Myelodysplastisches Syndrom

  • Sehr geehrte Damen und Herren,

    der SMD der Knappschaft behauptet, dass eine Anämie bei Myelodysplastischem Syndrom nicht zusätzlich kodiert werden dürfe, da dieses mit dem ICD D46.- redundant abgebildet sei. Nun ist der Patient aber mit Anämie aufgenommen worden und hat Transfusionen bekommen, somit die Anämie sogar die Hauptdiagnose gewesen. Dasselbe Problem haben wir bei einer anderen Patientin, die auch noch eine Thrombozytopenie hatte und sogar Thrombozyten bekommen hat.

    Da es durchaus Myelodysplastische Syndrome ohne Anämien oder Thrombozytopenien gibt, muss man diese m. E. zusätzich kodieren dürfen.

    Oder gibt es Ihrerseits noch andere Begründungen, warum man es nicht kodieren dürfe?

    Mit freundlichem Gruß
    Ina Broß
    : :sterne:

    Ina Broß
    Ärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie
    Medizincontrolling
    :sterne:

  • Hallo Ina Bross

    Sie müssen den Kode kodieren. Wieder mal so ein Versuch des MDK. Unter D63.0 im ICD Katalog finden sie, dass dieser Kode bei den Diagnosen C00 - D48 angegeben werden kann bzw. muss.

    Gruß Attila

  • Hallo Frau Broß,

    ich habe viele Jahre in der Onkologie gearbeitet und wirklich noch nie einen MDS-Patienten ohne Anämie gesehen. Außer wenn ich ihm am Tag vorher 2 EK`s verabreicht habe. Tatsächlich heißt das MDS ja nicht ohne Grund \"refraktäre Anämie\". Die Anämie ist es auch, die zur Diagnose des MDS führt, oder die Thrombopenie, oder beides. Ansonsten würde man ja gar nicht Knochenmark punktieren und müßte gar nicht dementsprechend behandeln. Die HD ist also meines Erachtens nicht die Anämie/Thrombopenie, sondern das MDS selbst. Allerdings hat Attila recht mit seiner Feststellung, daß D63.0 explizit als ND zum MDS kodiert werden darf, wenn es auch medizinisch gesehen klar \"doppelt gemoppelt\" ist. Es ist deshalb anzunehmen, daß Sie sich bezüglich dieses Themas weiter mit dem MDK streiten werden.

    Schöne Grüße trotzdem von

    Dr. Stefan Stern

  • Guten Tag,
    Gegenfrage:
    was wäre denn gewesen, wenn sich ein patient unmittelbar nach Auftransfusion das bein bricht und aufgenommen wird. Darf man dann das MDS nicht kodieren, weil ja aktuell keine Anämie vorhanden ist??
    Bei der hypokaliämie ist diese zu kodieren, wenn das kalium unter dem Grenzwert ist, unabhängig davon, ob es eine Erkrankung gibt, die per se zu einer Hypokaliämie führt und wegen der der Patient unter einer Dauertherapie mit Kalium steht.
    langer rede kurzer sinn:
    Ich würde bei der von Ihnen beschriebenen konstellation den Fall durchklagen, da es sich hier um Klassifikationsstreitigkeiten und nicht um diskutierbare medizinische Inhalte handelt.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Ich würde sagen, die Behauptung des SMD steht auf wackeligen Füßen. Jede bösartige (Tumor)Erkrankung kann iregendwann zur Anämie führen, wenn genügend Zeit verstrichen ist. Das bedeudet aber nicht, dass mit dem ICD-Code für die bösartige Erkrankung automatisch auch die Anämie abgebildet ist. ICD D63.0 ist extra dafür geschaffen, solche Anämieformen kodieren zu können. Dabei spielt es keine Rolle, wie oft eine Tumorerkrankung mit einer Anämie assoziert ist! Entscheidend ist das Vorhandensein einer solchen Anämie der damit verbundene Aufwand.

    Gruß
    Ordu

  • Hallo Frau Broß, Herr Horndasch, Ordu und Forum,

    irgendwie hinterläßt mich dieser Thread etwas ratlos. Ich würde daher gerne nochmal an Ihren medizinischen Sachverstand appellieren, also:
    Wenn eine Erkrankung wie das MDS per definitionem eine Anämie ist (eventuell mit zusätzlicher Thrombopenie oder Leukopenie), dann ist sie für mich
    1. Die Hauptdiagnose, wenn der Patient kommt und Blut braucht und
    2. Keine sekundäre Anämie D63.0 oder D63.8 oder was auch immer als ND.
    Ich finde eben schon, daß wir uns hier primär um einen medizinischen Inhalt drehen. Natürlich könnte ich jetzt zur Gewinnmaximierung trotzdem noch D63.0 dazucodieren, denn verboten ist es ja nicht. Aber medizinisch nachvollziehen kann ich\'s nicht. Daß die Kasse diesen Fall an den SMD/MDK weitergibt, wundert mich überhaupt nicht.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Stefan Stern

  • Hallo Herr Stern,

    die ICD-10 klassifiziert das MDS als \"Neubildung unsicheren oder unbekannten Verhaltens des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes\", also primär als Neubildung nach der Lokalisation und nicht als Anämie (auch wenn der Text scheinbar etwas anderes aussagt). Somit kann / muss eine manifeste Anämie auch über D63.0* zusätzlich kodiert werden.

    Vielleicht kann ja das DIMDI zur Klärung beitragen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo Herr Hollerbach,

    vielen Dank für Ihren Hinweis, der mein Kopfzerbrechen etwas gelindert hat! Wenn der ICD-10 das MDS tatsächlich so definiert, ist meine Argumentation natürlich haltlos. Allerdings finde ich den von Ihnen zitierten ICD-10 Text \"Neubildung unsicheren oder unbekannten Verhaltens des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes\" spezifisch unter dem Schlüssel D47.9. Das MDS dagegen steht davon abgegrenzt unter D46 für sich allein, ohne einen solchen Zusatztext - zumindest in meinen Unterlagen. Gibt\'s dafür eine Erklärung?

    Mit freundlichen Grüßen,
    Dr. Stefan Stern

  • Hallo Herr Stern,

    der Text findet sich nicht wörtlich, sondern ergibt sich implizit aus der Klassifikation:

    D46 steht unter der Rubrik \"Neubildungen unsicheren oder unbekannten Verhaltens (D37-D48 )\". Und da Neubildungen nach dem Ursprungsort klassifiziert werden, ist es klassifikatorisch eben eine Neubildung \"des lymphatischen, ... Gewebes\", auch wenn es klinisch \"Refraktäre Anämie\" heisst.

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Guten Morgen, Herr Hollerbach,
    ich habe diesen Text ganz am Anfang des Kapitels gefunden: \"Hinw.: In den Kategorien D37-D48 sind Neubildungen mit unsicherem oder unbekanntem Verhalten nach ihrem Ursprungsort klassifiziert, d.h. es bestehen Zweifel daran, ob die Neubildung bösartig oder gutartig ist.\" Tja, ein MDS, daß vom DIMDI nicht als Anämie definiert wird, daran hätte ich wirklich nicht gedacht. Und auch an der Bösartigkeit besteht beim MDS ja wohl kein Zweifel, denn es geht ja nach einer gewissen Zeit in eine AML über, deshalb auch der Name \"Präleukämie\". Vielleicht sollte ich wirklich mal an das DIMDI schreiben.

    Schönen Arbeitstag noch und freundliche Grüße
    Dr. Stefan Stern

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    ich habe sowieso mit dem DIMDI telefoniert und dabei auch gleich diese Frage dargestellt. Ich bekomme Antwort und werde dann berichten.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau