Kostenübernahme bei "Wunschverlegung"?

  • Hallo Forum,
    in unserem Krankenhaus wurde ein Patientin mit vorzeitigen Wehen (VD auf Blasensprung, Zwillingsschwangerschaftin der 32. SSW) stationär aufgenommen.
    Nach 14 Tagen wollte die Patientin in ein wohnortnahes Krankenhaus verlegt werden. Dieser
    Wunsch wurde erfüllt ohne Rücksprache mit der Krankenkasse. Im wohnortnahem Krankenhaus fand die Geburt statt. Die Krankenkasse bezahlte unserem Krankenhaus die in Rechnung gestellte DRG O64A (vorgeburtliche DRG ohne Abschlag da mittlere VWD überschritten). Dem nachfolgenden Krankenhaus wurde die in Rechnung gestellte DRG nicht bezahlt. Begründung: Die Verlegung sei nicht mit der Krankenkasse abgesprochen. Die Patientin hätte auch bei uns bleiben können. Eine Kostenübernahme der Geburts-DRG wurde abgelehnt.
    Muß das nachfolgende Krankenhaus diese Entscheidung hinnehmen???????

    MFG
    Johanna

  • Hallo Johanna.

    §39 SGB V Abs. 2: \"Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

    §76 SGB V Abs. 2: \"Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte oder ärztlich geleiteten Einrichtung in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.\"

    Da die Pat bereits bei Ihnen im Haus war, handelte es sich um das Nächste erreichbare Haus.
    Hat die Patientin wohl Pech gehabt ?( ?

    Zu beachten : KANN und KÖNNEN; also nicht zwingend.

    LG
    papiertiger

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Guten Tag,...
    §39 SGB V Abs. 2: \"Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

    §76 SGB V Abs. 2: \"Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte oder ärztlich geleiteten Einrichtung in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.\"

    Wieso die Patientin, das nachfolgenden Krankenhaus bekommt den Aufenthalt nicht bezahlt. Es geht nicht um Mehrkosten, die durch Verlegung entstanden sind.

    Die Mehrkosten die durch Krankentransport u.ä. entstehen sind vom Versicherten zu tragen, das leuchtet mir ein. Aber das die Kasse den kompletten Aufenthalt nicht bezahlt erscheint mir nicht richtig. Ohne Wunschverlegung hätte die Patientin in unserem Haus entbunden, die höher bewertete \"Geburts-DRG\" hätten wir der Kasse in Rechnung gestellt. Jetzt stellt es sich so dar, dass die Krankenkasse nur die vorgeburtliche DRG bezahlt. Das kann doch so nicht richtig sein????

    Freue mich über weitere Hinweise.
    Danke!!
    MFG
    Johanna

  • Hallo Johanna,
    ich denke, das ist wieder ein ganz kluger Schachzug der Kassen um die Kosten in den Griff zu bekommen.
    Erst inszeniert man Qualitätsvergleiche durch den aufoktroyierten Qualitätsbericht und wenn die Patienten dann eine andere als die nächsterreichbare Klinik wählen, sagt man schnell \"April,April..\" wenn es um die Kostenübenahme geht.
    Wirklich clever.
    Ich würde heute jedem Patienten empfehlen, sich erst mal bei seiner Kasse eine Bestätigung der Kostenübernahme zu holen.
    Wir überlegen, ob wir nicht als Patientenservice ein vorformuliertes Fax entwerfen, in dem die Kasse um Kostenzusage in solchen und ähnlichen Fällen gebeten wird.
    Es ist doch klar, die Kassen möchten immer mehr mitmischen.
    Heute sind es noch die \"Integrierten Versorgungsverträge\" morgen heißt das ganze schon \"Managed Care\" :d_luege:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Guten Morgen Johanna,

    ich finde das alles etwas sonderbar von der KK.
    Was wäre wenn... die Patientin auf eigenen Wunsch gegangen ist und evtl im anderen KH über die Notaufnahme ein Bett zur Entbindung bekommen hätte?
    Bezahhlt die Kasse dann auch nicht, da die Patientin evtl. keinen anderen driftigen Grund hatte um auch im ersten KH zu entbinden?
    Verweigere ich eine Verlegung, schränke ich das Recht der Pat. ein und mache ich mich gar einer \"Freiheitsberaubung\" strafbar ???
    Das nun das entbindende KH der Buhmann ist, kann ich nicht nachvollziehen.
    Einen Verlegungsabschlag könnte ich noch akzeptieren, ich kann auch verstehen, wenn die KK argumentiert, dass eine Verlegung aus medizin. Sicht nicht erforderlich war.
    Hier würde mich auch mal die Sicht eines Juristen interessieren!

    Viele Grüße aus dem verregneten Brandenburger Land!

    Mit frdl. Grüßen
    [c=blue]Mikka[/c]

    :d_zwinker:
    Das Leben ist die Suche des Nichts aus dem Etwas.
    (Chr. Morgenstern)

  • Guten morgen an alle.

    Ich stelle mal eine ganz böse Frage.

    Die Patientin war 14 (!) Tage da. Dass sie nicht Wohnortnah untergebracht war, dürfte schon am Aufnahmetag bekannt gewesen sein. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die Pat. den Wunsch zur Verlegung in ein Wohnortnahes KH schon vor der eigentlichen Verlegung geäußert hat.

    Wäre es da ein großes Problem gewesen bei der KK nachzufragen, wie die zur Verlegung steht? :d_gutefrage:

    Mit freundlichen Worten und einer Erklärung der Situation, hätte die KK mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nein gesagt.

    Ich kann das Verhalten der KK durchaus nachvollziehen.

    LG
    papiertiger

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo Forum,

    die Fragestellung hat in der Rubrik \"Fragen zu praktischen Kodierproblemen\" eigentlich nichts zu tun. Aber dies ist ja nur eine Formalie. Meine Meinung:

    Die durch die Verlegung resultierenden Mehrkosten bestehen in der Tat aus den Transport-/Fahrkosten und aus der Differenz zwischen der fiktiven Komplettabrechnung des Krankenhauses A und der tatsächlichen Abrechnung der Krankenhäuser A und B. (Eine Fallpauschale versus zwei Fallpauschalen, unterschiedliche Basisfallwerte !) Es wäre sicherlich interessant zu wissen, wie hoch diese Mehrkosten tatsächlich sind.

    Mit Hinweis auf § 39 Abs. 2 SGB V könnte die Versicherte/Patientin mit den Mehrkosten belastet werden. Also müsste die KK die beiden Rechnungen für unzweifelhaft entstandene Leistungen bezahlen und sich anschließend mit ihrer Versicherten auseinandersetzen. Ob sie dieses angesichts der Wettbewerbssituation wirklich tut, bleibt einmal dahin gestellt. Auf jeden Fall geht es meines Erachtens nicht an, den bequemen Weg zu wählen und das \"Problem\" auf dem Rücken der Krankenhäuser bzw. des Krankenhauses B auszutragen.

    Gruß

    Der Systemlernende

  • Hallo Forum,

    das Thema beschäftigt mich schon eine ganze Zeit lang und mich würde mal die öffentliche Meinung zu einem weiteren Fall interessieren:

    Patient wird in der Herzchirurgie behandelt (Herzklappenersatz) und nach 3 Behandlungstagen auf Wunsch heimatnah verlegt!

    Es kommen zur Abrechnung:
    Krhs A: DRG F08Z = ca. € 12500,00
    Krhs B: DRG F69A = ca. € 2800,00

    Wäre der Patient in Krhs A verblieben, so wäre die DRG F69A überhaupt nicht angefallen, denn bei Verbleib des Patienten bis Abschluss der KHB wäre ebenfalls die DRG F08Z in Krhs A zur Abrechnung gekommen.

    Als wenn das nicht schon ärgerlich genug wäre :boese: fällt bei Krhs A nicht mal ein Verlegungsabschlag an, da lt. Fallpauschalenkatalog \"Verlegungsfallpauschale\"! Ein Abschlag für UGVWD kommt auch nicht zum tragen, da der Patient ja verlegt und nicht entlassen wurde.
    Ich hätte also als Krhs A einer Verlegung auch auf jeden Fall zugestimmt.

    Das Beispiel zeigt, dass durch Verlegungen durchaus Mehrkosten für die Kasse entstehen! Von den Transportkosten will ich in diesem Fall nicht mal sprechen, obwohl hier mit Sicherheit auch noch ein paar Euro angefallen sind, denn eine Verlegung mit dem Krankenwagen ist leider nicht sehr günstig.

    Vielleicht hat ja jemand einen Vorschlag, wie eine Kasse mit solchen Fällen umgehen soll/kann/darf. Vielleicht hat ja auch ein Jurist im Forum eine Idee.

    Ein Lösungsansatz für die stationäre Behandlung wäre z.B.:

    Verlegung war medizinisch nicht notwendig -> Bitte Krhs. B wende dich mit deiner Rechnung an Krhs A, denn in diesem Fall ist Krhs. A der große Gewinner und das Krhs A hat verlegt, obwohl aus medizinischer Sicht nicht notwendig.

    P.S.: Ich glaube, dass der kalkulierte Wert für die eigentliche OP in der F08Z ca. bei € 7000,00 liegt!

    Mr. Freundlich

  • Hallo wertes Forum!

    Ich kann mich der Meinung \"papiertiger\" nur anschliessen.
    Sicherlich ist es ein zusätzlicher Aufwand, eine heimatnahe Verlegung mit der Kasse abzuklären, doch ist die Rechtslage eindeutig und dies auch schon zu BPfl-Satz Zeiten. Wir haben in einemi Fällen gut 1 1/2 Tage investiert, um die erforderliche Genehmigung inkl. eines preiswerten Transports zu bekommen.

    Wie das Rechenbeispiel von Mr. Freundlich zeigt, stehen hier schon ein paar Euro zur Disposition. Wen ich Kassensachbearbeiter wäre, würde ich die auch nicht bezahlen.
    Also manchmal besser den Ball flach halten und absehbare Probleme vorher klären.

    Mit freundlichem Gruß
    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Hallo Forum und insbesondere Mr. Freundlich,

    ein Auszug aus § 60 Abs. 2 S. 1 SGB V:

    Zitat


    Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages

    1. bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist, oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus, ...

    Sofern die Verlegung tatsächlich nicht medizinisch notwendig war und Sie nicht eingewilligt haben, brauchen Sie die Fahrkosten nicht zu übernehmen.
    Dies ist angesichts der 2.800 €, die Sie Ihrer Ansicht nach zu viel bezahlen, sicherlich nur ein schwacher Trost. Jedoch sind die Regelungen der FPV 2005 in diesem Fall eindeutig:

    Zitat


    § 1 Abs. 1 S. 2 FPV 2005
    ...Im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab. Diese wird nach Maßgabe des § 3 gemindert; dies gilt nicht für Fallpauschalen, die im Fallpauschalen-Katalog als Verlegungs-Fallpauschalen gekennzeichnet sind. ...

    Ob das sachgerecht ist, steht auf einem anderen Blatt. Es handelt sich jedenfalls um eine gültige Vereinbarung auf Spitzenverbandsebene. Bei Beschwerden ist somit weder KH A noch KH B der richtige Ansprechpartner.
    Hier kann allenfalls die Hoffnung auf das Funktionieren des pauschalierenden System und somit auf die sachgerechte Vergütung des Durchschnittsfalls Trost spenden. Und 2006 gibt es ja zumindest uGVD-Abschläge im verlegenden KH:

    Zitat


    § 1 Abs. 1 S. 2 FPV 2006:
    Im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab. Diese wird nach Maßgabe des § 3 gemindert; dies gilt nicht für Fallpauschalen, die im Fallpauschalen-Katalog als Verlegungs-Fallpauschalen gekennzeichnet sind; für diese Verlegungsfälle sind beim verlegenden Krankenhaus die Regelungen des Absatzes 3 entsprechend anwendbar.

    Gruß

    Norbert Schmitt

  • Hallo Herr Schmitt,

    beachtet werden muss allerdings, dass auch für Verlegungen eine medizinische Notwendigkeit bestehen muss.

    Das bestehende Wirtschaftlichkeitsgebot im §12 des SGB V möchte ich an dieser Stelle nicht im Detail zitieren.

    Bei allem persönlichen Verständnis insbesondere für die Situation der Patientin gilt, was für mich, was Papiertiger sagte:

    Wäre es da ein großes Problem gewesen bei der KK nachzufragen, wie die zur Verlegung steht? :d_gutefrage:

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck