MDK Informationspapier

  • Guten Morgen den Leserinnen und Lesern im Forum,

    das von uns veröffentlichte Papier wird (zumindest von denen, die sich äußern) als polemisch empfunden. Das sollte es nicht sein und ich kann den Vorwurf auch mit meinem Sprachverständnis nicht nachvollziehen – aber sei’s drum.

    Noch einmal deutlich: es gibt nicht „die Krankenhäuser“ als homogene Masse von „Falschabrechnern“.
    Es gibt eine ganze Menge von Krankenhäusern, die sehr sorgfältig und fehlerarm kodieren. Es gibt eine Menge Krankenhäusern, die sich organisatorisch sehr gut aufgestellt haben und damit primäre und sekundäre Fehlbelegungen vermeiden.
    Das sind die Häuser, die ihren vor allem aus dem SGB V erwachsenden Pflichten genügen.
    Wo dies aber nicht geschieht, muss es ein Korrektiv geben.
    Im Übrigen auch im Interesse der erstgenannten Häuser.

    Dazu dient die Krankenhausrechnungsprüfung und das sage ich emotionsfrei.

    In unseren emotional überbordenden Diskussionen betonen wir immer gerne den extremen Ausnahmefall (bei der Versorgungsplanung den 102 jährigen blinden, beidseits beinamputierten asthmatischen Diabetiker, der auf der Alm wohnt). Den gibt es, aber der stellt eben nicht den Regelfall dar.
    Also: es gibt Krankenkassen, die sehr (zu) viel prüfen und es gibt MDK-Gutachten, die einer Überprüfung nicht standhalten. Und es gibt Krankenhausabteilungen, die 25% ihrer Rechnungen korrigieren müssen.

    Aber eigentlich gibt es ein gut funktionierendes, noch immer lernendes System der Krankenhausvergütung, deren Datengrundlage durch die Prüfarbeit der MDK im Interesse aller validiert wird. Und es gibt ein gut funktionierendes Gesundheitssystem, in dem die Beteiligten sich als selbstständige Unternehmen behaupten müssen und somit ihre Interessen verfolgen. Konflikte bleiben dabei nicht aus – ich kann mich damit abfinden!

    Einen guten Tag wünscht

    A. Busley

    [f3][c=blue]Dr. Annette Busley[/c][/f3]
    Fachgebietsleiterin Stationäre Versorgung

    [f3][c=blue]MDS[/c][/f3] Medizinischer Dienst des
    Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V.
    Telefon: 0201 8327-288
    E-Mail: a.busley@mds-ev.de

  • Guten Morgen Frau Dr.Busley,

    Zitat

    Original von A. Busley:
    ...und es gibt Krankenhausabteilungen, die 25% ihrer Rechnungen korrigieren müssen.


    Ihren Ausführungen kann ich in groben Zügen zustimmen. Mich verwundert allerdings auch bei Ihnen die Angabe, dass einige Krankenhausabteilungen 25% ihrer Rechnungen korrigieren müssen.
    Verwundert deshalb, weil im Kehrschluß 75 Prozent (der offenbar überprüften Rechnungen) in Ordnung sind. Und insbesondere, weil nirgendwo die Quote der zu korrigierenden MDK-Gutachten mitgeteilt wird, unabhängig davon, ob diese inhaltlich nicht korrekt sind oder wider besseren Wissens Betand haben sollen.

    Im eigenen Haus liegt die Quote der inhaltlich gemäß DKR falschen primären MDK-Gutachten bei deutlich über 75% - und nach Widerspruch mit detaillierter Stellungnahme beharren immer noch ca. 30% der Gutachter auf Ihrer Einschätzung.

    Ihre abgewandelte Stellungnahme könnte lauten:
    Es gibt eine ganze Menge von Gutachtern, die sehr sorgfältig und fehlerarm arbeiten. Wo dies aber nicht geschieht, muss es ein Korrektiv geben.
    Wer, bitte, korrigiert diese Gutachter? Muss es stets der Weg vor Gerichte sein oder sollten diese Gutachter nicht besser \"aus dem Verkehr gezogen\" werden?

    Auch Ihnen noch einen schönen Tag.

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

  • Hallo zusammen,
    das Argument, es gäbe viele sorgfältig kodierende und arbeitende Krankenhäuser und einige wenige die das System böswillig oder aus Dummheit ausnutzen, geht aus meiner Sicht an der erlebtenREalität vorbei.
    Aus vielen Gesprächen mit anderen erfahre ich immer wieder: Fast überall gibt es eine steigende Prüfquote von zur Zeit zwischen 10 und 15%. Fast überall wird über Fälle diskutiert, die vor Jahren noch zweifelsfrei waren. Fast Alle berichten über eine zunehmende Spröde bei Widersprüchen. Nahezu jeder Fall über der oberen Grenzverweildauer, an der Grenze zur unteren Verweildauer oder mit einer 115b Operation wird geprüft und erst mal zu Lasten des Krankenhauses entschieden. Zunehmend werden Formalkriterien oder dünne Krankendokumentationen beanstandet die zwar dem Sinn nach die Koderung des Krankenhauses wahrscheinlich machen, aber eben nicht eindeutig bestätigen.....
    Wenn das doch fast einhelliges Erleben ist, kann doch nicht mehr von einigen wenigen bösen Krankenhäusern gesprochen werden die durch ein schlaues System erkannt werden sollen, sondern es läst schon die Ahnung aufkommen, dass es allein um einen Weg zum Kostendrücken geht.

    Dies ist ja zunächt auch nicht verwerflich, da auch die Verbilligung der Sozialsysteme gemeinwohlorientiert sein kann. Es hort sich halt nur nicht so doll an wenn es nur und allein um Sparen um jeden Preis geht.

    mit freundlichen Grüssen
    Schmitz

  • Sehr geehrte Frau Dr. Busley,

    ich stimme dem Gedanken, dass es der Abrechnungsprüfung als Korrektiv bedarf, gerne zu. Nur sind bei der Anwendung dieses Korrektivs die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Krankenkassen und -häuser genau zu differenzieren und es darf nicht übersehen werden, dass noch eine Lücke besteht.

    Krankenhäuser sind grundsätzlich verpflichtet ihre Abläufe so einzurichten, dass Sie ordnungsgemäß, also im Sinne des SGB V, FPV usw. abrechnen. Nur auf Begleichung ordnungsgemäßer Abrechnungen haben sie einen Anspruch - ein Recht.

    Ordnungsgemäße Abrechnungen zu begleichen, ist Pflicht der Krankenkassen. Dem steht freilich deren Recht gegenüber, fehlerhafte Abrechnungen zurückzuweisen. Dieses Zurückweisungsrecht setzt die Abrechnungsprüfung als Korrektiv voraus, die die Krankenkassen auf der tatsächlichen Seite nicht selbständig, sondern durch den MDK durchführen lassen müssen.

    An dieser Stelle setzt die zutreffende Kritik von Lunge an, der zu Recht darauf hinweist, dass es eines Korrektivs des Korrektivs bedarf. Ebenso wie fehlerhafte Abrechnungen die Rechte der Krankenkassen zu verletzen geeignet sind, so verletzen unberechtigte Abrechnungsprüfungen die Rechte der Krankenhäuser. Letztere Rechtsverletzungen lässt das SGB V in Grenzen zu, wenn es den Krankenkassen erlaubt ein MDK-Verfahren \"bei Auffälligkeiten\" (vgl. § 275 Abs. 1 Nr.1 SGB V) einzuleiten. Diese Einschränkung der Rechte der Krankenhäuser ist nicht zu beanstanden, zumal im Zeitpunkt der Beauftragung des MDK nicht klar ist, ob eine Abrechnung ordnungsgemäß (Verletzung der Rechte des KH) oder fehlerhaft (Verletzung der Rechte der KK) ist. Der Eingriff in die Rechte der Krankenhäuser ist nach meiner Auffassung jedoch in beiden Fällen zu begrenzen:

    -- Im Fall ordnungsgemäßer Abrechnung ist dies zügig festzustellen und die Abrechnung zu begleichen. § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V sieht eine zeitnahe Prüfung vor, erklärt sich aber nicht weiter dazu, was darunter zu verstehen ist. Der Begriff ist im Lichte der bei den Krankenhäusern eintretenden Rechtsverletzung auszulegen, wobei die konkrete Dauer sicherlich vom Einzelfall abhängig ist. Da aber nur einseitig Rechte der Krankenhäuser verletzt werden, muss der Eingriff in diese Rechte so gering wie möglich gehalten werden.

    -- Auch im Fall fehlerhafter Abrechnungen begeben sich die Krankenhäuser nicht ihres Anspruchs auf Entgelt ihrer tatsächlich erbrachten Leistungen. Das Recht der Krankenkassen, den übersteigenden Rechnungsbetrag nicht begleichen zu müssen, befreit sie nicht von der Pflicht, den Betrag einer ordnungsgemäßen Abrechnung zu begleichen. Auch und gerade weil hier in die Rechte der Krankenkassen und Krankenhäuser eingegriffen wird, gilt das Gebot der zügigen Prüfung und Abrechnungskorrektur.

    Nachdem die Krankenkassen die Fallprüfung veranlasst haben, erscheint es mir als deren Aufgabe, die Eingriffe in die Rechte der Krankenhäuser so gering wie möglich zu halten. Nachdem diese die Fallprüfung jedoch aus der Hand geben müssen, geht die Pflicht auf den prüfenden MDK über. An dieser Stelle schließt sich der Kreis in der Frage nach einem Korrektiv des Korrektivs. Während die Krankenkassen sich einer Verletzung ihrer Rechte durch die Fallprüfung erwehren können, ist zugunsten der Krankenhäuser im außergerichtlichen Verfahren kein Korrektiv geschaffen worden, mit dem sie ihre Rechte verteidigen können. Auch wenn es noch zu viele Fälle fehlerhafter Abrechnungen gibt, bleibt zu beachten, dass auch zu viele - verzeihen Sie die Ausdrucksweise - \"nutzlose\" MDK-Verfahren durchgeführt werden. Welche Möglichkeiten haben die Krankenhäuser dann?

    Wenn von den Krankenhäusern zu Recht erwartet wird, ihren Pflichten nach dem SGB V zu genügen, so darf das auch vom MDK (für die Krankenkassen prüfend) erwartet werden. Wenn Krankenkassen bei Pflichtverletzungen der Krankenhäuser korrigierend eingreifen dürfen, sollte im Interesse der Waffengleichheit auch den Krankenhäusern ein Behelf eingeräumt werden, auf Pflichtverletzungen zu reagieren. Letzteren bleibt zur Zeit im Ergebnis nur der Weg zum SozG.

    Mit freundlichen Grüßen
    DRG-Recht

  • Hallo zusammen,

    die Diskussion wird auch deswegen immer schnell emotional, weil zumindest auf der KH-Seite zahllose Mitarbeiter sitzen, die tagtäglich über schreiendes Unrecht schier verweifeln. Wer immer und immer wieder mit Ignoranz, Boshaftigkeit, Bauernschläue und hinterhältigen Pressekampagnen konfrontiert ist und gerechtfertigte Ansprüche verpuffen und versanden sieht wird halt mal etwas emotionaler, wenn ein entsprechendes Thema hochkommt.

    Da ist es auch nicht hilfreich, wenn vom hohen Roß herunter verlautbart wird, dass doch eigentlich alle Seiten auch mal Fehler machen und dass trotzdem alles gut wird und die Welt gerecht ist. Sorry, aber im Berufsfeld der Medizincontroller / Abrechner / Kodierkräfte ist sie es nicht!

    Beste Grüße - NV

  • Zitat


    Original von NuxVomica:

    Da ist es auch nicht hilfreich, wenn vom hohen Roß herunter verlautbart wird, dass doch eigentlich alle Seiten auch mal Fehler machen und dass trotzdem alles gut wird und die Welt gerecht ist.


    Ich habe niemanden auf einem hohen Ross gesehen.


    Zitat


    Original von NuxVomica:
    Sorry, aber im Berufsfeld der Medizincontroller / Abrechner / Kodierkräfte ist sie es nicht!

    Beste Grüße - NV

    Glauben Sie mir, auf Kassenseite auch nicht.

    Aber es kommt auf das Krankenhaus an, mit dem man zusammenarbeitet. Es gibt Häuser mit denen macht es trotz aller beidseitigen Fehlern Spaß zu arbeiten und es gibt welche, da ist die Freude nicht ganz so ausgeprägt.

    Aber bis zur Rente werden wir damit leben müssen. Und durch ungefilterten Frustabbau wird der Graben nicht zwingend flacher.

    Viele Grüße und einen entspannten Resttag vom
    Rheinkilometer 660

  • Zitat

    Und durch ungefilterten Frustabbau wird der Graben nicht zwingend flacher.

    vielleicht könnten wir hier irgendwo einen Schreiraum
    (z.B. so was) einrichten ?

    oder einen virtuellen Boxsack? da darf dann jeder mal drauf los schlagen.

    So - nun aber wieder ernst zur Sache. :i_drink:

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Zitat

    Original von DRG-Rowdy:
    .....Aber es kommt auf das Krankenhaus an, mit dem man zusammenarbeitet. Es gibt Häuser mit denen macht es trotz aller beidseitigen Fehlern Spaß zu arbeiten und es gibt welche, da ist die Freude nicht ganz so ausgeprägt.


    und vice versa:
    Aber es kommt auf die KK an, mit der man zusammenarbeitet. Es gibt KKs, mit denen macht es trotz aller beidseitigen Fehlern Spaß zu arbeiten und es gibt welche, da ist die Freude nicht ganz so ausgeprägt.....

    Allerdings: \"Das letzte Wort\" haben MDK/KK - auch wenn eine objektiv korrekte Kodierung als falsch \"durchgeboxt\" wird.
    Ohne Korrektiv - siehe weiter oben! - wird der Frust auf KH-Seite mit Sicherheit nicht weniger, der Graben nicht flacher. Schade eigentlich!

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

  • Schönen guten Tag allerseits,

    wie langweilig wäre die Welt ohne Emotionen.… Das Thema ist sehr emotional besetzt. Emotionen sind oft ein Ausdruck davon, dass Bedürfnisse und Interessen nicht erfüllt sind (zumindest die Emotionen, die negativ besetzt sind. Bei erfüllten Bedürfnissen gibt es positive Emotionen :g_liebe: )

    Lässt man mal die vordergründigen Strategien und gegenseitigen Vorfürfe beiseite so haben alle Beteiligten letzlich ein ähnlich gelagerters Interesse: Ihren Patienten/Versicherten eine gute, finanzierbare Gesundheitsversorgung zu bieten. Es wäre hilfreich, wenn wir dies gegenseitig sehen und anerkennen könnten. Es mag sein, dass manche Strategien (z. B. Upcoding bzw. Massenprüfung) bei genauem Hinsehen gerade nicht dazu beitragen, diesem Ziel näher zu kommen, sondern allenfalls kurzfristige Effekte für den Einzelnen bewirken, dem System als Ganzem und damit langfristig jedoch schaden.

    Ein Kontrollmechanismus zur Abrechnungsprüfung sehe ich daher durchaus für notwendig an. Gleichzeitig frage ich mich, warum - wenn es letztlich um einige Schwarze Schafe geht - alle Krankenhäuser mit Prüfquoten um die 10-11% überzogen werden, wie auch S. Schmitz eindruckvoll beschrieben hat. Reicht nicht in der Regel eine Prüfquote von 5% aus, die bei den auffälligsten Häusern ausgeweitet werden kann? Und wie kann eine angemessene Qualität und Realitätsnähe bei den Gutachten erreicht werden, die offensichtlich viele Krankenhausmitarbeiter vermissen?

    Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass wir unsere Aussagen nicht als gegenseitiges lamentieren abtun, sondern die Ursachen versuchen zu verstehen und ernst zu nehmen. Und ich wünsche mir, dass wir dies gemeinsam angehen und versuchen zu lösen, statt nur noch über die Presse mit gegenseitigen Vorwürfen aufeinander loszugehen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag


    Zitat


    Original von Lunge:
    …. liegt die Quote der inhaltlich gemäß DKR falschen primären MDK-Gutachten bei deutlich über 75%

    .. oder sollten diese Gutachter nicht besser \"aus dem Verkehr gezogen\" werden?


    siehe hierzu:

    die \"20-70-10\"-Regel (Jack Welch)

    er empfiehlt:

    Die besten 20% der Mitarbeiter sollen mit einem Bonussystem gefördert werden
    70% der Mitarbeiter sollten stark gefordert werden
    Von den schlechtesten 10% (Underperformer) sollte man sich so schnell wie möglich trennen

    Aber:

    „Und was wird aus mir?“ sagte Heide Simonis als sie bei der Wahl als Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein gescheitert war.


    Gruß

    E Rembs