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Neuer Klima-Rechner für Kliniken

DBU fürdert wegweisendes Pilotprojekt in Freiburg zum Klimaschutz durch Krankenhäuser (Deutsche Bundesstiftung Umwelt).



Der Gesundheitssektor muss viel stärker als bisher von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft beachtet werden, um klimaschädliche Treibhausgase (THG) wie Kohlendioxid (CO2), Energieverbrauch und somit die Erderwärmung zu minimieren, so die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Sie fordert deshalb ein
Umdenken. „Wir müssen dieses ungenutzte Reduktions-Potenzial im Kampf gegen die Klimakrise verstärkt nutzen“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Ein erster Schritt ist jetzt gemacht, der bundesweit für Furore sorgen könnte: Die
DBU hat die Entwicklung eines digitalen Instruments durch das
Universitätsklinikum Freiburg sowie das dort ansässige Öko-Institut mit 125.000
Euro gefördert. Das CO2-Tool dient der Berechnung von umfassenden Klimabilanzen
in Gesundheitseinrichtungen, ist kostenlos und ab heute frei verfügbar.

Gesundheitswesen verursacht mehr Treibhausgasemissionen als die Luftfahrt

„Das Öko-Institut geht davon aus, dass das Gesundheitswesen für rund fünf
Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich ist – mehr als
die Luftfahrt“, so Bonde. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht gar von
6,7 Prozent jährlich, das sind rund fünf Millionen Tonnen CO2. Trotz dieser
Dimension hapert es nach Bondes Worten daran, „dass es für die Branche kaum
verbindliche Reduktionsstrategien gibt. Ein solches Versäumnis können wir uns
nicht länger leisten.“ Zugleich bringen nationale und EU-weite Vorgaben zum
Klimaschutz die Branche erheblich in Zugzwang – etwa in Deutschland, das laut
Klimaschutzgesetz bis 2045 klimaneutral sein muss, inklusive Gesundheitswesen.
Oder auf EU-Ebene Richtlinien und Verordnungen, die binnen der nächsten Jahre
Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit verlangen. Bonde zufolge gibt es noch
einen anderen, globalen Zusammenhang: „Es geht ja nicht nur um einen
Richtungswechsel allein für den Gesundheitssektor. Der so zu erzielende
stärkere Klimaschutz zahlt zugleich auf die planetare Gesundheit insgesamt ein.
Nur wenn die Erde gesund ist, bleibt der Mensch gesund.“

Öffentlich zugängliche Datenbasis wird anderen Einrichtungen zur Verfügung
gestellt

Der durch die Freiburger Kooperationspartner nun auf Grundlage einer Fallstudie
am Beispiel des Uniklinikums Freiburg bereitgestellte CO2-Rechner soll künftig
anderen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bundesweit helfen,
unterschiedliche Emissionstypen standardmäßig zu erfassen. „Zur Verfügung
gestellt wird auf diese Weise nicht nur eine öffentlich zugängliche Datenbasis,
sondern auch ein Berechnungstool auf Grundlage des Greenhouse Gas (GHG)
Protocol“, erläutert der in der Stiftung für das Projekt zuständige
DBU-Referatsleiter Dr. Alexander Bittner. Das GHG Protocol (deutsch
„Treibhausgas-Protokoll“) dient der Bilanzierung von CO2-Emissionen. Es gilt
unter anderem wegen seiner Prinzipien und drei Beobachtungsstufen (engl. Scope)
als wichtigster und verbreitetster Standard für die THG-Berechnung von
Organisationen – bislang allerdings vor allem auf Unternehmensebene und minimal
im Gesundheitssektor: Lediglich drei Prozent der Kliniken in Deutschland
erfüllen derzeit die Anforderungen des GHG Protocol.

Bonde: Das ist echte Pionierarbeit

Genau dies soll sich mithilfe des neuen CO2-Rechners ändern. Bittner: „Ziel
ist, auf Grundlage aller drei Scopes eine THG-Bilanzierung von Kliniken und
perspektivisch auch anderen Institutionen des Sektors zu ermöglichen.“ So
umfasst „Scope 1“ die direkten THG-Emissionen wie eigene Anlagen oder Gebäude,
„Scope 2“ den indirekten Ausstoß von Treibhausgasen etwa aus der Nutzung von
extern bereitgestellten Energieträgern zum Beispiel für Wärme und Kühlung,
„Scope 3“ schließlich THG-Emissionen, die durch Lieferketten oder
Dienstleistungen entstehen. Berücksichtigt werden dabei auch
Medikamentenherstellung sowie Produktion, Verpackung und Transporte nicht nur
von Hygienemitteln, sondern auch von medizinischem Verbrauchsmaterial, Arzneien
und Lebensmitteln. Dazu Bittner: „Besonders bei Scope 3 liegen noch zu wenige
Daten vor.“ Diese Lücke will der Freiburger CO2-Rechner schließen. Aus gutem
Grund: Denn der in Scope 3 anfallende Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase
macht zwar häufig den Großteil der Emissionen eines Unternehmens aus, spielt
oft jedoch in der CO2-Kalkulation keine oder eine nur geringe Rolle.
DBU-Generalsekretär Bonde nennt die Leistung der Freiburger „echte
Pionierarbeit. Denn die Daten und das Tool liefern die Option, den Ausstoß von
Treibhausgasen größtmöglich zu bilanzieren. Erst dann weiß man, mit welchen
Stellschrauben klimaschädliche Emissionen vermieden werden können.“

Klimaschädliche Narkosegase komplett ersetzt

Das Universitätsklinikum Freiburg hat im Zuge des Projekts diese Aufgabe schon
bewältigt und kann nun zielgenau die Minimierung des CO2-Ausstoßes in Angriff
nehmen: Das Krankenhaus emittiert im Klinikbetrieb rund 104.000 Tonnen
Kohlendioxid; hinzu kommen bei der Produktion von Fernwärme für andere
Einrichtungen etwa 41.000 Tonnen THG. Und bei der Eigenproduktion von Wärme,
Kälte und Strom zur Nutzung in der Klinik schlagen ungefähr 33.000 Tonnen CO2
zu Buche. Gehandelt für mehr Nachhaltigkeit hat das Klinikum bereits: Besonders
klimaschädliche Narkosegase sind komplett ersetzt worden, und das Tumorzentrum
wird mit Schwarzwaldgrundwasser gekühlt. DBU-Generalsekretär Bonde: „Das zeigt,
was alles möglich ist. Wir können im Gesundheitssektor viel für den Klimaschutz
herausholen.“ Tatsächlich sind die Dimensionen riesig – in Deutschland mit
seinen etwa 1890 Krankenhäusern ebenso wie in Europa mit nahezu 24.300 Kliniken
und weltweit.

Quelle: Deutsche Bundesstiftung Umwelt, 22.05.2023

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