Substantiierte Einwendungen durch KK?

  • Hallo liebes Forum,

    mir liegt ein Brief einer KK vor, die das BSG-Urteil vom 22.07.04 (AZ B3 KR 20/03 R) zitiert und damit ihre eigenständig durchgeführte REchnungskürzung rechtfertigt.

    Das Urteil sagt aus, dass die Kürzung von REchnungen (ganz/teilweise) immer dann möglich ist, wenn substantiierte und der Höhe nach bezifferte Einwendungen gegen die Abrechnung geltend gemacht werden können.

    Nun frage ich die KK: Welcher KK-Mitarbeiter kann den substantiierte Einwendungen anhand der übermittelten DAten durchführen? :boese:

    Diese substantiierte Einwendungen setzen doch eine Beurteilungsgrundlage voraus, die nur durch den übermittelten Datensatz nicht gegeben ist. Außerdem steht es der Kasse doch gar nicht zu, diese medizinisch zu begründenden Einwände zu formulieren, sondern dem von der Kasse in Auftrag zu setzenden MDK! D.h. erst nach Beurteilung durch den MDK kann es ggf. auch zu Abrechungsänderungen kommen! Das KK-Verhalten, schon vorab - ohne medizinische Begründung - die Rechnung zu kürzen, finde ich nicht nachvollziehbar und ist so doch auch sicherlich auch nicht aus dem zitierten Urteil ableitbar!

    SEhe ich das richtig, oder habe ich da irgendwas im Krankenhausrecht übersehen?

    Ich bitte um weitere Stellungnahmen - Vielen Dank

    Schöne Grüße, Willm :)

    Moin, moin!

    \"Ick bün al weer dor\" :b_wink:

  • Hallo Willm,
    Sie haben vollkommen recht!!
    Die Kasse muß vollständig bezahlen und kann dann über den MDK prüfen lassen.
    Ausnahmen hiervon könnte es mal geben, wenn z.B. Verlegungsabschläge nicht berücksichtigt wurden, das kann die Kasse anhand der Datensätze überprüfen und sehen. Manchmal werden ja Patienten innerhalb 24 Stunden in einem anderen KH aufgenommen und wir kriegen das gar nicht mit.

    MfG
    klauswiha

  • Schönen guten Tag Herr Wilm,

    dieses Urteil ( Orginaltext: Bundessozialgerit.de ) als Begründung für eine Rechnungskürzung anzuführen, halte ich doch für mutig, denn schließlich war die dort beklagte Krankenkasse unterlegen. Außerdem ist die Urteilsbegründung juristisch nicht gerade leichte Kost und auch sprachlich durch doppelte Verneinungen u.ä. nicht einfach.

    Jedenfalls handelt es sich bei der Aussage der Krankenkasse um einen nicht zulässigen Umkehrschluss. Denn aus

    Zitat

    Daraus folgt aber nicht, dass die Krankenkassen nach Bundesrecht verpflichtet wären, Krankenhausrechnungen auch dann in voller Höhe zu begleichen, wenn sie schon innerhalb der zweiwöchigen Zahlungsfrist substantiierte und der Höhe nach bezifferte Einwendungen gegen die Abrechnung geltend machen. In den entschiedenen Fällen ging es jeweils darum, dass sich die Krankenkassen erst noch schlüssig werden wollten, ob und welche Einwendungen sie gegen die Krankenhausrechnungen erheben.


    folgt noch lange nicht, dass sie kürzen dürfen, insbesondere da es in dem Urteil weiter heißt:

    Zitat

    Die Rechtsauffassung der Beklagten, sie sei nach den vertraglichen Vereinbarungen nur verpflichtet, den unstreitigen Teil der Krankenhausrechnung zu begleichen, während ihr hinsichtlich des restlichen Teils ein Prüfungsrecht mit einer entsprechenden Verlängerung der Zahlungsfrist zustünde, ist nämlich ebenfalls nicht zwingend. Die vertraglichen Regelungen sind ersichtlich in Umsetzung des gesetzlichen Gebots (vgl § 17 Abs 1 Satz 3 Bundespflegesatzverordnung) auf eine zügige Bezahlung der Krankenhausrechnungen ausgerichtet, was durch eine - unbefristete - Verschiebung des Fälligkeitszeitpunkts der Zahlung schon beim Äußern von Zweifeln an der Richtigkeit der Abrechnung gefährdet würde.


    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Liebes Forum,
    ich habe hier ein ähnliches Problem, wobei bei uns Rechnungen gleich abgewiesen werden.
    Neurdings erhalte ich von der Kasse ein Schreiben, in dem es heißt: o.g. Leistungsfall wurde dem MDK zur Beratung vorgelegt. Daraus resultiert dann die Kürzung der Verweildauer. Ein MDK-Gutachten gibt es nicht dazu, es wird seitens des MDK\'s keine Epikrise abgefordert. Selbst der Name des sog. Gutachters geht aus dem Schreiben der KK nicht hervor.
    So richtig weiß ich auch noch nicht, wie ich mich hier verhalten soll :sterne: :t_teufelboese:

    Gruß Mia

  • Guten Morgen,

    ich kann bei bestem Willen nicht nachvollziehen wie man zu der KK Auffassung kommen kann.
    Das Urteil ist doch sehr eindeutig.
    Evtl. wurde hier Kläger und Beklagte verwechselt.
    KK einfach mal fragen womit diese ihre Auffassung argumentativ begründen.
    Das natürlich immer nur das Gelesen wird was man selbst gerne als Argumente braucht ist klar.
    Habe einige Gespräche mit den KK geführt und darum gebeten, dass auch die Absätze vor und nach den gewünschten gelesen und bewertet werden. (Gesamtzusammenhang)

    Also KK zur rechtlichen Stellungnahme auffordern und eigene Position argumentativ festigen.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Schönen guten Tag Mia,

    formal...
    ... hat die Krankenkasse nach § 275 SGB V zur Überprüfung der Leistungspflicht eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Einzelheiten einer solchen Überprüfung sind in den Landesverträgen nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 geregelt. Danach und nach § 277 SGB V ist dem Leistungserbringer der Befund der Begutachtung vom MDK mitzuteilen.

    inhaltlich...
    ... kann (außer in vielleicht ganz offensichtlichen Fällen) ohne Mitteilung der Gründe, warum eine Leistung abgelehnt wird, diese Ablehnung seitens des Leistungserbringers auch nicht nachvollzogen werden. Solange das Krankenhaus aber die Ablehnung inhaltlich nicht nachvollziehen kann, muss es weiterhin von einer korrekten Abrechnung ausgehen und kann gegen die Ablehnung auch nicht inhaltlich argumentieren.

    juristisch...
    gibt es einige Urteile zum Begutachtungsverfahren, die in gewissem Umfang auch die Ansprüche an ein Gutachten festlegen. Ich habe mir zum Widerspruch gegen allzu oberflächliche Gutachten (mit Hilfe von Informationen aus diese Forum!) einen Textbaustein gebastelt, den ich hier auch gerne wieder veröffentliche und der vielleicht auch mit geringen Anpassungen auf den vorliegenen Fall anzuwenden ist:

    Zitat

    Ein Gutachten des MDK muss gewissen rechtlichen Anforderungen genügen, insbesondere aus einer ex-ante Sicht erfolgen (BSG B 3 RK 2/96 und B 3 KR 33/99), eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt beinhalten (hessischer Landesvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V), konkrete und nachvollziehbare Behandlungsalternativen aufzeigen (BSG B 3 KR 18/03 R) und auf einer hinreichenden Datenbasis beruhen (SG Magdeburg S 6 KR 126/03).
    Diesen Anforderungen wird das vorliegende Gutachten nicht gerecht, es ist daher gegenstandslos!

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo noch mal zusammen,

    vielen Dank für Ihre Beiträge bisher.

    Ich habe das Schreiben der KK mit der von mir zitierter Begründung abgewiesen, mich zusätzlich auf § 275 SGB V berufen, die sofortige vollständige Rechnungserstattung eingefordert und mich nach Erhalt des vollständigen Rechnungsbetrages bereit erklärt eine medizinisch-inhaltliche Diskussion mit dem MDK zu führen und dann auch relevante Krankenunterlagen einzusenden.

    Hallo Herr Schaffert, bei Ihnen möchte ich mich noch für den schönen Textbaustein bedanken. Da haben Sie wirklich eindeutige Fakten zusammengefasst.

    Schöne Grüße, Willm

    Moin, moin!

    \"Ick bün al weer dor\" :b_wink:

  • Ich bin ja nun kein Jurist und lasse mich von hier anwesenden Rechverdr... *hrrrm* Rechtskundigen diesbezüglich gerne beleheren, aber wenn ich das recht in Erinnerung habe, handelt es sich bei einer Krankenbehandlung ja um einen Dienstvertrag (zugunsten Dritter). Diesbezüglich sagt §614 BGB aus, daß die Vergütung nach Erbringung der Leistung zu erbringen ist.
    Das korelliert auch mit o.g. Urteil.
    Ein zurückhalten der Bezahlung wäre m.E. nur bei einem klar zu begründenden Verdacht zu rechtfertigen, daß die Dienstleistung als solche nicht oder nicht in der korrekten Form erbracht worden ist.

    In aller Regel ist es ja aber so, daß (und das geben die Kassen teilweise in ihren Schreiben ja zu) anhand der vorliegenden Daten eben nicht nachvollzogen werden kann, ob überhaupt ein Abrechnungsfehler vorliegt.

    Ich persönlich finde es sehr schade, daß einzelne Kassen (oder übereifige Sachbearbeiter) versuchen, mit derartigen Winkelzügen Geld zu verdienen.

    Meinen Vorrednern schließe ich mich darin an, daß ein eindeutiger Einspruch gegen ein derartiges Vorgehen besagter Kasse angezeigt ist.

    Herzliche Grüße,

    N.

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

  • Guten Morgen,

    ist es das Wetter oder die Fußball-WM, die so angriffslustig macht?

    Soll ich Ihnen mal vor Augen führen, wie herrlich einseitig Sie hier mit welchen Fakten hantieren?

    1) aus dem Eingangsbeitrag ist MIT KEINER SILBE geschildert, worauf sich die Einlassungen der Krankenkasse beziehen! Vielleicht geht es tatsächlich nur um Verlegungsabschläge oder um eine eindeutige Fallzusammenführung o.ä., was durchaus direkt anhand der 301er Daten erkennbar ist?
    2) Daher eine legitime Ableitung aus dem BSG abzusprechen, halte ich nicht für weniger mutig. Denn
    3) zweifelsfrei und EINDEUTIG sagt das BSG, dass eine Kürzung zulässig ist, WENN schon während der Zahlungs- und somit Prüffrist substantiierte Einwändungen gemacht werden können - an dieser Stelle verweise ich wieder auf 1): die Einlassungen der Kasse sind hier (außer Wilm) niemandem bekannt und werden doch fleißig und vorurteilsbehaftet beurteilt...
    4)Das BSG-Urteil BSG B 3 KR 18/03 R bei nicht psychiatrischen Behandlungen anzuführen, ist nicht weniger mutig - schließlich ist das dort in einem konkreten Einzelfall (psychiatrischer Krankenhausbehandlung über mehr als ein Jahr) gefällte Urteil vom geforderten Vorgehen rein technisch gar nicht auf die allermeisten somatischen Fälle anzuwenden, weil diese vielfach entlassen sind, bevor die Datensätze bei den Kassen eingehen und somit ein vergleichbares Handeln ermöglicht würde!
    5) Im Angesicht einer drohenden Gesundheitsreform wird uns allen noch das Lachen vergehen - irgendwann wird auf allen Seiten das Bewusstsein einkehren, dass es nicht den bösen Feind gibt, sondern Sachzwänge in einem kranken und ewig nur durch Flickschusterei künstlich am Leben erhaltenen Gesundheitssystem.
    6) Solange die Kassen tagtäglich (völlig unstrittige) Fälle zu Gesicht bekommen, wo das (auch den Leistungserbringer explizit verpflichtende) Wirtschaftlichkeitsgebot mit Füßen getreten wird, wird das Prüfverhalten nicht besser...

    Ich hoffe, ich war nicht zu aggressiv, aber ich muss mich ja langsam auf ein Fußballspiel einstimmen.

    Mit sportlichem Gruß


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Werter ToDo,

    ich wüßte nicht, wer hier angriffslustig gewesen wäre (außer Ihnen vielleicht, aber Sie wollen sich ja auch auf ein Fußballspiel einstimmen - wobei mir da auch nicht ganz eingängig ist, was das mit Agression zu tun hat. Aber das nur nebenher).

    Sicher liegen Sie mit Ihren Einwänden durchaus nicht überall daneben (das ist ja auch Sinn eine Diskussion). Trotz allem vermag ich Ihrem Einwand, die Fakten seien nicht ausreichend bekannt, nicht völlig zu folgen. Denn wenn das Voraussetzung für eine Diskussion über Grundsätze (und mehr ist in einem Forum m.E. nicht zu erwarten) wäre, könnten wir entweder dieses Forum schließen oder würden uns hart an der Grenze zum Verstoß gegen die Schweigepflicht bewegen.

    Die Interpretation von Urteilen ist für den Laien (ich erwähnte das ja schon) durchaus eine sehr kitzlige Sache. Trotz allem binn ich juristisch genug bewandert, um zu Wissen, daß in Einzelfallentscheidungen durchaus auch grundsätzliche Leitsätze formuliert werden. Und leider (oder vielleicht auch gottseidank - ist das doch der interessantere Teil der Arbeit) gehört ein wenig Paragraphenjongliererei eben auch dazu.

    Im übrigen forderte Herr Wilm explizit zur Meinungsäußerung auf - Spekulation grundsätzlicher Art ist also seinerseits durchaus gewünscht. Schimpft sich neudeutsch Brainstorming und ist ein ziemlich effektives Mittel, um auch andere Sichtweisen wahrzunehmen.

    Im Übrigen ist es irgendwo ja auch unser Job, ein wenig einseitig zu sein. Und wer hat denn hier bitte DIE Kassen verteufelt? Fakt ist, daß einige Kassen es mit der Einhaltung von Zahlungsfristen nicht so genau nehmen, Fakt ist, daß Krankenhäusern dadurch teilweise heftige Einnahmeverluste entstehen (was einerseits auf die Liquidität durchschlägt und andererseits durchaus auch kalkulatorische Zinsen kostet), Fakt ist daß der Medizincontroller als solches genauso dafür bezahlt wird, die Interessen seines Arbeitgebers wahrzunehmen, wie der Kassenmitarbeiter dafür bezahlt wird, die Interessen seines Brötchengebers zu vertreten.
    Daß man sich idealerweise in der Mitte treffen sollte, bestreitet eigentlich niemand, der sich halbwegs vernünftig mit der Materie auseinandersetzt.

    Allerdings liegt es in der Natur der Sache (Kassenvertreter sind hier offenbar doch etwas weniger vertreten), daß die Klagegesänge hier etwas einseitig sind und löbliches, wohlfeiles Verhalten seitens Kassen und / oder MDK weniger zur Sprache kommt. Aber letzteres ist nur menschlich (vielleicht kann der Admin ja mal eine Krankenkassenbenedei-Ecke einrichten??) und zu ersterem ist auch nur zu sagen, daß Sie sicher nicht in ein Pferdeforum einloggen, wenn Sie sich über Hundezucht informieren wollen. Ich möchte nicht wissen, welcher Tenor in einem Krankenkassensachbearbeiter-Forum bezüglich des Verhaltens mancher Krankenhäuser angeschlagen würde.

    Daß das System als solches noch erhebliche Lücken hat (und leider nicht absehbar ist, daß diese geschlossen werden) und daß auch die Prüfung sich bei einigen Krankenhäusern durchaus lohnt, ist völlig unbestritten.

    Das ändert aber nichts daran, daß erfahrungsgemäß (genauso wie Krankenhäusern bei der Kodierung) die ein oder andere Kasse immer wieder mal auf die ein oder andere ...hmmmm....diskussionswürdige Idee kommt.
    Und das muß man ja nicht unbedingt klaglos hinnehmen, oder?

    In diesem Sinne herzliche Grüße,

    N.

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

  • Hallo Todo,

    warum bin ich angriffslustig? 8o

    Die KK schiebt mir ein Urteil des BSG vor und rechtfertigt damit Ihren Anspruch auf einen Verlegungsabschlag. Ob dieser Anspruch medizinisch nachvollziehbar ist oder nicht, ist doch zunächst gar nicht von der Kasse in Erwägung gezogen worden. (Natürlich gibt es medizinisch einen sehr guten Grund für den gesamten Aufenthalt des Pat. und ich bin sicher, dass auch der MDK diesen Grund sofort akzeptieren würde - aber soweit wollte es die Kasse ja gar nicht kommen lassen)

    Was sind denn substantiierte Einwendungen? Sind es formale Einwendungen? Kann die Kasse sagen, wenn ich dir jetzt einen Tag abziehe, dann wird deine Rechnung gekürzt also begründe ich das mit dem oben zitierten Urteil.

    Ich dachte eigentlich, dass substantiierte Einwendungen nur vom MDK formuliert werden können, da eine medizinisch-inhaltliche Argumentation gefunden werden muss. Also, wenn hier einer angriffslustig war, dann ja wohl die KK, oder?

    Liebe Grüße, Willm

    Moin, moin!

    \"Ick bün al weer dor\" :b_wink: