The DEMATEL method explores the interdependent relationship structure and weights for diagnosis-related groups system /> Krankenkassen- und MD-Anfragen inklusive aktueller Urteile September 2022 />

Innungskrankenkassen setzen auf Verbreiterung der Einnahmenbasis der GKV mydrg.de





groups

Innungskrankenkassen setzen auf Verbreiterung der Einnahmenbasis der GKV

Innungskrankenkassen präsentieren Konzept zur nachhaltigen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) (Mediennachricht).



Nachjustierung und Dynamisierung des Bundeszuschusses und Erweiterung um die Partizipation an Genuss- und Umweltsteuern / Abkehr vom alleinigen Lohnkostenmodell: Beteiligung der Digital-/ Plattformökonomie an den Kosten der Sozialversicherung. Um eine nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) mit einer fairen Lastenverteilung sicherzustellen und damit eine außerordentliche Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zu verhindern, sehen die
Innungskrankenkassen die Verbreiterung der Einnahmenbasis der GKV als
entscheidenden Faktor an. Ihr Konzept zur nachhaltigen Finanzierung der GKV
wurde heute im Rahmen einer Pressekonferenz des IKK e.V. in Berlin vorgestellt.
Die Innungskrankenkassen schlagen drei Bausteine vor: Die Nachjustierung und
Dynamisierung des Bundeszuschusses für versicherungsfremde Leistungen, die
Ausweitung der Steuerfinanzierung auf Basis der gesundheits- bzw.
umweltbezogenen Lenkungssteuern sowie die Abkehr vom alleinigen
Lohnkostenmodell durch Beteiligung der Digital-/ Plattformökonomie an den
Kosten der Sozialversicherung.

Nicht alle dieser Finanzierungsoptionen lassen sich derzeit schon kalkulieren.
Aber alleine aus einer Dynamisierung des Bundeszuschusses und der Erweiterung
des Steuerzuschusses auf Basis der gesundheits- bzw. umweltbezogenen
Lenkungssteuern würden zusammen mit dem Ausgleich der Leistungen für ALG-II
Bezieher und einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel Einsparungen in
Höhe von 33,27 Milliarden Euro jährlich für die GKV realisiert werden.
Heruntergebrochen bedeutet dies bei einem Medianeinkommen in Höhe von 43.200
Euro eine Einsparung im Zusatzbeitrag von 898,29 Euro im Jahr
(Arbeitgeber-/Arbeitnehmeranteil: 449,15 Euro).

Finanzlage der GKV und Kritik am GKV-FinStG

Ausgangspunkt für das Konzept, mit dem die Innungskrankenkassen umfangreiche
Lösungsvorschläge geben und dem Bundesgesundheitsministerium eine
Diskussionsbasis für die angekündigte Reformagenda zur Finanzierung der
Sozialversicherung liefern möchten, ist die Schieflage der GKV-Finanzen, und
zwar deren strukturelle Unterfinanzierung. So fehlen im Jahr 2023 mindestens 17
Milliarden Euro. Dies wird sowohl von der demographischen Entwicklung, dem
medizinisch-technischen Fortschritt und den Veränderungen in der Arbeitswelt
sowie den großzügigen Leistungsgesetzen der letzten Legislaturperioden
befördert.

Der im Juli 2022 vorgelegte Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes
(GKV-FinStG) wird das Problem nach Meinung vieler Experten nicht lösen. „Er ist
letztlich der Offenbarungseid einer kurzsichtigen Gesundheitspolitik, die
einschneidende Reformen aufschiebt und, um kurzfristig Finanzierungslücken zu
schließen, wieder einmal die Lasten einseitig und ungerechtfertigt der GKV und
damit den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern aufbürdet“, erklärt
Hans-Jürgen Müller, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V., und führt aus: „Um das
Defizit zu stopfen, sollen direkt bzw. indirekt rund zwölf Milliarden Euro
allein von den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern der GKV, den
Versicherten und Arbeitgebern, aufgebracht werden. Direkt über eine
Beitragserhöhung, indirekt über das Abschmelzen der Finanzreserven der
Krankenkassen und des Gesundheitsfonds sowie über ein Bundesdarlehen. Das alles
sind Taschenspielertricks, keine langfristige Sicherung der Finanzen. Diese
Politik verstehen weder die 73 Millionen GKV-Versicherten noch die knapp sechs
Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen.“ Der Staat müsse seiner
Finanzverantwortung nachkommen.

Auch Prof. Dr. rer. pol. Jürgen Wasem bestätigt, dass der mehrjährige Trend der
überproportionalen Zunahme der primären Unterdeckung durch das GKV-FinStG nicht
gestoppt werde. Seinen Berechnungen für die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung
nach werde die primäre Unterdeckung in der GKV von aktuell 51 Milliarden Euro
auf 75 Milliarden Euro im Jahr 2027 anwachsen. Das GKV-FinStG sei schon für
2023 bestenfalls auf knappste Kante genäht, erklärt Wasem, schon ab 2024 klaffe
das strukturelle Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben seiner Ansicht nach
wieder weit auseinander. „Es bedarf dauerhaft wirksam stabilisierender
Regelungen!“, fordert auch der Gesundheitsökonom von der Universität
Duisburg-Essen.

Hans Peter Wollseifer, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V., kritisiert das
GKV-FinStG aus Sicht der Handwerkerschaft bzw. der Arbeitgeber. Mit der im
Gesetzentwurf einkalkulierten Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags in
der GKV um mindestens 0,3 Beitragssatzpunkte werde die 40-Prozent-Marke bei den
Sozialversicherungsbeiträgen überschritten. „Im Klartext heißt das: Damit wird
die in der Vergangenheit zurecht als maßgeblich angesehene und von der letzten
Großen Koalition noch festgeschriebene Sozialgarantie aufgehoben – aus unserer
Sicht ein katastrophaler Schritt.“ Schon derzeit ist in Deutschland die
Belastung des Arbeitseinkommens mit Abgaben, also Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge, laut einer OECD-Studie weltweit die Zweithöchste
unter allen Industrienationen. Aus Sicht des Vorstandsvorsitzenden sind die
Abkehr vom alleinigen Lohnkostenmodell und eine faire Beteiligung der Digital-
und Plattformwirtschaft an der Finanzierung der Sozialversicherung dringend
geboten.

Dynamisierung des Bundeszuschusses zur GKV und Übernahme versicherungsfremder
Leistungen

Die Innungskrankenkassen sehen als ersten Baustein ihres Konzeptes einen in
seiner Höhe angepassten und dynamisierten Bundeszuschuss vor. Ziel ist der
Ausgleich aller versicherungsfremden Leistungen. Hierfür ist eine gemeinsame
Festlegung notwendig. Viele der Ausgaben, die die Krankenkassen übernehmen,
seien eigentlich originär staatliche Aufgaben und deshalb auch vollständig aus
Steuermitteln zu finanzieren. Dabei liegt die Höhe der Ausgaben der Kassen für
versicherungsfremde Leistungen laut IGES-Institut bei 49,8 Milliarden Euro.
Schon damit könne eine kurzfristige Mehrbelastung der Beitragszahlenden
vermieden werden. „Eine verlässliche Gesundheitsversorgung ist zu wichtig, um
dauerhaft vom guten Willen des Finanzministers abzuhängen. Deshalb brauchen wir
einen regelbasierten und dynamisierten Steuerzuschuss“, erklärt Peter Kaetsch,
Vorstandsvorsitzender der BIG direkt gesund.

Für eine Dynamisierung des Bundeszuschusses zur GKV bieten sich verschiedene
Parameter an, so die Innungskrankenkassen: die Entwicklung des nominalen
Bruttoinlandsprodukts (BIP), der Bruttolöhne bzw. der Grundlohnsumme, der
Leistungsausgaben der GKV sowie eine Anpassung an die Inflationsrate. Die
Innungskrankenkassen schlagen vor, dass ein Dynamisierungsfaktor festgelegt
wird, der sich sowohl an der Bruttolohnentwicklung als auch an der
Inflationsrate bemisst (Mittelwert), führt Kaetsch aus, und weist darauf hin,
dass zukünftig bei einer Erweiterung des Leistungskatalogs der GKV um weitere
versicherungsfremde Leistungen folgerichtig eine Anpassung vorzunehmen sei.

Abkehr vom alleinigen Lohnkostenmodell – Partizipation an Genuss-/
Umweltsteuern

Die Innungskrankenkassen sehen – trotz ihres klaren Bekenntnisses zum System
der Umlagefinanzierung und des Systems der Selbstverwaltung – die Abkehr vom
alleinigen Lohnkostenmodell als einen weiteren wichtigen Baustein zur Sicherung
der Finanzstabilität. Die Summe der beitragspflichtigen Einnahmen nimmt
aufgrund des Wandels der Arbeits- und Erwerbswelt gegenüber der Entwicklung des
Bruttosozialprodukts ab. Die Abkehr vom alleinigen Lohnkostenmodell ermöglicht
die Erschließung weiterer Finanzierungsquellen und würde neben den
Arbeitnehmern insbesondere die lohnintensiven Klein- und Mittelbetriebe als
Beitragszahler spürbar entlasten. Dies könnte durch eine Partizipation an
Steuereinnahmen auf gesundheitsschädliche Genussmittel bzw. an Umweltsteuern
erreicht werden.

„Die Staatseinnahmen aus der Tabak-, Alkohol-, Alkopop-, und Schaumweinsteuer
lagen in den vergangenen Jahren konstant bei rund 17 Milliarden Euro“,
erläutert Prof. Dr. Jörg Loth, Vorstandsvorsitzender der IKK Südwest. Eine
beispielhaft 50-prozentige Beteiligung der GKV an den genannten Steuerarten
könne zu Mehreinnahmen von über acht Milliarden Euro jährlich führen. Dies
allein würde das für 2023 zunächst veranschlagte Defizit um fast die Hälfte
ausgleichen, erörtert Loth. Der Vorstandsvorsitzende verweist auf die
Win-Win-Situation von Lenkungssteuern für den Staat, die betroffene Bevölkerung
und die GKV: „Es ist legitim, über die Beteiligung der GKV an den erhobenen und
gesundheitspolitisch motivierten Lenkungssteuern zu diskutieren, die das Ziel
verfolgen, Gesundheitsrisiken und deren Kosten zumindest in Teilen zu
kompensieren und noch dazu geeignet sind, das Gesundheitsverhalten positiv zu
beeinflussen.“ Aus diesem Grunde bietet sich nach Ansicht der
Innungskrankenkassen auch der Bereich der Umweltsteuern zur Beteiligung an.
Insgesamt könne eine Beteiligung an Genusssteuern und an umweltbezogenen
Steuern, wenn man bei letzteren von einer zehnprozentigen Beteiligung ausgeht,
die GKV insgesamt um 14,66 Milliarden Euro entlasten.

Darüber hinaus fordern die Innungskrankenkassen weiterhin eine Absenkung der
Umsatzsteuer auf Arzneimittel von 19 auf sieben Prozent. „So könnte die GKV
bundesweit sechs Milliarden Euro einsparen“, so Loth. „Die
Mehrwertsteuersenkung wäre ein zentraler Baustein einer strukturellen
Finanzierungsreform und ist fast in jedem europäischen Land Standard.“

Beteiligung der Digital- und Plattformwirtschaft

Aufgrund zunehmender Automatisierung und Digitalisierung gehen
sozialversicherungs-pflichtige Arbeitsplätze verloren, gleichzeitig entstehen
neue Formen der Arbeit. In der Folge sinken die beitragspflichtigen Einnahmen,
gleichzeitig wird das Solidarsystem aber zur Absicherung herangezogen und
belastet.

Die Innungskrankenkassen blicken dabei auf zwei moderne Ökonomieformen: Zum
einen auf international aufgestellte Konzerne der digitalen Welt, die sich
ihrer Verantwortung zur Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben
entziehen. „Wir begrüßen sehr, dass die Europäische Kommission schon 2018
hierzu zwei Gesetzgebungsvorschläge gemacht hat“, erklärt Vorstandsvorsitzender
Kaetsch. „In diesem Zusammenhang ist es folgerichtig, auch darüber
nachzudenken, welchen Beitrag die Unternehmen für die Finanzierung der
gesamtgesellschaftlichen Aufgaben übernehmen können.“

Zum anderen nehmen die Innungskrankenkassen die Plattformarbeit in den Fokus,
die für etwa zwei Prozent der Erwachsenen in 14 EU-Mitgliedstaaten die
Haupteinnahmequelle ist, bis zu acht Prozent erzielen mit ihr
Gelegenheitseinkünfte. Da Plattformarbeit nicht im vollen Umfang besteuert wird
und Plattformarbeiter nicht adäquat durch die Systeme der sozialen Sicherheit
geschützt sind, führt dies zu nachteiligen Auswirkungen sowohl für die
betroffenen Personen als auch für die öffentlichen Finanzen sowie für die
Sozialversicherungsträger. Die Innungskrankenkassen schlagen vor,
Plattformarbeit sozialversicherungspflichtig auszugestalten. Alternativ wäre
eine am Umsatz orientierte Beteiligung der Plattformwirtschaft an den Kosten
der Sozialversicherung einzuführen.

Konzept als Basis für die politische Reformagenda

„Die Innungskrankenkassen wollen mit ihren Forderungen den Blick auf die
verschiedenen Möglichkeiten einer Entlastung von Beitragszahlerinnen und
Beitragszahlern, also Versicherten und Arbeitgebern, weiten“, so die IKK
e.V.-Vorstandsvorsitzenden Müller und Wollseifer. Sie erklären: „Wir möchten
mit dem Konzept eine Debatte für die Zeit nach 2023 anstoßen und mit unseren
drei primären Lösungsvorschlägen einen Beitrag für die vom
Bundesgesundheitsminister angekündigte Reformagenda für eine ‘stabile,
verlässliche und solidarische Finanzierung der GKV‘ leisten.“ Ziel der
Innungskrankenkassen sei es schlussendlich, das Gesundheitssystem
solidarischer, gerechter und versorgungsstärker machen.

Hinweis für die Redaktionen:

Das Konzept der Innungskrankenkassen zur nachhaltigen Finanzierung der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie die vollständige Pressemappe zur
Pressekonferenz stehen zum Download bereit.

Quelle: Mediennachricht, 22.08.2022

« The DEMATEL method explores the interdependent relationship structure and weights for diagnosis-related groups system | Innungskrankenkassen setzen auf Verbreiterung der Einnahmenbasis der GKV | Krankenkassen- und MD-Anfragen inklusive aktueller Urteile September 2022 »

Anzeige: ID GmbH
Anzeige