Werden schnell entlassende Kliniken "bestraft"?

  • Hallo,

    habe ich mit folgender Interpretation die Problematik um die Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer richtig verstanden ?

    Eine Klinik, die beispielsweise durch eine sehr gute Organisation bei vielen ihrer Fälle eine unter der unteren Grenzverweildauer liegende Verweildauerzeiten ausweist, die, wird zukünftig eher weniger schnell entlassen, um der tagesbezogenen Abschlagregelung gemäß § 7 KFPV zu entgehen.

    Das dürfte zwar nicht die typischen Konstellation sein, trotzdem interessiert mich die Meinung der anderen KollegInnen.

    Gruß
    Elrip

  • Hallo,

    auch wir planen, die Entlassung nach uGVD und möglichst vor mVD vorzunehmen. Ob und in wie weit sich das machen läßt, darauf bin ich gespannt. Bei den Fallpauschalen der chirurgischen Fächer hat sich das seit 1996 schon so eingespielt, aber ob dies bei den Internisten machbar ist? Ich bin skeptisch.


    --
    Einen freundlichen Gruß vom MDA aus Schorndorf

    [size=12]Freundlichen Gruß vom Schorndorfer MDA.

  • Zitat


    Original von elrip:
    Eine Klinik, die beispielsweise durch eine sehr gute Organisation bei vielen ihrer Fälle eine unter der unteren Grenzverweildauer liegende Verweildauerzeiten ausweist, die, wird zukünftig eher weniger schnell entlassen, um der tagesbezogenen Abschlagregelung gemäß § 7 KFPV zu entgehen.

    Hallo Elrip,

    Beispiel Katarakt-OP DRG C08Z (Belegabteilung)

    RG 0,485 (bekommt man bei VWD 2 Tage)

    effRG bei VWD 1 Tag nur 0,368

    Kosten der Hauptleistung RG 0,242

    1. Tag ohne HL 0,126, 2. Tag 0,117

    entgangene Einnahmen RG 0,117 für den Tag 2, bei BFW von 2500 € also "Pflegesatz" pro Tag von 292,5 €.

    Rechnen Sie, was für Sie Sinn macht, entscheidend sind Ihre Kosten und ihr BFW und was Sie mit dem Patienten machen wollen, vielleicht haben Sie mehr Fälle, wenn bei Ihnen die VWD kürzer ist als bei der Konkurrenz.

    Nächstes Jahr wird (möglicherweise) neu kalkuliert. Die angegebenen Werte erscheinen mir aber tolerabel sowohl für VWD von 1, wie für 2 Tage.


    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    Edit: Falls Sie wissen wollen, wie ich die kalkulierten Hauptleistungs-RGs berechne, bitte hier nachsehen:
    http://dedi694.your-server.de/mydrgj/apboard…ost&postid=4826


    Ob man (bei Ihnen, wieder 2500 € BFW unterstellt, bitte anpassen) für 605 € eine Linse einbauen kann, könnten Sie natürlich auch noch nachkalkulieren.

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo Herr/Frau? Elrip, hallo Forum,
    vielleicht sollte man trotz aller DRG-Zahlenspielereien, Grenzverweildauern und Abschlägen doch die Kirche im Dorf lassen. Geht es nicht eigentlich um den Patienten ?(
    Es ist sicher allen klar, dass es bezüglich der Organisation der Behandlung und des Management in den Krankenhäusern und im System insgesamt Reserven gibt. Der limitierende Faktor ist aber weiterhin der Patient. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass sich bestimmte (patho-)physiologische Prozesse auf Weisung des BMG oder anderer Dirigenten am grünen Tisch beschleunigen oder therapieren. Oder lassen sich Krankheiten doch "wegorganisieren"?
    Halten Sie es wirklich für realistisch, ohne Qualitätseinbuße und ohne Tricks Patienten systematisch unterhalb der uGVWD therapiert zu entlassen ??? Es gibt zum Glück noch natürliche Grenzen.

    Der Spielraum zwischen mittlerer und unterer Grenzverweildauer ist mE ausreichend groß bemessen, um Reserven positiv zu nutzen.
    Es kann sich bei den o.g. Fällen also nur um Ausnahmen handeln, die statistisch nicht relevant sind.
    Bei häufigen Entlassungen unterhalb der uGVWD drängt sich eher die Frage der ambulanten Behandlungsmöglichkeit auf.:bombe::mdk:8o
    Sollten sich einige Verweildauern als zu hoch angesetzt erweisen, reguliert sich dies doch ohnehin bei den DRG-Anpassungen in den nächsten Jahren nach unten.:besen:

    Viele Grüße
    Steffen Zacher

  • Hallo Herr Zacher und Kollegen,

    uns wird beim Benchmarking ein "Ambulantes Substitutionspotenzial" von ca. 70 % im Bereich unserer HNO-Belegärzte angegeben. Halten die Fachärzte es für möglich, z.B. Adenotomien ambulant zu erbringen? Rechnet sich das? Dann müßte die DRG D11Z gesplittet werden für 2004.


    --
    Einen freundlichen Gruß vom MDA aus Schorndorf

    [size=12]Freundlichen Gruß vom Schorndorfer MDA.

  • Hallo Herr Konzelmann,
    Sie sprechen da eine interessante Problematik an. Eigentlich bin ich ja schon verwundert, dass die D11Z unverändert im deutschen Katalog auftaucht. Dies wird sicher nicht lange so bleiben.
    Der Grund der gemeinsamen DRG für Tonsillektomie und Adenotomie ist mE eindeutig in den autralischen Verhältnissen zu sehen. Die Adenotomien werden dort offensichtlich bis auf verschwindende Mengen ambulant durchgeführt.
    Der Trend in Deutschland geht in die gleiche Richtung (wenn auch mit Ost-West-Gefälle aufgrund der unterschiedlichen Zahl von ambulant operierenden HNO-Ärzten). Meiner Meinung nach wird sich jedoch die Adenotomie in Deutschland nie vollständig in den ambulanten Sektor verlagern.
    Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe:
    1. Die doch eher bescheidene Vergütung der ambulant operativen Leistung (kostenträchtiges Hobby).
    2. Die auch aufgrund medicolegaler Aspekte und der Sensibilisierung deutscher Eltern brisante Nachblutungsproblematik bei Kindern(siehe aktuelle Gerichtsurteile).
    Viele Kollegen lehnen die Adenotomie ambulant aus diesem Grund grundsätzlich ab. Trotz des vergleichsweise geringen Risikos ist der Einzelfall u.U. für Patient und Operateur existentiell bedrohend.
    Wir haben außerdem auch bei uns die Erfahrung gemacht, dass Eltern eine stationäre Überwachung für 24 Std. favorisieren...und nach deutschem Recht schließt das Veto der Eltern die ambulante OP grundsätzlich aus.

    Die Zahl ambulanter Adenotomien wird aufgrund des Druckes der Kassen sicher zunehmen, jedoch nicht in dem Maße, dass eine Splittung der D11Z vermeidbar wäre.Die Folge wäre sonst wahrscheinlich eher eine Zunahme stationärer Adenotomien.
    Warten wir's ab ....

    Viele Grüße
    St. Zacher

  • Zitat


    Original von StZacher:
    Meiner Meinung nach wird sich jedoch die Adenotomie in Deutschland nie vollständig in den ambulanten Sektor verlagern.
    Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe:
    1. Die doch eher bescheidene Vergütung der ambulant operativen Leistung (kostenträchtiges Hobby).

    das ist es.

    Zitat


    2. Die auch aufgrund medicolegaler Aspekte und der Sensibilisierung deutscher Eltern brisante Nachblutungsproblematik bei Kindern

    Bei der alleinigen AT ist eine relevante Nachblutungsgefahr (im Gegensatz zur TE) nicht gegeben, vorausgesetzt, sie wird korrekt durchgeführt, d.h., auch wirklich die Adenoide restlos entfernt.

    Zitat


    Wir haben außerdem auch bei uns die Erfahrung gemacht, dass Eltern eine stationäre Überwachung für 24 Std. favorisieren...und nach deutschem Recht schließt das Veto der Eltern die ambulante OP grundsätzlich aus.

    Interessant, bei uns wollen die Eltern immer so schnell wie möglich heim.

    Fazit: Wenn die ambulante Vergütung nicht so außerordentlich bescheiden wäre, würden bei uns (fast) alle ATs ambulant durchgeführt.


    --
    Gruß aus Oberbayern

    Timm Büttner

    Gruß aus Oberbayern

    Timm Büttner

  • ***
    Bei der alleinigen AT ist eine relevante Nachblutungsgefahr (im Gegensatz zur TE) nicht gegeben, vorausgesetzt, sie wird korrekt durchgeführt, d.h., auch wirklich die Adenoide restlos entfernt.
    ***


    Hallo Herr Büttner,

    wie schon gesagt, das Risiko ist gering und statistisch nicht relevant.Für viele Kollegen ist es jedoch medizinisch und insbesondere juristisch trotzdem relevant.
    Das die Adenotomie korrekt durchgeführt wird, sollte man voraussetzen.

    Zustimmen muß ich Ihnen ganz klar zur Dominanz der Erlösproblematik. Diesbezüglich nimmt dann natürlich keiner gerne jedes noch so kleine Risiko in Kauf.

    Viele Grüße
    St. Zacher

  • Liebe Kollege,

    aus den realen Erfahrungen mit einer Augenärztlichen Belegabteilung und der bereits jetzt existierenden Fallpauschale " Katarakt" kann ich nur dringend empfehlen ein adäquates AEP Verfahren einzuführen.

    Glück Auf

    --
    Michael Kilian
    Med. Informations-u. Qualitätsmanagement
    Evangelische Kliniken Gelsenkirchen

    Michael Kilian

  • Aus der realen Erfahrung einer Ehefrau (mit ambulant operierendem HNO-Arzt verheiratet): die Adenotomier ist zur Zeit (auf jeden Fall in KV-Bezirk Westfalen-Lippe) nicht unterbezahlt. Mit den neuen Narkosen sind die Eltern total begeistert, weil sie ein waches und zufriedenes Kind mit nach Hause nehmen und bei sachgerechtem Eingriff (und für ambulante Eingriffe ist ja der Facharzt Pflicht, und zwar nicht der berühmte Facharztstandard!) ist das Nachblutungsrisiko zu vernachlässigen. Allerdings muss man eines zugeben: manche Anästhesisten der Krankenhäuser haben Probleme damit, an einem Tag zum Beispiel 20 Adenotomien hintereinander laufen zu lassen. Der rein logistische Aufwand eines ambulanten OP-Tages rechnet sich jedoch immer nur bei einer möglichst hohen Fallzahl.
    Das gleiche kann ich aus meiner eigenen Fachgruppe berichten: die Phimose kann natürlich immer ambulant erbracht werden (bis auf Pat. mit schwersten Nebenerkrankungen, bei denen aber auch oft die Indikation überprüft werden muss), rechnet sich aber nur, wenn Sie nicht (wie oft in der Klinik) mit 1 Instrumentierschwester, 1 Springer, 1 Anästhesieschwester, 1 Anästhesisten, 2 Urologen und einer Anästhesieschester im Aufwachraum erbracht wird (von einer kompletten sterlen Abdeckung, einem großen Instrumentenset und 5 Fäden zur Auswahlt mal ganz zu schweigen). Es geht auch mit 1 Arzt mit sterilen Handschuhen, einer Schwester und einem Lochtuch, einem Minimal-Phimosenset und 1 Faden. Übrigens ohne Qualitätsverlust, unsere Patienten waren immer ganz begeistert weil wir solche OP´s zuletzt einfach in einem stabilen Dreierteam (1 Schwester auf Station, die die Patienten brachte, holte und beaufsichtigte) gemacht haben. Das fanden wir von der Arbeitsathmosphäre her schön und das hat sich natürlich auf die Patienten übertragen.
    Das Problem mit dem ambulanten Operieren ist aber ein ganz anderes: :teufel: wenn es ausreichend bezahlt wird, werden sofort die Indikationen ausgeweitet!!! Und dann werden (zwar preiswerter als stationär) ein Vielfaches der Operationszahlen erreicht.:teufel: Es sei denn, man darf nur am Krankenhaus ambulant operieren, das würde alles etwas limitieren und die OP´s würden besser genutzt (nämlich am Wochenende, morgens früh oder auch nach 16 Uhr). Aber da fällt uns ja leider die KV vor die Füße (was eigentlich Quatsch ist, denn es spricht ja nichts dagegen, dass die niedergelassenen Kollegen ambulant im Krankenhaus operieren und das Krankenhaus dafür Geld bekommt.).
    Mir behagt zur Zeit eines nicht: in Krisenzeiten ist Kreativität gefragt. Diese wird derzeit aber mit Planwirtschaft systematisch unterdrückt. Ich glaube auch nur bedingt an "das Gute" im Menschen, aber ich glaube nicht, dass man "das Schlechte" mit Druck und Planwirtschaft in den Griff bekommt, ganz im Gegenteil.

    Ich kann aber jedem Krankenhaus nur empfehlen: offensiver auf das ambulante operieren zugehen, denn vielleicht bleiben einem die stationären Fälle zusätzlich erhalten, da der Kunde viel breiter angesprochen werden kann.

    Gruß
    Patricia Klein

    --
    Patricia Klein

    Patricia Klein