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Herzbericht 2021: Todesfälle durch Herzkrankheiten leicht rückläufig

Herzbericht 2021 zeigt Trend zu sinkender KHK-Sterblichkeit. Weniger herzmedizinische Versorgungsmaßnahmen während Covid-Pandemie (Herzstiftung, PDF, 5 MB).



Aktuelle Auswertung der Herzmedizin zeigt Trend zu sinkender KHK-Sterblichkeit. Weniger herzmedizinische Versorgungsmaßnahmen während Covid-Pandemie. Herzbericht: Sterbefälle wegen Herzkrankheiten leicht rückläufig, weniger Krankenhausaufnahmen in Covid-Pandemie. Deutscher Herzbericht: Covid-Pandemie
wirkt sich auf das Versorgungsgeschehen aus mit Rückgängen bei den Krankenhausaufnahmen und herzmedizinischen Versorgungsmaßnahmen.

(Frankfurt a. M./Berlin, 14. September 2022) Nach wie vor die häufigste
Todesursache in Deutschland sind Durchblutungsstörungen durch
Herzkranzgefäßverengungen, die sogenannte Koronare Herzkrankheit (KHK). Wie der
aktuelle Deutsche Herzbericht 2021 zeigt, starben im Jahr 2020 insgesamt
121.462 Menschen an den Folgen der KHK, darunter 44.529 am akuten Herzinfarkt.
Auch verursacht die KHK die höchste Zahl an Krankenhausaufnahmen innerhalb
eines Jahres bei 564.059 vollstationären Fällen (2020) und sie ist die
Hauptursache für Herzschwäche (Herzinsuffizienz), an der 34.855 Menschen im
Jahr 2020 starben. „Auffällig und erfreulich ist, dass die Sterblichkeitsrate
bei den Herzkrankheiten KHK und Herzinsuffizienz spürbar gesunken ist. Ein
Trend, der sich über die letzten Jahre fortgesetzt hat. Beide Herzerkrankungen
sind Hauptursachen für den Plötzlichen Herztod mit 66.000 Todesfällen pro Jahr
in Deutschland“, betont der Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung bei der Vorstellung des
aktuellen Deutschen Herzberichts 2021. Dieser kann unter
www.herzstiftung.de/herzbericht kostenfrei (PDF) angefordert werden.

Nach den Zahlen des neuen Herzberichts konnten im Zeitraum 2018 bis 2020 die
Sterbefälle durch KHK um 6,0 % von 140,3 auf 131,9 Verstorbene pro 100.000
Einwohner (EW) und bei Herzschwäche um 11,8 % von 41,2 auf 36,3 Verstorbene pro
100.000 EW gesenkt werden. „Für diese positive Entwicklung dürften insbesondere
Faktoren wie eine verbesserte Prävention, Diagnostik und Therapie ursächlich
sein, im Fall der Herzschwäche etwa lebensverlängernde Effekte von Medikamenten
und Schrittmacher-Therapien, worauf auch die Entwicklung der Sterblichkeitsrate
der Vorjahre hindeutet“, so Voigtländer. „Allerdings könnte die
Covid-19-Pandemie 2020 als neu hinzugekommene Todesursache auch beeinflusst
haben, dass andere Sterblichkeitsursachen seltener angegeben wurden.“ Am
deutlichsten zeigte sich die Senkung der Mortalität von 2018 zu 2020 bei den
Herzrhythmusstörungen, die um 14 % von 32,7 auf 28,1 Verstorbene pro 100.000 EW
gesunken ist (Sterbefälle durch Herzrhythmusstörungen insgesamt in 2020:
27.369).

Hohe Last an Begleiterkrankungen: mehr Fokus auf Einhalten der Therapieziele
Die positive Entwicklung darf jedoch nicht den Blick dafür verstellen, dass die
KHK/akuter Herzinfarkt und Herzschwäche immer noch die häufigsten Todesursachen
und maßgeblich für den Plötzlichen Herztod verantwortlich sind, wie
Voigtländer, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses in
Frankfurt, betont. Hinzu kommt, dass beide Herzkrankheiten in aller Regel mit
Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus,
Fettstoffwechselstörungen, Adipositas oder auch Vorhofflimmern einhergehen, was
der aktuelle Herzbericht anhand von Zahlen aus der kardiologischen und
hausärztlichen Versorgung dokumentiert. „Eine hohe Last an Begleiterkrankungen
stellen wir besonders bei der Herzschwäche fest, die sich auch als Endstadium
oder Syndrom anderer Herz-Kreislauf-Krankheiten bezeichnen lässt; am häufigsten
sind insbesondere hoher Blutdruck, Nierenschwäche, Diabetes und Übergewicht
Nebenerkrankungen der Herzschwäche“, erklärt Voigtländer. Von „essenzieller
Bedeutung für ein Eindämmen der Herzschwäche“ sei daher ein konsequenteres
präventives und therapeutisches Vorgehen eben gegen diese Begleiterkrankungen,
allen voran den hohen Blutdruck, der laut Herzbericht häufigsten
Begleitdiagnose von Herzinsuffizienz (78,4 %) und von KHK (59,5 %). Hoher
Blutdruck ist wie Diabetes mit einem hohen Schadenspotenzial für Herz und
Gefäße (Schlaganfall und Herzinfarkt) verbunden. In der therapeutischen
Versorgung der Herzschwäche sehen die Autoren des Herzberichts Lücken beim
Einhalten von Therapiezielen (Adhärenz) etwa bei der medikamentösen
Herzinsuffizienz-Therapie mit RAAS-Hemmern. Wie enorm wichtig aber die
konsequente Behandlung der Komorbiditäten durch Senkung des hohen Blutdrucks
oder des erhöhten Blutzuckerspiegels (Diabetes) ist, führte die
Covid-19-Pandemie klar vor Augen, wie der Kardiologe und Intensivmediziner
Voigtländer hervorhebt: „Ein erhöhtes Risiko für einen schweren
Covid-19-Krankheitsverlauf haben allen voran Patienten mit Bluthochdruck,
Diabetes mellitus, Nierenversagen und Herzschwäche – dafür müssen wir auch mit
Blick auf die Pandemielage im Herbst sensibilisieren.“

Rückgang von Klinikeinweisungen: Covid-19-Pandemie oder Unterdiagnostik?
Nahezu alle Herzkrankheiten weisen in den Krankenhausaufnahmen (vollstationäre
Hospitalisationsrate) im Jahr 2020 eine deutliche Abnahme gegenüber dem Jahr
2018 auf. Bei der KHK sank die Zahl der Krankenhausaufnahmen um 11,4 %, bei
Herzklappenkrankheiten um 5,5 %, bei Herzrhythmusstörungen um 9,9 %, bei
Herzschwäche um 9,3 % und bei den angeborenen Fehlbildungen um 4,0 %. „Da es in
vielen anderen Ländern auch zu Veränderungen der Hospitalisationsraten 2020
gekommen ist, dürfte die Covid-Pandemie der Hauptauslöser für diese Abnahme
stationärer Aufnahmen gewesen sein“, erklärt Voigtländer. Patienten hätten
besonders während der Pandemiewellen aus Sorge vor einer SARS-CoV-2-Infektion
Kliniken gemieden. Gleichzeitig mussten Kliniken ihre Aufnahmen zeitweise auf
Notfälle beschränken, um Kapazitäten für Intensivpatienten freizuhalten.

Covid-bedingte Reduktion herzmedizinischer Versorgung in Kliniken: mit Folgen?
Bekanntlich wurden im Pandemiejahr 2020 auch sogenannte „elektive“, d. h.
aufschiebbare operative Eingriffe, weniger häufig durchgeführt (Daten des
IQTIG*): am deutlichsten war das von 2018 zu 2020 der Fall bei chirurgischen
Eingriffen wie der Bypassoperation (-27,2 %) und dem isolierten
Aortenklappenersatz (-27 %). Zu deutlich weniger Eingriffen gegenüber 2018 kam
es auch bei katheterbasierten (interventionellen) Eingriffen wie der
Koronarangiographie (-6,0 %), bei Kathetereingriffen wie PCI
(Herzgefäßaufdehnung durch Stent/Ballon) (-5 %) oder
Schrittmacher-/ICD-Implantationen (-3,5 %/-8,1 %). „Welche Folgen das teils
spürbare ,Herunterfahren‘ von Diagnostik und Therapie in der Pandemie für die
Prognose von Herz-Kreislauf-Patienten haben wird und wie es sich bundesweit auf
die kardiovaskuläre Sterblichkeit auswirken wird, lässt sich womöglich erst in
ein paar Jahren klären“, so Voigtländer.

Eine regionale Untersuchung von Daten hessischer Krankenhäuser zum Beispiel für
den Zeitraum 23. März bis 26. April 2020 (1) hat einen Anstieg der
Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen während des ersten strikten
Lockdowns belegen können. 7,6 % mehr Menschen als im selben Zeitraum des
Vorjahres starben an einer Herz-Kreislauf-Komplikation, während die
Sterblichkeit allein durch eine Herzerkrankung um 11,8 % höher war. Im selben
Zeitraum sank in den 26 Kliniken, die an der Untersuchung teilnahmen, die Zahl
der Herzkathetereingriffe um 35 % gegenüber 2019. Die Studienautoren vermuten,
dass der Sterblichkeitsanstieg nicht allein mit SARS-CoV-2-Infektionen zu
erklären ist, sondern dass Patienten viel später als üblich in die Kliniken
kamen und dadurch deren Herz- oder Gefäßkomplikationen verzögert medizinisch
versorgt wurden. „Pandemie-Lockdowns dürfen bei Patienten mit Herzbeschwerden
nicht dazu führen, dass sie sich bei der Inanspruchnahme medizinischer
Versorgung in den Kliniken zurückhalten.“ Infos unter
www.herzstiftung.de/ein-krankes-herz-kann-niemals-warten

Herzkrankheiten früh aufdecken und behandeln – noch bevor es zum Eingriff kommt
Trotz Pandemie und einer Rückläufigkeit bei stationären Aufnahmen und in der
Sterblichkeit, bleibt festzustellen, dass sich die Gesamtzahlen der
Krankenhausaufnahmen (vollstationäre Hospitalisationsrate) wegen
Herzkrankheiten weiterhin auf einem hohen Niveau bewegen: Wegen KHK kam es im
Jahr 2020 zu 613, wegen Herzrhythmusstörungen zu 469,1 und wegen
Herzinsuffizienz zu 441,7 vollstationären Aufnahmen pro 100.000 EW. Früh setzt
bei Männern der Anstieg der Krankenhausaufnahmen bei der KHK ein: mit dem 45.
bis 50. Lebensjahr bei KHK und bei Herzrhythmusstörungen ab dem 50.
Lebensjahr.

Ziel sollte sein, dank der heutigen Verfahren in Diagnostik und Therapie,
chronische Herzkrankheiten wie KHK, Herzklappenerkrankungen und
Herzrhythmusstörungen, die unbehandelt zum Entstehen der Herzinsuffizienz
führen können, frühzeitig aufzudecken und zu behandeln. „Noch bevor es zum
therapeutischen Einsatz von Kathetereingriffen wie PCI und Stentimplantation,
Bypass-Chirurgie bzw. katheterbasierter oder chirurgischer Verfahren der
Rhythmustherapie wie Vorhofflimmer-Ablation oder Herzklappenersatzverfahren
kommt, sollte man die Herzerkrankung identifizieren und frühzeitig behandeln“,
erklärt der Herzstiftungs-Vorsitzende. Die Diagnostik hat sich etwa bei KHK
wesentlich weiterentwickelt und auch durch die neuen bildgebenden Verfahren
Koronar-CT (Computertomographie) und Kardio-MRT können Veränderungen der
Herzkranzgefäße (Plaques, Verengungen) und deren Auswirkung auf die
Durchblutung des Herzmuskels frühzeitig erfasst werden. Mit derlei Verfahren
lässt sich die Zahl der invasiven Herzkatheterdiagnostik und damit auch der
stationären Aufenthalte reduzieren. Und das Auftreten von akuten
Koronarsyndromen (Herzinfarkt, instabile Angina Pectoris) kann so durch
frühzeitige Therapie verhindert oder zumindest in ein höheres Lebensalter
„verschoben“ werden. Das gleiche gilt für die Diagnose von Klappenfehlern oder
Rhythmusstörungen. Bei Rhythmusstörungen tragen mittlerweile Wearables dazu
bei, Unregelmäßigkeiten des Herzschlags (anfallsartiges Vorhofflimmern)
frühzeitig zu erkennen.

Herzkrankheiten im Ländervergleich: Gefälle in der kardiologischen Versorgung?
Regionale Unterschiede in der Sterblichkeit und den Krankenhausaufnahmen wegen
Herzkrankheiten bestehen fort, wie der Deutsche Herzbericht 2021 dokumentiert.
Die höchste Sterbeziffer (alters- und geschlechtsstandardisiert) eines Landes
kann bei Herzinsuffizienz oder KHK nahezu doppelt so hoch sein wie die
niedrigste Sterbeziffer eines anderen Landes. Ein Blick auf die Todesrate der
KHK und des Herzinfarkts zeigt: Östliche Bundesländer haben weiterhin die
höchste Sterblichkeit. So hat Sachsen-Anhalt wie im Vorjahr auch 2020 die
höchste Sterbeziffer mit 182 KHK- und 66 Herzinfarkt-Sterbefällen pro 100.000
EW, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern mit 172 KHK- und 63
Herzinfarkt-Verstorbenen und Sachsen mit 169 KHK- und 61
Herzinfarkt-Verstorbenen pro 100.000 EW. Anders hingegen gelagert ist das
Gefälle bei der Hospitalisationsrate (alters- und geschlechtsstandardisiert):
Sachsen weist hier die niedrigsten Hospitalisationsraten bei KHK mit 440 und
Herzinfarkt mit 177 vollstationären Aufnahmen pro 100.000 EW auf, während die
höchste Rate für KHK in Berlin mit 784 und für Herzinfarkt im Saarland mit 272
vollstationären Aufnahmen pro 100.00 EW festzustellen ist. „Den genauen
Ursachen für diese teils ausgeprägten regionalen Gefälle muss genauer auf den
Grund gegangen werden“, fordert der Herzstiftungs-Vorsitzende. „Welche Faktoren
führen etwa in einem Bundesland wie Nordrhein-Westfalen zu einer im Schnitt
deutlich niedrigeren Sterbeziffer? Ist es vielleicht eine höhere kardiologische
Versorgungsdichte?“ In NRW liegen die Sterbeziffern für KHK bei nur 113, für
Herzinfarkt bei 36 und für die Herzschwäche bei nur 32 Verstorbenen pro 100.000
EW. Auffällig ist, dass auch die geringste Versorgungsdichte mit zugelassenen
Kardiologen (vertragsärztliche Versorgung) in den östlichen Bundesländern
Thüringen mit 36.556, in Mecklenburg-Vorpommern mit 30.392, in Sachsen-Anhalt
mit 26.922 und in Brandenburg mit 26.643 EW pro Kardiologe liegt. „Inwiefern
dieses Versorgungsgefälle ein Indikator für Lücken in der ambulanten
kardiologischen Versorgung ist und dies Ursache für eine höhere Morbidität und
Sterblichkeit sein könnte, ist spekulativ und bedarf fundierter Analysen“,
erklärt Voigtländer. So müssten Analysen zu regionalen Unterschieden auch
Einflussfaktoren wie Raucheranteil, Erwerbsstatus, Häufigkeit von
Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht
berücksichtigen.

Auf Landesebene aktiv: Aufklärungskampagnen in Sachsen-Anhalt und Bayern
Als weiterhin wichtigen Baustein zur Bekämpfung der Herzinfarktsterblichkeit
auf Landesebene sieht Voigtländer sowohl Register zur wissenschaftlichen
Untersuchung der Infarktversorgung als auch landesweite Aufklärungskampagnen
mit Aktionsbündnissen aus Behörden, Ärztenetzwerken, Krankenkassen und
Gesundheitsorganisationen zu Themen wie Vorsorge, Ursachen und Symptome von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie richtiges Notfallverhalten. „Genau dieses
Ziel verfolgt die als ,Herzwoche‘ angelegte Aufklärungskampagne in
Sachsen-Anhalt, die Vorbildcharakter für ähnliche Initiativen wie die
Herzinfarkt-Kampagne in Bayern ,Hand aufs Herz‘ hat und die wir als Partner
unterstützen.“ Das mit Erfolg: Sachsen-Anhalt konnte seine
Herzinfarkt-Mortalität kontinuierlich senken: von 69,3 Herzinfarkt-Verstorbenen
pro 100.000 EW (2018) auf 66,3 (2020).
(wi)

*IQTIG (Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen):
Institut im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)

Quelle: Herzstiftung, 14.09.2022

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