§ 275 SGB V Abs. 1c spezielle Fallkonstellation

  • Hallo!

    Bitte um Eure Gedanken zu dieser Fallkonstellation:
    MDK-Prüfung bei uns im KH, der Prüfgrund war gerechtfertigt, es käme bezüglich des Sachverhaltes zu einer Erlösminderung. Im Zuge der Prüfung sieht unsere Med.Co.-Ärztin, dass eine Nebendiagnose in der Gruppierung nicht berücksichtigt wurde. Aufgrund dieser Diagnose würde der Fall wiederum insgesamt nicht nach unten berichtigt werden (oder sogar nach oben korrigiert).
    Die Frage ist: können wir für diesen Fall die 100€ verlangen? Oder kann die Kasse sagen, sie zahlt die 100€ nicht, weil sie zumindest mit ihrem Prüfgrund richtig lag und eine Berichtigung nach unten statt fand?

    Grüße
    CB

  • Hallo,

    Gegenstand einer Fallprüfung können natürlich nur die Daten/Informationen sein, welche Sie zuvor an die Krankenkasse übermittelt haben - anderenfalls hätte eine Prüfung ja möglicherweise gar nicht stattgefunden.

    Abgesehen davon: angesichts solcher Überlegungen kann ich die Gemütslage mancher Kassenmitarbeiter durchaus nachvollziehen...

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo zusammen,
    vielleicht hilft der Gesetzestext weiter:
    Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu entrichten.

    Da geht es nach meiner Ansicht nur um den Rechnungsbetrag und nicht um ICDs, DRGs OPS etc.
    Selbst bei einer komplett anderen DRG, die zufällig das selbe RG hat, würde ich die 100 Euro fordern.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Forum,

    Es kann m.E. nicht gefordert werden, dass das KH nur \"richtige\" Daten übermittelt. Die Chance für das KH bei einer Prüfung besteht doch gerade darin, dass es das KH zu einer Kontrolle des Einzelfalles nötigt. Nicht selten kommt dabei auch ein erheblich höherer Rechnungsbetrag heraus (z. B. bei vergessenen OP / Intervention oder einer höheren Zahl von Beatmungsstunden).
    In sofern stimme ich hier Herrn Horndasch zu: wenn keine Minderung des Rechnungsbetrages erfolgt, steht Ihnen die Aufwandspauschale zu.

    Gruß

    merguet

  • Guten Morgen,
    eine sehr interessante Fragestellung ist es, die wir gerade behandeln!
    Mir würde es nicht in den Sinn kommen, ohne Weiteres die 100 € in solch einem Fall einzufordern... Erstmal würde ich prüfen, ob auch nach Neuberechnung unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse des Hauses die Prüfung zu einer Rechnungsminderung geführt hätte. Lediglich wenn dies nicht zuträfe, wäre m.E. die Forderung der 100 € legitim. Ich würde dennoch die Berechung nur in Betracht ziehen, wenn es auch zu keiner Erhöhung des Rechnungsbetrages käme. Schliesslich würde der Aufwand ja schon durch die höhere Neuberechnung, die sonst evt. nie stattgefunden hätte, entschädigt.

    In diesem Sinne ein schönes Wochenende,

    N. Richter
    medCo, DRGB, DSB

    \"Haben Sie jemals darunter gelitten, dass sie trotz Ihrer enormen Intelligenz
    von Menschen abhängig sind, um Ihre Aufgaben ausführen zu können?\"
    - \"Nicht im geringsten. Ich arbeite gerne mit Menschen.\"

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    Text: \"Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu entrichten.\"

    Bedeutet, dass bei einer höher vergüteten DRG nach Prüfung, keine geminderte Rechnung vorliegt. Es gibt hier im Gesetzestext keine Einschränkung, die auf Ausnahmesituationen hinweist. Die 100 € dann nicht zu berechnen, ist dann nur als Nettigkeit zu werten, aber bestimmt nicht als Verpflichtung.
    (Thema wurde auch schon hier angeschnitten: http://dedi694.your-server.de/mydrgj/apboard…d=8287&start=61)

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Schönen guten Tag allerseits,

    Erstens handelt es sich hier um ein Gesetz. Darin steht als Voraussetzung: Die Prüfung führt nicht zu einer Minderung der Rechnung (Vergleich: Rechnung vor Prüfung / Rechnung nach Prüfung). Ist diese Voraussetzung erfüllt, folgt aus dem Gesetz, dass die Krankenkasse 100 € zu bezahlen \"hat\". Nicht \"soll\", nicht \"das Krankenhaus darf berechnen\" sondern \"hat\", d. h. eine im juristischen Sinn unausweichliche Folge ohne Alternative. Es liegt also formal gar nicht im Ermessen des Krankenhauses, ob es diese 100 € berechnet oder nicht!

    Zweitens ist es eine formale Regel und eben dann anzuwenden, wenn die in diesem Fall ja wohl ziemlich harten Kriterien erfüllt sind, unabhängig von den inhaltlichen Gegebenheiten. Solchen formalen - im Einzelfall auch mal \"ungerechten\" - Regeln müssen sich ja auch die Krankenhäuser z. B. bei der Fallzusammenführung beugen.

    Glaubt denn jemand hier im Ernst, im umgekehrten Fall würden die meisten Krankenkassen auch nur einen Gedanken daran verschwenden, ob sie die 100 € berechnen dürften oder nicht, wenn der Schlussrechnungsbetrag nicht nach unten abweicht, egal wie viele Daten geändert wurden?

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Vielen Dank für Eure Beiträge!

    Ich bin erst seit dem 1.4. im Medizincontrolling und froh, dass es dieses Forum gibt!

    Was meine Frage allerdings mit der Gemütslage von Kassenmitarbeitern zu tun hat, weiß ich nicht so recht. Mir ging es rein informativ ohne Bewertung um die Sache. Ganz unabhängig davon, ob unser KH das Geld fordern kann oder nicht, muss es für unsere Sachbearbeiter eindeutige Abrechnungsregeln geben.

    Viele Grüße und ein wunderschönes Wochenende!
    CB

  • Hallo,

    Zitat

    Darin steht als Voraussetzung: Die Prüfung führt nicht zu einer Minderung der Rechnung (Vergleich: Rechnung vor Prüfung / Rechnung nach Prüfung)

    der Begriff \"Rechnung\" steht zwar nicht im Gesetz - aber genau darum geht es doch: geprüft werden kann meines Erachtens nur, was auch berechnet wurde. Und eine Prüfung wird ja nicht aufgrund der Höhe des Rechnungsbetrages eingeleitet, sondern auf Basis der Leistungsdaten.

    Ich möchte Euch alle mal erleben, wenn Ihr im \"richtigen Leben\" z. B. eine offensichtlich unstimmige Handwerkerrechnung reklamiert und als Ergebnis dieser Prüfung nicht nur die Rechnung in gleicher Höhe bestehen bleibt, sondern noch zusätzlich eine Aufwandspauschale berechnet wird - und das, obwohl die ursprüngliche Rechnung nachweislich falsch war, die Reklamation also völlig berechtigt!

    Ich selbst werde mein gutes Verhältnis zu den Kassen jedenfalls nicht mit solch fragwürdigen Konstruktionen belasten (die mir im besten Fall ein paar Hundert Euro bringen).

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Schönen guten Tag Herr Hollerbach,

    Zitat

    Original von mhollerbach:
    und das, obwohl die ursprüngliche Rechnung nachweislich falsch war, die Reklamation also völlig berechtigt!

    Ja, ja, so stellen es Krankenkassen und MDK auch gerne da und so gelangt es dann auch in die entsprechenden Medien und Presseberichte: Der MDK Prüft und stellt dann massenhaft falsche Abrechnungen fest!

    In den meisten Fällen - zumindest bei uns - ist es jedoch nicht so, sondern es geht nicht um \"offensichtlich falsche\" Daten, sondern um unterschiedliche Interpretationen der Kodierregeln - oft nur graduell. Und in einigen Fällen setzt man sich auseinander, in anderen gibt man nach, insbesondere wenn sich sowieso nichts am Rechnungsbetrag ändert. Das heißt aber noch lange nicht, dass die in solchen Fällen akzeptierte Ansicht des MDK die einzig Wahre ist und dies hat nichts mit falscher Abrechnung zu tun. In Rechnung gestellt wird eine DRG und ein Betrag. Wenn beide nach der Prüfung immer noch gleich sind, dann war die Abrechnung nicht fehlerhaft.

    Im Übrigen pflege auch ich üblicherweise einen kooperativen Umgang mit den Krankenkassen. Mich stört es allerdings schon ein wenig, wenn die Krankenkassen (auch die \"netten\") jeden gesetzlichen Vorteil sofort für sich in aller Breite (und manschmal auch darüber hinaus, wie beispielsweise das Urteil zur Abgrenzung stationär/ambulant, nachdem dann gleich jeder Fall unter 24h ein abulanter war) nutzen, die Krankenhäuser sich dann aber bei der Inanspruchnahme eines meiner Ansicht nach eindeutigen Rechts Gedanken um das Befinden der \"anderen Seite\" und um die Auswirkungen auf das Kooperationsverhältnis machen (müssen ? )

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Ich würde es auch für sehr fragwürdig halten, sich hier bei dieser(vom Gesetzgeber offensichtlich nicht bedachten) Fallkonstellation am Buchstaben des Gestzes festzuklammern - zumal es in Deutschland auch noch andeer Gesetze gibt:
    Die KK könnte ja die 100€ als Schadensersatz in Rechnung stellen, denn die höhere Rechnung resultiert aus einem Fehler des KH (Nebendiagnose vergessen), somit aus einer Pflichtverletzung gem. §280BGB. Anderes würde nur gelten, wenn das KH diesen Umstand nicht zu vertreten hätte, wenn also z.B. sich die Nebendiagnose erst nach Rechnungsstellung neu ergeben hätte. Natürlich könnte man auch noch BGB§242 heranzihen (Treu und Glauben).
    Und auch abseits aller Paragraphen finde ich es allerdings ziemlich eigenartig, anderen Leuten eigene Fehler in Rechnung stellen zu wollen...

    sonnige Grüße

    MDK-Opfer