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Klimagutachten: Krankenhäuser fordern Mittel für klimagerechte Investitionen mydrg.de





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Klimagutachten: Krankenhäuser fordern Mittel für klimagerechte Investitionen

Klimagutachten: Krankenhäuser fordern Mittel für klimagerechte Investitionen (DKG).



Fehlende Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und bislang nicht vorhandene politische Unterstützung haben den Klimaschutz in den Krankenhäusern ausgebremst. Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) für die Deutsche Krankenhausgesellschaft
(DKG). Es handelt sich um die erste umfassende Erhebung klima- und energierelevanter Daten deutscher Krankenhäuser. Zusätzlich identifiziert die Studie über 100
Klimaschutzmaßnahmen, um die Klimabilanz von Krankenhäusern zu verbessern. Seit
zwei Jahrzehnten leiden die deutschen Krankenhäuser unter der dramatischen
Unterfinanzierung der Investitionsförderung, die trotz gesetzlicher Pflicht von
den Ländern nicht geleistet wird. Jährlich fehlen über drei Milliarden Euro.
Diese Mangelwirtschaft der Politik hat zu massiven Defiziten bei der baulichen
Infrastruktur, der Medizintechnik, der Digitalisierung und auch beim
Klimaschutz geführt. Klimaschutz in Krankenhäusern kann einen bedeutsamen
Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen leisten. Insgesamt werden rund fünf
Prozent des nationalen Ausstoßes dem Gesundheitswesen zugeschrieben. Ein
Großteil davon entfällt auf die Krankenhäuser.

Klimaschutz steht auf der strategischen Agenda vieler Krankenhäuser. 71 Prozent
der befragten Krankenhäuser sehen die Notwendigkeit und gaben an, dass der
Klimaschutz in ihre Anpassungsstrategie zum Klimawandel einfließt. 38 Prozent
der Häuser haben Leitlinien und Zielvorgaben zur Energieeinsparung und
Nachhaltigkeit etabliert, 30 Prozent beschäftigen Klimamanager. Daneben werden
häufig unterschiedliche Einzelmaßnahmen eingesetzt, etwa im Bereich der
Wärmedämmung, der Müllvermeidung oder beim Monitoring von Verbrauchskennzahlen.
„Krankenhäuser können als Großverbraucher einen spürbaren Beitrag zum
Klimaschutz leisten. Dazu müssen sie aber in Technik und Prozesse investieren.
Die seit Jahrzehnten unzureichende Investitionskostenfinanzierung zwingt
Krankenhäuser allerdings dazu, die knappen Mittel vorrangig für die
notwendigsten Anschaffungen in der direkten Patientenversorgung zu verwenden.
Deshalb ist bei der CO2-Neutralität vieles liegengeblieben. Die Krankenhäuser
benötigen ein Investitionsprogramm für den Klimaschutz, um die vorhandenen
Potentiale zu heben“, erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß.

Aktuell ist das Klimaschutzpotenzial der Krankenhäuser noch nicht ausgeschöpft:
63 Prozent der befragten Kliniken sehen Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich
der Energie- und Stromversorgung. Bei der Wärmeversorgung sieht jedes zweite
Krankenhaus Handlungsbedarf, etwa bei den technischen Anlagen, der
Wärmerückgewinnung und dem Primärenergiemix. Erneuerbare Energien kommen zwar
zum Einsatz, jedoch nur in begrenztem Umfang. Auch in anderen Maßnahmenfeldern
gibt es noch viel Potenzial, zum Beispiel bei der Kälte- und Wasserversorgung
oder durch den kontrollierten Einsatz von klimaschädlichen Narkotika.

Im Rahmen der Untersuchung wurden auch zentrale Kennzahlen der Wärmeversorgung
abgefragt. Bei den genutzten Energieträgern dominierte Erdgas mit 92 Prozent,
Fernwärme und leichtes Heizöl waren als Energieträger bei rund der Hälfte der
Kliniken im Einsatz. Angesichts der aktuellen Gaskrise warnt der
DKG-Vorstandsvorsitzende vor einem Kollaps der Kliniken durch entstehende
Engpässe im kommenden Herbst und Winter. „Unerlässlich ist, dass Krankenhäuser
als Teil der kritischen Infrastruktur vorrangig mit Gas beliefert werden. Die
Arbeitsfähigkeit eines Krankenhauses hängt aber auch von zahlreichen
Zulieferbetrieben ab. Wäschereien, Küchen und andere Betriebe, die
Krankenhäuser versorgen, müssen ebenso vorrangig versorgt werden, um den
Klinikbetrieb aufrechterhalten zu können“, so Gaß.

Eine aktuelle DKI-Blitzumfrage bestätigt die dramatische Lage. Danach haben die
Kliniken kurzfristig keine oder nur relativ geringe Einsparmöglichkeiten beim
Gas. Versorgungsengpässe oder massive Preissteigerungen würden die
Krankenhäuser mit voller Wucht treffen. Mehr als die Hälfte der Krankenhäuser
erwartet in diesem Jahr noch höhere Preise bei Gas und Strom. Aktuell haben
viele Kliniken Verträge mit ihren Gasversorgern, die befristete Preisbindungen
oder -obergrenzen vorsehen. Mit Auslaufen dieser Verträge in diesem oder
spätestens im nächsten Jahr sind enorme Preissprünge zu erwarten. Schon 2022
sind bereits 43 Prozent der Kliniken bei Gas und 45 Prozent bei Strom von
Preissteigerungen betroffen, trotz der vermeintlichen Vertragssicherheit. Diese
Preissteigerungen sind durch die Preise für die Patientenbehandlung längst
nicht mehr gedeckt. „Die gesetzlich gedeckelte Preissteigerung bei den
Fallpauschalen beträgt in diesem Jahr 2,32 Prozent. Wir fordern daher
finanzielle Ausgleiche, um die Einsatzbereitschaft und wirtschaftliche
Stabilität der Kliniken zu sichern“, so Gaß. Krankenhäuser könnten die massiven
Preisanstiege nicht weitergeben, wie es in der Wirtschaft der Fall ist. Um die
Preissteigerungen auch in anderen Bereichen wie Lebensmitteln und
Medizinprodukten abfedern und weitere wirtschaftlich bedingte Schließungen
verhindern zu können, benötigten die Kliniken dringend einen
Inflationsausgleich.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise bleibt der Umwelt- und
Klimaschutz ein vorrangiges Ziel der Krankenhäuser. Die über 100
Klimaschutzmaßmaßnahmen betreffen laut Studie acht Handlungsfelder wie
Nutzerverhalten, Klimafolgenanpassungen, Abfall- und Energiemanagement. Im
wichtigen Feld von Energie und Strom gilt es, den Primärenergiebedarf zu
reduzieren. Hierzu können Erdwärmesonden eingesetzt werden. Dabei bieten die
Laufzeitoptimierung von raumlufttechnischen Anlagen sowie Zeitschaltungen und
Präsenzmelder die größten Möglichkeiten, kurzfristig Energie und Strom
einzusparen. Auch die Ausgliederung der Energieversorgung an externe
Dienstleister (Contracting) trägt erheblich dazu bei, dass Krankenhäuser sich
schnell und effizient energetisch sanieren können.

Die energetische Sanierung von Krankenhäusern in Deutschland erfordert
zusätzliche Investitionsmittel in großem Umfang. „Sollten alle individuell
möglichen Maßnahmen umgesetzt werden, wären Investitionen im mittleren
zweistelligen Milliardenbereich nötig“, erklärt Gaß. Dafür sollte ein
Krankenhaus-Klimaschutzfonds gebildet und gemeinsam von Bund und Ländern
finanziert werden. Klimaneutralität stellt dabei das anzustrebende und
nachhaltigste Zielszenario dar. Sofern geringere Mittel zum Einsatz kommen,
bleibt dieses Ziel jedoch außer Reichweite.

Quelle: DKG, 19.07.2022

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