Fallzusammenführungen

  • Hallo Forum,

    mich würden eure Erfahrungen interessieren, wie mit den Wiederaufnahmeregelungen umgegangen wird. Wir wissen zwar alle, dass diese Regelungen gesetzlich festgelegt sind (§2 der FPV 2006). Genauso klar ist aber, dass es nicht mal so selten Fallkonstellationen gibt, bei denen es einem Medizincontroller richtig weh tut, Fälle zusammenzuführen. Z. B. wenn zuerst eine Hüft-TEP links und dann innerhalb der oberen Grenzverweildauer eine zweite rechts eingebaut wird. Oder wenn ein Patient erst wegen seiner KHK und 29 Tage später wegen der pAVK aufgenommen wird. Solche Fälle haben doch nichts miteinander zu tun! :boese:
    Wir versuchen das den Kassen begreiflich zu machen und haben damit sogar teilweise Erfolg. Jetzt sind wir aber bei der AOK auf größeren Widerstand gestoßen, so dass ich einfach noch weitere Meinungen von Gleichgesinnten hören möchte.

    Ich danke im Voraus!

    LG
    Einsteiger

  • Hallo Forum,
    Hallo Einsteiger,

    Zitat


    Original von Einsteiger:

    ... so dass ich einfach noch weitere Meinungen von Gleichgesinnten hören möchte.


    auch wenn ich vielleicht als Kassenvertreter kein Gleichgesinnter bin, möchte ich etwas zu dem Thema beitragen.
    Sie werden in den Fällen, in denen die formalen Voraussetzungen für eine Fallzusammensammenführung vorliegen, m.E. keine Aussicht auf Erfolg haben.
    Es ist nun mal Wille des Gesetzgebers, dass ein inhaltlich medizinischer Zusammenhang nicht berücksichtigt wird.
    Man spricht dann sehr schnell von einem pauschalisierten System, in welchem Einzelfälle mal positiv mal negativ für Sie ausfallen.
    M.E. sollte man sich hier auch von allen Seiten an die Vorgaben halten (auch wenn es in manchen Fällen weh tut), denn sonst würden wir hier auf einem Basar enden.
    Ich denke jeder hatte bereits Fälle, bei dem er Bauchschmerzen hat, aber das gehört nun mal zum alltäglichen Geschäft dazu.

    Beispiel: Rechtfertigt ein Frühchen ohne weitere Probleme mit einem Geburtsgewicht von 1499g (DRG P64Z) wirklich über € 13000,00 mehr an Kosten als ein Frühchen ohne weitere Probleme mit einem Geburtsgewicht von 1500g (DRG P65D)? :erschreck:

    Sie schreiben, dass Sie bei manchen Kassen bereits Erfolg hatten. Wieso hier die Fälle nicht zusammengeführt wurden, ist aus meiner Sicht nicht verständlich.
    Liegt es vielleicht daran, dass Sie zu diesen Kassen einen besonders guten Kontakt pflegen? :i_drink:
    Und falls ja, führen Sie ggf. auch mal Fälle zusammen, in denen die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt sind?

    MFG

    Mr. Freundlich

  • @ Mr. Freundlich

    Zitat

    ...denn sonst würden wir hier auf einem Basar enden.

    Bin nun schon seit einigen Jahren in diesem Bereich. Wir enden nicht auf einem Basar, wir sind bereits mitten drin!

    Ungezählte Fälle werden (glücklicherweise) am Telefon mit den Mitarbeitern der KK ausgehandelt. Frei nach dem Motto \"Unterm Strich sind beide glücklich\".

    @ Einsteiger
    Ja, ähnliche Erfahrungen habe ich auch gemacht. Z.B. erneuter Schub einer Pankreatitis, Fraktur erst rechts dann 14d später links u.s.w.
    In einigen dieser Fälle ist im direkte Kontakt mit den KK eine zufrieden stellende Lösung gefunden worden.
    Wir haben auch Fälle zusammengeführt in denen die formalrechtlichen Gegebenheiten uns nicht dazu gezwungen hätten.

    Ich bezweifele das diese Fälle in den ersten Kalkulationen so berücksichtigt worden sind. Hoffe das diese \"Unschärfen\" des Systems beseitigt wurden u. werden.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo MiChu,

    Zitat


    Original von MiChu:
    Ich bezweifele das diese Fälle in den ersten Kalkulationen so berücksichtigt worden sind. Hoffe das diese \"Unschärfen\" des Systems beseitigt wurden u. werden.


    Da liegt aber doch der Hund begraben. Dem InEK, der Selbstverwaltung oder der Politik die Grundlage für eine Korrektur entziehen, indem man die aktuellen \"formalrechtlichen Gegebenheiten\" ignoriert und sich hinterher beschweren, dass die \"Unschärfen des Systems\" nicht beseitigt wurden... :d_neinnein:

    Dieser Vorwurf geht übrigens an ALLE, die nicht gemäß der aktuellen Regelungen verfahren (also, wie hier geschildert offenbar auch Kassen).

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • ToDo

    Da die Kalkulationen für die daraus resultierenden Kataloge immer einige Zeit zurückliegen wird es diese \"Unschärfen\" immer geben. M.E. aber müssen dafür die Krankenhäuser die Rechnung bezahlen.

    Das in den laufenden und zukünftigen Katalogen die Fälle, um die es hier gegangen ist, immer besser integrieren ist meine Hoffnung. Und Sie wissen ja die Hoffnung stirbt zuletzt.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo!

    Mich beschäftigen einige Fälle, die nach den Vorgaben eine Fallzusammenführung zur Folge hätten, es jedoch keinen medizinischen Zusammenhang zwischen den Fällen besteht, beziehungsweise das Krankenhaus nicht in die Verantwortung für die Existenz des zweiten Falles zu nehmen ist. Bin somit auf der Suche nach Argumentationshilfen, die den Fachgesellschaften und INEK vorgelegt werden können.

    Meine konkreten Fragen dazu:

    1. Wie gehen Sie mit Fällen um, deren Komplikationen auf die Erkrankung und nicht auf die Behandlung zurückzuführen sind? Z.B. ein chronisches Subduralhämatom - das sich immer wieder bilden kann, die Klinik hat im zweiten Fall ohne Eigenverschulden einen Mehraufwand. Wie verhält es sich mit Patienten, deren Diabetes entgleist oder jene die innerhalb kurzer Zeit erneut eine hypertensive Krise erleiden, der Hintergrund schlechte medikamentöse Einstellung, mangelnde Kooperation des Patienten (unregelmässige Medikamenteneinnahme; Diätmissachtung)sind?

    2. Wie ist \"Wiederaufnahme wegen Komplikationen\" zu definieren? Sind Komplikationen der Behandlung gemeint - z.B. Wundinfektionen, Luxation einer Hüftprothese ohne Unfallereignis, oder schlichtweg alles was im Rahmen einer Erkrankung zu einer Wiederaufnahme führt?

    3. Wie gehen Sie mit Fällen um, bei denen es sich um zwei strikt getrennte Ereignisse handelt, z.B. zwei Unfallereignisse (links/rechts), zwei Bandscheibenvorfälle auf verschiedenen Höhen - welche nach den Vorgaben zusammengeführt werden müssten.

    Für Hilfe zur Lösung des Gedankenknotens wäre ich dankbar.

    Gruß Lemontree

    :augenroll:

  • Hallo Lemontree,

    Zitat


    Original von Lemontree:
    1. Wie gehen Sie mit Fällen um, deren Komplikationen auf die Erkrankung und nicht auf die Behandlung zurückzuführen sind?
    2. Wie ist \"Wiederaufnahme wegen Komplikationen\" zu definieren?

    Dass die fehlende Definition der \"Komplikation im Zusammenhang mit der erbrachten Leistung\" immer wieder für Ärger sorgt, ist wohl ausführlichst diskutiert worden. Wir haben bei einem Ortstermin dem MDK vorgeschlagen, doch eine gemeinsame Definiton sowohl der \"Komplikation\" als auch der \"Beurlaubung\" zu finden. Dies wurde abgelehnt, da der MDK (im Grunde richtigerweise) erklärt, er könne immer nur den Einzelfall betrachten und den Gesetzestext daneben halten.
    Klar ist jedoch, dass ein Bezug zur Leistung da sein muss, das steht sowohl in der FPV als auch im KHEntgG. Die von Ihnen angeführten Komplikationen der Erkrankung erfordern keine Fallzusammenlegung. Dass es dann im Einzelfall unterschiedliche Meinungen gibt, ist unausweichlich, da muss man diskutieren und manchmal auch Kröten schlucken.
    Eine Hüftluxation nach Hüft-TEP ohne adäquates Trauma würde ich allerdings zusammenlegen, hier besteht m.E. ein größerer Zusammenhang zur OP als zur Koxarthrose.

    Zitat


    3. Wie gehen Sie mit Fällen um, bei denen es sich um zwei strikt getrennte Ereignisse handelt, z.B. zwei Unfallereignisse (links/rechts), zwei Bandscheibenvorfälle auf verschiedenen Höhen - welche nach den Vorgaben zusammengeführt werden müssten.

    Wir legen sie zähneknirschend zusammen, die FPV lässt hier m.E. keinen Raum für Interpretationen. Evtl. gibt es ja Spielraum bei der Hauptdiagnose, das kann im Einzelfall helfen.

    Grüße
    C.Lehmann

    [c=#ffff09][/code]

    Viele Grüße
    C.Lehmann

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    wie schon von Herr Lehmann beschrieben, ist die fehlende verbindliche Definition \"Komplikationen\" zu Abrechnungszwecken ein schon oft diskutiertes Problem.

    Zu Ihrem 1. Punkt ist noch zu sagen, dass hier meist gar nicht die Frage nach \"Komplikation\" zur Fallzusammenführung führt, sondern die Wiederaufnahme in der gleichen Basis-DRG. Somit sind diese Fälle dann zusammenzulegen. Genauso die Fälle, wo es an Compliance mangelt und der Patient z.B. im 1. Aufenthalt sich nicht für die nötige OP entscheiden kann und dann innerhalb von 30 Tagen wegen der nun unaufschiebbaren OP aufgenommen werden muss. All diese Kriterien zur Wiederaufnahme sind ohne Opt-Out-Regel, es sei denn, die definierten DRGs im Fallpauschalenkatalog (außer bei Komplikationen). Deswegen stellt sich eigentlich auch nur die Frage bei der individuellen Umgehensweise bezüglich der Definition der Komplikationen. In den anderen Bereichen kann es keine unterschiedliche Vorgehensweise geben: Sind Fälle nach den Kriterien der FPV zusammenzulegen, dann ist dieses zu tun. Selbstverständlich ist dies nicht immer dazu geeignet, eine individuelle Abrechnungszufriedenheit zu provozieren, aber wie soll das in einem solchen System von Pauschalen auch immer funktionieren? Einzellfallgerechtigkeit kann da gar nicht entstehen.
    Selbstverständlich kann man auch im Rahmen der Vorschlagsverfahren solche Regeln als bearbeitungswürdig beschreiben. Dass aber hier entscheidende Änderungen vollzogen werden, die Fallzusammenlegungen in der oben beschriebenen Form ausschließen, halte ich für sehr unwahrscheinlich.
    Zumal gehen die zusammengelegten Fälle mit ihren (höheren) Kosten auch in die Kalkulation ein und bestimmen somit prozentual das RG. Wenn das Risiko der Fallzusammenlegungen in allen Kliniken gleich ist, entsteht auch keine generelle Ungerechtigkeit. Dass man nicht mit jedem Fall verdient (oder draufzahlt) ist systemimmanent. Dass man sich in Einzelfällen ärgert, ist natürlich nachvollziehbar.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Forum,

    ich hoffe, dass ich hier richtig bin und habe eine andere Frage zu Fallzusammenlegungen:
    Wie wird mit der Applikation von Medikamenten (ZE-relevant) umgegangen?
    Das Kap. 8 des OPS führt unter den Hinweisen auf, dass ein Code nur einmal pro AUFENTHALT anzugeben ist. M. M. ist Aufenthalt <> Fall.
    Auf den Fall bezieht sich die FPV 2006: Das Krankenhaus hat eine Neueinstufung in eine Fallpauschale mit den Falldaten aller zusammen zu führenden KrankenhausAUFENTHALTE durchzuführen.
    Sind die Applikationsmengen zu summieren?
    Die Folgen für die Ausgliederung und Abrechnung der Zusatzentgelte sind, dass man nicht mehr mit der indikationsgerechten Dosierung, sondern mit abrechnungstechnischen Gegebenheiten argumentieren muss.

    Vielleicht kennt jemand eine einfache Lösung oder Vorschrift hierfür.

    Grüße aus Mittelhessen

    M. Müller

    M. Müller
    Controller
    Kerckhoff-Klinik

  • Zitat


    Original von Selter:
    Hallo,

    All diese Kriterien zur Wiederaufnahme sind ohne Opt-Out-Regel, es sei denn, die definierten DRGs im Fallpauschalenkatalog (außer bei Komplikationen). entstehen.


    Hallo Herr Selter,
    was ist das für eine Regel? Habe diesen Begriff noch nie gehört.
    Mit freundlichen Grüßen

    anne