Zwei mögl. Hauptdiagnosen?, welche nehmen?

  • Guten Tag Zusammen,

    eine junge Frau wird mit Bauchschmerzen aufgenommen,Miktion unauffällig, mäßiger Druckschmerz sonst weiches Abdomen, V.A. Appendizitis. Bei Aufnahme jedoch auch Nachweis eines Harnwegsinfekts.

    Behandlung mit Cotrim danach Beschwerdebesserung,parenterale Volumensubstitution und Kostaufbau.

    Die Verdachtsdiagnose Appendizitis kann als HD kodiert werden (E nach Hause). Doch könnte es doch auch der HWI sein, der sicher bestand....

    Der Effekt wäre eine Verdoppelung des Erlöses mit HWI. Nun zu der Frage:

    Trifft hier die HD Definition zu \"..wenn 2 oder mehrere Diagnosen in Bezug zur Aufnahme,Untersuchungsbefunden,Therapie gleichermaßen die Kriterien zur HD erfüllen, muss vom behandelnden Arzt entschieden werden,welche am Besten der HD entspricht...\"

    oder aber die Verdachtsdiagnosen Definition?

    Vielen Dank
    Wolfgang Miller

  • Schönen guten Tag Herr Miller,

    nach meiner Auffassung haben Sie hier keine Wahl: Die Hauptdiagnose ist der Harnwegsinfekt.

    Eine Verdachtsdiagnose darf nur dann verschlüsselt werden, wenn der Verdacht bis zur Entlassung nicht ausgeräumt ist und eine entsprechende (spezifische) Behandlung stattfand. Meines Wissens ist die Behandlung einer Appendizitis mit CoTrim eher unüblich und Nahrungskarenz, Infusionstherapie und Kostaufbau keine spezifische Behandlung der Appendizitis.

    Schließlich ist auch klinisch der Harnwegsinfekt die wahrscheinliche Ursache der Beschwerden und da dieser spezifisch behandelt wurde auch als Hauptdiagnose zu verschlüsseln.

    Hätte der Harnwegsinfekt nicht bestanden, wäre ebenfalls nicht die Appendizitis zu verschlüsseln gewesen, denn sie wurde nicht behandelt und letztlich ist sie aufgrund des Verlaufes auch unwahrscheinlich (Verdacht nicht bestätigt). Es bliebe dann nur noch das Symptom Bauchschmerzen (R10)(Sie haben auch nur symptomatisch behandelt). Möchten Sie tatsächlich einmal eine Appendizits abweichend vom Gold-Standard (der meines Wissens immer noch die OP ist) konservativ behandeln (und verschlüsseln), dann wäre meines Erachtens zu fordern, dass Sie einen sonographischen Nachweis der Appendizitis erbringen und eine Velaufskontrolle durchführen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Hr. Schaffert,

    vielen Dank für die ausführliche und schnelle Antwort die meine persönliche Tendenz bestätigt. :biggrin:

    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang Miller

  • Guten Morgen Hr. Schaffert, guten Morgen Zusammen,

    leider beharrt der MDK weiter auf die Appendizitis als HD und begründet dies mit der konservativen Therapie (Kostaufbau,Infusionstherapie), die bei einem Harnwegsinfekt nicht üblich sei. Zudem wird hervorgehoben, dass es sich um ein nicht fachärztliches Widerspruchschreiben handeln würde.....

    Dass sich der Verdacht nicht bestätigt hat, dass nach der Therapie mit Cotrim die Beschwerden weg waren wird nicht berücksichtigt. Eine Verdachtsdiagn., die sich nicht bestätigt hat und ausgeschlossen ist, kann nie und nimmer die HD sein! Den Hinweis auf das nicht fachärztliche Widerspruchsschrieben halte ich ebenfalls für ungerechtfertig, da es sich hier um eine Frage der Kodierregeln handelt und meines Wissens gibt es dafür auch keine Grundlage oder liege ich hier völlig falsch?

    Mit freundlichen Grüßen
    W.Miller

  • Hallo Herr Miller,
    da fallen mir spontan zwei Sachen zu ein:

    a) das Gutachten aufheben, denn die Ausssage, dass Kostaufbau und Infusionstherapie als spezifische Behandlung der Appendizitis anzusehen sind, dürfte in der Folge viel Geld wert sein :lach:

    b) welcher Facharzt hat denn den Widerspruch geschrieben? Chirurg oder Urologe? Hier geht es ja um interdisziplinäre Probleme. habe ich im übrigen noch nie gehört, dass ein \"fachfremder Widerspruch\" nicht anerkannt wird, weil er fachfremd ist.

    Mein persönliches Vorgehen wäre folgendes.
    Kasse anrufen, die sollen das mit ihrem Beratungsarzt klären, ob die wirklich auf dieer Basis einen Sozialgerichtsprozess riskieren wollen und wenn die auch wollen, dann klagen. Mit dem datenschutz gibt es m.E. da kein Problem, da Sie ja nur auf die Inhalte des Gutachtens Bezug nehmen und das liegt ja der KK vor.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    es ist eigentlich schon alles gesagt.
    Die HD wird nach Analyse festgelegt, am Ende des stationären Aufenthaltes. Wenn diese Analyse erbrachte, dass die anfängliche Verdachtsdiagnose der Appendizitis ausgeschlossen wurde und der ebenfalls bestehende Harnwegsinfekt die Beschwerden hervorgerufen hat, ist dieser HD. Das ist kodiertechnisch überhaupt nicht angreifbar.
    Wenn dies alles so aus den Unterlagen ableitbar ist, wird ihnen die schriftliche Erwiderung im oben aufgeführten Sinne auch gerne ein Facharzt in Ihrem Haus unterschreiben.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo!

    1. Die spezifische Behandlung (die u.a. erforderlich wäre, um diese überhaupt kodieren zu dürfen) einer Appendizitis ist m.E. immernoch die operative Therapie. Das sage ich als Chirurg und würde es allerdings auch Kollegen anderer Fachrichtungen zutrauen, dieses zu wissen. Üblich ist es natürlich, Nahrungskarenz und ähnliches anzuordnen, solange eine Appendizitis noch nicht definitiv ausgeschlossen ist. Deswegen wird sie noch lange nicht zur HD, das ist keine spezifische Therapie.

    2. Wie wahrscheinlich wäre es denn, dass eine Appendizitis unter konservativer Therapie wirklich zurückgegangen wäre? Insofern wird man m.E. die Appendizitis als Ausschlussdiagnose ansehen können - und damit nicht kodieren können .Wie Herr Schaffert schon sagte, dann wären Bauschmerzen, Gastroenteritis o.ä. zu kodieren. Was steht denn im E-Bericht? Gar Ausschluss Appendizitis? Oder steht dort etwas als Entlasungsdiagnose V.a. Appendizitis? Wovon waren denn die behandelnden (Fach)-ärzte ausgegangen?

    Den Hinweis auf das fachärztliche Widerpsruchssschreiben halte ich für wenig hilfreich, auch wenn es hier um eine Mischfrage zwischen Kodierrichtlinien und medizinischem Inhalt geht.

    Aber der Kollege des MDK ist ja sicher Facharzt im gleichen Gebiet und begutachtet auch nur entsprechende Fälle seinen Gebietes? Wenn man sich auf dieses Niveau herunterläßt, können Sie Ihn (als ausgewiesenen Fachmann) ja einmal freundlich um die Studienlage zur konservativen Therapie der Appendizitis bitten.

    Ach und noch etwas: eine konservative Therapie einer Appendizits mit nachfolgenden Komplikationen würde Ihnen jeder (ob chirurgisch oder nicht) Gutachter (auch des MDK) als groben Kunstfehler werten...

    Also, wenn Sie wollen lassen Sie Ihren Widerspruch vom chirurgischen Chef unterschreiben, dann sind alle glücklich, versuchen Sie eine Klärung mit der Kasse, sonst würde ich hier großzügig den weiteren Instanzenweg beschreiten.

    Gruß, J.Helling

    PS: zuviel geschrieben....da waren andere schneller :biggrin:

  • Zitat


    Original von E_Horndasch:

    a) das Gutachten aufheben, denn die Ausssage, dass Kostaufbau und Infusionstherapie als spezifische Behandlung der Appendizitis anzusehen sind, dürfte in der Folge viel Geld wert sein :lach:

    Wer weiß, dieser MDK-Arzt verfügt anscheinend über die hohe Kunst, eine akute Appendizitis mit alleiniger \"Infusionsbehandlung\" heilen zu können.
    Nur zu schade, dass er keine Patienten mehr behandelt. Warum eigentlich nicht? :totlach:


    Gruß
    Ordu

  • Hallo,

    wenn dieser \"Gutachter\" noch Patienten betreuen würde, wäre das sicher traurig.
    So haben andere wenigstens noch einen Lachfaktor, wenn dieser gute Herr (oder Dame)? auch machen Kontroller die Nackenhaare sträuben lässt. Vieleicht sollte er sich mal am kodieren versuchen... . Weitere Erheiterung nicht ausgeschlossen.

    Mit frdl. Grüßen
    [c=blue]Mikka[/c]

    :d_zwinker:
    Das Leben ist die Suche des Nichts aus dem Etwas.
    (Chr. Morgenstern)

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,

    Zitat


    Original von Miller:
    …leider beharrt der MDK weiter auf die Appendizitis als HD und begründet dies mit der konservativen Therapie …


    „Gleichwohl ist rechtlich in der Regel der Schluß, den der Sachverständige aus seinem Gutachten zieht, ein Werturteil und nicht Behauptung einer Tatsache “
    BGH VI ZR 140/98


    Zitat


    Original von Miller:
    Zudem wird hervorgehoben, dass es sich um ein nicht fachärztliches Widerspruchschreiben handeln würde.....


    Sie haben sicherlich den von einem Facharzt unterschriebenen Entlassungsbrief, wo Diagnose, Therapie und Verlauf dokumentiert sind.


    Kommentar:


    Und wieder reitet ein Gutachter auf seinem hohen Ross über das „Gutachter-Schlachtfeld“, duckt sich hinter dem Schutzschild der MDK- Gemeinschaft und kommentiert von oben herab.
    Er hat keine Zweifel, nichts kann ihn aus dem Sattel werfen.


    „Mehr Schein als Sein“, sagt der Volksmund.


    Gruß

    Eberhard Rembs

  • Hallo Zusammen,

    ich habe unserem Chirurgen von der konservativen Therapie der Appendizitis erzählt, er würde diesen Arzt gerne kennenlernen und dessen Methode.
    Man sollte sich Fragen warum hat den noch niemand auf einem Kongress gesehen oder noch besser gehört. :a_augenruppel:

    Zum \"nicht fachärztlichen Gutachten\" wäre noch zu sagen vor dem Sozialgericht ist es wie auf hoher See man muß schwimmen können und ob da ein fachärztliches Gutachten hilft? :d_gutefrage:

    8) Stefan Schulz, Med. Controlling