Widerspruch ohne MDK-Gutachten

  • Hallo,

    Vorbemerkung: IANAL!

    Nehmen wir doch mal das Beispiel eines Zivilprozesses. Dort gibt es auch gutachterliche Stellungnahmen, von durch das Gericht bestellten Gutachtern sowie von Privatgutachtern. Diese Stellungnahmen können aber nur dann in den Prozeß einebracht werden - also entscheidungsrelevant sein - wenn sie der Gegenseite auch vorliegen, damit sie sich inhaltlich damit auseinandersetzen kann.

    Dies wird im Sozialrecht versucht nachzubilden, durch den Anspruch der Leistungserbringer auf das Ergebnis der Begutachtung (§277). Auf den Befund kann das Krankenhaus verzichten, der steht ja in den Akten, die man dem MDK zur Verfügung gestellt hat. Das Ergebnis jedoch, also die auf dem Befund aufbauende Argumentation, auf die hat man einen Anspruch. Und dieser Anspruch soll - analog zum oben genannten Beispiel des Zivilprozesses - die Chancengleichheit wahren. Man kann nicht gegenargumentieren ohne die Argumentation zu kennen, gegen die man sich wehren soll.

    Was meinen denn die Juristen dieses Forums? Muß man eine gutachterliche Stellungnahme akzeptieren, die einem nicht vorgelegt wird bzw. nicht vorgelegt werden kann, weil sie nicht schriftlich existiert und über das Gespräch kein Inhaltsprotokoll sondern nur ein Ergebnisprotokoll angefertigt wurde?

    MfG,
    M. Achenbach

  • Guten Tag,

    eine gutachterliche Stellungnahme entsteht im Rahmen einer [c=#f50000]mündlichen[/code] [c=#f50000]Vor[/code]beratung, in der die KK mit dem MdK Fälle bespricht. Auf den Kassenunterlagen wird das Ergebnis vom MdK handschriftlich festgehalten.

    Wenn das Krankenhaus mit dem Ergebnis dieser Besprechung nicht einverstanden ist, was ja anscheinend aus Prinzip schon immer der Fall ist, wird vom MdK ein Gutachten erstellt. Dieses unterscheidet sich von der oben beschriebenen gutachterlichen Stellungnahme dahingehend, das es ein mehrseitiges Dokument ist,
    - in dem zuerst alle Patienten- und Falldaten aufgeführt sind
    - eine Auflistung der dem MdK vorliegenden Unterlagen
    - Fragestellung durch die Kasse
    - Zusammenfassung des Krankheits- und Behandlungsverlaufes
    - Beurteilung des Falles durch den MdK
    - ggf. Hinweise vom MdK an die Kasse

    Dieses Gutachten erhält die Klinik von unserer Kasse [c=#f50000]grds. in Kopie [/code]mit einem entsprechenden Begleitschreiben bzgl. der Kostenzusage/Ablehnung.
    Diese Verfahrensweise wird bei der Prüfung einer bereits vorliegenden Rechnung natürlich n i c h t angewandt, da diese ohne vorherige mündliche Besprechung direkt zum MdK geht zwecks Erstellung eines \"richtigen\" Gutachtens.

    Die Verfahrensweise der Vorberatung hat den Vorteil für die Kasse, das die Fälle von einem Mediziner vorgefiltert werden und gezielte Rückfragen oder Anforderungen von Unterlagen an die Klinik möglich sind.

    Bzgl. des Handwerkers:
    Ich glaube, das niemand in diesem Forum freiwillig Blankoschecks an Handwerker, Autohäuser etc. ausgibt. Vor allem nicht, wenn man Zweifel hat
    Ich möchte mal den Arzt erleben, der es sich privat bieten läßt, das ein Handwerker, entscheidende Details und Unterlagen zu einer z.B. fünfstelligen Rechnung über Monate hinweg verweigert....... :totlach:

    Blankoschecks hat eine KK leider nicht zu vergeben, auch wenn es den Leistungserbringern am liebsten wäre.

    Wenn man mal schaut, wieviel Geld das eigene Krankenhaus pro Jahr [c=#ff0000]pro[/code] [c=#ff0036]Kasse[/code] erhält und um welche Summen man sich regelmäßig streitet, dürfte sich eigentlich so eine Haarspalterei um Begriffe wie Gutachten ja oder nein von selbst erledigt haben.

    Mit kopfschüttelnden, aber dennoch freundlichen Grüßen

    Sambu

  • Hallo Herr Selter,

    ich hoffe es beruhigt Sie - wir schicken solche Gutachten zurück und bitten um eine \'anständige\' Begutachtung...Bislang wurde von uns (hoffentlich) noch kein Fall dem KH nach MDK Gutachten abgelehnt, wenn wir selbst keine Begründung finden konnten - schließlich ist das Gutachten des MDK eine Empfehlung an die KK. Wir müssen uns diesem nicht anschließen, auch wenn es uns in den meisten Fällen als Grundlage für unsere Entschiedung dient - und somit wollen wir schon verstehen warum der MDK bestimmte Gutachten abgibt, denn wir müssen die Entscheidung verantworten, im Zweifelsfall vor dem Sozialgericht. :d_gutefrage:

    Leider hat das erste \'Gutachten\' im Normalfall schon 6 Monate gedauert, das zweite wird nun mindestens ebenso lange dauern (es liegen noch Gutachtenaufträge für 2003 beim MDK) und der Fall ist unter Vorbehalt gezahlt. Auch keine besonders glückliche Situation wenn man nach etwa 2 Jahren anfängt Geld zurückzufordern, das eigentlich im Haushalt schon längst abschließend verbucht wurde.... :(

    Im Umkehrschluss schicken wir auch die unleserlich ausgefüllten medizinischen Kurzberichte ans KH zurück, wenn nach einem Anruf in der Patientenverwaltung, selbst der Kollege in Ihren Häusern uns nicht übersetzen konnte was da stehen soll... :i_baeh:

    Lieben gruß
    J. Busse

    Lieben Gruß aus dem Bergischen Land

    Jennifer Busse

  • Hallo liebes Forum,

    mich plagt auch ein Gutachter-Problem der privaten Art :biggrin:
    Bei uns häufen sich die Kürzungen durch die privaten KVs, die ganz ganz lapidare Formulierungen zur Kürzung benutzen, beispielsweise

    \"... nach Prüfung ist es nach wie vor nicht ersichtlich, warum :icd: XY die Hauptdiagnose sein sollte...\"
    \"... da die Verweildauer nach den uns vorliegenden Unterlagen nicht nachvollziehbar ist, halten wir eine Verweildauer von XX Arbeitstagen (es war ein Wochende!!) für gerechtfertigt und bringen deshalb einen Kurzliegerabschlag für einen Tag in Abzug...\"

    Wir haben in den meisten Fällen nur die ganz reguläre §301-Anzeige weggeschickt, wissen aber natürlich nicht, ob sie den Entlassbrief durch den Patienten erhalten haben (ich habe mit eigenen Augen ein Anschreiben der PKV gesehen, als sie es von Patient angefordert haben!!). Bei jedem der Fälle haben wir, da um guten Kontakt bemüht, angerufen und nachgefragt, wer denn da geprüft habe. Antwort: Das sind Gutachter!!! Aha, also denk ich mal, dass das Mediziner sind und fragte, ob ich von dem Gutachten bzw. Stellungsnahme (was immer da der Unterschied sein mag, ich habs trotz der Erläuterung vom Gleitzeitökonom noch immer nicht so ganz verstanden :lach: , trotzdem danke) eine Kopie erhalten könnte. Von den verschiedensten PKVs (egal, ob gross oder klein) kommt immer die gleiche Antwort: Geht nicht, Arzt ist anonym, ist nur handschriftlich, wurde nur mündlich begutachtet, etc. Selbst der Hinweis auf die entsprechenden §§ hat bisher nicht gefruchtet...
    Soweit ich weiss, sind doch auch die privaten KVs an die gesetzlichen Bedingungen gebunden :d_gutefrage:
    Wer hat damit schon Erfahrungen gesammelt???
    Im Voraus schon mal vielen Dank für kreative Vorschläge :augenroll:
    Da hier die Sonne scheint, wirds noch für den Biergarten reichen :i_bier1:

    Gruß aus Bayern

    Andrea-FS1 :d_v:

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend,


    Zitat


    Original von E_Horndasch:

    Ergebnis lt. Mitteilung durch KK: stationäre Behandlung nur für einen Tag gerechtfertigt.

    Ich habe dann bei der KK das Gutachten angefordert, um einen substantiierten Widerspruch zu schreiben. Antwort der KK: geht leider nicht, da das \"Gutachten\" nur aus diesem einen (handschriftlichen) Satz auf einem Schreiben der KK existiert, und dieses könne man uns nicht zukommen lassen.


    Es ist erstaunlich zu erfahren, dass ein einziger Satz reichen soll und das Krankenhaus soll akzeptieren, dass die stat. Behandlung für mehrere Tage nicht notwendig war.

    Auch eine gutachterliche Stellungnahme dient dem Zweck, die Entscheidung verständlich zu machen. Wenn ein Urteil gefällt wird, muß es umfassend und detailliert begründet sein.
    Die \"Ein-Satz\" Stellungnahme als Begründung im geschilderten konkreten Fall ist entscheidungsverschleppend.
    Eine Schlüssigkeitsprüfung ist so für das Krankenhaus nicht möglich.


    Siehe auch (Landesvertrag beachten) :


    \"Die Beklagte hat gegen § 2 Abs. 6 KÜV verstoßen. Danach sollen die Ärzte der Medizinischen Dienste ihre Bedenken gegenüber dem Leitenden Abteilungsarzt oder dessen Stellvertreter darlegen und mit diesem erörtern, wenn aus Sicht der Ärzte der Medizinischen Dienste Bedenken gegen die Notwendigkeit, Art oder Dauer der Krankenhausbehandlung bestehen. Auch in dieser Regelung kommt zum Ausdruck, dass nach dem Willen der Vertragsparteien die Prüfung unter Einbeziehung der behandelnden Krankenhausärzten erfolgen soll. \"Erörtern\" meint ein mündliches Gespräch
    Dieses Fachgespräch soll stattfinden, wenn aus Sicht der Ärzte des MDK Bedenken gegen die Notwendigkeit, Art oder Dauer der Krankenhausbehandlung bestehen. Dies bedeutet, dass von der mündlichen Erörterung nur in Ausnahmefällen abgesehen werden kann, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen.\"

    http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechts…438&pos=0&anz=1


    Zitat


    Original von Sambu:

    Wenn man mal schaut, wieviel Geld das eigene Krankenhaus pro Jahr [c=#ff0000]pro[/code] [c=#ff0036]Kasse[/code] erhält und um welche Summen man sich regelmäßig streitet, dürfte sich eigentlich so eine Haarspalterei um Begriffe wie Gutachten ja oder nein von selbst erledigt haben.


    Die Außenstände der Krankenhäuser sind gleichzeitig um ca. 75% von 1,3 Mrd. Euro auf 2,3 Mrd. Euro gestiegen.
    http://www.dkgev.de/pdf/540.pdf
    Hauptgrund: siehe Seite 7


    Gruß

    E Rembs

  • ich stimme sambu da voll und ganz zu :biggrin:

    bei uns sieht es zum glück so aus, dass 80% der klärfälle bereits durch eine fachgutachterliche (mündliche) beratung geklärt werden können. sehr viele KH\'s akzeptieren bereits das ergebnis nach dieser beratung. widersprüche sind eher selten.

    viele grüße

  • Hallo Gleitzeitökonom,
    wieviele Rechnungen lassen Sie denn prüfen?
    Bei einer Prüfquote von 15-20% ist es für mich nicht darstellbar, auf die Forderungen der KK nach Rechnungsabschlägen so \"einvernehmlich\" wie in Ihrem Beispiel angeführt einzugehen.
    Leider heisst es bei uns: Widersprüche sind die Regel; bei einer Akzeptanz unterscheiden wir dan noch zwischen zwei Varianten:
    a) die Ausführungen des MDK können von uns nachvollzogen werden und wir verzichten auf Widerspruch (selten)
    b) die Ausführungen des MDK können von uns nicht nachvollzogen werden, aufgrund der geringen Differenz verzichten wir aus ökonomischen Gründen (auch unser Personal kostet Geld und kann nicht beliebig viel Widersprüche bearbeiten) auf Widerspruch.

    Manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass einige KK genau diese Kleinbeträge \"ansteuern\", gemäss dem Motto: Kleinvieh macht auch Mist und das KH wird sich schon wegen des mickerigen Betrages nicht gross wehren. Vielleicht täuscht dieser Eindruck aber auch, eine statistische Aussage hierüber kann ich nicht treffen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Sambu,

    ich glaube Sie mißverstehen mich. Die Form eines Gutachtens, einer gutachterlichen Stellungnahme usw. ist mir letztlich völlig schnuppe. Ich will einfach nur die Argumentation nachvollziehen können, ich will in die Lage versetzt werden, mich mit der Kasse argumentativ auseinandersetzen zu können. Sonst artet alles wirklich in eine Form Sandkastenspiele aus - was es nicht soll. Ich selber versuche immer, Totschlagargumente zu vermeiden sondern inhaltlich zu argumentieren.

    Und uns geht es tatsächlich auch so, daß wir auf eine erste Anfrage der Kasse hin einen Kodierungsfehler entdecken, das der Kasse rückmelden und die Kodierung korrigieren - damit habe ich überhaupt kein Problem, im Gegenteil, der persönliche telefonische Kontakt mit den entsprechenden Kassenmitarbeitern wird von beiden Seiten gepflegt.

    Und immerhin stellt die Kasse auch keinen Blankoscheck aus, das würde sie wenn das Krankenhaus nur die Rechnungssumme und keine Diagnosen oder Prozeduren übermitteln würde. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber mit solchen Begrifflichkeiten, wie z.B. \"Blankoscheck\" verärgern sie eine große Zahl von KKH-Mitarbeitern, die genau wissen (und z.T. auch spüren) was sie für ihr Geld leisten. Zumindest ich persönlich fühle mich schon dadurch angegriffen, weil ich mich definitiv mit dem was hinter diesem Begriff steht (Geld erschleichen, welches einem nicht zusteht) nicht identifizieren kann!

    MfG
    M. Achenbach

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Liebe Kassenvertreter, ich fnde ihr macht es euch schon einfach. Vom Krankenhaus wird gefordert, dass alles und jedes schriftlich dokumentiert ist, aber wenn es um die kürzung der Rechnung geht, soll dann reichen, was der MDK in einem kasseninternen Gespräch sagt?

    Um das klarzustellen: Ich habe nichts dagegen, wenn mir ein Kassenmitarbeiter mit oder ohne Rücksprache mit dem MDK mitteilt, wenn beispielsweise die Nebendiagnose xy aufgrund der Kodierrichtlinie 9999 nicht verschlüsselt werden darf. Dann aber bitte auch so konkret und nachprüfbar, nicht einfach \"Diagnose xy akzeptieren wir nicht\". Wenn dies so korrekt und für mich nachvollziehbar ist, akzeptiere ich das sofort, es wäre dann auch einfach ein formales Problem.

    Wenn es aber um Behandlungsaufwand, stationäre Behandlung oder Dauer der Behandlung geht, dann fordere ich doch ein schriftliches Gutachten, dass mir inhaltlich darlegt und begründet, warum der Gutachter zu einer abweichenden Meinung kommt, damit ich mich damit auch auseinandersetzen kann. Dies ist meiner Ansicht nach nicht nur unser Rechtsanspruch, sondern hat auch etwas mit Vertragspartnerschaftlicher Zusammenarbeit zu tun (ich weiß, ich weiß, auch Krankenhäuser entsprechen diesem Anspruch oft nicht)

    Übrigens steht zumindest im hessischen Landesvertrag nach § 112 SGB V (§ 2 (7) ) : \"Das Krankenhaus erhält eine Durchschrift des Berichtes über die Begutachtung\"

    Das heißt natürlich auch, dass ein Bericht über die Begutachtung erstellt werden muss!

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • hallo herr schaffert,

    wirklich sehr interessant, was sie so in texte hinein interpretieren 8o

    wo liegt denn eignetlich ihr problem? nach einem widerspruch erhalten sie doch ein schriftliches gutachten.

    außerdem \"kürzen\" wir keine rechnungen, sondern zahlen den unstrittigen betrag. desweiteren teilen wir dem leistungserbringer auch mit, aus welchen gründen wir den unstrittigen betrag gezahlt haben.

    @horndasch
    die prüfquote ist von KH zu KH unterschiedlich.
    warum unterstellen sie uns als leistungsträger, dass wir bestimmte beträge \"ansteuern\"? was würden sie denn dazu sagen, dass von ihnen zb. explizit fallsplitting und upcoding betrieben wird? dieser \"verdacht\" könnte sich ja durchaus auch aufdrängen, oder?

    derartige unterstellungen tragen nicht besonders zu einem guten klima bei.

  • Zitat

    @horndasch
    warum unterstellen sie uns als leistungsträger, dass wir bestimmte beträge \"ansteuern\"?

    Guten Morgen Gleitzeitökonom,
    das schliesse ich daraus, dass nur solche Nebendiagnosen geprüft werden, die
    sich positiv (oder bei Wegfall negativ)auf den Rechnungsbetrag auswirken.
    Ich habe noch keine KK erlebt, die eine ND geprüft haben will, die nicht CCL-relevant ist.
    Sollte keine Unterstellung sein sondern nur Ausdruck meiner subjektiven Wahrnehmung.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch