Zufallsbefund Fallzusammenführung

  • Sehr geehrte Damen und Herren,
    bei folgendem Fall bin ich ratlos und hoffe auf Ihre Hilfe:

    Pat. kommt mit Oberbauchbeschwerden, als Ursache wurde eine Cholelithiasis mit akuter Cholezystitis (K80.10) diagnostiziert. Es erfolgte ein Cholezystektomie.

    DRG= H12A BR: 2,2

    Im CT stellte sich als Zufallsbefund eine Raumforderung in der Niere dar. Pat. wurde entlassen und vier später Tage zur geplanten Nepherektomie aufgenommen.

    DRG= L03Z BR: 3,42

    Eine WK-Regel greift im beschriebem Fall nicht. Die KK fordert nun eine Beurlaubung (Begründung: Behandlungsintervall noch nicht abgeschlossen) und eine Abrechnung mit der DRG H12A.

    Ist dies so richtig?? Oder kann man davon ausgehen, dass die Behandlung der zur Einweisung führenden Symptome nach Cholezystektomie abgeschlossen war. Oder wenn dies nicht so ist, müsste dann eventuell der Gesamtfall mit der DRG L03Z abgerechnet werden?

    MfG
    Johanna

  • Hallo Johanna, Hallo Forum,

    ich kann leider auch keine genaue Antwort auf diese Frage liefern, denn ich Schlage mich mit drei ähnlich gelagerten Fällen rum.

    In allen Fällen bestand keine Indikation zur sofortigen Therapie.

    In einem Fall hat der MDK gemeint das die Entlassung med. nicht nachvollziehbar wäre (sonst wird immer die lange VWD angemahnt).:i_respekt:
    Ich bin der Meinung auch wenn im Voraufenthalt die anschließende Behandlung schon in Aussicht gestellt wird, besteht keine Verpflichtung den Patienten zu beurlauben. In einem unserer Fälle schlägt die KK vor das der Pat. auch intern sofort hätte verlegt werden können.
    Ich denke das wir in sehr vielen Fällen bei unseren Pat. noch weitere Behandlungen anschließen könnten, bei denen sicherlich auch eine stationäre Behandlung indiziert sei. Aber ist das, daß Prinzip eines pauschalierten Entgeltsystems??

    MfG

    M.Preißer

    Martin Preißer

  • Hallo Johanna,

    tja, das sind genau die Fälle, vor denen mit Übernahme des australischen Systems und dem damit verbundenen Fokus alleine auf die Aufnahmezustände (zur Ermittlung der Hauptdiagnose) die DKG und andere Experten \"gewarnt\" hatten ... denn aus betriebswirtschaftlichen Gründen ist ja die gemeinsame Behandlung von Cholezystektomie und Nephrektomie nicht zu \"empfehlen\", auch wenn ggf. eine höher dotierte Fehler-DRG aus beiden Aufenthalten gemeinsam resultiert.

    Ich würde gegenüber den Kostenträgern nur den Grund akzeptieren, dass der Patient wegen dringender medizinischer Gründe nicht hätte entlassen werden können (Unterlassung der ärztlichen Hilfeleistung) - aber das dürfte hier nicht der Fall sein.

    Und mussten nicht erst für die weitere Operation interne Vereinbarungen getroffen werden, wie z.B. OP-Termin, notwendige Voruntersuchungen etc.? Auch wenn \"organisatorische Mängel\" nicht zu Lasten der Patientenversorgung und hier der Kostenträger gehen dürfen, kann aus meiner Sicht nicht das Resultat dieses Falls eine derartige Unterdeckung der anfallenden Kosten durch die Abrechnung nur eines Falls sein.

    Viel Erfolg bei den sicherlich schwierigen Auseinandersetzungen mit dem Kostenträger wünscht
    Markus Stein

    Markus Stein [Dipl.-Dok. (FH)]

    RZV GmbH
    Strategisches Produktmanagement Krankenhaus

  • Hallo Johanna,
    ich würde als Patient nicht gerne kurz nach einer Cholezystektomie schon wieder auf dem OP-Tisch wegen einer zweiten großen Operation liegen.
    Die frage ist für mich: Wären beide Operationen in einer Narkose ohne erhöhtes Risiko möglich gewesen?
    Wenn ja, dann hätten beide OPs simultan durchgeführt werden müssen, es sei denn, der Pat. hätte aus anderen Gründen widersprochen. (Zweitmeinung einholen, Terminplanung etc.)
    Wenn ich die zweite Operation ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt durchführen muss und die Zeit nicht aus medizinischen Gründen drängt, würde ich aus abrechnungstechnischen Gründen als Patient nicht zulassen, dass die zweite OP in der Rekonvaleszenzzeit der ersten OP erfolgt.

    Man muss den Patienten langsam einmal klarmachen, was die Kassen unter Kostenersparniss-Gesichtspunkten von den Patienten und Ärzten so alles verlangen:
    -Blutige Entlassung ist keine Erfindung der Ärzte oder Krankenhäuser sondern ein Verlangen der Kasse.
    -Anreise zur OP ohne Prämedikation und mitten in der Nacht um Kurzliegerabschläge realisieren zu können.
    -Soll jetzt die simultane Behandlung aller therapierbaren Krankeiten zum Festpreis dazukommen. Wann kommt die erste Kasse auf die Idee, die Gebiss-Sanierung auch noch gleich mit durchführen zu lassen?

    Ich bin nicht gegen Sparen- aber irgendwann hörts auf! :d_niemals:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo liebe Forumsteilnehmer,

    eigentlich ist ja alles ganz einfach, wenn sich die Kassen an Ihre eigenen Verträge halten würden:
    In jedem Land - denke ich - gibt es einen
    [center]Vertrag
    gemäß § 112 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V
    über die allgemeinen Bedingungen der
    Krankenhausbehandlung.[/center]
    Hierin findet sich i.d.R. ein Paragraph \"Beurlaubung\", der mit dem schönen ersten Satz beginnt:
    Mit einer somatischen Krankenhausbehandlung ist eine Beurlaubung grundsätzlich nicht vereinbar.
    Es folgen die Ausnahmen, nämlich a) aus therapeutischen Gründen, wenn sie unumgänglich notwendig oder den Behandlungserfolg zu fördern geeignet sind, b) in begründeten Ausnahmefällen zur Erledigung unaufschiebbarer persönlicher Angelegenheiten mit einer Dauer bis zu 24 Stunden, sofern dies medizinisch vertretbar ist. Für die Erledigung persönlicher Angelegenheiten mit einer Dauer über 24 Stunden, werden Patienten grundsätzlich entlassen ( es sei denn, es liegt eine Ausnahmegenehmigung der Krankenkasse vor).
    Ich sehe nicht, wie das von der Krankenkasse geforderte Vorgehen im Fall von \"Johanna\" irgendwie in dieses rechtliche Gerüst paßt? Das Krankenhaus hat hier offenbar sogar die immer wieder eingeforderten Wirtschaftlichkeitsgebote befolgt und den Pat. entlassen, anstatt ihn zwischen 2 OPs noch 2-3 Tage \"liegen zu lassen\"!

    :d_neinnein: Also, dagegen soll die Kasse doch erst einmal argumentieren!
    meint

    Dr. Lars Nagel
    Leiter Medizincontrolling
    Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
    [Groß-Umstadt | Seeheim-Jugenheim]

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Zur Ergänzung der Rechtslage ist allerdings noch auf den § 17c des KHG hinzuweisen, nach dem das Krankenhaus dafür Sorge zu tragen hat, dass eine vorzeitige Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibt.

    Inhaltlich bin ich allerdings der Meinung, dass diese Fälle organisatorisch, wirtschafltich und vor allem auch medizinisch nicht in einem Aufwasch gemacht werden sollten. In diesem Zusammenhang ist es jedoch ungeschickt und medizinisch auch etwas fragwürdig (Rekonvaleszenz! Körper und Immunsystem befinden sich noch in der Trauma-Reaktion. Siehe auch Beitrag von Herrn Heller) den Patienten nach lediglich vier Tagen wieder aufzunehmen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten Morgen,

    HURRA, da haben wir´s wieder:


    Zitat


    Original von Thomas_Heller:
    Man muss den Patienten langsam einmal klarmachen, was die Kassen unter Kostenersparniss-Gesichtspunkten von den Patienten und Ärzten so alles verlangen:

    Können Sie sich erinnern, worum sich Kassen und Krankenhäuser vor der Einführung der DRGs REGELHAFT gestritten haben?

    Um eben solche Fälle, die damals von den Krankenhäusern durchbehandelt wurden. Und wenn ein OP-Termin auch mal 8 Tage auf sich warten ließ, dann wurde auch diese Wartezeit unter stationären Bedingungen als medizinisch begründet. Den bösen Kassen, die nur Geld sparen wollen, wurde damals vorgeworfen, sie gefährden Gesundheit und Leben der Patienten, da eine zwischenzeitliche Entlassung unverantwortlich sei. Auch Dokumentationen der Patienten über mehrere Tage ohne irgendeine Leistung (außer der täglichen Visite) verhallten ungehört.

    Der größte Fehlanreiz an solchen Vergütungssystemen wie den DRG ist, dass die Leistung der Vergütung folgt. Und Leidtragende an daran sind nicht die leeren Kassen, nicht die sich selbst bemitleidenden Kranklenhäuser sondern ausschließlich die Patienten in diesem Land!

    Deshalb sind solche Aussagen regelrecht unverfroren (zumal insbesondere im hier diskutierten Fall das Gegenteil verlangt wurde):

    Zitat


    -Blutige Entlassung ist keine Erfindung der Ärzte oder Krankenhäuser sondern ein Verlangen der Kasse.

    Gruß,


    ToDo


    P.S.: Bevor diese Diskussion wieder ausartet, zwei Beispiele aus eigenem Erleben:

    1. Meine eigene Mutter durfte bei einer ähnlichen Konstellation, wie hier eingangs beschrieben, das Krankenhaus nicht über das Wochenende verlassen, es sei denn sie unterschrieb eine Erklärung, dass die zwischenzeitliche Entlassung auf eigenen Wunsch gegen ärztlichen Rat erfolgte und zur Kenntnis genommen wurde, dass im Falle eines Notfalls am Wochenende eine Behandlung durch das Krankenhaus abgelehnt werden könne.

    Das war - Sie werden es erraten haben - vor der DRG-Einführung

    2. Mein Schwiegervater wurde vergangenes Jahr \"beurlaubt\" gegen seinen AUSDRÜCKLICHEN Willen, da er aufgrund von Schmerzen \"kein gutes Gefühl habe\" und aufgrund der häuslichen Situation (\"ich hab doch niemanden\") gern die Sicherheit des Krankenhauses gehabt hättee bis zum geplanten Eingriff am Montag!

    Bei Einschaltung seiner Kasse wurde bekannt, dass es keine Beurlaubung war, da durch unterschiedliche Kodierung zwei DRGs abgerechnet wurden.

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Krankenkassen,
    mir kommen die Tränen ob der Tatsache, wie böse doch die Krankenhäsuer sind.
    Da will ich mal folgendes in die Runde werfen:

    \"Lernen\" die Krankenhäuser dazu, wie sie an das Geld kommen, das nun mal auch für den Betrieb notwendig ist (und abgesehen davon sowieso als \"Budget\" abgerufen werden soll), dann heißt das \"Upcoding\" und das müßt ihr gefälligst zurückzahlen. Lernt man nicht dazu, bekommt man eben mal gekürzt.

    Der Arzt soll wirtschaftlich denken - für wen eigentlich?? Für den, der ihm primär mal das Gehalt bezahlt oder für den, der ihn dauernd mit Anfragen bombardiert? Also hat er eben bei 2 großen Eingriffen vor den DRGs den Pat ein paar Tage länger behalten, und jetzt muß er eben, damit der Aufwand für solche OPs wie im angesprochenen Fall überhaupt gedeckt ist, die Pat. ein paar Tage zur Erholung heimschicken.

    Wenn es formal korrekt ist, dann sind es heute zwei Fälle und basta. Und der Wille des Pat. - liebe Kassen, da können Sie erzählen, was Sie wollen - der zählt nicht - wie viele Kürzungen sind schon über die Schreibtische gewandert, bei denen die häusliche Versorgung nicht gesichert war, aber die Kasse ambulant oder weniger Tage wollte, um die uGvD zu unterschreiten?

    Emotionale Debatten bringen uns nicht weiter - jedes System wird Rohrkrepierer erzeugen.
    Also nochmals: Formal richtig sind im angeführten Fall 2 DRGs.

    Viele Grüße
    P. Dietz

  • \"Hallo Krankenhäuser\" (herrliche Anrede),

    Hauptsache, wir führen hier eine verlogene Debatte, weil die einen die Patienten über die \"Machenschaften\" der Krankenkassen informieren und somit als Druckmittel und Spielball zwischen den Fronten ausnutzen wollen während die anderen erfrischend aufrichtig feststellen, dass der Patientenwille nicht zählt!

    Für wen der Arzt wirtschaftlich denken soll? Für die Krankenkassen - basta :d_zwinker:

    Warum? Weil er als Mitarbeiter eines zugelassenen Krankenhauses den gestzlichen Regelungen des Sozialgesetzbuches unterliegt. Und den § 12 SGB V muss ich Ihnen sicher nicht vorbeten, oder?

    Und dann war da noch die Frage, wer das Gehalt bezahlt! Ja wer denn eigentlich?

    Bei der unabhängigen Organisation des MDK wird immer wieder unterstellt, er würde die Interessen der Kassen vertreten, weil er von diesen bezahlt wird. Da wäre ich als Krankenhausarzt mal ganz schön ruhig - wenn Sie die Gelder für den Betrieb Ihres Hauses und somit die Gehälter der Angestellten so autonom aufbringen können, dann behandeln Sie einfach keine Kassenpatienten mehr - schont auch Ihre Nerven...

    IHRE PATIENTEN, DEREN WILLE NICHT ZÄHLT, ZAHLEN IHR GEHALT - UND NIEMAND SONST!!!

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Forum,

    Das ist doch die entscheidende Frage:

    Zitat


    Original von Thomas_Heller:
    Wären beide Operationen in einer Narkose ohne erhöhtes Risiko möglich gewesen?
    Wenn ja, dann hätten beide OPs simultan durchgeführt werden müssen, es sei denn, der Pat. hätte aus anderen Gründen widersprochen. (Zweitmeinung einholen, Terminplanung etc.)
    Wenn ich die zweite Operation ohnehin zu einem späteren Zeitpunkt durchführen muss und die Zeit nicht aus medizinischen Gründen drängt, würde ich aus abrechnungstechnischen Gründen als Patient nicht zulassen, dass die zweite OP in der Rekonvaleszenzzeit der ersten OP erfolgt.

    Ich habe mich früher geweigert Patienten \'sinnlos\' im Krankenhaus zu behalten um die Verweildauer zu erhöhen, ich werde jetzt nichts anderes tun um DRG\'s zusammenzuführen. Ich werde aber ebenso sicher keinen Patienten vorzeitig entlassen, wenn ich es für medizinisch gefährlich halte.

    Viele Grüße aus Melle
    Dr. Th. Wagner 8)
    Facharzt für Chirurgie
    Leiter Medizincontrolling
    christl. Klinikum Melle

  • Hallo,
    will mich auch nochmals einmischen.

    Ich gebe Hr. Wagner Recht: In aller Regel werden die Kollegen im Krankenhaus durchaus im Interesse und auch GEMEINSAM mit dem Pat. über das Vorgehen entscheiden - aller Aufregung zum Trotz. ich würde mal sagen, dies sieht man allein daran, dass man mit Sicherheit mehr MDK-Anfragen zum Thema \"Warum so lange im Krankenhaus??\" hat als \"Warum extra heimgeschickt?\" - Ich kann auch ein Fallbeispiel liefern: Explixit dokumentiert bei älterem Herrn mit diversen intern. Erkrankungen, dass er Bedenkzeit braucht, bevor einer invasiven Untersuchung zustimmt - also wartet man ab und versucht sonst, die ganzen Dinge wieder in\'s Lot zu bekommen. Untersuchung wird durchgeführt, 3 Tage später der Pat. entlassen. Die Überschreitung der OGVD um 10 Tage soll nun zu unseren Lasten gehen - das Argument, der Pat. wollte nicht früher, interessiert keinen vom MDK.

    Und wenn es ich eben mal anbietet, dann wird man den Pat. ein paar Tage nach Hause schicken - ich empfehle bei solchen Fragen an den Controller immer, dass man dieses machen kann, wenn der Pat. einverstanden und das Ganze medizinisch machbar ist. Viel öfter aber tritt der Fall ein, dass man weitere Leistungen erbringen muß, die DRG-mäßig keine Rolle spielen. Da kräht auch kein Hahn danach.

    Zur Gehaltsfrage: Auch das Gehalt der Kassenfürsten wird vom Pat. bezahlt...
    Und zur Unabhängigkeit des MDK: Ich habe nicht behauptet, die Ärzte im Krankenhaus wären nicht parteiisch - es ist sicher das Gegenteil der Fall (gerade weil man mit Papier zugedeckt wird). Der unparteiische MDK ist aber auch eine Illusion, da bin ich mir ziemlich sicher.

    So long, mal wieder ein paar MDK-Anfragen bearbeiten.
    P. Dietz