.Domurath
    Bad Wildungen

  • Zitat


    Hätte der MDK solche Bedenken auch bei CCL-Diagnosen <1? Das wäre doch nicht rechtens. In der Tat muß einfach nur geprüft werden, ob die Richtlinie für die Verschlüsselung einer Nebendiagnose erfüllt ist oder nicht. Sonst nichts. Da kann es meiner Auffassung nach gar keine Diskrepanzen geben.

    Sehr geehrter Herr Domurath,
    Sie bringen es auf den Punkt. Die "Definition" für ND steht. Cent- oder Eurogrenzen, die für einen irgenwie gearteten Mehraufwand erreicht werden müssen existieren nicht.

    Bin trotzdem gespannt auf die ersten Urteile zu dieser Theamtik.

    Mit freundlichen Grüßen

    C. Hirschberg

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von bdomurath:

    2. Der MDK meint, eine Niereninsuffizienz mit erhöhtem Krea i.S. (egal in welcher Höhe) müsse man mit einer forcierten Diurese behandeln? Dann Kodierung N18.8 statthaft? Stimmt nicht.


    Hallo,


    „Von der sogenannten forcierten Diurese kann man erst bei Harnmengen von 12 – 20 Liter in 24 Stunden beim Erwachsenen sprechen.“

    S. 108
    E. Gladtke
    Pharmakokinetik
    Springer Verlag


    Gruß

    E Rembs

  • Zitat


    Original von Rembs:
    „Von der sogenannten forcierten Diurese kann man erst bei Harnmengen von 12 – 20 Liter in 24 Stunden beim Erwachsenen sprechen.“

    Allerdings ist der dokumentierte Versuch doch schon ausreichend, nicht wahr, egal welche Mengen dabei herauskommen...

    mfG

    C. Hirschberg

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von C-Hirschberg:

    Allerdings ist der dokumentierte Versuch doch schon ausreichend, nicht wahr, egal welche Mengen dabei herauskommen...


    Hallo,

    sehe ich genauso und dazu gehört dann die korrekte Diagnose.


    Wenn der Gutachter den Begriff forcierte Diurese so unkritisch benutzt, zeigt das dann einen „unfähigen Sachverständigen“, der von der „Sache nichts versteht“ und dessen Bücherwissen unvollständig ist?

    Gruß

    E Rembs

  • Hallo allerseits, besonders an Herrn Domurath,

    Zitat


    Original von bdomurath:

    Ich bin wirklich sprachlos.

    Das ist bei Auseinandersetzungen mit dem MDK schlecht, weil sie dann Erlöseinbussen erleiden. :teufel:

    Aber im Ernst:
    Was mich an dieser Diskussion zunehmend verwundert, ist der Umstand, dass hier immer wieder Einzelaspekte herausgegriffen werden, an denen man meint, seine Überzeugung festmachen zu müssen, dass man über glasklare Begrifflichkeiten streitet.

    Bevor sie hier alle den Ritter in schimmernder Rüstung geben, der für sein Krankenhaus wider den bösen MDK in die Schlacht um die Erlöse reitet, überlegen sie doch mal, was ihnen lieber ist:

    - sie einigen sich mit dem MDK auf den Einzelfall, schaffen ein Feld von Präzedenzfällen und erzeugen durch differenzierte Argumentation ein gewisses Vertrauensverhältnis, so daß auch der MDK-Gutachter in ihnen eher den Arzt als den Vertreter des Krankenhauses sieht.

    - oder sie erzeugen durch buchstabengetreue Auslegung der Kodierrichtlinien in grosser Menge grundsätzlichen Dissens und somit haufenweise Arbeit für sich und die Sozialgerichte, die dann aber voraussichtlich auch nicht die Kodierrichtlinien "noch glasklarer" neuformulieren werden, sondern eben schlicht über den jeweiligen Einzelfall urteilen, und das wiederum läuft dann häufig auf einen Vergleich hinaus.

    Ich für meinen Teil bevorzuge die erste Lösung und beschränke mich im Dissens auf die Fälle, bei denen meines Erachtens nach entweder eine engere Klarstellung möglich und nötig ist (z.B. der Begriff "Komplikation" oder die Wertigkeit von Risiken, z.B. Rauchen bei der Genese von behandelten Erkrankungen) oder von vorneherein eine realistische Chance besteht, dass ich in diesem Einzelfall gewinne.

    Zitat


    In der Tat muß einfach nur geprüft werden, ob die Richtlinie für die Verschlüsselung einer Nebendiagnose erfüllt ist oder nicht. Sonst nichts. Da kann es meiner Auffassung nach gar keine Diskrepanzen geben.

    Und wenn es dann doch Diskrepanzen gibt, dann sind sie sprachlos?

    Herr Domurath, natürlich gibt es Diskrepanzen, ob sie sich das nun vorstellen können oder nicht! Und egal, ob sie dann stumm den Kopf schütteln oder empört die Stimme erheben, der MDK-Gutachter wird ihnen kurz erklären, dass bei der Einzelfallprüfung eine Einigung zwischen Krankenhaus und Gutachter nicht erforderlich ist, und das war es dann.

    Also, ein letztes Mal zusammengefasst:
    um in einer Diskussion über die Erfüllung der Nebendiagnosendefinition der DKR mit dem MDK-Gutachter bestehen zu können, müssen sie im Einzelfall plausibel machen, dass hier ein Aufwand speziell hinsichtlich ebendieser Nebendiagnose betrieben wurde. Wie sie das machen, bleibt ihnen überlassen - aber verlassen sie sich nicht darauf, dass anamnestische Angaben und Sammeluntersuchungen (wie Routinelabor und internistisches Konsil mit breitgestreuter Fragestellung) ihnen wesentlich weiterhelfen.

    Das ist mein Fazit nach vier Tagen Einzelfallprüfung, insgesamt knapp 60 Fälle.

    Einen schönen Tag noch,

    Markus Hollerbach

  • Hallo Herr Hollerbach,

    so sprachlos bin ich nun auch wieder nicht. Sie haben schon recht, wenn Sie sagen, dass die Praxis irgendwie anders ist, als alles, was man sich dazu denken kann. Trotzdem ist es gut, für sich und andere zu klären, was man erreichen kann und worauf man sich gar nicht erst einlassen sollte; denn dann verliert man den Boden unter den Füssen. Wir haben in Treffen mit den Kassen immer mehr erreicht als in den unzähligen (leider) Einzeldiskussionen. Aber immer auf einer Grundlage. Dann ist eine Verständigung kein Problem.

    Bei den Diskussionen um den "Aufwand" stört mich immer wieder das vorauseilende Interpretationsbedürfnis halboffizieller Stellen, siehe Diskussion Hypokaliämie. Aber mit solchen Methoden gelingt es sicher nicht, ein vernünftiges System auf die Beine zu stellen. Und Vernunft hat für mich zu tun: 1. mit der aktuellen Rechtsprechung, ob sie einem schmeckt oder nicht und 2. mit der strengen (orthodoxen)Auslegung der DKR.
    Wir können reden über die Notwendigkeit der Veränderung der DKR, wir können reden über die Notwendigkeit der Kalkulation deutscer CCL-Werte, um endlich von den merkwürdigen Interpretationsschienen herunterzukommen. Aber wir können nicht reden über Uminterpretationen, meine ich, weder von KH-Seite noch von Kassenseite. Regeln gelten für alle! Eigentlich verlangt die DRG-Einführung good will und nicht Peitschen. Das System muß scharfgemacht werden, nicht die Mitarbeiter.

    Einen schönen Freitag den KH-, Kassen- und MDK-Mitarbeitern wünscht

    B. Domurath
    Bad Wildungen

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von bdomurath:
    Bei den Diskussionen um den "Aufwand" stört mich immer wieder das vorauseilende Interpretationsbedürfnis halboffizieller Stellen, siehe Diskussion Hypokaliämie.

    Hallo Herr Domurath,

    wen/was meinen Sie damit?

    Gruß
    --
    D. D. Selter

  • Sehr geehrter Herr Domurath

    Zitat


    Original von bdomurath:
    Bei den Diskussionen um den "Aufwand" stört mich immer wieder das vorauseilende Interpretationsbedürfnis halboffizieller Stellen, siehe Diskussion Hypokaliämie.

    ...dass hört sich etwas komisch an, wie Sie das ausdrücken. Warum "vorauseilendes Interpretationsbedürfnis", wenn man doch in der tagtäglichen Arbeit mit der Interpretation der DKR konfrontiert wird - und möglicherweise in der Position ist, für das eigene Haus eine "interne offizielle" Interpretation vertreten zu müssen.

    Zitat


    Aber mit solchen Methoden gelingt es sicher nicht, ein vernünftiges System auf die Beine zu stellen.

    Das ist auch nicht Aufgabe der Kollegen vor Ort !!

    mfG

    C. Hirschberg

  • Hallo,

    da ich nun direkt aufgefordert wurde, die Andeutung über "halboffizielle Stellen" zu verdeutlichen, möchte ich dies auch tun.

    Zunächst einmal: Wer wäre berechtigt eine Definition des relevanten Aufwandes abzugeben?
    1. Die Selbstverwaltung (zum Beispiel innerhalb der Kodierrichtlinien),
    2. Das InEk (z.B. auf der Grundlage von Kalkulationsdaten)
    3. BMGS (z. B. durch Festlegung in einer Verordnung)
    Sonst, glaube ich, niemand.

    Mit halboffiziellen Stellen meine ich einzelne Partner der Selbstverwaltung, den MDK und beratende Gremien oder Institutionen.

    Letzendlich wird alles ein wenig klarer, wenn deutschlandeigene CCL-Diagnosen ermittelt werden. Leider geht es zur Zeit um die Situation: mit australischem Augenmaß ran an die deutsche Realität! Mit den BWR haben wir schon erlebt, wie unterschiedlich das alles sein kann. Wie wird es mit den CCL-Werten aussehen?
    Ich glaube, den Rest der Diskussion bekommt man schnell in den Griff, weil keine ökonomische Relevanz. Das aber halte ich für den entscheidenden Punkt: warum wird jetzt (ohne Basis) nach ökonomischer Relevanz geschielt? Die medizinische Relevanz sollte im Vordergrund stehen.

    Liege ich falsch?

    Gruß

    B. Domurath

  • Ich muß Herrn Domurath beipflichten und vielen Dank auch für die klaren Worte. Solange das Beispiel 1 in der D003b existiert, brauchen wir über das Maß des nötigen Aufwands gar nicht zu diskutieren, er wird dort vorgegeben: Medikamentöse Weiterbehandlung der KHK, also z. B. 1 Tablette ASS.

    Auch die Diskussion um Kalinor Brause bzw. der angeblich notwendigen intravenösen Behandlung (an anderer Stelle diskutiert) sollte man anhand dieses Beispiels sofort beenden können.

    V. Blaschke

    --
    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke
    Arzt für Dermatologie / Allergologie
    Medizincontroller
    Herzzentrum Göttingen
    http://www.herzzentrum-goettingen.de

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    Dr. med. Volker Blaschke