Schweigepflicht

  • ?( Liebes Forum,

    bezüglich der Beantwortung von Krankenkassenanfragen bin ich mir oft unsicher, ob das alles mit der Schweigepflicht vereinbar ist. Angeblich dürfen ja ärztliche Stellungnahmen/Kurzberichte direkt an die Kasse geschickt werden, aber wo ist die Grenze zu sehen? Auch Widersprüche werden gerne direkt an die Kasse adressiert.

    Sollte man besser alles in geschlossenem Umschlag zur Weiterleitung an den MDK versenden? Wer hat hierzu nähere Informationen?

    Herzlichen Dank und allen einen schönen Abend

    Dobby 8)

  • Schönen guten Tag,

    nicht der Schweigepflicht unterliegen diejenigen Daten, die der Krankenkasse aus gesetzlichen oder vertraglichen Gründen zustehen. Dazu zählen vor allem nach § 301 SGB V die Aufnahme- bzw. Entlassungsdaten und -gründe, die Diagnosen- und Prozedurenschlüssel, die behandelnden Abteilungen sowie nach den Landesverträgen gemäß § 112 SGB V in der Regel Kurzberichte, wobe deren inhaltlicher Umfang nicht definiert ist, sicherlich aber kein ausführlicher Arztbrief gemeint sein kann.

    Der Widerspruch bezieht sich ja in erster Linie auf ein Gutachten, das auch der Krankenkasse vorliegt und das daher meines Erachtens in vielen Fällen auch gegenüber der Krankenkasse diskutiert werden kann (häufig geht es sowieso um Formalia). Sofern jedoch weitergehende medizinische Informationen oder gar weitere Dokumente abgegeben werden, würde ich diese in einem für den MDK bestimmten Umschlag mitschicken und den Widerspruch gegenüber der Kasse formal halten, mit dem Hinweis auf die weitegehenden Informationen für den MDK.

    Die Grenze, welche Informationen in einem Kurzbericht oder Widerspruch weitergegeben werden können, ist vermutlich - wie immer - fließend. Einerseits bin ich eher pragmatisch und halte es für wenig hilfreich, sich nur deshalb auf die Schweigepflicht zu berufen, um das ganze Verfahren zu behindern. Andererseits ist die Verletzung der Schweigepflicht ein Straftatbestand und der Täter persönlich haftbar.

    In den mir bekannten Gerichtsverfahren um Auseinenandersetzungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus wurde die Schweigepflicht allerdings nie problematisiert. Hier wurde eher seitens des Gerichtes argumentiert, dass der Krankenkasse selbst sowiso der medizinsiche Sachverstand fehlt und daher der MDK einzuschalten ist.

    Ich wüsnche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Dobby,
    lassen Sie Vorsicht walten! Das Wort \"Kurzbericht\" ist nicht dem Begriff \"Kurz-Entlassungsbericht\" gleichzusetzen. Ihr Kurzbericht sollte sich allenfalls auf die G-AEP-Kriterien bzw. Ausnahmetatbestände gem. §115b beziehen und das in allgemeiner Form, z. B. Kriterien A10 und C4 erfüllt. Ob diese Kriterien zutreffen, kann der MDK dann ja in der Akte prüfen.
    Wenn man es genau nimmt, sind nur die §301 Daten an die KK zu übermitteln. Arztberichte etc. schicke ich grundsätzlich nur direkt an den MDK, auch wenn die KK die Berichte \"in verschlossenem Umschlag\" weiterleiten will. Manche der Kollegen sehen das nicht so eng und verhandeln auch gerne aus pragmatischen Gründen am Telefon.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo Forum,

    im o.g. Zusammenhang überrascht mich immer wieder, daß wir auf KH-Seite peinlich genau auf Schweigepflicht achten, während dann in manchen Gutachten seitens des MDK in epischer Breite an die Krankenkasse berichtet wird. Auf diese Weise erfahren ja nun doch dritte von den EInzelheiten des Falles. Kennt jemand die rechtlichen Aspekte dieses Tuns? :d_gutefrage:

    Gruß

    merguet

  • Hallo Merguet,
    genau diesen Sachverhalt habe ich meiner Krankenhausgesellschaft geschildert und um eine Stellungnahme gebeten. Leider habe ich bisher noch keine Antwort. All unsere Bemühungen um die Einhaltung der Schweigepflicht laufen in\'s Leere. Warum kann der MDK die Fragestellung der KK nicht einfach mit \"Fragestellung erfüllt\" oder \"Fall ist so oder so abzurechnen\" oder \"Kodierung korrekt\" beantworten?
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo Herr Fischer,

    Nun, der MDK wertet ja etliche Leitungen ab. Dies geht nun mal nicht ohne inhaltliche Begründung (jedenfalls im Idealfall). ?(

    Gruß

    merguet

  • Guten Tag,

    Zitat


    Original von R. Schaffert:
    sowie nach den Landesverträgen gemäß § 112 SGB V in der Regel Kurzberichte, wobe deren inhaltlicher Umfang nicht definiert ist, sicherlich aber kein ausführlicher Arztbrief gemeint sein kann.

    zur Ergänzung: hier in NRW ist der inhaltliche Umfang der Kurzberichte sehr wohl definiert, nämlich in der Anlage 1 zum Vertrag gemäß § 112 Abs. 2 Nr.2.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Guten Morgen,

    Zitat


    Original von gefi:
    Das Wort \"Kurzbericht\" ist nicht dem Begriff \"Kurz-Entlassungsbericht\" gleichzusetzen. Ihr Kurzbericht sollte sich allenfalls auf die G-AEP-Kriterien bzw. Ausnahmetatbestände gem. §115b beziehen und das in allgemeiner Form, z. B. Kriterien A10 und C4 erfüllt.

    Ist das Ihre juristische Auslegung oder wissen Sie es definitiv (so wie Sie es schreiben), dann wäre ich sehr an der entsprechenden justiziablen Quelle interessiert.

    Zitat


    Original von gefi:
    Ob diese Kriterien zutreffen, kann der MDK dann ja in der Akte prüfen.

    Das halte ich für abstrus. Schließlich haben die Verhandlungspartner (also auch die Krankenhausseite) diese Kurzberichte sicher nicht als Ergänzung zum ohnehin einzuleitenden MDK-Verfahren geschaffen sondern wohl eher, um durch solche Kurzberichte eine MDK-Prüfung ggf. umgänglich zu machen. Nur so macht diese Regelung für mich jedenfalls Sinn...

    Zitat


    Original von gefi:
    Arztberichte etc. schicke ich grundsätzlich nur direkt an den MDK, auch wenn die KK die Berichte \"in verschlossenem Umschlag\" weiterleiten will.

    Das wiederum ist auf Veranlassung eines nordrheinischen Krankenhauses vom BVA wie auch von mehreren Datenschutzbeauftragten der Länder und des Datenschutzbeauftragten des Bundes als unbedenklich eingestuft worden, sofern die Übersendung in einem separaten verschlossenen Umschlag an die Kasse geschickt wird.

    Ihre Weigerung diesbezüglich halte ich demnach ausschließlich für eine Blockadepolitik, da Sie das Verfahren nicht erleichtert und auch juristisch nichts gegen ein solches Vorgehen spricht.


    Zitat


    Original von merguet:
    im o.g. Zusammenhang überrascht mich immer wieder, daß wir auf KH-Seite peinlich genau auf Schweigepflicht achten, während dann in manchen Gutachten seitens des MDK in epischer Breite an die Krankenkasse berichtet wird. Auf diese Weise erfahren ja nun doch dritte von den EInzelheiten des Falles. Kennt jemand die rechtlichen Aspekte dieses Tuns?

    Genau deshalb ist in den von mir selbst erlebten SG-Verfahren das Krankenhaus für eine evtl. Verweigerungshaltung regelmäßig gerügt worden. Die Begründung der Richter war stets, dass die Kasse spätestens im SG-Verfahren eine volle Akteneinsicht hat, so dass eine komplette Verweigerungshaltung im Vorfeld nicht mit einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht zu erklären wäre.

    Darüber kann man meinetwegen auch streiten, da der Arzt ja erst vom Gericht von seiner Schweigepflicht entbunden wird, aber so meine erfahrungen mit Richtern, die ihre Schreibtische natürlich durch solches \"Geplänkel\" unnötig gefüllt sehen...

    Zum MDK, Herr Fischer:

    Zitat


    All unsere Bemühungen um die Einhaltung der Schweigepflicht laufen in\'s Leere. Warum kann der MDK die Fragestellung der KK nicht einfach mit \"Fragestellung erfüllt\" oder \"Fall ist so oder so abzurechnen\" oder \"Kodierung korrekt\" beantworten?

    Das erklärt sich meines Erachtens selbst und sollte als juristisch einwandfreie Legitimation für das Vorgehen des MDK dienen.

    Zitat


    § 277 SGB V

    Der Medizinische Dienst hat [...] sonstigen Leistungserbringern, über deren Leistungen er eine gutachtliche Stellungnahme abgegeben hat, und der Krankenkasse das Ergebnis der Begutachtung und der Krankenkasse die erforderlichen Angaben über den Befund mitzuteilen [...]

    Jedenfalls lese ich hier keinerlei Beschränkung auf die Daten nach § 301 oder auf pauschale Aussagen wie von Ihnen angeregt. Wäre es so gewollt gewesen, wäre ein Verweis auf die Regelung im gleichen Gesetzbuch ein Leichtes gewesen...

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Forum,

    ich finde es auch erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit (um emotional besetztere Worte zu vermeiden...) Krankenkassen davon ausgehen, dass wir uns persönlich einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen, um ihnen die Arbeit zu erleichtern (in vielen Fällen hat man es wohl schlichtweg zu aufwendig gefunden, sich von der Schweigepflicht entbinden zu lassen). Reichlich dreist finde ich z.B. das Vorgehen einer der \"Drei-Buchstaben-Kassen\", die gerne mal Entlassungsbriefe an ihr eigenes \"Kompetenz-Center\" geschickt haben will (ohne roten Umschlag), mit der Formulierung \"gemeinsam mit dem MDK möchten wir prüfen\". Das ganze wird mit ein paar Paragraphenangaben garniert, die bei genauerem Hinsehen aber nur ein Einsichtsrecht des MDK regeln, nicht der Kassen. Ich glaube, das nächste dieser Schreiben geht mal an den Bundesdatenschutzbeauftragten... :teufel:

    @Herr Schaffert:
    Natürlich ist den Sozialgerichten die Schweigepflichtsverletzung erst mal ziemlich wurscht - dafür sind sie ja gar nicht zuständig. Kritisch wird es erst, wenn ein Patient Sie deswegen verklagt - das kann dann der Fall sein, wenn in den weitergegeben Unterlagen etwas enthalten ist, was der Patient seiner Kasse nicht mitteilen wollte (z.B. psychosoziale Befunde, Einschätzungen der Leistungsfähigkeit u.s.w.). Wir haben mindestens einmal jährlich Ärger mit Patienten wegen der angeblich unberechtigten Weitergabe von Briefen - allerdings bisher immer mit gutem Ausgang für uns, weil wir uns an die einschlägigen Regelungen halten. Nicht dass es irgendwann heisst

    \"si tacuisses, medicus mansisses\" :augenroll:

    Schweigende Grüße

    MDK-Opfer

  • Hallo MDK-Opfer,

    vielleicht sollten Sie sich umbenennen in Kassen-Opfer (in dieser Rolle gefallen Sie wesentlich besser). :d_zwinker:

    (Jetzt bloß nicht aus der Haut fahren, war nur ein Spaß)

    Zitat


    Original von MDK-Opfer:
    ich finde es auch erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit (um emotional besetztere Worte zu vermeiden...) Krankenkassen davon ausgehen, dass wir uns persönlich einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen, um ihnen die Arbeit zu erleichtern...

    Haben Sie bis zu diesem Punkt sachliche und stichhaltige Belege für eine derartige Verallgemeinerung ?
    (dass das nachfolgend geschilderte Verhalten einer bestimmten Kasse äußerst zweifelhaft ist, steht außer Frage, aber selbst die Umschreibung der Kasse schließt nicht wirklich viele gesetzliche Kassen aus. :lach: )

    Zitat


    Ich glaube, das nächste dieser Schreiben geht mal an den Bundesdatenschutzbeauftragten... :teufel:

    Das halte ich für ein gutes Vorgehen, das auch dem vorliegenden Einzelfall gerechter wird als eine Pauschalverurteilung.

    Zitat


    Kritisch wird es erst, wenn ein Patient Sie deswegen verklagt - das kann dann der Fall sein, wenn in den weitergegeben Unterlagen etwas enthalten ist, was der Patient seiner Kasse nicht mitteilen wollte (z.B. psychosoziale Befunde, Einschätzungen der Leistungsfähigkeit u.s.w.).

    Wissen Sie, das ist aus Ihrer Sicht ja nachvollziehbar, aber aus zwei Gründen praktisch nicht relevant:

    1. Wenn Sie die Unterlagen im separaten verschlossenen Umschlag an die Kasse senden \"zur Weitergabe an den MDK\" oder \"nur zu öffnen vom MDK\", dann kann Sie niemand verklagen!!! Strafrechtlich relevant ist das Vergehen der Kasse, die solche Briefe öffnet und nicht seiner Zweckbestimmung zuführt!!!

    2. Solche Patienten wehren sich dagegen, dass ihre Kasse etwas bestimmtes erfährt. Interessieren tun die Kasse solche Daten in der Regel aber nur, wenn der Versicherte Sozialleistungen beantragt (z.B. Krankengeld, Rehamaßnahme ect.). In diesen Fällen hat der Versicherte aber eine Mitwirkungspflicht. Das heißt, verweigert er die Herausgabe solcher Unterlagen oder entbindet er die Ärzte nicht von der Schweigepflicht gegenüber der KK, kann ihm die beantragte Leistung wegen fehlender Mitwirkung ganz oder teilweise versagt werden.

    Spätestens dann ist der Datenschutz für \"diese Leute\" kein Problem mehr. :d_zwinker:

    Und an dem Punkt verstehe ich die genervten Richter. Hier werden an verschiedenen Stellen Hürden aufgebaut, die im gleichen Verfahren beim gleichen Patienten/Versicherten an anderer Stelle gesetzlich/juristisch wieder ausgehebelt werden.

    Was bleibt, ist der Stress, der zusätzliche Arbeitsaufwand und die unverständliche Schuldzuweisung an den, der diese widersprüchlichen Gesetze nicht gemacht hat, sondern sie nur umzusetzen versucht!

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo.

    Um es mit dem Werbeslogan einer weltweit agierenden Burgerbratanstalt zu sagen:\"Ich liebe es!\" :biggrin:

    Es ist m.E. kein Problem die Unterlagen in einem geschlossenen Umschlag mit dem Vermerk \"Nur vom MDK zu öffnen\" an die KKn zu schicken. Bis auf wenige Ausnahme, welche ja die Regel bestätigen, machen wir das auch so. :)
    Wenn dann der MDK Gutachter zur Kasse kommt, und dort dem Sachbearbeiter den Entlassbrief vorlegt, können wir das weder kontrollieren, noch beweisen. ;(
    Strafbar machen sich aber nur der Gutachter vom MDK, und meiner Meinung nach auch der Sachbearbeiter, da es ihm bewusst ist, dass er an einer strafbaren Handlung teilnimmt, was wiederum strafbar ist. Glaub ich zumindest.

    Aber, wie gesagt, jegliche Diskussion darüber ist müssig, da nichts zu beweisen ist. Es sei denn ein Sachbearbeiter zitiert in einem Schreiben aus unserem E-Brief. 8o Dann wirds :t_teufelboese: .

    Wirklich sicher ist es übrigens auch nicht die Briefe an den MDK zu schicken, da die Gutachter diese Briefe dann einfach mit zu den Fallbesprechungen mitnehmen, welche in den Häusern der KKn stattfinden. Und wenn man sich die Paläste ansieht, in denen einigen KKn hasuen, kann ich das durchaus nachvollziehen. :biggrin: (Keine Aufregung war nur ein Witz!).

    Gruß
    papiertiger

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