Metastasen und Aufwand

  • Guten Abend zusammen,

    ich beschäftige mich ja nun bereits einige Zeit mit dem Thema und wir hatten bei VorOrt-Prüfungen auch schon Diskussionen mit dem MDK zum Thema Kodierung bei malignen Erkrankungen (d.h. Primarius und weitere Manifestationen).

    Sichtweise des MDK war, daß der Primarius die HD ist und seine weiteren Manifestationen ebenso wie weitere Erkrankungen die ND. Somit wären weitere Manifestationen nur dann zu kodieren, wenn diese der ND-Definition entsprechen (Maßnahmen oder Aufwand). Folglich sei bei einem Pat. mit einem hepat. metastasierten BronchialCa. die Lebermeta nur dann als ND zu kodieren, wenn eine Sonographie gemacht wurde.

    Unsere Argumentation dagegen ist, daß das Vorliegen der Lebermetastasierung einen Baustein in der Indikationsstellung zur Chemotherapie ist und daher die ND-Definition erfüllt. Diese Linie wird auch von der DGHO so vertreten.

    Der Beitrag von Hr. Rüschemeyer gibt der Diskussion einen neuen Aspekt. Man sieht die Tumorerkrankung in ihrer Gesamtheit als Hauptdiagnose und kodiert sie einschließlich all ihrer Facetten. Die einzelnen Facetten wären dann nicht der Frage \"Maßnahme? Aufwand?\" unterworfen. Sowohl die Formulierung der Definition der HD als auch der ND widersprechen dieser Sichtweise nicht. Auch ist aus onkologischer Sicht die Tumorerkrankung bei LK- oder Fernmetastasierung als eine systemische Erkrankung zu sehen.

    Auf jeden Fall Stoff für eine weitere Diskussion.

    mfg aus dem sonnigen Löwenstein
    W. Stark

    Mit freundlichen Grüßen aus dem Rhein-Neckar-Delta

    Dr. Wolfram Stark
    Internist / Pneumologe / Beatmungsmediziner / Kardiologe
    OA der Medizin. Klinik III
    Theresienkrankenhaus Mannheim

  • Hallo!

    Da gibt es dann noch einen Aspekt. Wenn z. B. die Chemotherapie oder auch Strahlentherapie wegen der Metastasen eingeleitet wurde, wären die Metastasen HD und der Tumor als ND zu kodieren! Dies auch entgegen der Scihtweise des MDK wie von ihnen beschrieben Herr Stark. Die Wahl der Mediakmente hägt ja auch ganz rheblich davon ab.

    MfG
    Eckhardt

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Rüschemeyer,

    Zitat


    Original von crueschemeyer:
    wenn Sie sich die Allgemeinen Kodierrichtlinien noch einmal ansehen,

    Sie können mir glauben, dass ich das oft genug tue :d_zwinker: .

    Zitat


    Original von crueschemeyer:
    Speziell die DKR D003 bezieht sich ausschließlich auf Diagnosen, nicht auf ICD-Codes! Hier wird keine Aussage getroffen, ob eine Diagnose mit einem oder mehreren ICD-Codes dargestellt werden muss.

    Das wird in den DKR eigentlich schon getan, siehe +/*-Systematik, Syndrom-Kodierung, chron./akute Erkrankungen,...
    Der springende Punkt bleibt aber nun mal der, dass Sie keine Kodierung der Metastasen im Sinne einer (obligaten) Sekundärdiagnose durchführen, sondern faktisch einzig eine ND nennen und somit formal die Definition erfüllen müssen. Inwiefern es medizinisch sinnvoll ist, den Primärtumor mit den Filiae zu nennen, spielt hier gar keine Rolle.

    Zitat


    Original von crueschemeyer:Natürlich muss die Diagnose vorher in das Schema: eine Haupt- und mehrere Nebendiagnosen umgewandelt werden.


    Hier geben Sie dann selber das Gegenargument. Wenn Sie dieses Schema anwenden, müssen Sie auch seinen Regeln folgen: HD = siehe Definition, ND = siehe Definition.

    Aber vielleicht können Sie Ihre Sichtweise mal dem InEK vorstellen und uns über deren Meinung hierzu informieren? Interessant wäre es jedenfalls.

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ich kann die Argumentation von Herrn Rüschenmeyer schon nachvollziehen. Manche Operationen lassen sich auch nur über mehrere OPS abbilden, warum sollte dies bei den Diagnosen anders sein. Außerdem sollte man (auch bei der Interpretation der Kodierrischtlinien) zwischen dem (medizinischen) Begriff \"Diagnose\" einerseits und \"ICD\" andererseits unterscheiden.

    Trotzdem ist die Diskussion akademisch. Ein metastasierender Tumor wird in den allermeisten Fällen anders behandelt oder erfordert andere diagnostische Maßnahmen, als ein nicht metastasierender Tumor. Somit ist eine diagnostische oder therapeutische Konsequenz gegeben und die Kriterien der Nebendiagnose sind erfüllt.

    Schönen Tag noch,

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von R. Schaffert:
    Trotzdem ist die Diskussion akademisch.
    ...die Kriterien der Nebendiagnose sind erfüllt.

    Hallo Reinhard,

    diese Diskussionen will aber der MDK im Zweifelsfall mit uns führen. Wenn die ND-Kriterien getroffen werden, gibt es eh kein Problem. Ich bin mir nur verhältnismäßig sicher, dass man dort keine Kodierung von Metastasen zulassen wird, wenn eben keins der Kriterien getroffen ist. Da es hier defacto aber um eine ND-Kodierung geht, wird sich der MDK auf die DKR beziehen und entsprechend argumentieren. Und ich wüßte nicht, wie man es widerlegen sollte.

    Ich hatte oben schon vorgeschlagen, dieses Problem dem InEK vorzulegen. Das ist die offizielle Instanz. Es würde mich freuen, wenn dann mal deren FAQ-Seite mit Leben gefüllt wird und solche Fragen (die man ja allgemeingültig beantworten kann) mit entsprechendem Kommentar dort eingestellt werden. Wieviel einfacher wäre es für alle.......

  • Hallo Forum,

    ich verfolge diese Diskussion seit Beginn schon mit regem Interesse und stimme Herrn Selter mit seiner Forderung, die Problematik dem InEK vorzulegen voll zu, da die speziellen Kodierrichtlinien zum Kap. II der ICD (Neubildungen) meiner Ansicht nach viel zu unklar formuliert sind. Das hat zur Folge, daß bei der Kodierung maligner Erkrankungen ein großer \"Interpretationsspielraum\" entsteht, welcher zwangsläufig zu einer von Haus zu Haus unterschiedlichen Kodierweise maligner Erkrankungen und nicht zuletzt auch zu vorprammierten Auseinandersetzungen mit der KK bzw. dem MDK führt.

    In dem ursrpünglichen Fall ist es unstrittig, daß die Aufnahme zur Behandlung (nämlich: Operation) sowohl der Metastasen als auch des Primärtumors erfolgte. Von daher sind die Metastasen in diesem Fall zu kodieren. Folgt man dem Beispiel 3 der DKR 0201b wäre in diesem Fall meiner Ansicht nach sogar eine Kodierung der Metastasen als Hauptdiagnose möglich !

    Um der zitierten akademische Diskussion noch etwas beizusteuern möchte ich im folgenden einmal meine Interpretation der DKR 0201b erläutern, zuvor jedoch auf die in der DKR 0201b verwendeten Begrifflichkeiten hinweisen:

    Behandlung - Hiermit meinen die Autoren der DKR meiner Ansicht nach =tumorspezifische Therapie und nicht Diagnostik. Spricht die DKR also von einer \"Behandlung\", so kann nur OP, Radiatio, Chemo oder andere tumorspezifische Therapie gemeint sein.

    Malignom - Gemeint ist hier meiner Meinung nach: =sowohl Metastasen als auch Primärtumor; warum sollte sonst an anderer Stelle von zusätzlich der Begriff \"primäres Malignom\" Verwendung finden ? Anzumerken ist, daß die DKR hier widersprüchlich formuliert ist. Man findet zum einen den Ausdruck \"primäres Malignom\" zum anderen wird weiter unten im Text von \"Malignom/Metastasen\" gesprochen.


    Daraus folgt, daß man bei der Kodierung zwischen zwei Fallarten unterscheiden muß:

    1. Fälle mit Behandlung = OP, Chemo, Radiatio oder sonstige tumorspezifische Therapie.
    =>Hauptdiagnose ist das behandelte Malignom, also Primärtumor oder Metastase (s. hierzu Beispiele 1-3 der DKR). Ist eine Metastase HD, wird der Primärtumor als ND kodiert, falls CUP, dann C80 als ND. Wird sowohl Primärtumor, als auch Metastase behandelt, wird nach Ressourcenverbrauch durch den Arzt entschieden (und genau hier entsteht durch die viel zu theoretische Betrachtungsweise häufig Interpretationsspielraum !)

    2. Fälle ohne Behandlung = Diagnostik
    => Erfolgt die Aufnahme zum Staging (=unspezifische Standarddiagnostik, je nach Primärtumor, auch ohne Verdacht auf Progreß), ist der Primärtumor die HD (s. Beispiel 6). Erfolgt die Aufnahme zu einer spezifischen Diagnostik so ist das diagnostizierte Malignom, also Primärtumor oder Metastase HD.

    Eine generelle Kodierung aller bekannten Metastasenlokalisationen, wie von Herrn Dr. Rüschemeyer beschrieben, läßt sich meiner Meinung nach aus den DKR nicht ableiten. Es ist im Sinne der DKR immer eine Behandlung oder Diagnostik der entsprechenden Lokalisation erforderlich um diese als HD oder ND zu kodieren.

    MfG,

    M. Ziebart

  • Zitat


    Original von ziebart:
    Eine generelle Kodierung aller bekannten Metastasenlokalisationen, wie von Herrn Dr. Rüschemeyer beschrieben, läßt sich meiner Meinung nach aus den DKR nicht ableiten. Es ist im Sinne der DKR immer eine Behandlung oder Diagnostik der entsprechenden Lokalisation erforderlich um diese als HD oder ND zu kodieren.

    Hallo,

    es ist m.E. nicht unbedingt eine Behandlung oder Diagnostik der entsprechenden Lokalisation erforderlich, der Einwand von Herrn Rüschemeyer ist sicher berechtigt und grundsätzlich besteht Klärungsbedarf:

    DKR D003b Nebendiagnosen (S. 11)
    \"...Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusst, wird diese Krankheit als Nebendiagnose kodiert. \"

    mfG

    C. Hirschberg

  • Sehr geehrter Herr Hirschberg,

    Zitat


    Original v. C-Hirschberg:
    es ist m.E. nicht unbedingt eine Behandlung oder Diagnostik der entsprechenden Lokalisation erforderlich, der Einwand von Herrn Rüschemeyer ist sicher berechtigt und grundsätzlich besteht Klärungsbedarf:

    DKR D003b Nebendiagnosen (S. 11)
    \"...Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusst, wird diese Krankheit als Nebendiagnose kodiert. \"

    Wird das \"Standardvorgehen\" einer Prozedur beeinflußt, ist sicherlich die Kodierung einer ND gerechtfertig ! Gegenteiliges habe ich auch in meinem vorherigem Beitrag nicht gesagt. Der von Ihnen zitierte Satz der DKR D003b steht außerdem im engen Zusammenhang mit dem vorherigen, vollständig heißt es dort:

    Zitat


    DKR D003b
    Krankheiten, die durch den Anästhesisten während der präoperativen Beurteilung dokumentiert wurden, werden nur kodiert, wenn sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusst, wird diese Krankheit als Nebendiagnose kodiert.


    Wird beispielsweise wegen anamnestisch bekannter internistischer (KHK, HRST) Risiken eine postoperative Überwachung auf Intensivstation durchgeführt, so können diese Risiken aufgrund der von Ihnen zitierten Kodierrichtlinie als Nebendiagnosen kodiert werden.


    In meinem vorherigen Beitrag ging es jedoch um etwas ganz anderes, nämlich um den Fall, daß bekannte Metastasenlokalisationen kodiert werden, ohne daß ein \"Standardvorgehen\" (Diagnostik, Therapie) beinflußt wird. Hierzu ein Beispiel:

    Pat mit bekanntem hepatisch und cerebral metastasiertem Primärtumor wird zur Bestrahlung der Hirnmetastasen stationär aufgenommen. Eine weitere Diagnostik oder andere Therapie erfolgt nicht.


    Durch die Lebermetastasen erfolgt hier keine Beeinflussung des Standardvorgehens, denn eine Bestrahlung der Hirnmetastasen wäre auch ohne das gleichzeitige Vorhandensein von Lebermetastasen erfolgt. Meine von ihnen zitierten Äußerung bezüglich der \"generellen Kodierung\" von Sekundärlokalisationen bezog sich auf solche Fallkonstellationen.

    Die von Ihnen als Gegenargument teilweise zitierte DKR D003b enthält auch die folgende Passage:

    Zitat


    Anamnestische Diagnosen, die das Patientenmanagement gemäß obiger Definition nicht beeinflusst haben, wie z.B. eine ausgeheilte Pneumonie vor 6 Monaten oder ein abgeheiltes Ulkus, werden nicht kodiert

    Dies trifft in diesem Fall für die Lebermetastasen zu. (Übrigens trifft es auch für den Primärtumor zu, allerdings existiert die spezielle Kodierrichtlinie 0201b, welche die Kodierung des Primärtumors als ND vorschreibt und somit die DKR D003b für diesen Kode aufhebt.)

    MfG,

    M. Ziebart

  • Sehr geehrter Herr Ziebart,

    Zitat


    Original von ziebart:
    Es ist im Sinne der DKR immer eine Behandlung oder Diagnostik der entsprechenden Lokalisation erforderlich um diese als HD oder ND zu kodieren.


    das las sich für mich ziemlich pauschalisierend, daher mein Einwand. Ich denke wir sind d\'accord.

    mfG

    C. Hirschberg

  • Sehr geehrte Diskussions-Teilnehmer,

    Im Forum \"Fragen an das InEK\" existiert jetzt ein Hinweis auf diesen Thread mit Verlinkung. Oder wäre es besser, das InEK direkt zu kontaktieren?

    Ich will versuchen, ob sich die Fälle systematisieren lassen:

    Situation 1: Pat. kommt mit cerebraler oder pulmonaler Filia, nur diese wird entfernt, Pat. geht wieder.
    -> Kodierung mit Meta als HD, Primarius als ND.
    Evtl. weitere TU-Manifestationen sind zwar zur Beschreibung des KH-Bildes wichtig, aber relevant iS. der DKR?

    Situation 2: Pat. wird an BronchialCA operiert, es findet sich N2-Situation. Nach Erholung WA zur adiuvanten Chemotherapie. Da diese Bestandteil des Therapiekonzeptes ist, folgt Primarius als HD, C77.1 als ND.

    Situation 1 und 2 sind relativ eindeutig.

    Situation 3: Pat. erhält wegen N3-Situation und hepatischer Metastase eine primäre Chemotherapie. Wir hatten sowohl die C77.1 als auch die C78.7 kodiert. Der MDK fragte nun, welche Diagnose denn nun ausschlaggebend für die Chemotherapie gewesen sei. Wir sind der Meinung: Es sind beide Lokalisationen, die die CHT bedingen und damit eine therapeutische Konsequenz bedingen. Dies wollte man so nicht gelten lassen, folglich konnten wir uns mit dem MDK nicht einigen.

    Situation 3 sehe ich als diejenige, für die Klärungsbedarf besteht. Beide Lokalisationen müssen zur Beschreibung des KH-Bildes genannt beschrieben werden. Es lässt sich jedoch nicht der Einfluss auf das Vorgehen zweifelsfrei zuordnen, da beide für sich alleine ja auch schon ein Indikation zur CHT darstellen.

    mfg aus Löwenstein
    W. Stark

    Mit freundlichen Grüßen aus dem Rhein-Neckar-Delta

    Dr. Wolfram Stark
    Internist / Pneumologe / Beatmungsmediziner / Kardiologe
    OA der Medizin. Klinik III
    Theresienkrankenhaus Mannheim

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von WStark:
    Im Forum \"Fragen an das InEK\" existiert jetzt ein Hinweis auf diesen Thread mit Verlinkung. Oder wäre es besser, das InEK direkt zu kontaktieren?

    Guten Morgen Herr Stark,

    Ja, das ist der einzige Weg, auf dem man auch Antwort erhält. Hier ist die Adresse: medizin@inek-drg.de