Gemeinsame Strategien gegen Inflation von Rechnungsnachfragen durch KK

  • Liebe KollegInnen,

    wir werden von Nachfragen zur DRG-Abrechnung durch die Kostenträger geradezu (systematisch ?) überschwemmt. Die Rechnungen werden dann zunächst natürlich nicht bezahlt. Häufig (nicht immer) werden keine medizinischen Begründungen zur Nachfrage angegeben. Es wird lediglich zur Überprüfung der Rechnung aufgefordert.

    Unabhängig ob eine medizinische Begründung formuliert wird oder nicht, bindet diese Praxis enorm viel Arbeitszeit. Zudem erhöhen sich unsere Forderungen bzw. die Liquidität nimmt ab.

    Da diese Praxis bei uns sicher kein solitäres Phänomen darstellt, würden wir gern erfahren, wie andere Kliniken mit diesem Umstand umgehen oder auch gemeinsame Strategien entwickeln.

    Danke und Gruß
    Popp

  • Hallo (Herr?) Popp,

    ja dies ist ein mir bekanntes Problem... Teilweise lagen Unterlagen über 1 Jahr beim MDK (Auskunft der KK), was zum Anlaß genommen wurde, Rechnungen auch nicht teilweise zu begleichen. Es wurde dann einfach der gesamte Aufenthalt als fraglich ausgewiesen...

    Gelöst haben wir es in unserem Hause mit vorwiegend allen Kassen (!) soweit, daß unsere Rechnungen innerhalb von 4 Wochen unter Vorbehalt angewiesen werden. Natürlich kommt es innerhalb dieser Frist noch immer zu Nachfragen der KKn - ich löse vermeidliche Probleme gerne telefonisch oder per DTA natürlich immer unter Berücksichtigung des Datenschutzgesetzes ! Sollte sich auf die Schnelle keine Einigung finden lassen, ob durch mich oder den behandelnden Arzt, so geht der Fall zur Begutachtung durch den MDK. Die Rechnung wird dann jedoch unter Vorbehalt angewiesen.

    Wie wir dies erreicht haben - ich weiss es gar nicht mehr.
    Ich habe zu jeder Ablehnung den Fall geprüft, ggfs. sofort wiedersprochen (Standardschreiben) und bei Zahlungsverzug zügig gemahnt. Spätestens nach dem 1. Anschreiben durch unseren RA wurde dann unter Vorbehalt gezahlt.
    Oftmals hat der einfache Kontakt an \"höhere Stelle\" gereicht um Einigungen zu erzielen (Huch die rühren sich ja)...


    (!) Es gibt natürlich immer Ausnahmen. Eine groooooooooße Kasse zieht da nicht mit, aber es gibt ja den Rechtsweg...

    Es ist aber sehr schlimm, wenn Rechnungen kategorisch abgewiesen werden, ohne daß hierfür Begründungen gegeben werden. Die Motivation nahm bei mir persönlich von Tag zu Tag ab - aber man wächst ja an diesen Aufgaben.
    Wie sieht es denn mit Ihrer Kodierqualität aus? ;)

    Gruß

    der Eastfries

    N. Richter
    medCo, DRGB, DSB

    \"Haben Sie jemals darunter gelitten, dass sie trotz Ihrer enormen Intelligenz
    von Menschen abhängig sind, um Ihre Aufgaben ausführen zu können?\"
    - \"Nicht im geringsten. Ich arbeite gerne mit Menschen.\"

  • Hallo Forum,

    welches Haus kann diese Frage schon als gelöst betrachten? Wir haben jedenfalls sehr ähnliche Schwierigkeiten, auch wenn sie in ihrer Deutlichkeit von Kasse zu Kasse variieren. Daher würde ich mich gern dem Aufruf anschließen und um zielführende Tipps im Umgang mit diesem Problem bitten. Bisher ist die Resonanz ja noch eher verhalten.

    Elrip

  • Hallo Herr Popp,

    mit den meisten Krankenkassen haben wir eine Übereinkunft erzielt, dass die Rechnungen innerhalb der vertragliche Fristen zumindest unter Vorbehalt bezahlt werden. Viele strittige Fälle lassen sich inzwischen auch durch unser Medizincontrolling telefonisch mit den Kassen regeln, oft erhalten wir vorab eine Liste klärungsbedürftiger Fälle per E- Mail. Was so nicht zu klären ist, wird eben durch den MDK geprüft. Diese Vereinbarungen haben sich aber nur durch Verhandlungen auf \"höherer Ebene\" erzielen lassen, da ist schlicht die Geschäftsleitung gefragt.

    Bei den Kassen, die einer Verhandlungslösung nicht zugänglich sind, hilft nur konsequente Gegenhalten. Im Einzelnen:

    - konsequenter Widerspruch,
    - Berechnung und Einforderung der Verzugszinsen,
    - Hinweis auf die einschlägige BSG - Rechtsprechung (z. B. B 3 KR 64/01),
    - Information des Patienten über die Vorgehensweise seiner Krankenkasse,
    - planbare Behandlungen vom Vorliegen einer unbedingten Kostenübernahmeerklärung abhängig machen (aber nur bei ganz problematischen Kostenträgern) und
    - als ultima Ratio Klage durch alle Instanzen.

    Trotz alledem - es wird immer noch reichlich Arbeitskraft in Ärzteschaft und Verwaltung gebunden, woran man wohl nichts machen kann.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • Guten Morgen,
    das Thema wurde auch auf der Hauptversammlung des Marburger Bundes behandelt. Hierzu wurde folgender Beschluß gefasst

    Der Marburger Bund fordert die Bundesregierung auf, die gesetzlichen und finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass den Krankenhäusern der Aufwand erstattet wird, der nötig ist, wenn es zu Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen wegen Abrechnungen und Kodierungen nach dem DRG-System kommt.

    Immerhin ein Anfang.
    Schade, dass es heute regnet

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Forum,

    na, da bin ich ja auch erleichtert...

    Eine Besonderheit noch zu diesem Thema:

    Wir erleben gerade jetzt eine starke Zunahme der ANforderungen von Beatmungsprotokollen, offenbar wird die Dauer der Beatmung häufig grundsätzlihc in Frage gestellt :noo: .

    Einzelne Telefonate können die Unklarheiten nur manchmal ausräumen. Gibt es hierzu im Forum Erfahrungen?

    Gruß

    merguet

  • Zitat


    Original von E_Horndasch:
    Guten Morgen,
    das Thema wurde auch auf der Hauptversammlung des Marburger Bundes behandelt. Hierzu wurde folgender Beschluß gefasst

    Der Marburger Bund fordert die Bundesregierung auf, die gesetzlichen und finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass den Krankenhäusern der Aufwand erstattet wird, der nötig ist, wenn es zu Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen wegen Abrechnungen und Kodierungen nach dem DRG-System kommt.

    Immerhin ein Anfang.
    Schade, dass es heute regnet


    Tolle Forderung, aber wenn denn schon sowas gefordert wird, dann bitte auch im Falle einer Niederlage Bezahlung der Kosten der KK durch das Krhs.
    Wer eine solche Forderung stellt, der muss auch im Falle einer Niederlage mit den Konsequenzen leben, denn auch den KK kosten Streitfälle Zeit und Geld.

    MFG

    Mr. Freundlich

  • Hallo Zusammen,

    hier muss ich doch glatt wieder ein Lanze für die Krankenkassen brechen. Ich habe aus meiner Sicht das Glück, bei einer Krankenkasse zu arbeiten, die zum einen die Zahlungsfristen respektiert und zum anderen bei der Beanstandung und Vorlage von Abrechnungen beim MDK versucht eine gewisse Qualität walten zu lassen, soll heißen Fälle rauszupicken, die tatsächlich stinken. Das viele Krankenkassen anders vorgehen ist mir durchaus bekannt und bewusst.

    Jedoch möchte ich auch die Geschichte mal von der anderen Seite darstellen. Möglichweise arbeiten sie tatsächlich alle in KH, die grds. nur nach Tatsachen und DKR kodieren und abrechnen, stets optimal die korrekte Behandlungsart wählen und effizient behandeln. Ich sehe jedoch viele Dinge, die etwas anderes darstellen. Vorneweg möchte ich erwähnen, dass das Aufgreifen und Prüfen von Abrechnungen über den MDK für den KK-Mitarbeiter grds. nur mehr Arbeit und Stress bedeuten und wir gerne guten Gewissens alle Rechnungen durchwinken würden.

    1. Primäre Fehlbelegung:

    Viele KH kennen nach wie vor nur stationäre Krankenhausbehandlung. Die witzigste Begründung bleibt hierbei immer noch: \"wir machen/bieten das nicht ambulant an\". Verlangt auch keiner. Aber das rechtfertigt noch lange keine stationäre Aufnahme und Abrechnung. Unglaublich aber war: Es besteht durchaus auch die Möglichkeit, Patienten an andere Leistungserbringer zu verweisen. Zur Krönung wird dann jedoch nicht nur stationär aufgenommen und vllt noch tagesstationär behandelt, sondern standardmässig auch gleich noch die UGVD gesprengt. Was würden sie als KK-Mitarbeiter dann tun? Auch wir müssen unsere Entscheidungen verantworten können und diese auch entsprechend begründen.

    2. Kodierung:

    An manchen Tagen glaube ich tatsächlich, die deutsche Bevölkerung besteht aus kettenrauchenden, harninkontinenten, demenzkranken Anämiepatienten mit Harnwegsinfekt und schweren Alkoholproblemen. Und wenn sie die 10-te Rechnung vom gleichen KH prüfen, in welchen tatsächlich grds. die gleichen ND auftauchen und immer gerade so die Einstufung in eine teurere Basis-DRG oder den höheren Schweregrad bewirken, macht einem das schon Magenschmerzen. Vllt ist das jetzt etwas gewagt, aber ich möchte behaupten, wenn ich heute jemanden von der Strasse hole, der in seinem ganzen Leben noch nichts von Kodierung und Krankenhausabrechnung gehört hat nach 4 Wochen Verschlüsselung lesen merken würde, hier läuft was mächtig falsch.

    3. Zahlungsfristen/DTA/Mahnungen:

    Grds. werden bei uns alle Rechnungen innerhalb der Frist beglichen. Ausnahmen sind hier lediglich eindeutig formal falsche Rechnungen oder ganz eindeutige Fallzusammenführungen (die für viele Häuser überhaupt nicht existieren, bis man sie darauf hinweist oder im Umkehrfall mit allen Mitteln der Kunst ganz gezielt umgangen werden). Diese weisen wir auch über den DTA ab. Um so zermürbender ist es dann, dass auf begründete Anfragen, Anforderungen von Berichten fast regelmässig und häuserübergreifend wochen- und monatelang keine Reaktionen erfolgen. Was standardmässig jedoch wunderbar klappt, ist Mahnlisten zu schicken, die man stundenlang klärt und in 90% der Fälle feststellt, das z.B. Rechnungen übermittelt wurden, jedoch keine Entlassung vorlag und ähnlich Dinge, die ein Scheitern des Datensatzes im DTA bewirken. Erfolgte Fehlermeldungen werden aber schlicht und ergreifend ignoriert und der Mahnknopf gedrückt. Und wir sind dann die mit der schlechten Zahlungsmoral. Oft haben wir auch längst mit der Verwaltung eine Änderung oder Stornierung einer Rechnung vereinbart, aber der Buchhaltung hat keiner Bescheid gesagt.

    4. Telefonische Klärung:

    Auch ich halte eine kurzfristige, unbürokratische Lösung am Telefon in vielen Fällen für sinnvoll. Aber hier geht es schon wieder los. Ein Problem ist es, dass die Mitarbeiter der KK im Regelfall medizinische Laien sind, sich viele Ansprechpartner im KH über die Maßen hinter dem Datenschutz verstecken oder grds. in allen Fällen der Ansicht sind alles richtig gemacht zu haben. Bei vielen KH erreicht man beim Versuch einer telefonischen Klärung tatsächlich nur, dass man eine Stunde telefoniert hat und dann doch alles zum MDK schleppen muss.

    Vllt bin ich jetzt wieder etwas abgeschweift. Aber alles was ich damit sagen möchte ist, dass nicht alle KK der \"böse Feind\" sind und nur versuchen den KH das Leben schwer zu machen. Wir versuchen nach wie vor und so schwer es im Einzelfall oft fällt, die KH als Vertragspartner zu sehen, welche die angemessene Versorgung unserer hilfesuchenden Mitglieder sicherstellen. Vieles was passiert hat eher den Zug von Notwehr. Wir haben die Gesetze und Verordnungen nicht gemacht. Wir versuchen nur ihre Umsetzung zu handhaben, ohne zuzulassen, dass der Gaul geschlachtet wird auf dem wir alle reiten.

    Und wenn sie sich schon zusammenrotten und ihren Aufstand organisieren, übersehen sie bitte nicht, dass es auch heute noch solche und solche KK gibt.

    MFG
    Martin Wittwer

    :t_teufelboese: Abrechnungssachbearbeiter :t_teufelboese:

    Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher.

    Voltaire ( 1694-1778 )

  • Hallo Herr Merguet,

    vllt noch speziell zu Ihrem Post:

    Ich habe die Überprüfung von Beatmungs-DRG´s lange Zeit nicht für sinnvoll gehalten. Die Beatmungsstunden legen die DRG fest, wenn so lange beatmet wurde, kann ich an der Richtigkeit der DRG auch nichts bemängeln. So hatte ich mir das ursprünglich mal gedacht. Anscheinend war das etwas naiv.

    Zuerst bin ich über einen Fall gestolpert, in dem die Gesamt-Verweildauer 4 Tage betrug, die Beatmung über 5 Tage lief. Irgendwie seltsam.

    Eine Stichprobe bei einem unserer kreativeren KH hat mich dann auf 2 Fälle aufmerksam gemacht, in welchen sich das Krankenhaus bei beiden Fällen um 300 Std. \"vertan\" hat. Also um die 600 Std. beatmet hat, aber um die 900 Std. gemeldet hat.

    Dann gibt es genügend Fälle, in denen die \"Schwelle\" in die nächst höhere DRG gerade so überschritten wurde, sich also der Verdacht aufdrängt, das Ende der Beatmung wird regelmäßig auf eine bestimmte Stundenzahl getunt. Hier wird es dann jedoch schon wieder sehr kompliziert in Sachen Beweislast. Und ganz ehrlich gesagt, möchte man es tatsächlich manchmal gar nicht mehr zu genau wissen, um nicht völlig den Glauben an die Ärzteschaft zu verlieren.

    Kann es da einem wirklich übel genommen werden, dass man den ein oder anderen Beatmungsfall dann doch etwas genauer überprüfen möchte? Gerade weil hier mal 5 Std. hin oder her mehrere Tausend Euronen ausmachen können?

    In diesem Sinne
    MFG
    Martin Wittwer

    :t_teufelboese: Abrechnungssachbearbeiter :t_teufelboese:

    Alle Menschen sind klug - die einen vorher, die anderen nachher.

    Voltaire ( 1694-1778 )

  • Zitat


    Original von Erlösminimierer:


    Und wenn sie sich schon zusammenrotten und ihren Aufstand organisieren...


    Hallo Herr Wittwer,

    laut Brockhaus ist Zusammenrottung \"der auf Begehung von Gewalttätigkeiten ausgerichtete Zusammenschluss mehrerer Personen.\"

    Da würde mich hier schon interessieren, ob hier einfach ein Fehlgriff vorliegt (dann Schwamm drüber), oder ob Sie den Begriff wirklich in diesem Sinn gebrauchen (dann, um sachlich zu bleiben, wirklich schlechter Stil).

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann