DRG-Abrechnungsprüfung für Private

  • Liebe Kollegen,

    die rechtlichen Grundlagen beim Umgang mit der GKV sind mir nun leidlich bekannt. Sobald es sich aber um (voll-) private Patienten und deren Kassen handelt, muß ich immer wieder Lücken feststellen. Leider finde ich hierzu auch nur sehr wenig Literatur. Unter DRG-Bedingungen scheinen sich nun auch mehr und mehr private Kassen für die Abrechnungsmodalitäten zu interessieren.

    Daher ergeben sich für mich beispielsweise folgende Fragen:

    1. Wer ist eigentlich unser Vertragspartner?
    Meines Wissens ist es der Patient. Er ist damit Rechnungsempfänger und zur Zahlung verpflichtet. Sofern er privat versichert ist, leitet er die Rechnung an die Kasse weiterleiten und bekommt sie erstattet, je nach Inhalt des Vertrags.

    Wenn dem so ist, müsste der Patient sich bei Beanstandungen (z. B. Nebendiagnosen, korrekte Hauptdiagnose) an uns wenden und diese klären. Daß ihm hierzu oft die Kompetenz fehlt, ist klar. Nun wenden sich zunehmend die Privatkassen an uns und wollen die Codierung prüfen. Kann der Patient sein Rechtsverhältnis sozusagen an die Kasse „abtreteten“, so daß sie unser Ansprechpartner wird? Muß die Kasse uns gegenüber dieses nachweisen?

    2. Rechte und Pflichten aus der Pflegesatzvereinbarung
    Bei den Verhandlungen sitzen die Privaten meines Wissens virtuell mit am Tisch. Bedeutet dies, daß die Inhalte der Pflegesatzvereinbarung auch für sie gelten? Daß z. B. die Pflegesätze für allgemeine Krankenhausleistungen für alle Patienten gleich sein müssen, ergibt sich bereits aus § 14 (1) BPflV. Die konkrete Frage ist: Wenn in der Pflegesatzvereinbarung eine Zahlungsfrist von z. B. 15 Kalendertagen vereinbart wurde, ist dieses dann auch für Private (Patienten und ggf. Kassen, s. o.) verbindlich?

    Wer erhält nach 15 Tagen (ggf.) die Mahnung? Uns hat nun einen private Kasse mitgeteilt, sie würde bis zur erledigten Prüfung der eingereichten Rechnung die Bezahlung zurückstellen. Da ich im vorliegenden Fall nirgends finden kann, daß die Kasse nun Vertragspartner ist, müsste der Patient die Mahnung bekommen und sich mit der Kassen auseinandersetzen. Ist dies richtig? Damit würde der Patient von Krankenhaus und Kasse in die Zwickmühle genommen.

    Vielleich kann mir ja jemand mit ein paar fundierten Auskünften oder Literaturhinweisen weiterhelfen.

    Vielen Dank,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo Herr Dr. Blaschke,

    zu 1.:
    Vertragspartner ist theoretisch erst einmal der Patient. Jedoch kann sich etwas anderes ergeben, wenn das Krankenhaus einen Klinik-Card Vertrag mit den privaten Versicherern abgeschlossen hat, der eine direkte Abrechnung mit dem Versicherer ermöglicht. Hier müsste man sehr genau den entsprechenden Vertrag prüfen, welche Rechte und Pflichten damit an die Versicherung abgetreten worden sind.

    zu 2.:
    Das Pflegesatzverfahren ist in § 18 KHG geregelt. Dort steht unter anderem (§ 18, Abs. 1 S. 3 f KHG) \"Die Pflegesatzvereinbarung bedarf der Zustimmung der Landesverbände der Krankenkassen und des Landesausschusses des Verbandes der privaten Krankenversicherung. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Mehrheit der Beteiligten nach Satz 3 der Vereinbarung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Vertragsschluss widerspricht\". Daher gehe ich davon aus, dass die Pflegesatzvereinbarung auch gegenüber PKV und Selbstzahlern gilt.

    MfG
    A. Regorz

    Arndt Regorz

    Regorz Consulting GmbH
    Neue Grottkauer Str. 3
    12619 Berlin

  • Guten Morgen,
    m.E. besteht das Vertragsverhältnis zwischen dem Krankenhaus und dem Pat.
    Das Krankenhaus kann dem Pat. anbieten die Begleichung der Krankenhausrechnung direkt mit dessen Versicherung abzuwickeln.
    Ändert aber m.E. nichts am Vertragsverhältnis zwischen Krankenhaus und Pat.
    Daraus folgt:
    Wenn die Versicherung des Pat. die Begleichung der Krankenhausrechnung nicht vornimmt (aus welchen Gründen auch immer) muß sich das Krankenhaus an den Pat. halten.

    Interessant bei dieser Frage ist:
    Regelung der Zahlungsmodalitäten aus der Budgetvereinbarung. Diese wurden zwischen den Versicherungen und dem Krankenhaus vereinbart. Die Regelungen können nicht auf den Pat. übertragen werden (dieser hat die Vereinbarung nicht unterschrieben).
    Die Regelungen der Zahlungsmodalitäten sollten aus diesem Grunde im Aufnahmevertrag erfolgen (die der Pat. unterschreibt).

    Gruß
    :i_jonglieren:
    MiChu

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Guten Morgen,

    Es besteht durchaus ein Vertrag der Krankenhäuser mit den PKV bezgl. der Pflegesätze bzw. der DRGs auch bei vollständig privat versicherten Patienten.
    Dies gilt nicht für die Wahl(ärztlichen)-Leistungen, die individuell mit dem Patienten vertraglich geregelt werden (müssen). Daher unterschreibt der Patient ja auch für Wahlleistugen (Zimmer, Chefarzt) jeweils gesonderte Verträge.

    Die Grundlage der Behandlung (Pflegesatz oder DRG) ist aber vertraglich geregelt. Wie diese Regelung i.E. aussieht, ist mir nicht im Detail bekannt, Ihre Abrechnungsabteilung müsste hierzu die entsprechenden Informationen haben.

    (Läge eine solche Regelung nicht vor, müssten Sie auch bezüglich der Grundleistung einen patientenindividuellen Vertrag schließen, und eine Sicherstellung Ihrer Erlöse gelänge nur mit Hilfe von Vorauszahlungen, die der Patient leisten und dann von seiner PKV einfordern müsste, dies wird aber m.E. nirgends so gehandhabt)

    Gruß aus Essen :a_bowing:

    merguet

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ein komplexes Thema und eigentlich müssten hier mal richtige Juristen ran (wo sind sie bloß ? )

    Trotzdem werde ich mich, ein wenig geschult durch eine gerichtliche Auseinanderesetzung mit einer Privatkasse, mal daran versuchen.

    Der Behandlungsvertrag wird zwischen Patient und Krankenhaus geschlossen. Ein Dreiecksverhältnis wie bei den gesetzlichen Krankenkassen gibt es hier nicht, weil dieses auf dem Versorgungsvertrag nach §§ 108 und 109 SGB V beruht und das SGB V die privaten Kassen nicht berührt.

    Grundsätzlich gilt für das Verhältnis zwischen Privaten (Patienten und KK) sowie dem Krankenhaus das BGB, auch und gerade in Bezug auf die Zahlungsmodalitäten. Ob eine Regelung in der Pflegesatzvereinbarung auch für Private Kassen gilt, weiß ich nicht. Die Verträge nach § 112 SGB V gelten jedenfalls nicht (macht aber nichts, das BGB ist eine ganz gute Grundlage).

    Es gibt sehr wohl die Möglichkeit, Rechte und Pflichten aus einen Schuldverhältnis an Dritte abzutreten. Dies kann vermutlich im Rahmen eines Klinik-Card-Vertrages, der die Direktabrechnung der Krankenkasse mit dem Krankenhaus regelt, sicherlich aber auch im Nachhinein durch eine Vereinbarung zwischen Patient und Kasse geschehen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Liebe Kollegen,

    vielen Dank für die Rückmeldungen. Ich habe mittlerweile auch einige Telefonate geführt. Als Fazit läßt sich wohl sagen:

    Der Vertrag kommt zwischen Krankenhaus und Patient zustande. Eine Abtretung der Rechte ist möglich, aber nur mit Zustimmung des Krankenhauses. Dieses gilt beispielsweise bei den Klinik-Card-Verträgen. Ansonsten ist und bleibt der Patient Vertragspartner. Dies gilt offenbar auch für die Fälle, in denen die Rechung \"zur Vereinfachung\" direkt an die Kasse gegangen ist, ohne daß eine Abtretung vereinbart wurde. Stellt sich die Frage, welche Vereinfachung damit erreicht wird, denn (falls man es will): Mahnungsempfänger bleibt der Patient, ohne direkt eine Übersicht über den aktuellen Stand von Korrespondenz und Zahlungen zu besitzen.

    Sofern auf der Rechnung keine Zahlungsfrist angegeben ist, gilt wohl BGB mit 30 Tagen.

    Mir wurde als praktisch einzige, aber sehr gute Literatur zum Thema das Buch \"Der Behandlungsvertrag\" von Herrn Meister (ex-KGNW, jetzt DKG) genannt.

    Vielleicht gibt es noch andere Meinunsäußerungen zu diesem spannenden Thema. Ich kann gut verstehen, daß sich in dieses heikle Thema niemand so richtig verbeißen will, aber ich würde zumindest gerne die gültige Rechtslage kennenlernen.

    Viele Grüße,
    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo Forum, Hallo Herr Blaschke,

    ich verfolge die Diskussion mit großem Interesse.

    Hierzu:

    Zitat


    Original v. Blaschke:
    Sofern auf der Rechnung keine Zahlungsfrist angegeben ist, gilt wohl BGB mit 30 Tagen.

    sei noch folgendes allgemein angemerkt:

    Ist kein Fälligkeitszeitpunkt für die Leistung in einem Schuldverhältnis vereinbart oder an anderer Stelle (z.B. in einem Gesetz) definiert, so gilt nach dem BGB:

    Zitat


    BGB § 271 Leistungszeit
    (1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

    D.h. die Zahlung ist dann sofort fällig.

    für einen \"Dienstvertrag nach BGB\" ist die Fälligkeit z.B. wie folgt definiert:

    Zitat


    BGB § 614 Fälligkeit der Vergütung
    Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zuentrichten.

    Die von Ihnen angesprochene \"30 Tage Frist des BGB\" könnte sich auf den Eintritt des Verzuges beziehen, der im § 286 BGB definiert ist:

    Der § 286 BGB wurde im Zuge der Schuldrechtsreform wie oben zitiert neu gefaßt. Insbesondere sei in diesem Zusammenhang noch auf die Ausnahmen für Verbraucher hingewiesen.

    MfG,

    M. Ziebart

  • Hallo Forum,

    ein altes, aber noch aktuelles Thema ist hier gut dargestellt, aus neuem Anlass hätte ich hierzu eine Nachfrage:

    Wie sind die Regeln bei \"Verzug des Schuldners\", wenn die Leistung mehrfach bestritten wird? (zuerst die ICDs und dann hilfsweise beim nächsten Mal die OPS, ohne Nennung des Gutachters, versteht sich)

    Kann unter diesen Umständen eine Fristverlängerung oder Vermeidung von Verzugszinsen zugunsten von Privatpatienten oder private Krankenkassen erreicht werden, die bei GKV-Patienten per Landesvertrag und BSG ausgeschlossen ist oder gibt es hierzu noch weitere einschlägige Paragrafen im BGB und Urteile des BGH?

    Für weitere juristische Nachhilfe zum Thema \"Umgang mit PKV\" bedankt sich

    murx

  • Vielleicht interessiert Sie hier ja mal die Meinung aus Sicht der PKV:

    Grundsätzlich ist es richtig, dass alle Behandler ein Vertragsverhältnis nur mit dem Patienten haben. Abtretungen erfolgen nur in seltenen Ausnahmefällen, wie z. B. bei dem Klinik-Card-Verfahren. Soweit mir bekannt ist, sind die meisten Krankenhäuser diesem Verfahren angeschlossen. Und es wird auch schon seit vielen Jahren so praktiziert. Leider ist die Frage nach dem eigentlichen Vertragspartner erst aufgekommen seit dem es die Abrechnung nach DRG\'s gibt.

    Für die Versichterten ist dieses Verfahren natürlich das beste und einfachste, denn wer sieht sich schon in der Lage die Abrechnungen von Krankenhäusern zu prüfen? Das macht selbst mir nach 3 Jahren und vielen vielen Schulungen ab und an Probleme. Aber es liegt nicht in unserem und sicher auch nicht in Ihrem Interesse, dass sich Patienten nach langen Krankenhausaufenthalten noch mit Mahnungen und Rechnungskürzungen rumschlagen müssen. Von daher wird es bei uns immer so gehandhabt, dass wir versuchen alles direkt mit dem Krankenhaus zu klären.

    Aber nun noch etwas zur Allgemeinen Aufklärung:

    Private Versicherungen arbeiten mit vielen verschiedenen Ärzten zusammen und diese übernehmen auch bei DRG-Rechnungen die medizinische Prüfung. Mir ist nicht bekannt, dass ein Sachbearbeiter dies selbst tut (ich würde mir das zumindest nicht anmaßen). Eine namentliche Nennnung dieser Ärzte erfolgt nur daher nicht, da diese keine offiziellen Gutachten schreiben, sondern uns nur beratend zur Seite stehen. Daher gibt es auch keine Verpflichtung die Namen zu nennen. Da ich schon einige Versicherungen von Innen gesehen hab, weiß ich auch, dass dies nicht nur bei einigen Unternehmen so ist, sondern dass dies durchaus Standart ist. Oft möchten Ärzte einfach keine Herausgabe Ihres Namens, da die beratende Tätigkeit als \"Nebenjob\" läuft und es weder die Zeit, noch der eigene Praxisbetrieb erlaubt, dass dann ständig Rückfragen von Versicherten oder anderen Ärzten kommen.

    Ich hoffe ich konnte somit schonmal einige Fragen klären.

  • Hallo, AnikaS,

    Ihre Aufklärungsbemühungen bestätigen das Vorgehensweise, die die meisten in solchen Fällen schon erlebt haben.

    Nur: Wenn etwas in einer Branche üblich ist, bedeutet dies weder, dass es sich um eine professionelle noch dass es sich um eine zulässige Vorgehensweise handelt, wenn z.B. Begründungen für Zahlungsverzögerungen und Rechnungskürzungen fadenscheinig sind und Name und Qualifikation des Gutachters (selten wird dies jemand von der Sachbearbeitung sein) dabei unter Verschluss gehalten werden. Meines Wissens gab es im Zusammenhang mit GOÄ-Streitigkeiten bereits ein Urteil, dass die PKV Gutachten offen legen muss, warum sollte es hinsichtlich der DRG anders sein. Ich habe auch wenig Verständnis, wenn jemand seine Nebenjobs verschweigen will, und das zitierte Zeitproblem gibt es im Krankenhaus auch. Das Ganze läuft also auf einige Mahn- und Gerichtsverfahren hinaus, vielleicht gibt es diese Termine eher als beim Sozialgericht.

    Leider vermisse ich in Ihren Ausführungen eine Antwort auf meine speziellen Fragen. Macht aber nichts, vielen Dank trotzdem für Ihre Bemühungen; vielleicht gibt es noch andere Äußerungen zu diesem Thema, dessen Bedeutung langsam zuzunehmen scheint.

    Gruß murx

  • Bei den Budgetvereinbarungen gibt es auch immer eine Unterschrift vom Vertreter des PKV-Verbandes. Daher gelten diese Vereinbarungen natürlich auch für alle PKVs.
    Gleiches gilt für Zahlungsfristen. Auch die PKV muss den unstrittigen Betrag umgehend überweisen (ist daher auf sofortige sachkundige Prüfung angewiesen...). Aber auch bei der GKV dauerts oft viel länger.

    Die jeweilige PKV muss Ihnen die Einverständniserklärung zur Abgabe von Unterlagen zum jeweiligen Behandlungsfall vorlegen. Dann müssen Sie auch alles zusenden. Sie selber wollen ja nicht für jeden strittigen Fall die Zahlung per Gericht eintreiben müssen...

    mit freundlchem Gruß,

    Dr.med.Dietrich Klüber