Wie entsteht eine DRG?

  • Hallo liebes Forum,
    meine Frage über den Zusammenhang von evidence based medicine und DRGs blieb leider unbeantwortet. :d_gutefrage: ich frage deshalb nochmal anders:

    Wie entsteht eine DRG?

    Ich weiß um die Kalkulationshäuser, in der das deutsche DRG-System auf Basis des australischen erarbeitet bzw. refined wurde. Allerdings: Um eine DRG zu entwerfen (also nicht bloß anzupassen!!) müssen doch irgendwelche Evidenzen berücksichtigt werden. Dass der DRG-Katalog jetzt über 1.000 DRGs zählt und bei ca. 850 begonnen hat, muss doch auf etwas konkretes zurückzuführen sein? :augenroll:

    Über Antworten würde ich mich freuen!
    Best, NR

  • Schönen guten Tag,

    die DRGs haben weniger mit (evidence based) Medizin zu tun als mit Kostenrechnung! Das DRG System ist ein ökonomisch-medizinisches Klassifikationssystem. Ökonomisch steht bewusst an erster Stelle. Ziel ist es nämlich primär, kostenhomogene Fallgruppen zu bilden, allerdings unter Verwendung von medizinischen Kriterien (Diagnosen, Prozeduren, Aler, Geschlecht ...). Dass es inzwischen über 1000 DRGs gibt, hat einfach damit zu tun, dass man die Fallkosten besser abbilden wollte, also Fallgruppen mit Kosteninhomogenitäten (sowohl billigere, als auch teurere Fälle) gesplittet hat. Medizinische Gründe gab es dafür nicht, schon gar nicht evidence based.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag

    • Offizieller Beitrag

    Hallo NR,

    im Abschlussbericht des InEK findet man Informationen zur Weiterentwicklung des Systems.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo NikRosa,

    ergänzend zu den Ausführungen von Herrn Schaffert:
    - Evidence based - assozieren wir i.d.R. mit medizinisch geprüftem Wissen in Bezug auf Diagnostik/Therapie etc. Der Prüfungsgrad reicht dann von persönlichen Meinungen (am wenigsten relevant?!) bis zu den berühmten (undurchschaubaren?!) Metaanalysen prospektiv randomisierter Studien!
    Bei der Entwicklung der DRGs gibt es auch so ein bissel was wie - Evidence based - , denn die Kostenschätzungen der einzelnen DRGs beruhen auf den Daten sog. Kalkulationskrankenhäuser. So gibt es eine Basis von Grunddaten. Der (statistischen) Interpretation dieser Daten liegt natürlich unter Berücksichtigung der ökonomischen Zielgrößen (Verweidauerreduktion, weniger Krankenhäuser etc.) eine, nennen wir es mal, gewisse Beliebigkeit, zu Grunde!

    Wenn heute mal Zeit bleibt: Sonne genießen!

    riol

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Vielen Dank für Ihre Antworten,

    was halten Sie von dem Terminus „economic evidence“ based medicine?

    Vielleicht erkläre ich mich kurz: ich beschäftige mich seit über einem Jahr mit dem DRG-System aus sozialwissenschaftlicher Perspektive. In einem Krankenhaus und in einer Health-Care Consultancy habe ich über DRGs geforscht und veröffentlicht. Ich bin jetzt eingeladen worden zu einem Workshop der über Evidence-based medicine geht.

    Mich hat diese Einladung gewundert, weil ich den Zusammenhang nicht einleuchtend fand. Hinsichtlich ihrer Antworten wird mir klar, dass es wohl um ähnliche Denkstrukturen geht: auf der Basis eines Pools an Daten werden Aussagen gemacht über die Behandlung eines Einzelnen. Beide standardisieren, objektivieren, rationalisieren Medizin insofern, dass sie ihre Aussagen auf Grundlage von Evidenzen stützen – jedoch: EBM auf Grundlage medizinischer Evidenzen, DRGs auf Grundlage ökonomischer Evidenzen.

    Deshalb meine Frage an die Praktiker: Was halten Sie von „economic evidence“ based medicine?

    Über eine Diskussion freue ich mich!
    Grüße aus London, NR

  • Hallo London!

    ich glaube, Sie haben es auf den Punkt gebracht!
    Der Terminus \"economic evidence\" based medicine hört sich inovativ an und möglicherweise trifft er den Kerngedanken der DRGs recht gut.
    Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen machte neue Instrumente zur sog. Effizienzverbesserung nötig, die letztendlich wohl zu einer Rationierung medizinischer Leistungen führen wird. Das DRG-System versucht auf eine \"vermeintliche objektive\" Art (durch tausende von Diagnosen- und Prozedurenkodes und ihre zwangsläufig unübersehbaren Groupierungsalgorithmen) dem ganzen einen objektiv berechenbaren touch zu geben. Und irgendwo mag die Medizin Basis dieser ökonomischen Evidence sein ....
    Bei Ihrem Workshop wird es evtl. um die Problematik gehen, wie man die Erkenntnisse der EBM in das Korsett der DRGs pressen kann oder besser, was bleibt von der EBM noch übrig, wenn es auf DRGs gekürzt wurde?!

    Grüße aus Bayern

    riol

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg