Neues vom BSG / LSG

  • Schönen guten Tag allerseits,

    am 08.09.2009 hat der erste Senat des BSG zwei interessante Urteile gefällt.

    In dem Urteil mit dem AZ B 1 KR 8/09 R ging es um die Verzinsung von Rückzahlungsansprüchen, die eine Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus hat. Im Landesvertrag war nur der Verzugszinssatz für Ansprüche des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse mit 2% über dem Basiszinssazt festgelegt. Das Krankenhaus wollte im Umkehrschluss auch nur diesen Zinssatz erstatten, die Krankenkasse forderte den Zinssatz nach dem BGB von 8% über dem Basiszinssatz. Das BSG stellt nun fest, dass der im Landesvertrag festgelegte Zinssatz auch für die Ansprüche der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus gelten.

    Noch interessanter und in seinen Auswirkungen möglicherweise problematisch ist das Urteil AZ B 1 KR 11/09 R. Hier geht es um die Frage, ob das Krankenhaus seine \"Schlussrechnung\" nachträglich (nach Jahren) korrigieren darf. Obwohl die Rechnungskorrektur inhaltlich korrekt war, weil in einem vergleichbaren Abrechnungsfall das BSG entschieden hatte, dass zwei Sonderentgelte abzurechnen seien, ist eine nachträgliche Änderung der (nicht eingeklagten und nicht unter Vorbehalt gestellten) Abrechnung des jetzt klagenden Krankenhauses durch \"treu und glauben\" ausgeschlossen.

    Pressevorberichte: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechts…m=2009&nr=11124

    Terminberichte: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechts…m=2009&nr=11133

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Einen schönen guten Morgen,

    endlich kann sich auch die KK-Seite nach einer gewissen Zeit auf Rechtssicherheit bei einer KH-Abrechnung einstellen. Da wurde es aber auch allerhöchste Zeit!

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Hallo Forum,

    schön, daß \"Treu und Glauben\" hier Einzug finden. Wenn dem so wäre, könnten sich ja vielleicht auch die Krankenhäuser über die genannte Frist von zwei Jahren freuen, wären damit doch die Altfälle vor dem 1.4.2007, die nun insbesondere bei einer Kasse plötzlich akut werden, vom Tisch. Der Urteilstext bleibt abzuwarten.

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Guten Tag,


    Zitat


    Original von Michael Bauer:
    endlich kann sich auch die KK-Seite nach einer gewissen Zeit auf Rechtssicherheit bei einer KH-Abrechnung einstellen. Da wurde es aber auch allerhöchste Zeit!

    Ich erlaube mir den Hinweis, dass 2 große Kassen derzeit in Serie Fälle aus den Jahren 2005 folgende aufmachen (siehe auch hier). Wir gehen üblicherweise nicht derart weit zurück.

    Hier im Forum schon erwähnt (z.B. hier), geht eine dieser Kassen noch weiter und fordert den Verzicht auf die Einrede der Vejährung für Fälle aus 2004.

    Alte Fälle anzufassen, ist immer schwierig. Gleichwohl haben wir eine 4-jährige Verjährungsfrist, die der KH Seite in der Vergangenheit immer dann entgegenhalten wurde, wenn wir auf die Karte \"zeitnahe Prüfung\" geseetzt haben.

    Und selbstverständlich reagiere ich auf Forderungen der Kassen gegen Fälle aus 2005 mit einer Prüfung der Dinge, die noch zu Gunsten des KH gewertet werden könnten.

    Ob die Inhalte des Urteils aus der Welt der BPflV und FP tatsächlich auf die DRGs zu übertragen sind, bleibt zudem äußerst fraglich.

    Gruß

    Merguet

  • Hallo Zusammen,

    meine beiden Vorredner haben natürlich recht, dass es sowohl auf seiten der Krankenhäuser als auch auf seiten der Krankenkasse, jeweils solche gibt, die unverhältnismäßig lange in die Vergangenheit zurückgehen und dabei auch böses Blut unter all denjenigen streuen, die eigentlich nur vernünftig arbeiten wollen und ein vernünftiges Miteinander vorziehen.

    Falls daher in meinem ersten Beitrag ein bisschen Schadenfreude durchschimmerte, entschuldige ich mich ausdrücklich dafür! Ich finde es nur für niemanden schön und lustig, plötzlich noch vier Jahre alte Unterlagen und Vorschriften wälzen zu müssen.

    Wenn wir jetzt noch die teilweise langen Begutachtungszeiten in den Griff kriegen, sind wir auf dem Weg zur zeitnahen und qualitativ sicherlich besseren Begutachtung.

    Herzliche Grüße

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Schönen guten Tag allerseits, insbesondere Herr Bauer,

    sie haben Recht: Keiner möchte gerne mit Nachzahlungen aus längst vergangenen Jahren behelligt werden (wiewohl sich der Staat bei Steuern und auch die Beitragseinzieher der Sozialversicherung genau dies selbst herausnehmen).

    Was ich an dem Urteil problematisch finde, ist zum Einen der Bezug auf den sehr unbstimmten Rechtsbegriff \"Treu und Glauben\". Wann grieft denn \"Treu und Glauben\" ? Doch sicher nicht, wenn ich noch innerhalb der Zahlungsfrist einen Rechnungsfehler feststelle ? und danach ? Fragen über Fragen.

    Zum Anderen hebelt dieses Urteil doch die Verjährung vollständig aus. Wann bitte greift denn noch die Verjährung ? Um meine Ansprüche zu wahren müsste ich jetzt immer das maximal denkbare Abrechnen, es könnte ja irgendwann ein Urteil kommen, dass mit REcht gibt. Das kann doch auch nicht Sinn der Sache sein.

    Diese Rechtsfrage ist auch noch in anderen Verfahren anhängig, Beispielsweise auch beim 3. Senat (Siehe http://www.bsg.bund.de/cln_092/nn_138…pdf/Senat_3.pdf). Vielleicht dürfen wir hier wieder einmal die Anrufung des Großen Senats erleben.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Einen schönen guten Tag auch Ihnen Herr Schaffert,

    der Gedanke, den das Gericht hier aufgreift ist für mich schon nachvollziehbar. Wenn der Fall mal abgeschlossen und abgerechnet und in der Schublade ist, dann soll er - nach Ablauf einer gewissen Zeit - auch da drin bleiben und nicht noch mal neu aufgerollt werden.

    Derselbe Gedanke ist ja schon bei dem BSG-Urteil zum Thema \"zeitnahe Begutachtung\" deutlich geworden, dass man sich nach einer gewissen Zeit nicht mehr darauf einstellen muss, dass in dem bestimmten Fall noch was nach kommt.

    Die Verjährung greift eher dann, wenn eine Rechnung noch nicht gestellt wurde. Solange der Fall nicht endabgerechnet ist, kann ich mich als Krankenkasse nicht auf \"Treu und Glauben\" verlassen, da ich ja geradezu damit rechnen muss, dass der Fall noch abgerechnet wird. Die Grenze dafür ist dann die jeweilige Verjährungsfrist.

    Dass die ganze Angelegenheit recht komplex und nicht im Sinne einer plausiblen, rechtssicheren Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sorgt, ist wohl unstrittig.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Schönen guten Tag allerseits,

    nach den Klitschkos beschäftigt nun auch ein gewisser D. Bohlen das BSG:

    Zitat

    Terminvorschau Nr. 55/09

    Die Klägerin produziert und strahlt seit 2002 die Fernsehshow \"Deutschland sucht den Superstar\" (DSDS) aus.
    [...]
    Bei den hier streitbefangenen Sendestaffeln war die Jury mit dem Musikproduzenten D. Bohlen, der Musikjournalistin S. Fraser, dem Musikmanager T. Stein und dem Musikmoderator T. Bug besetzt. Die Klägerin hatte mit den Juroren ähnlich lautende Verträge abgeschlossen und dabei festgelegt, dass die Vertragspartner \"als Mitglied einer vierköpfigen, gleichberechtigten Jury\" engagiert werden und \"eigenschöpferische, höchstpersönliche Leistungen\" erbringen sollten. Für ihre Tätigkeit erhielten sie zwischen 2001 und 2005 ein Gesamthonorar von rund 4 Mio € bei Einzelhonoraren von 60.000 € bis zu 1.200.000 € pro Person und Staffel.

    [...]

    Es werde vorrangig Expertenwissen eingebracht; die daneben insbesondere von dem Jurymitglied D. Bohlen gelegentlich abgegebenen unterhaltsamen Bewertungen hätten nur untergeordneten Charakter. Die Juroren selbst sähen sich ebenfalls nicht als Künstler.
    [...]

  • Hallo - ich brauche sofort starke und wahrscheinlich sogar auch mehrere Antiemetika.

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)

  • Hallo - besonders Herr Schaffert -

    Die Jurymitglieder von \"Deutschland sucht den Superstar\" treten in der Show als Künstler auf - das hat das Bundessozialgericht in einem Urteil entschieden. Demnach gelten auch die Wortbeiträge von Pöbel-Juror Dieter Bohlen (\"Du guckst wie beim Kacken\") als Kunst. Für den Haussender RTL wird der Richterspruch teuer. (SPIEGEL-online)

    Es lebte der Rechtsstaat!

    „Quod non in actis est, non est in mundo.“ (Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt)