F10.0 versus F10.2

  • Zitat


    Original von Rembs:


    Nach dem Sachleistungsprinzip besteht bei med. Indikation (§39 SGB V) und Einhaltung des Versorgungsauftrages ein Anspruch auf Bezahlung.


    Hallo Herr Rembs,

    erstmal nachträglich Glückwunsch zum 1000. Beitrag!

    Nun aber zum Thema:

    Wie Sie richtig schreiben, besteht ein Anspruch auf Bezahlung bei medizinischer Indikation und Einhaltung des Versorgungsauftrages! Stellt sich also die Frage nach dem Versorgungsauftrag und in aller Regel gehört eine Entgiftung nicht zum Versorgungsauftrag eines Krankenhauses, welches \"nur\" eine Innere Abteilung vorhält.

    MFG

    Mr. Freundlich

  • hallo herr rembs,

    wie schon mr. freundlich beschrieben hat, kann eine bezahlung nur erfolgen wenn die entgiftung auch zum versorgungsauftrag gehört.

    ich kann nur aus persönlichen erfahrungen sprechen. die in unserem gebiet erfolgten entgiftungen auf der \"inneren\", welche über den lebensbedrohhlichen zustand hinaus gingen, wurden abgelehnt. diese fälle haben wir auch vor gericht gewonnen :i_baeh:

    viel spass noch bei der weiteren diskusion, ich gehe jetzt. endlich urlaub :sonne:

  • Hallo Forum,

    allgemeine Regel ist ja, daß der [c=blue]Akut[/code]zustand als HD und dann das [c=blue]chronische[/code] Krankheitsbild als ND kodiert wird ( :dkr: D006a). Die langjährig Alkoholabhängigen werden wohl kaum noch eine akute Intoxikation erreichen (Spiegeltrinker sagt man wohl dazu :d_zwinker: )

    Wir als Akuthaus nehmen beide Arten von Patienten auf. Wenn der Patient wirklich mit Intox-Erscheinungen erscheint, wird selbstverständlich der F10.0 genommen (Steuerung in V60_). Die \"F10.2\"-Leute, die manchmal bereits mehrfach eine ambulante \"Entgiftungs\"-Therapie abgebrochen haben oder es nicht mehr geregelt bekommen, einen Langzeittherapieplatz zu organisieren, haben noch keine Entzugserscheinungen lt. Definition des :icd: 2005, also nix mit F10.3. Sollen wir diese Patienten also einfach abweisen (meistens mitten in der Nacht) mit dem Hinweis, gehen Sie zu Ihrer Krankenkasse und machen Sie da was aus :d_gutefrage: ???

    Bisher haben wir diese Patienten stationär aufgenommen, ein paar Tage stationär therapiert (evtl. auch mit Clonidin und Distra, falls nötig), Erstkontakt zu ambulanten Einrichtungen hergestellt oder auch einen der Therapieplätze im 80km entfernten fachspezifischem KH organisiert :augenroll: . Mit diesem Argument haben wir die KK überzeugen können, auch weil es von der Menge her gesehen, nur eine geringe Anzahl war und ist und auch bleiben wird.

    Der MDK kann meiner Meinung nach nicht einfach ganz pauschal sagen, daß bestimmte KHs einfach bestimmte Diagnosen nicht mehr anwenden können; es sei denn, es gibt einen KLF für die F-Diagnosen

    Regen und bis zu meinem Urlaub dauerts immer noch 27 Arbeitstage ;(

    Gruß aus Bayern

    Andrea-FS1 :d_v:

  • Hallo Andrea, hallo Forum,

    endlich mal eine praktische Stimme zum \"Allerweltsthema\" chronischer Alkoholismus. Ich weiß ja nicht, was der Herr Gleitzeitökonom für Fälle meint, wenn er behauptet, dass er alle Fälle vor Gericht gewonnen hat, die \"Entgiftungen über den lebensbedrohlichen Zustand hinaus\" dargestellt haben. Da haben sich die Kollegen entweder ins Bockshorn jagen lassen, oder es werden tatsächlich Äpfel mit Birnen verglichen. Trotzdem kleine Anmerkung: Der Delta-Alkoholiker nach Jellinek wird sicher kaum einen Rausch bei Aufnahme haben, der GAmma-Typ aber durchaus und immer wieder; da kann ich die Erfahrung von Herrn Kistler nur bestätigen.

    Wir in unserem Kreiskrankenhaus haben auf der Inneren Abteilung schon immer Entgiftungen durchgeführt, wenn\'s sein musste, auf der Intensivstation, und haben - ähnlich wie Sie - uns die Zeit derweil mit Informationsgesprächen, Beratung (auch von Angehörigen), Kontaktaufnahme zur Suchtberatungsstelle und ähnlichen \"Kleinigkeiten\" vertrieben 8o. Das hat natürlich nichts mit einer Entwöhnungstherapie zu tun, wie sie regelmäßig in der Psychiatrie durchgeführt wird; zu meiner Zeit im psychiatrischen Krankenhaus haben wir von den Akutkrankenhäusern regelmäßig eine Entgiftungsbehandlung (=abgeschlossener körperlicher Entzug) verlangt, bevor wir die Pat. zur Entwöhnungsbehandlung (=psychische Entwöhnung, Entwicklung einer Rückfallstrategie, Aufarbeitung von typischen Auslösesituationen etc.) aufgenommen haben.

    Wenn mir hier die Kasse oder der MDK querkommen wollte, dann müssten sie mir erst mal lt. BSG \"in konkreter und nachvollziehbarer Art und Weise\" eine Behandlungsalternative - nicht in 4 Wochen 200 km weiter, sondern hier und jetzt und heute, weil länger die Entzugserscheinungen nicht auf sich warten lassen - nachweisen. Das wird den Herren und Damen kurzfristig nicht gelingen, und deshalb lassen sie\'s auch (bis jetzt).

    Ich bin allerdings davon überzeugt, dass die bisher von mr. freundlich und dem Herrn Gleitzeitökonom vertretene Meinung, dass sich der Internist gefälligst aus dem Thema rauszuhalten hat, ein absolut sachfremder Standpunkt ist, der - wie schon dankenswerter Weise von Herrn Rembs zitiert - allein aus Kapazitätsgründen nicht gerichtsfest ist.

    Tipp an die ärztlichen Kollegen im hohen Norden: Die internistische Entgiftung im Akutkrankenhaus (ich rede nicht von der qualifizierten Entgiftung in der Psychiatrie, sondern von der Feld- Wald- Wiesen-Entgiftung, wie sie der typische Abhängige bei Aufnahme im Krankenhaus fast regelmäßig provoziert, ob man\'s nun so nennt, oder nicht!) keinesfalls von kurzsichtigen Kassenvertretern miesmachen lassen; wenn Sie nämlich einen Patienten, der eine Entgiftung gebraucht hätte, nach Hause lassen (nach der Akutbehandlung des \"lebensbedrohlichen Zustands\":lach:), und der Patient erleidet kurz danach einen Schaden (Krampfanfall, Delir, sonstige typische Komplikationen), dann wird der gleiche Kassenvertreter der erste sein, der den Patienten dazu überreden will, dem Krankenhaus einen Behandlungsfehler (wie wär\'s mit unterlassene Hilfeleistung ? ) zu unterstellen, um die Folgekosten auch noch auf das Krankenhaus abzuwälzen. Betriebswirtschaftlich clever, aber zynisch und absolut nicht mehr im Rahmen des Versicherungsauftrages der gesetzlichen Krankenkassen, die - sofern es die Lobbyisten nicht in der nächsten Zeit schaffen - momentan ja noch für das Morbiditätsrisiko des Patienten zuständig sind (Versicherung, nicht wahr? ).

    Und zur ursprünglichen Frage von Herrn Kistler:
    Die hier bereits zitierte :dkr: D006a \"Akute und chronische Krankheiten\" halte ich in dem beschriebenen Fall tatsächlich nicht für anwendbar, da nach :dkr: D002d ja die Diagnose, die den Aufenthalt veranlasst hat, nicht der Rausch (das ist ein Symptom der Grundkrankheit), sondern die Abhängigkeit gewesen ist. Die F10.0 hat hier die Hauptdiagnosendefinition gar nicht erfüllt, sondern hat im Sinne der Nebendiagnosendefinition den Behandlungsaufwand gesteigert.

    So, wie Herr Rembs den Fall geschildert hat, ist für mich klar die F10.2 HD, und F10.0 ND. Und zur Klarstellung für den Gleitzeitökonomen:

    Zitat


    0501d Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (Drogen, Medikamente, Alkohol und Nikotin)

    Akute Intoxikation [akuter Rausch]

    Im Fall einer akuten Intoxikation (eines akuten Rausches) wird der zutreffende Kode aus F10–F19 - vierte Stelle „.0“ zugewiesen, gegebenenfalls - zusammen mit einem weiteren vierstelligen Kode aus F10–F19 (siehe Beispiel 1). Sofern die akute Intoxikation (der akute Rausch) der Aufnahmegrund ist, ist sie (er) als Hauptdiagnose zu kodieren.

    Wie wär\'s mit vollständigem Lesen einer Kodierregel :d_zwinker: ? Der Einzelfall ist halt immer ein wenig komplizierter :sterne: , und mit pauschalen Statements kann man nur begrenzte Zeit durchkommen.

    In diesem Sinne - ich hoffe, die Kliniker fassen sich trotz solcher kassenseitigen Sparpolitik ein Herz im Sinne ihrer Patienten.

    Thomas Rauner
    Allgemeinarzt
    med. Controlling

    Thomas Rauner
    Allgemeinarzt
    med. Controlling

  • Hallo zusammen,

    damit wäre (ab 2006) erst mal geklärt, was eine qualifizierte Entgiftung ist:

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Hallo Forum,
    der qualifizierte Entzug ist in 2006 ja nun mit einem OPS zu versehen und fällt in die DRG V62A.

    Wie gehe ich nun damit um?
    In 2005 haben wir die V62Z im Leistungsspektrum vereinbart un rechnen diese auch ab.

    Was ist nun in 2006?
    Werden die Kostenträger nur die V62B in 2006 mit uns vereinbaren wollen?
    Ist der qualifizierte Entzug im Bereich der Inneren Medizin in 2006 nun fehlbelegt?

    Wäre es sinnvoll über die Vereinbarung der V62A in 2006 mit den Kostenträgern vorher ein Gespräch zu führen?

    Gruß,
    B. Schrader

  • Zitat


    Original von B. Schrader:

    Wäre es sinnvoll über die Vereinbarung der V62A in 2006 mit den Kostenträgern vorher ein Gespräch zu führen?

    Gruß,
    B. Schrader

    Hallo Herr Schrader,
    wäre aber nur sinnvoll, wenn Sie die Kriterien für die Erbringung der 8-985 erfüllen. Dürfte auf einer internistischen Abteilung eher schwierig sein.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo, Herr Horndasch,
    damit haben Sie natürlich recht, die Voraussetzungen für die Erbringung der 8-985 müssen erfüllt sein.

    Welche Möglichkeiten haben wir denn - als nicht psychiatrisches Krankenhaus - die V62A abzurechnen?
    Eine spezielle Fachabteilung einrichten?

    Die V62A wurde ja nun mit dem OPS 8-985 im DRG-Fallpauschalenkatalog 2006 mit aufgenommen und somit ja auch kalkuliert.

    Würde der qualifizierte Entzug nur in Fachkliniken ( Psychiatrien) durchgeführt werden dürfen, wäre die DRG V62A doch überflüssig.

    Gruß
    B. Schrader

  • Hallo Forum,
    hallo Herr Schrader,

    mit Schaffung der DRG V62A wird für das in einigen wenigen Inneren Abteilungen bestehende Angebot eines qualifizierten (Alkohol-)Entzuges eine vernünftige Abrechnungsgrundlage geschaffen.

    Im Norddeutschen Raum ist mir zumindest die Innere Abteilung eines Krankenhaus bekannt, welches über ein von Krankenkassen und Planungsbehörde anerkanntes, strukturiertes Versorgungsangebot verfügt.

    Insofern sollte - vor der Kalkulation der genannten DRG bzw. der Entgeltverhandlung - das Gespräch mit den Vertragsparteien auf Krankenkassenseite und möglichst auch mit der Krankenhausplanungsbehörde des Landes (evtl. \"Absicherung im Krankenhausplan\") gesucht werden.

    Gruß

    Der Systemlernende