Guten Abend,
das ist ja echt ein Ding (der Unmöglichkeit).
Erstens hoffe ich für das Kind, dass der Bilirubinwert 19,0 (in Worten neunzehn komma null) war - ansonsten hat das Kind mindestens einen irreparablen Hirnschaden (Kernikterus) oder ist sogar tot. Ich gehe mal von einem Vertipper aus.
Aus meiner fachärztlich-pädiatrischen Sicht ist die Indikationsstellung zur Phototherapie korrekt. Um es besser beurteilen zu können wären noch folgende Informationen hilfreich:
- welche Zeit ist seit Geburt vergangen (je kürzer, desto schlechter)
- wie schnell war der Anstieg (je schneller, desto schlechter)
- Infektion? Blutgruppenimkompatibilität oder Konstellation dafür (wenn ja, schlecht)?
- Kind frühgeboren (je früher geboren, desto schlechter)?
Unbesehen dessen:
Die oben genannte Leitlinie ist diesbezüglich strikt und eindeutig
Alter [h] Bilirubingrenzwerte
Photo Photo * Austauschtransfusion
25-48 >= 15 >= 20 >= 25
49-72 >= 18 >= 25 >= 30
>= 72 >= 20 >= 25 >= 30
* Erst 4-6 Stunden (sic!!!!) Phototherapie, anschließend wenn Bili nicht um 1-2 mg/dL gesunken Austauschtransfusion.
Eine hier klinisch beobachtete Trinkunlust wirkt verschlechternd auf die Hyperbilirubinämie: Volumenmangel führt zu einem Anstieg der Bilirubinkonzentration.
Selbstverständlich können die Kolleginnen und Kollegen (IRONIE AN) das Kind per Waterboarding zum Trinken zwingen (IRONIE AUS).
Nur zur Verdeutlichung nochmals im Klartext: Eine nicht behandelte Hyperbilirubinämie kann insbesondere bei den vorliegenden Werten zu einem Kernikterus mit einer irreversiblen schwersten Schädigung des Gehirns führen. Daran können Sie später mit nicht und niemand eine Korrektur oder Besserung vornehmen (inklusive DMP ;-).
In Anbetracht dessen würde ich dem Gutachter unter Verweis auf die Leitlinie freundlich aber bestimmt nahe legen sein Gutachten zu verwerfen.
Ist das Kind <72 Stunden alt, steigt der Bilirubin schnell an und sind andere o.g. mgl. Kofaktoren anwesend ist die Phototherapie absolut indiziert.
Bringen auch diese Erwägungen den Gutachter nicht zur medizinischen Vernunft ist m. E. die Zeit für schweres Geschütz gekommen. Der MDK mag seinem medizinischen Gewissen allein unterworfen sein (sofern man daran glaubt). Würde der Gutachter nach seinem Gutachten als Pädiater handeln wäre dies ein Fall für den Staatsanwalt. Und nach den vorliegenden Informationen sind die Chancen sehr schlecht ein solches Strafverfahren zu überstehen.
Verzeihen Sie bitte die Emotionalität - es gibt rote Linien bei aller Gier nach Mehrerlös (Kliniken) und Mindererlös (Krankenkassen), die nicht überschritten werden dürfen. Eine solche rote Linie ist hier klar gegeben.
Abschließend: die Wahrscheinlichkeit, dass die Phototherapie das Kind in seinem Zustand deutlich gebessert hat verhält sich zur Richtigkeit des MDK-Gutachtens 1,0E23 zur 1.
Ich stimme leider (!) der Meinung nicht zu, dass der MDK nicht über die Indikation befinden darf. Das steht zwar explizit nirgends, ist aber vielen Bestimmungen des SGB V und der daraus folgenden Rechtsvorschriften implizit. An der Falschheit des Gutachtens ändert diese zumeist sehr betrübliche Erkenntnis nichts.
Mit betrübten, aber dennoch guten Wünschen für das Wochenende und die neue Woche