Nebendiagnose G82.01 oder G82.09

  • Hallo Forum,

    die Aufnahme eines 28-jährigen Patienten erfolgte aufgrund einer akut aufgetretenen proximalen Paraparese Kraftgad III.
    Wir diagnostizierten eine Alkohol-Polyneuropathie, G62.1.
    Aufgrund der Paraparese erfolgte eine Liquordiagnostik zum Ausschluss eines GBS. Hier ist meiner Meinung nach die Nebendiagnose

    -G82.01 Schlaffe Paraparese und Paraplegie: akute inkomplette Querschnitslähmung nichttraumatischer Genese

    zu kodieren. Diese Nebendiagnose führt in die DRG B61Z akute Erkrankungen und Verletzungen des Rückenmarks.

    Der MDK ist nun der Auffassung, dass statt der G82.01 hier die

    -G82.09 Schlaffe Paraparese und Paraplegie: Nicht näher bezeichnet

    zu kodieren sei.
    Begründung: Es handelt sich nicht um eine \"Querschnittslähmung\" sondern um eine Nervenschädigung bei Polyneuropathie und es handele sich eindeutig nicht um eine Rückenmarksschädigung mit zentraler Querschnittssymptomatik (Text der DRG B61Z). Bei Kodierung der G82.09 wird die DRG B71B Erkrankungen an Hirnnerven und peripheren Nerven angesteuert.
    Von der DRG-Bezeichnung her hat der MDK m.E. Recht. Der Kode G82.01 ist jedoch spezifischer und sollte deshalb hier verwendet werden, unabhängig davon, welche DRG dann resultiert.
    Wie ist hierzu die Meinung des Forums?

  • Hallo Stephan,
    meine Meinung ist, dass G82.09 nur dann verwendet werden soll, wenn die Erkrankung tatsächlich nicht näher bezeichnet ist, weil man sich gar nicht näher damit befasst hat. das ist aber in Ihrem Fall nicht der Fall. Insofern wäre für mich G82.01 auf jeden Fall spezifischer als G82.09.
    Oder sehen das die Neurologen anders?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Forum,
    Hallo E_Horndasch und Stephan,

    in diesem Fall ist eindeutig die G82.09 korrekt, da es sich hier um eine zerebrale Ursache handelt und wenn man sich mal die Beschreibung bei DIMDI anschaut dann heisst es dort


    Der ICD G82.09 heisst also nicht nur \"nicht näher bezeichnet, sondern auch \"Zerebrale Ursache\"

    MFG

    Mr. Freundlich

  • Hallo zusammen,

    wir hatten auch gerade diese Diskussion und haben bei zerebraler Ursache die G82.09 akzeptiert.

    In diesem Fall wird jedoch eine Polyneuropathie als Ursache geschildert, und die ist peripher, nicht zentral, daher kann die G82.09 hier nicht greifen. Das Bedürfnis des MDK, retrograd zu argumentieren, also aus dem Text der DRG die Codierung herzuleiten, ist obsolet, es funktioniert genau andersherum. Aus der korrekten Codierung leitet sich die abzurechnende DRG ab, ob die einem nun gefällt oder nicht.

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Guten Tag Mr. Freundlich, wie konmmen Sie denn darauf dass es sich bei dem GBS um eine zerebrale Erkrankung handelt?

    Das ist

    Zitat


    Original von Mr. Freundlich:
    eindeutig

    -er und zudem grober Unfug. Im genannten Fall handelt es sich um eine akute Lähmung nichttraumatischer Genese.

    Trotzdem ist es nicht ganz einfach. Schließlich handelt es sich bei der \"Querschnittlähmung\" definitionsgemäß um eine Rückenmarksschädigung (zentrales Nervensystem), die beim GBS betroffenen Vorderwurzeln werden aber funktional dem Peripheren Nervensystem zugerechnet. Danach wäre gemäß der Erläuterung in der ICD: \"Diese Kategorie dient zur Verschlüsselung von Paresen und Plegien bei Querschnittlähmungen oder Hirnerkrankungen...\" gar kein Code aus G82.- anzuwenden.

    Wenn man jedoch argumentiert, dass zwar nicht anatomisch, aber klinisch ein Querschnittssyndrom vorgelegen hat (wie es beim GBS häufig vorkommt) so ist je nach Ausprägung G82.00 bzw. .01 zu kodieren, in keinem Fall aber .09.

    Stephan, fragen Sie doch mal das DIMDI.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Hallo, Stephan!

    Das ist eine der typischen kniffligen Situationen, die aus der \"Logik\" der Systematik entstehen.

    Zunächst einmal hat der MDK medizinisch Recht. Eine Querschnittslähmung ist anhand einer Rückenmarksschädigung definitiert. Da eine Alkohol-Polyneuropathie vorliegt, dann man bei einer schlaffen Paraparese wirklich nur den G82.09 nehmen, da der -.01 - Kode die Situation zwar spezifischer beschreibt, jedoch nicht vollständig korrekt darstellt, da ja keine Querschnittslähmung vorliegt, sondern eine Schwäche aufgrund der Polyneuropathie.

    Bei der Kodierung würde ich aufpassen. Es gilt hier nicht die spezielle DKR 0603d, da ja keine Rückenmarkschädigung vorliegt.

    Nach der Regel akut vor chronisch würde ich die G82.09 als HD vorschlagen und die G62.1 als Nebendiagnose. Damit müsste man in die DRG B60A kommen.

    Dafür muss natürlich auch primär die Parese behandelt werden und nicht die Polyneuropathie. Wird beides behandelt, entscheidet der Arzt und der höhere Ressourcenverbrauch.

    Wenn der MDK jetzt meckert, kann man sich genau darauf berufen, was sie bemängeln. Nämlich die Tatsache, dass keine Rückenmarksschädigung vorliegt.

    Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.

    Lg KODI79 :sonne: konnte ein wenig helfen.

    Mit den besten Wünschen,
    KODI79
    ________________________________________

    Medizinischer Fachberater und Gutachter
    Klinische Kodierfachkraft und Krankenpfleger

    - MDK-Management und Rechnungsprüfung -

  • Guten Morgen,
    nun muss ich aber doch noch mal nachhaken:
    entweder ich sage: Querschnittlähmung hat nix mit GBS zu tun, da das eine zentral und das andere nur die Vorderwurzeln betrifft, dann darf ich aus der Logik heraus überhaupt keinen Kode aus der G82.-Reihe benutzen. Denn denen ist allen die Querschnittlähmung gemein.

    Wenn ich der Meinung bin, dass ein Kode aus G82.- angebracht wäre, dann so spezifisch wie möglich. Und das wäre dann der G82.01. Einen Kode für sonstige (z.B. G82.08 wie bei anderen Beispielen gibt es ja hier nicht).

    Oder habe ich einen Knoten in meinen Gedankengängen?

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo!

    Ich habe nochmal nachgedacht. Also:

    Ich glaube, wir müssen erstmal festlegen, was zum Krankheitsbild einer Alkohol - Polyneuropathie gehört:

    Polyneuropathien sind Erkrankungen des peripheren Nervensystems (PNS).

    Häufigste Ursachen sind ein fortgeschrittener Diabetes mellitus, Alkoholismus und eine schwere Nierenfunktionsstörung (Urämie). Seltener ist eine Polyneuropathie angeboren oder sind Infektionen, Vitaminmangel und Umweltgifte der Grund. Alle diese Ursachen führen zur Zerstörung peripherer Nerven, wenngleich auf unterschiedliche Weise. Bei Diabetes werden die Nerven durch Makro- bzw. Mikroangiopathie geschädigt; das bedeutet, die Blut versorgenden Gefäße werden zerstört und der Nerv ist unterversorgt; er geht zugrunde.

    <h4>Bei der Alkohol-Polyneuropathie wird dagegen das Rückenmark geschädigt und dadurch die Reizleitung der peripheren Nerven gestört.</h4>

    Da man nun aber wahrscheinlich nicht sagen können wird, wo die Rückenmarksschädigung liegt, muss man den .09 - Code verwenden.

    Viele denken Polyneuropathie ist gleich Polyneuropathie und betrifft nicht das Rückenmark. Der Alkohol macht hier eine Ausnahme.

    Liebe Grüße
    KODI79 :sonne:

    Mit den besten Wünschen,
    KODI79
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