Verlegung - Verbringung???

  • 8o Hallo, liebe Forumteilnehmer,
    wo kann ich genau nachlesen, wie die Definition von \"Verlegung\" und \"Verbringung\" lautet bzw. welche Kriterien daran gebunden sind? Hintergrund der Frage ist, dass eine namhafte PKV die Leistungen des Herzzentrums nicht als Verlegung des Patienten von unserem Haus anerkennt, sondern nur als Verbringung und beruft sich dabei auf die Formulierung im Verlegungsbrief \"...verlegen wir Ihnen den Patienten zur weiteren invasiven Diagnostik\". Als Verlegung gälte eher lt. PKV die Formulierung \"...verlegen wir den Patienten zur weiteren kardiologischen Diagnostik und Therapie\".
    Wie ist es denn genau??
    Vielen Dank für Eure Mühe und
    liebe Grüße
    Eure aclau

  • Hallo aclau,

    ich habe mich da bisher immer auf ein Urteil des OVG Lüneburg bezogen, AZ: 11 LB 1374/01. Es geht zwar dabei um Intensivtransporte, nichtsdestotrotz definiert das Gericht in der Urteilsbegründung den Unterschied zwischen Verlegung und Verbringung.

    MfG,
    M. Achenbach

  • Guten Abend,

    nach meiner Kenntnis macht sich der Unterschied vor allem an der Zeit fest. Nach konsentierter Auffassung in unserem Bereich ist von einer Verbringung dann auszugehen, wenn in der Kette der Häuser A-B-A der Aufenthalt in B unter 24 Stunden betrug. Unabhängig von den Formulierungen in irgendwelchen Dokumenten, die bekanntermaßen auf den klinischen Erfahrungen und Vorstellungen aufsetzen und nicht auf sozialgerichtsfesten Sentenzen, ist damit eine für alle Beteiligten transparente Regelung am Start.
    Dies entspricht in meinen Augen auch den realen Verhältnissen: Wenn ein Patient zur Koro/PTCA von einem Krankenhaus in ein anderes gefahren wird, dann hat eine Leistung binnen 24 Stunden auch klinisch eher den Charakter einer Konsilleistung. Man muß damit kein Problem haben, denn das liefernde Haus kann die Leistung in die Dokumentation einstellen (damit ist sie denn auch DRG-wirksam) und das leistungserbringende Haus (in der Kette \"B\") kann die Leistung \"A\" gegenüber in Rechnung stellen. Also eigentlich kein wirkliches Drama.
    Oder :d_gutefrage: ?

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Guten Morgen Frau aclau,

    näheres zur Definition der Verbringung finden Sie in Tuschen/Treffz/Krankenhausentgeltgesetz im Kommentar zu § 2 Absatz 2. Die 24 Stunden-Regelung ist auch in meinem Hinterkopf. Ich kann Ihnen nur die Textstelle nicht belegen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Guten Morgen,
    in diesem Zusammenhang möchte ich auf den Abrechnungsleitfaden der Spitzenverbände der Krankenkassen und des Verbandes der privaten Krankenversicherung zu Abrechnungsfragen
    aufmerksam machten

    Sie finden diesen (2006) hier.

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Zitat


    Original von D. Duck:
    Ich kann Ihnen nur die Textstelle nicht belegen.

    Danke MiChu, das wars.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Hallo allerseits,

    ich möchte bei dem Thema aber darauf hinweisen, dass der \"Leitfaden
    der Spitzenverbände der Krankenkassen und des Verbandes der privaten Krankenversicherung zu Abrechnungsfragen 2006 nach dem KHEntgG und der FPV 2006\" keinerlei rechtliche Relevanz hat. Dagegen stehen aber in den Landesverträgen nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V abweichende Definitionen, z.B. Baden-Württemberg:

    §7 Verweisung, Verbringung und Verlegung
    [...]
    2. Eine Verlegung liegt nicht vor, wenn der Patient während des stationären Aufenthaltes zur Mitbehandlung in ein anderes Krankenhaus verbracht wird und er an demselben Tag wieder in ersteres zurückkehrt (Verbringung). Bei der Verbringung verbleibt der Patient weiterhin in der verantwortlichen Zuständigkeit des ersteren Krankenhauses.

    Ich finde hier keine 24 Stunden-Regel, sondern sehe die Datumsgrenze als Kriterium.

    Gruß
    Jannis

  • Moin, moin,

    Die Antwort von Jannis beweist, dass der logisch klingende und pragmatische Lösungsvorschlag von Herrn Sander in der Praxis nicht greift.

    Ich würde nämlich hier aus Prinzip Jannis entgegnen, dass im § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG steht: \"...die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter.\"

    Das steht da ohne jede zeitliche Begrenzung. Und da Bundesrecht Landesrecht bricht (ohne als Laie zu tief in die Juristerei einzusteigen), würde ich es hier auf einen Streit ankommen lassen. Auch bei einer Verweildauer von mehr als 24 Stunden.

    Erst wenn die 24 Std.-Grenze gesetzlich geregelt und für alle verbindlich ist, würde ich Herrn Sander folgen können.

    Zwei Fälle aus der jüngsten Vergangenheit zu diesem Thema, die verdeutlichen sollen, wo der Hund bei diesem Thema begraben liegt:

    1. Ein Krankenhaus berechnet DRG für LHK mit VWD von weniger als 24 Std., weil man den Patienten in die ärztliche Verantwortung übernommen habe. Man hätte den Patienten bei entsprechendem Befund weiter behandelt. Er sei nur wieder zurück gegangen, weil kein relevanter Befund vorlag. Somit sei es keine reine Auftragsleistung!

    2. Ein Krankenhaus berechnet DRG für LHK mit VWD von 25,5 Std., weil man sich auf die 24-Std.-Regelung beruft, obgleich es sich um eine reine Auftragsleistung handelte (unbestritten) und der Patient nach Aufnahme ohne erkennbaren Grund (eigene Aussage nach Befragung durch KK) mehr als 4 Stunden auf die Diagnostik warten musste.

    Und jetzt dürfen Sie raten: Es handelt sich in beiden Fällen zu allem Überfluss um das gleiche Krankenhaus! :t_teufelboese:

    Fall 2 würde ich übrigens auch noch prüfen, wenn es mal eine verbindliche 24-Std.-Regelung gibt. :d_zwinker:

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Jannis,
    dieser Hinweis ist völlig korrekt.
    Ich selbst nutzte den Leitfaden auch nur als Hinweis/ Anregung bzw. als Argumentationshilfe gegenüber den Krankenkassen.
    Den wichtigsten Hinweis zu dieser Problematik hat Herrn Sander bereits beschrieben.


    Zitat

    Orginal: A.Sander
    Man muß damit kein Problem haben, denn das liefernde Haus kann die Leistung in die Dokumentation einstellen (damit ist sie denn auch DRG-wirksam) und das leistungserbringende Haus (in der Kette \"B\") kann die Leistung \"A\" gegenüber in Rechnung stellen. Also eigentlich kein wirkliches Drama.

    Die Ausgangssituation (von aclau) habe ich auch nicht voll verstanden.
    Möchte die Kasse die Leistung die im Herzzentrum erbracht worden ist nicht anerkennen, oder streiten Sie sich über die Transportkosten, oder geht es um die DRG die evtl. das Herzzentrum abgerechnet hat??

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Morgen ToDo,

    tja, das ist ja gerade das Problem mit KHEntgG §2 2.2. \"die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter,\"

    Wie ist \"veranlasste Leistung\" eigentlich definiert?

    Beispiele:

    Kh A (kleines Haus ohne Katheterlabor und Herzchirurgie) schickt einen Patienten ins große Haus KH B (Katheterlabor und Herzchirurgie).

    1. im Arztbrief steht: ...bei vermuteter KHK zur diagnostischen Coro...
    Patient bekommt die Coro (o.B.) und geht am gleichen Tag zurück:

    Wir sind uns wohl einig: Verbringung

    2. im Arztbrief steht: ...bei akutem Myokardinfarkt zur Behandlung...
    Patient bekommt Coro + PTCA + mehrere Stents und geht am gleichen Tag zurück (z.B. aus Bettenmangel aber nicht geplant!):

    KHEntgG: Verbringung? - veranlasste Leistungen Dritter?
    Landesvertrag: ja wohl eher Verlegung, da die verantwortliche Zuständigkeit wohl kaum noch bei KH A lag.

    3. im Arztbrief steht: ...bei vermuteter KHK zur diagnostischen Coro...
    Patient bekommt die Coro (o.B.) und geht am nächsten Tag (< 24Std.) zurück.

    Landesvertrag: Verlegung, da Datumsgrenze überschritten
    KHEntgG: Verbringung da veranlasste Leistung durch Dritte und Zeit ist eh egal?

    Achtung, wenn sie hier Verbringung bejaht haben. Sie sagen, dass KHEntgG den Landesvertrag \"aussticht\" (und die 24-Std-Regel ist ja nicht gesetzlich festgelegt):

    4. im Arztbrief steht: ...bei Cardiomyopathie zur Herztransplantation...
    Patient bekommt das neue Herz und geht irgendwann wieder zurück.

    KHEntgG: Dann auch folglich: Verbringung! Schliesslich hat KH A die Leistung veranlasst und es gibt keine Zeitgrenze in §2 2.2. :sterne:

    Das kann es ja wohl kaum gewesen sein? Darum begrüße ich ebenso wie sie eine ganz klare gesetzliche Regelung, nach der wir uns alle richten können. Wann geht überhaupt die verantwortliche Zuständigkeit auf das andere Haus über?

    Solange ist es dann doch etwas für Juristen, da wir uns hier mit \"gesundem Menschenverstand\" nicht einig werden. ;)

    MiChu: ein Drama ist es nicht, es ist bloss ein weiterer ungeklärter Punkt, der zu unnötigen Reibereien zwischen Krankenhäusern und Kassen führt, weil es nicht sauber geregelt ist. Es macht einfach auf beiden Seiten Arbeit, weil verständlicherweise jeder anders argumentiert.

    Und nicht als Denkanregung vergessen: Wie sieht das eigentlich aus bei Mindestmengen? KH A kodiert ja die Prozedur und bekommt die passende DRG dazu. Muss A dann aber nachweisen, dass B die Mindestmenge erfüllt hat, um selber das Geld zu bekommen?

    Gruß
    Jannis

  • Hallo ToDo, hallo Jannis,

    hier zur Ergänzung des Statements von ToDo ein Auszug aus der von mir oben verlinkten Urteilsbegründung.

    Zitat

    Aus diesem Grund können [...] Transporte von Kranken nur im Fall der sog. Verbringungsfahrten zu den allgemeinen Krankenhausleistungen gezählt werden. Denn bei einer Verbringung verlässt der Patient das Krankenhaus nur kurzfristig, z.B. zur Vornahme einer medizinisch gebotenen, im Krankenhaus nicht möglichen Einzelleistung; er bleibt dabei Patient des entsendenden Krankenhauses. Demgegenüber scheidet der Patient im Fall einer Verlegung aus den stationären Behandlungsabläufen und der Gesamtverantwortung des abgebenden Krankenhauses aus und wird in die stationären Abläufe des aufnehmenden Krankenhauses durch Behandlung, Unterbringung und Verpflegung integriert. Die Verantwortung für die Gesamtbehandlung geht vollständig auf das aufnehmende Krankenhaus über.

    Eine stationäre Weiterbehandlung wird ja auch von mir als verlegendem KKH veranlasst. Von daher ist doch Präzisierung notwendig, die m.E. dieses Urteil leistet.

    MfG,
    M. Achenbach