Barthel-Index und Fallzusammenführung

  • Hallo!

    Ich stelle den Fall für eine Kollegin aus einer anderen Klinik vor. Wie viele hier wurden wir Corona-bedingt von einem Begehungshaus zu einem Aktenlagehaus. Nun trudeln langsam die ersten (überwiegend Negativ-) Gutachten ein, daher sind wir in engem Kontakt. Was wir früher problemlos durchgebracht haben, wird jetzt (wie zu erwarten war) gestrichen.

    Die Kollegin berichtete mir vor ein paar Tagen, dass die Gutachterin ihr eröffnet habe, dass sie den Barthel-Index bei Fallzusammenführungen künftig nur noch akzeptieren werde, wenn dieser in den ersten 5 Tages des ersten Behandlungsfalles erhoben wurde.

    Wenn sich der Patient erst im zweiten Teilfall verschlechtert hat, dann zähle das nicht. Das wäre angeblich im DRG auch so.

    Bei DIMDI ist die Kollegin leider nicht fündig geworden.

    Wie ist Ihre Erfahrung damit?

    Vielen Dank!

  • Guten Morgen,

    hat die Gutachterin denn für solch eine Aussage auch eine Grundlage? Wo wird festgelegt, das bei Fallzusammenführungen die Zählung der Behandlungstage für die U50. durchgehend ist?

    "Einmalige Kodierung der motorischen Funktionseinschränkung innerhalb der ersten fünf stationären Behandlungstage;.." bezieht sich für mich auf den Einzelfall und nicht auf eine komplette Fallzusammenführung. Erschreckend wie hier argumentiert wird um ein Gutachten negativ zu bewerten.

    Ich habe leider auch nichts vergleichbares im www gefunden. Bin sehr gespannt auf weitere Meinungen.

    Viele Grüße

    PK

  • Hallo zusammen,


    Sie haben ja schon zutreffend aus dem ICD Kode zitiert. Wenn eine FZF erfolgt, entsteht ein ganz neuer Abrechnungsfall und die beiden vorherigen verschwinden. Da ist es dann für mich schon logisch, dass der Barthelindex innerhalb der ersten 5 Tage dieses neuen Falles ( oder mit Beginn einer Frühreha) dokumentiert sein muss und nicht mittendrin.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo Herr Breitmeier,

    "Einmalige Kodierung der motorischen Funktionseinschränkung innerhalb der ersten fünf stationären Behandlungstage;..."

    "innerhalb der ersten fünf stationären Behandlungstage ..."stellt auf den tatsächlichen Krankenhausaufenthalt ab.

    Die FPV sieht in § 2 Abs. 4 vor:

    • " Bei der Anwendung der Absätze 1 bis 3 ist für jeden Krankenhausaufenthalt eine DRG-Eingruppierung vorzunehmen. Auf dieser Grundlage hat das Krankenhaus eine Neueinstufung in eine Fallpauschale mit den Falldaten aller zusammenzuführenden Krankenhausaufenthalte durchzuführen."

    Die Krankenhausaufenthalte werden nicht zu einem neuen Krankenhausaufenthalt zusammengeführt. Zusammengeführt werden lediglich die DRG-Eingruppierungen für beide Einzelfälle zu einer neuen Fallpauschale.

    Damit kann ich auch unter formalen Aspekten Ihrer Argumentation nicht folgen.

    Viele Grüße

    M2

    Einmal editiert, zuletzt von medman2 (1. August 2020 um 11:24)

  • Hallo zusammen,

    Das Zitat der FPV von Medman2 könnte tatsächlich so ausgelegt werden, dass einfach eine Gesamtmenge aller Diagnosen und Prozeduren anzugeben ist.
    Andererseits soll das KHS eine Neueinstufung in eine DRG vornehmen und dabei chronologisch vorgehen. Dass spricht wiederum dagegen.

    Bei Kodes, die z.B. Behandlungstage beinhalten, würde ich auch nicht zwei mal einen „kleinen OPS“ angeben, sondern die Tage im neuen Fall addieren.

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • .... Bei Kodes, die z.B. Behandlungstage beinhalten, würde ich auch nicht zwei mal einen „kleinen OPS“ angeben, sondern die Tage im neuen Fall addieren

    Hallo Herr Breitmeier,

    das ist für Prozeduren auch zutreffend.

    Auf OPS-Ebene gibt es sogenannte Einmalkodes, die darauf abzielen, dass Verfahren zusammengefasst dargestellt (kodiert) werden.

    Auf DKR-Ebene wird dies noch einmal bekräftigt (P005), wobei darüber hinaus ausgeführt wird, in welchen Fällen Prozeduren "nur einmal während einer stationären Behandlung zu kodieren[...]" sind (bei Mengen- oder Zeitangaben - exemplarische Fälle in Tab. 2).

    Sehr deutlich im Hinblick auf die OPS wird in der Einleitung der DKR zwischen "stationärem Aufenthalt" und "Abrechnungsfall" differenziert:

    • "Gleichwohl muss ein stationärer Aufenthalt nicht zwingend einem Abrechnungsfall gemäß Abrechnungsbestimmungen entsprechen. Bei einer Zusammenführung mehrerer Krankenhausaufenthalte zu einem Abrechnungsfall bzw. bei der Einbeziehung vor- oder nachstationärer Leistungen nach den geltenden Abrechnungs­bestim­mungen, sind sämtliche Diagnosen und Prozeduren auf den gesamten Abrechnungsfall zu beziehen. Das hat gegebenenfalls zur Folge, dass mehrere Prozeduren unter Addition der jeweiligen Mengenangaben zu einer Prozedur zusammenzuführen sind." (Hervorhebung durch Verfasser)

    Viele Grüße

    M2

  • Admin 2. August 2020 um 19:52

    Hat den Titel des Themas von „Barthel-Index“ zu „Barthel-Index und Fallzusammenführung“ geändert.
  • dass die Gutachterin ihr eröffnet habe, dass sie den Barthel-Index bei Fallzusammenführungen künftig nur noch akzeptieren werde, wenn dieser in den ersten 5 Tages des ersten Behandlungsfalles erhoben wurde.

    ...klingt wieder mal nach Ansage von oben oder externe Weiterbildung beim Spezialkollegen(Thema "wo kann man noch was holen, die KH mach ja schon fast alles richtig...")!

    was soll das?! Im Normalfall rechnet man doch nicht damit, dass ein Patient so schnell wiederkommt, Fallzusammenführungen sind daher oft überraschend und per se abrechnungstechnisch schon meist schlecht für das KH (na klar gibt es auch geplante Wiederaufnahmen, aber in diesem Fall hier gehe ich mal nicht davon aus, klingt jedenfalls nicht so.). Somit wäre es doch Unsinn im Nachgang zu forden Sie hätten schon im Ersten Fall innerhalb...machen müssen wenn es erst im 2 Fall relevant wird. Also das ist doch total absurd, wie kommt man auf so eine Idee??? das ist genau das Gegenteil von einer einzelfallbezogenen neutralen Begutachtung!

    Das da ökonomisch versierte Leute vertraglich FZF in bestimmten Situationen vereinbart haben, hat doch nichts mit dem realen Krankenhausleben mit ensprechenden auch wiederkehrenden Einzelfällen zu tun. Vertritt die MD(K)-Kollegin das wirklich mit reinem und gutem Gewissen?!

    Mfg

    rokka

  • wie schon Medman2 zitiert hat, „sind sämtliche Diagnosen und Prozeduren auf den gesamten Abrechnungsfall zu beziehen.“ Ich sehe es weiterhin so, dass dann auch der Barthelindex nur zu kodieren ist, wenn sein Kodeinhalt auch für den neuen Abrechnungsfall erfüllt ist.

    Aber interessant sind ja weniger unsere Privatmeinungen, als vielmehr juristisch- gerichtliche Bewertungen.

    Ist dazu etwas bekannt?

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo,

    bei allem Verständnis für das "formale" Festhalten an der Sicht "Barthel-Index gehört in die ersten 5 Tage - auch des Abrechnungsfalles bei FZF...": medman2 hat oben sehr gut die dann auch wohl von Juristen heranzuziehenden Passagen aus der FPV und DKR P005 zitiert. Und die dort vorgenommene Differenzierung an unterschiedlicher Stelle in "Abrechnungsfall" und "stationärer Einzelaufenthalt" wird hier wohl das Zünglein an der Waage sein.

    Neben diesen formalen Aspekten ist es auch unstrittig medizinisch sachgerecht, dass der Barthel-Index auf den stationären Einzelaufenthalt bezogen betrachtet werden muss.

    Nehmen wir das Beispiel der frührehabilitativen geriatrischen Komplexbehandlung, die beispielsweise im 2. stationären Einzelaufenthalt des "Abrechnungsfalles" stattfindet.

    Hierzu ist es sachgerecht, sinnvoll und deswegen auch Mindestmerkmal, dass das Assessment (u. a. mit Erhebung des Barthel-Index) zu Beginn dieser GER-Komplexbehandlung durchgeführt wird. Und das ist auch unter U50.-so geregelt:

    wenn man die Hinweise zu U50.- weiterliest, dann steht da [...] Bei geriatrischer oder frührehabilitativer Behandlung erfolgt die Kodierung analog zu Beginn dieser Behandlung [...].

    Da wüsste ich zusammengefasst also nicht, was sowohl aus formalen wie auch medizinisch an anderer Stelle geregelten Gründen dem MDK mit seiner Sichtweise Recht geben sollte.

    VG

    geoff

  • Vielen Dank für die zahlreichen Antworten!

    Ich bin Psychiaterin und ausschließlich im PEPP System tätig, daher auch nicht so firm in Sachen DRG.

    Fallzusammenführungen sind in der Psychiatrie eher Standard, oft auch Ketten mit 3 oder mehr Fällen. Letzte Woche haben wir erst eine Fallzusammenführung aus 11 Fällen für den MD vorbereitet...

    Das genannte Problem betrifft nahezu ausschließlich die Gerontopsychiatrie. Hier kommt es häufig vor, dass sich Patienten während des Aufenthalts somatisch verschlechtern und verlegt werden müssen. Zurück kommen sie meist in deutlich schlechteren Zustand. So kommt dann oft ein Barthel erst im zweiten Aufenthalt zustande. Ihn dann nicht kodieren zu dürfen finde ich befremdlich, sowohl den Einzelfall als auch den Gesamtfall würde dies aus meiner Sicht nicht korrekt abbilden.

  • Guten Tag,

    das ist für mich ein klassischer Fall für das Vorschlagsverfahren. Hier könnte eine Regelung eingefügt werden, dass bei FZL jeder Aufenthalt isoliert betrachtet werden soll - oder auch nicht..

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch