Frühere Verlegung gefordert

  • Hallo Forumsteilnehmer,

    Ich werde zunehemnd damit konfrontiert, daß bei einer Verlegung in ein nachfolgendes Akutkrankenhaus die Verlegung hätte früher erfolgen sollen. Ersatzweise wird die Streichung präoperativer Tage gefordert.

    Die Verweildauer dieser Patienten ist in der Regel bereits kurz.

    Ziel: Erhöhung des Abschlages.

    Meine Ansicht:

    1. Die Kranknehausbehandlung ist weiterhin erforderlich und auch unstrittig.
    2. Der optimale Verlegungszeitpunkt ist prospektiv nicht steuerbar, da es ja bis zuletzt gruppierungsrelevante Ereignisse geben kann.
    3. Das Ergebnis des Krankenhauses B kann nicht abgeschätzt werden.

    Krasses Beispiel: Pat. montag verlegt, im KH B am Dienstag reintuberit und dort Langzeitbeatmung.

    Wäre er Dienstag noch im KH A gewesen, wäre nur 1 DRG angefallen.

    Meines Erachtens ist die Forderung nach einer früheren Verlegung nur aus der ex post Sicht abzuleiten. In der aktuellen Situation kann das KH A keine \"richtige\" Entscheidung treffen.

    Ich bitte um Erfahrungen und Meinungen. :d_gutefrage:

    Gruß

    merguet

  • Hallo merguet,

    Die Forderung nach früherer Verlegung bzw. Entlassung, oder die Streichung präoperativer Tage ist ja nun leider nicht so neu. Ich ärgere mich gerade über folgenden Fall (Langliegerzuschläge). Aufnahme eines über 80-jährigen Patienten mit Pflegestufe II und zahlreichen Begleiterkrankungen wegen Hämatinerbrechens bei GIT-Blutung. Während des Aufenthalte kam es zu einer Enterokolitis durch Clostridium difficile (Antibiose, Isolierung) und es erfolgten Deltajonin-Infusionen bis zum Tag vor der Entlassung.
    In einem ersten Gutachten wurde ohne weitere Begründung oder Bennenung von Daten eine Entlassung innerhalb der oGVD gefordert (die bei Diagnose der Enterokolitis bereits überschritten war). Nach Widerspruch streicht der Gutachter nun 7 Tage in der Mitte des Aufenthaltes (vor Enterokolitis) und dann nochmal 11 Tage am Ende des Aufenthaltes, trotz beschriebener rez. subfebriler Temperaturen und persistierender CRP-Erhöhung. Das sind so Beurteilungen, bei denen man verzweifeln könnte. :boese:

    Was ich nun an Ihren konkreten Fragen nicht so recht verstehe: Weshalb könnten mögliche gruppierungsrelevante Ereignisse der Zukunft die Notwendigkeit des Verbleibes des Patienten begründen?
    Was spielt es für Sie als verlegendes Krhs für eine Rolle, welche DRG (das meinten Sie doch mir Ergebnis? ) das KH B abrechnet?
    Und warum wäre denn bei Ihrem Beispiel nach der Reintubation und Beatmung keine Verlegung ins Akutkrankenhaus mehr notwendig geworden?)

    Gruß aus Mannheim

    Thomas Walter
    Medizincontrolling
    Universitätsklinikum Mannheim

  • Hallo Herr Walter,

    Kern meines Problems ist, daß ich den optimalen Verlegungszeitpunkt nicht prospektiv planen kann. Dies würde bedeuten, daß alle zum Patienten verfügbaren Daten immer auf dem aktuellsten Stand sein müssten und alle Beiteiligten die Details der Verlegungsabschläge kennen müssten.
    Dies ist nicht mehr steuerbar. Es kann vielleicht noch erwartet werden, daß der ein oder andere Frontkänpfer die mVWD kennt, aber die Details des Vorteils einer früheren Verlegung für die Versichertengeminschaft kann man von niemandem erwarten.

    Diese Diskussion lässt sich also immer nur durch rückblickende Betrachtung auslösen.

    Die gruppierungsrelevanten Ereignisse der Zukunft können (rückblickend) ebenfalls zu einer anderen Bewertung der Verlegungshistorie führen. Fakt bleibt, daß die KH-Behandlung notwenidg ist. In welchem Hause sie auch zweckmäßig ist, lässt sich ex ante nicht bewerten. :d_gutefrage:

    Gruß

    merguet

  • Hallo,

    in beiden Fällen wird doch letztendlich angezweifelt, ob die ergriffenen Therapiemaßnahmen geeignet waren. Im Falle der Verlegung wird das überdeutlich.
    Die Therapie soll und darf der MDK aber gar nicht beurteilen.

    Der Gutachter unterstellt ja geradezu, dass man die armen Leute liegen läßt, bis sie gottseidank dann doch endlich noch krank werden.

    Und deutlich wird auch, dass sich der MDK in seiner Gutachtenpraxis immer mehr vom pauschalierenden System verabschiedet.

    Das blöde ist, man muss sich immer erst noch mal mit dem gleichen Gutachter rumschlagen, der ja dann doch nur sein bisheriges Gutachtenergebnis irgendwie zu verteidigen sucht. Es fehlt immer mehr eine übergeordnete unabhängige Institution.

    mfg

    Reeka

  • Hallo allerseits,

    Zitat


    Original von merguet:
    ..., aber die Details des Vorteils einer früheren Verlegung für die Versichertengeminschaft kann man von niemandem erwarten.


    Naja, es gibt Beispiele für das Gegenteil. In zwei Krankenhäusern der Maximalversorgung in einer Großstadt in NRW wird wie folgt verfahren:

    Klinik A:

    Gynäkologie - bei der Kreißsaalbesichtigung erzählen Oberarzt und ltd. Hebamme, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für den Aufenthalt bei einer komplikationslosen Spontangeburt lediglich für MAXIMAL 3 Tage übernehmen - darüber hinaus nur in besonderen Einzelfällen, in denen es aber auch regelmäßig Probleme mit den Kassen gäbe.

    Nun war ich dummerweise als \"werdender Vater\" anwesend und habe nachgebohrt: >>Die Verwaltung hat für bestimmte \"Standard-Behandlungen\" VWD-Kataloge bestimmt (die ALLESAMT unter der MVD bzw. knapp über der uGVD lagen)<<

    Klinik B:

    Patienten werden nach Bypass-OP exakt mit Erreichen der MVD verlegt, wenn noch kein AHB-Platz frei ist (oder sich von dem Haus nicht drum gekümmert wurde). Bei einer Prüfung werden diese Verlegungen mit einer Zusammenarbeit begründet, da die Patienten von diesen Kliniken kämen. In nicht einem einzigen Fall kamen die Patienten aber im Rahmen einer Verlegung, sondern waren lediglich irgendwann (teilweise Wochen) vorher dort stationär oder ambulant zur Diagnostik. So verlegt das Herzzentrum zum wirtschaftlich besten Zeitpunkt und produziert eine weitere DRG in einem anderen Haus, nur weil sich Tage nach der OP noch um keinen Reha-Platz gekümmert wurde und der Patient nicht nach Hause soll vor der AHB...

    In letzterem Fall (um wieder zur Ausgangsfrage in diesem FRED :d_zwinker: zurückzukehren) frage ich mich schon, wie man solche Punktlandungen hinbekommt, obwohl die Patienten unterschiedlich alt, unterschiedlich mobilisiert und einer sogar mit einer dokumentierten Komplikation exakt am \"Break-Even-Point\" verlegt wurden...

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo.

    ToDo: Teebeutel vom schwarzen Tee sollen gegen Augenringe helfen ;-). Auf jeden Fall alles gute.

    Seit neuestem haben wir auch diese Probleme.
    Bsp.:
    76jähriger Pat. wird mit instabiler AP bei uns aufgenommen. Im LHK wird eine Hauptstammstenose festgestellt und der Pat zur dringlichen Bypass OP an der Uni Klinik angemeldet. Am dritten Tag kann der Pat verlegt werden.
    Der MDK behauptet jetzt, dass der Pat. früher hätte verlegt werden können. Fragt sich nur wie?

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo,

    Zitat


    Original von papiertiger:
    Hallo.

    ToDo: Teebeutel vom schwarzen Tee sollen gegen Augenringe helfen ;-). Auf jeden Fall alles gute.


    Danke für die guten Wünsche, aber obiges Erlebnis (und somit auch mein Nachwuchs) ist schon ein paar \"Tage\" alt, Ihren Tipp hätte ich damals aber zeitweise sehr gut gebrauchen können... :d_zwinker:

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Zitat


    Seit neuestem haben wir auch diese Probleme.
    Bsp.:
    76jähriger Pat. wird mit instabiler AP bei uns aufgenommen. Im LHK wird eine Hauptstammstenose festgestellt und der Pat zur dringlichen Bypass OP an der Uni Klinik angemeldet. Am dritten Tag kann der Pat verlegt werden.
    Der MDK behauptet jetzt, dass der Pat. früher hätte verlegt werden können. Fragt sich nur wie?


    Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass die Entscheidung der MDK-Ärzte
    in zunehmendem Maße weder mit der Medizin noch mit den Abläufen in einer Klinik zu tun hat. Noch schlimmer: Der Patient wird offensichtlich für ein \"Objekt\" gehalten, das man nach Belieben hin und her verschieben und verlegen kann! Hauptsache, es geht irgendwie zu Kosten der Klinik...

    Gruß
    Ordu

  • Hallo,

    Zitat


    Original von Ordu Dr.:
    Der Patient wird offensichtlich für ein \"Objekt\" gehalten, das man nach Belieben hin und her verschieben und verlegen kann!

    Mit Verlaub, aber das trifft wohl auch auf \"gut wirtschaftende\" Krankenhäuser (mein o.g. Beispiele) zu. Und in diesen Fällen geht das \"Objekt Patient\" eher nicht zu Lasten der Klinik...

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Dusikutanten,

    ich danke für die bisherigen Beiträge.

    Der Kern bleibt: der ökonomisch optimale Verlegungszeitpunkt ist prospektiv kaum planbar. Es kann auch bei im Regelfall eher unterdurchschnittlichen Verweildauern kaum jemandem zugemutet werden, das für den EInzelfall nachzurechnen.
    Es ist sogar die Frage, ob man verlangen kann, daß alle zur Gruppierung relevanten Informationen immer tagesaktuell sein müssen.

    Es muß erlaubt sein, Teile der Dokumentation etwa durch Kodierfachkräfte nachträglih, d.h. auch nach Verlegung / Entlassung zu erfassen. Erst dann aber könnte man sich überhaupt Gedanken über den \"richtigen\" Verlegungszeitpunkt machen.

    Ich halte die Verlegungsdiskussion aus diesem Grunde nicht für führbar. Das ganze wird komliziert durch die Tatsache, daß die Verlegungskette A-B-A vor allem in der Herzchirurgie ohnehin bereits zu einer deutlich günstigeren Variante für die Kostenträger führt, da A die FÄlle zusammenziehen muß und B Verlegungsabschläge hinnimmt. Gegenüber der Leistungserbringung des Gesamtpaketes in Haus B ergibt sich dadurch schon eine Kostenminderung von im Einzelfall mehreren Tausend Euro.

    Die zur optimalen Nutzung z.B. operativer Ressourcen gewählte Fallgestaltung ist somit ohnehin ökonomisch nachteilig. Den Nachteil auf Basis rein retrospektiver Betrachtungen noch vergrößern zu wollen, erscheint auf Leistungserbringerseite als Bestrafung und ist sehr ärgerlich :boese: .

    Gruß

    Merguet

  • Hallo Merguet,

    Zitat


    Original von merguet:
    Ich halte die Verlegungsdiskussion aus diesem Grunde nicht für führbar. Das ganze wird komliziert durch die Tatsache, daß die Verlegungskette A-B-A vor allem in der Herzchirurgie ohnehin bereits zu einer deutlich günstigeren Variante für die Kostenträger führt, da A die FÄlle zusammenziehen muß und B Verlegungsabschläge hinnimmt. Gegenüber der Leistungserbringung des Gesamtpaketes in Haus B ergibt sich dadurch schon eine Kostenminderung von im Einzelfall mehreren Tausend Euro.
    Merguet

    ich weiss nicht, ob Sie in Krankenhaus A oder B in dieser Verlegungskette arbeiten, aber Krankenhaus B ist hier in der Regel der Gewinner, da es sich gerade in der Herzchirurgie häufig um Verlegungsfallpauschalen handelt.
    Der Kostenträger hat gerade in diesem Bereich häufig den \"Schwarzen Peter\".

    Beispiel aus der Praxis:

    Patient wird im Krhs A aufgenommen mit Mitralklappeninsuffizienz. Es wird festgestellt, dass eine neue Herzklappe notwendig ist. Also Verlegung in die Herzchirurgie in Krhs B

    Aufnahme in Krhs B mit sofortiger OP. Rückverlegung 3 Tage später in Krhs A.

    Ergebnis: Krhs A hat die Fälle zusammenzuführen wegen Rückverlegung.
    Aber Krhs B erzielt folgendes Ergebnis: DRG F22Z (ca. € 12700,00), Abschläge € 0,00 da Verlegungsfallpauschale (Fall aus 2005).

    Fazit: Krankenhaus B bekommt für den herzchirurgischen Eingriff einen weit überhöhten Betrag und ist der große Gewinner.

    [edit]P.S. Immerhin wurde seit 2006 die FPV dahingehend geändert, dass bei Verlegungsfallpauschalen zumindest die untere Grenzverweildauer zum tragen kommt.[/edit]

    Mr. Freundlich