Einsatz klinischer Kodierer

  • Liebe Forumsleser,
    in unserem Haus läuft seit Anfang des Jahres das Projekt \"Klinische Kodierer\". Bis jetzt haben wir eigentlich ganz gute Erfahrungen damit gemacht.
    Mich interessiert, ob Sie auch schon klinische Kodierer in Ihrem Haus eingesetzt haben und wie Ihre Erfahrungen sind?
    Über Vorschläge zur Verbesserung des Konzeptes würde ich mich auch sehr freuen.

    MfG.

  • Guten Tag,

    ich bedaure, mit Gegenfragen antworten zu müssen:

    1. Auf welchen Stellen haben Sie die Kodierer eingesetzt? Arztstellen? Pflegestellen? Oder leisten Sie sich zusätzliche Stellen?

    2. Worauf gründen sich guten Erfahrungen? Mehr PCCL? Mehr Erlöse? Schnellere Fallabwicklung? Bessere Liquidität?

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Lieber Hr. Dr. Sander,
    wir haben durch den Einsatz eines klinischen Kodierers versucht, die Ärzte zu entlasten. Die Ärzte müssen nicht mehr kodieren.
    Die Erfahrungen, die wir bis jetzt gemacht haben, sind:
    - schnellere Abwicklung ( Kodierung --> Abrechnung)
    - wenige Diskrepanzen zwischen Akte, Kodierung und Arztbriefe.
    Da das Projekt noch \"jung\" ist, versuche ich auf diesem Wege, Erfahrungen mit anderen auszutauschen, um das Projekt zu optimieren, z.B. Ablauf.

    MfG.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Sophie,

    auch hier hilft die Suchfunktion des Forums. Wenn Sie entsprechende Schlagwörter (Kodierfachkraft, Dokumentationsassistent, etc.) eingeben, finden Sie Diskussionen zu diesem Thema, so z.B. hier.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo,
    anbei der Artikel aus \"das Krankenhaus\" 9/2004, in dem wir über unsere Erfahrungen bzw. Ergebnisse berichtet haben.
    Übrigens planen wir seitens des DVMD ein Symposium Anfang Oktober, während dem es ausschließlich um den Erfolg (oder Mißerfolg) von Klinischen Kodierern / Casemix Performern / Dokumentationskräften geht ... eine Ankündigung wird hier selbstverständlich gepostet.
    Schöne Grüße
    Markus Stein

    Markus Stein [Dipl.-Dok. (FH)]

    RZV GmbH
    Strategisches Produktmanagement Krankenhaus

  • Liebes Forum,
    zu diesem Thema habe ich meine ganz persönliche Meinung.
    Kein Kodierer der Welt kann - in der DRG-Kodierung - einen Mediziner ersetzen!

    Auf das Zusammenspiel kommt es an. Der Kodierer mag oftmals ein breiteres sowie tieferes Wissen in der Anwendung der Abrechnungsregeln haben. Er hat sich wohl auch intensiver mit dem Aufbau von Klassifikationen beschäftigt - z.B. im Rahmen einer Dokumentationsausbildung.

    Ich meine, gute Kenntnisse in den Abrechnungsmodalitäten und in den Klassifikationen der ICD und des OPS, dazu das med. Fachwissen eines Mediziners könnte zu einer Leistungsgerechten sowie KDR-konformen Kodierung führen - ob das ganze nun effizient ist, mag ich nicht zu beurteilen.


    Es soll Kodierer geben, die kodieren c.a. 100 Fälle am Tag, schlicht weg nach Arztbrief.
    Ich mag zu bezweifeln, ob das der richtige Weg ist - meinen Kopf würde ich nicht dafür hinhalten.
    Ich bin froh Chefärzte zu haben, die mir als Kodierer kooperativ gegenüber treten und wir somit - so denke ich - einigermaßen gut kodieren, alles andere käme für mich auch nicht in Frage.

    Gruß und schönen Feierabend

    B. Schrader

  • Hallo Forum,

    Ich kann Herrn Schrader nur zustimmen, es ist eine Frage des Zusammenspieles.

    In gut organisierten und kommunikativ intakten Abteilungen geht fast alles. Ich kenne gut funktionierend Lösungen mit Kodierkräften, spezialisierten Ärzten, einem Mix aus beidem, etc...
    Es kommt ganz einfach auf die Leute an. Gute Erfahrungen (Zügigkeit --> Liquidität und PCCL) machen wir, indem wir auch bestimmte Pflegekräfte \"Vorschlagswerte\" zu den \"pflegerelevanten Nebendiagnosen\" erfassen lassen, die dann vom verantwortlichen Arzt ggf bestätigt und freigegeben werden.

    Vor allem aber zahlt es sich aus, wenn die Eingabe der OP-Daten :chirurg: und der Leistungsstellen :besen: diszipliniert und zeitnah läuft. Wenn an den Basisdaten (Patientenbewegungen, OP-Eckdaten) hapert, ist eh alles zu spät.

    Auch wer zum Zeitpunkt der Entlassung elektronisch \"von Null\" anfängt, einen etwas komplizierteren Fall nach Aktenlage, Mondphase oder chinesischem Horoskop zu kodieren, hat eigentlich auch schon verloren.
    Zu viel Zeitverlust, zuviele Rückfragen, zuviel Datenverlust.
    Wer hingegen sauber vorbereitete Fälle bei der Entlassung nur noch ergänzen und abschließend prüfen muß, kann durchaus 100 und mehr Fälle pro Tag schaffen, je nachdem, wie kompliziert die Konstellationen sind und wieviele Daten schon vorliegen. :grouper:
    Fließbandarbeit stur nach Arztbrief aber klingt nach gar keiner guten Lösung, da sind wir uns einig... :boom:

    Ob daher die Kodierung nun durch Spezialisten oder Fachkräfte selbst vorgenommen werden soll oder nur von ihnen gegengeprüft werden muß, halte ich vor allem für eine Frage der Personalpolitik und der Größe und Struktur des Hauses. Ein Patentrezept, daß auf spezialisierte Häuser genauso wie auf ganze Klinik-Cluster paßt, gibt es wohl nicht.

  • Zitat


    [i]
    Auch wer zum Zeitpunkt der Entlassung elektronisch \"von Null\" anfängt, einen etwas komplizierteren Fall nach Aktenlage, Mondphase oder chinesischem Horoskop zu kodieren, hat eigentlich auch schon verloren.
    Zu viel Zeitverlust, zuviele Rückfragen, zuviel Datenverlust.

    ... und hier muss ich widersprechen, denn unsere Erfahrung zeigt, dass wir uns für die Generierung der Sekundärdokumentation (und anschließender Rechnungsstellung) ausschließlich auf das Endprodukt, nämlich die gesamte Patientendokumentation, konzentrieren müssen. Natürlich ist es hilfreich, wenn schon in den Leistungsstellen (v.a. OP) bestimmte Informationen \"vorkodiert\" sind ... und doch müssen diese Ziffern überprüft werden (v.a. werden gerne die doch jetzt so wichtigen komplizierenden Prozeduren \"vergessen\"). Zudem existieren aktuelle Auswertungen (z.B. Unfallchirurgie Charité), die bei selbst gut geschulten Ärzten Defizite in der Prozedurenverschlüsselung aufweisen.
    Eine rein arztbrief-basierte DRG-Dokumentation ist natürlich nicht ausreichend - hierzu bereiten wir gerade die Publikation einer umfangreichen Studie (\"Arztbrief-Kodierung\" vs. \"Akten-Kodierung\") mit mehreren hundert Fällen, sowohl internistisch als auch operativ, vor.
    Ansonsten stimme ich zu: DAS Patentrezept gibt es natürlich nicht, auch wenn sich derzeit herauskristallisiert, dass v.a. große Kliniken zunehmend auf Coder zurückgreifen (die hohe Fluktuation mit implizitem Schulungsaufwand der Ärzte mag ein Grund hierfür sein).
    Schöne Grüße
    Markus Stein

    Markus Stein [Dipl.-Dok. (FH)]

    RZV GmbH
    Strategisches Produktmanagement Krankenhaus

  • Hallo Herr Stein,

    :d_gutefrage: Wir sind uns da einig : Blindes Vertrauen in die Daten, die in OPs / Leistungsstellen / auf Station vorerfassten Daten wäre ebenso haarig wie eine reine Arztbriefkodierung im Blindflug.

    Die hohe Fluktuation ist ein wichtiger Faktor in manchen Häusern, auch da stimmen wir überein. Wenn aber DRG-beauftragte Ärzte mit dem Knüppel ernannt werden oder Zeitverträgler \"mal eben / auch mal\" im kodieren fitgemacht werden, ist das auch ein Indikator für das DRG-Management der Klinik oder Fachabteilung. Aber kein guter, jedenfalls nicht, wenn es sich um einen Dauerzustand handelt...
    :erschreck:
    Vielleicht sollte man den Faktor Personalfluktuation mal in die QS aufnehmen... :laugh: Aber man soll die Leute von der BQS nicht auf dumme Gedanken bringen...

    Auf die Studie bin ich gespannt. Posten Sie uns einen Link, falls die Studie online verfügbar wird? :hasi:

    Viele Grüße
    Lag

  • Es gibt nur wenige Gründe, die für den Einsatz der klinischen Kodierer,
    aber viele, die dagegen sprechen, z. B.

    1. Wenn die \"bewußte Arbeit\" des Kodierens den Ärzten abgenommen wird, verlieren diese den Bezug zum DRG-System (wie oft haben wir unseren Ärzten vor die Augen führen müssen, was eine nicht notwendigerweise zu früh erfolgte Verlegung einen Abschlag zur Folge hat)und irgendwann auch das, warum alles so genau in den Akten dokumentiert werden müssen. Und wenn die Ärzte nicht mehr alles dokumentieren, können die Dokumentare diese Defizite nicht begleichen.

    2. Die Schaffung weiterer Schnittstellen (Dokumentare, Ärzte) beeinträchtigt die tägliche Ablaufroutine z. B. durch unvermeidliche
    Rückfragen etc..

    3. Die Verantwortung fürs Kodieren liegt beim behandelnden Arzt. Er ist
    für die Korrektheit der Kodierung zuständig, auch wenn er diese Arbeit delegiert. Die Kontrolle ist somit zusätzliche Arbeit für ihn.

    4. Wenn die Ärzte nicht mehr den direkten Bezug zum DRG-System haben, kann
    dies langfristig negative wirtschaftliche Entwicklungen für das KH zur Folge haben, denn nur die Ärzte entscheiden, wieviele Ressourcen für die Behandlung des Pat. zum Einsatz kommen sollen etc. etc.

    Gruß
    Ordu

  • Hallo Dr. Ordu,

    den klinischen Kodierer an sich in Frage zu stellen, rate ich zu überdenken. Es kommt doch immer darauf an,wie und wo klinische Kodierer eingesetzt werden. Es wäre in diesem Zusammenhang auch interessant, wie sich klinische Kodierer, Casemix-Performer, MDA,MCA,..definieren, bzw. unterscheiden.
    M.E. sollte die Kodierung der ärztlichen Kodes, von den Ärzten kodiert werden. Die pflegerelevanten Nebendiagnosen von der Pflege. Das Ankreuzen von Pflege-Kodes die danach vom verantwortlichen Arzt eingegeben werden müssen, halte ich für keinen guten Weg.
    In unseren Häusern wurde das System auch für die Pflege geöffnet, welche ihre Kodes über eine Registerkarte und eigenem Diagn.typ kodiert.
    Bisher funktioniert das sehr gut.

    Klinische Kodierer können ihren Platz im Med.Controlling finden, wo sie definierte Tätigkeiten übernehmen können.

    Gruß
    Wolfgang Miller