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Deutscher Herzbericht 2020

Deutscher Herzbericht 2020 - Plötzlicher Herztod und Herzschwäche (Download, PDF, 4,6 MB).



Durchblutungsstörungen durch Herzkranzgefäßverengungen, die sogenannte Koronare Herzkrankheit (KHK), verursachen mit 639.230 vollstationären Fällen (2019) die meisten Krankenhausaufnahmen und sind die
Hauptursachen für Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und plötzlichen Herztod. Jedes Jahr fallen dem Sekunden-Herztod in Deutschland nach Schätzungen ca. 65.000 Menschen zum Opfer.
Wie der aktuelle Deutsche Herzbericht 2020 dokumentiert, starben 2019 an der
KHK 119.082 Menschen oder 132,0 Verstorbene pro 100.000 Einwohner (alters- und
geschlechtsstandardisierte Mortalitätsrate), davon 44.282 am Herzinfarkt. Rund
35.300 Menschen starben 2019 an Herzschwäche. In über 70 % der Fälle von
Herzschwäche und plötzlichem Herztod, der unmittelbar durch bösartige
Herzrhythmusstörungen (Kammerflimmern) ausgelöst wird, besteht eine KHK als
Ursache. Umso erfreulicher ist, dass die Sterblichkeit beider Herzkrankheiten
von 2017 bis 2019 spürbar gesenkt werden konnte: KHK-Sterbefälle wurden um 9,1
% von 145,1 auf 132,0 Verstorbene pro 100.000 EW und die Herzschwäche um 12 %
von 42,7 auf 37,6 Verstorbene pro 100.000 EW gesenkt.

Portrait von Prof. Voigtländer

© DHS
„Diese sehr positiven Daten dürfen nicht den Blick dafür verstellen, dass die
KHK immer noch die häufigste Todesursache ist. Die frühzeitige Diagnose und
konsequente medikamentöse und interventionelle Behandlung oder seltener auch
operative Behandlung von Plaques und Verengungen der Herzkranzgefäße, die
unbehandelt zum Herzinfarkt führen können, sind wie die kardiovaskuläre
Prävention unverzichtbar in der Bekämpfung der Sterblichkeit durch die KHK“,
sagt der Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, stellv.
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung zur Vorstellung des Deutschen
Herzberichts 2020 und betont „Darüber hinaus sinkt durch eine verbesserte
Behandlung der KHK die Sterblichkeit des plötzlichen Herztods und der
Herzschwäche – dafür müssen wir sensibilisieren.“ Werde die KHK rechtzeitig
erkannt und behandelt, so Voigtländer weiter, habe das positive Auswirkungen
nicht nur auf die Bekämpfung von plötzlichem Herztod und Herzschwäche, sondern
auch anderer Herz-Kreislauf-Komplikationen wie z. B. Rhythmusstörungen. Der
aktuelle Deutsche Herzbericht 2020 ist kostenfrei als PDF anzufordern unter
www.herzstiftung.de/herzbericht

Anstieg der Klinikeinweisungen bei Männern schon bei den 45- bis 50-Jährigen
Zwar konnte die Gesamtzahl der Krankenhausaufnahmen (vollstationäre
Hospitalisationsrate) wegen KHK von 2011 bis 2019 deutlich um 12,5 % auf 699,2
(Männer: 1.011,1/Frauen: 387,3) pro 100.000 EW gesenkt werden. Es zeigt sich
aber, dass die jüngere Bevölkerungsgruppe der 45- bis unter 65-Jährigen mit 818
KHK-Fällen pro 100.000 EW überdurchschnittlich häufig stationär behandelt
werden muss. Die KHK-Sterblichkeit verschiebt sich etwas in das höhere Alter
und beginnt bei den Männern ab 55 Jahren und den Frauen ab 70 Jahren bedeutsam
zu werden. „Der Anstieg der Krankenhausaufnahmen wegen KHK setzt bei den
Männern bereits mit dem 45. bis 50. Lebensjahr ein. Unser Ziel sollte sein,
noch bevor es zum therapeutischen Einsatz von Kathetereingriffen wie PCI und
Stentimplantation oder der Bypass-Chirurgie kommt, KHK Patienten zu
identifizieren und frühzeitig zu behandeln“, erklärt der
Herzstiftungs-Vorstand. Die Diagnostik der KHK hat sich wesentlich
weiterentwickelt und auch durch die neuen bildgebenden Verfahren Koronar-CT
(Computertomographie) und Kardio-MRT können Veränderungen der Herzkranzgefäße
(Plaques und Verengungen) und deren Auswirkung auf die Durchblutung des
Herzmuskels frühzeitig erfasst werden. Durch diese Verfahren gelingt es, die
Zahl der invasiven Herzkatheterdiagnostik und damit auch die Zahl der
stationären Aufenthalte zu reduzieren. Durch frühzeitige Diagnostik und
Therapie kann das Auftreten von akuten Koronarsyndromen (Herzinfarkt, instabile
Angina Pectoris) verhindert oder zumindest in ein höheres Lebensalter
„verschoben“ werden.

Regionale Sterblichkeitsunterschiede bestehen fort
Wie der Deutsche Herzbericht 2020 dokumentiert, bestehen regionale Unterschiede
in der Sterblichkeit und bei den Krankenhausaufnahmen von Herzkrankheiten fort,
das gilt auch für die KHK und den Herzinfarkt. Am Beispiel Herzinfarkt zeigt
sich: Die niedrigste vollstationäre Hospitalisationsrate für 2019 war 188 in
Sachsen, gefolgt von Hamburg mit 209 und Berlin mit 217 zu verzeichnen, die
höchste mit 270 im Saarland und 248 vollstationären Fälle pro 100.000 EW in
Bremen. Die höchste Sterblichkeitsrate (alters- und geschlechtsstandardisiert)
durch einen Herzinfarkt findet sich in den Bundesländern Berlin mit 72,3,
Sachsen-Anhalt mit 67,1, Brandenburg mit 67,0, Sachsen mit 60,4 und
Mecklenburg-Vorpommern mit 65,4 Verstorbenen pro 100.000 EW. „Allerdings hat
sich mit Ausnahme von Berlin die Sterblichkeitsrate in diesen Bundesländern im
Vergleich zum Vorjahr spürbar verbessert“, berichtet Voigtländer. Auffällig
ist, dass insgesamt die östlichen Bundesländer die höchsten Sterblichkeitsraten
für Herzinfarkt haben, die niedrigste Schleswig-Holstein (25,5),
Nordrhein-Westfalen (36,6) und Hamburg (40,2).

Mehr Chest-Pain-Units und ambulante Versorgung?
Für die günstige Beeinflussung der Sterblichkeit durch Herzinfarkt kommen
mehrere Faktoren wie Abläufe im Rettungssystem, Notarztsysteme mit hoher
Effizienz auch fernab der Ballungsgebiete in bevölkerungsarmen Gegenden,
Verkürzung der Prähospitalzeiten durch schnelles Handeln einer für die
Infarkt-Symptomatik sensibilisierten Bevölkerung in Betracht. „In ländlichen
Regionen mit längeren Anfahrtszeiten der Rettungsdienste könnten die für die
Versorgung von Patienten mit unklaren Brustschmerzen wichtigen
Chest-Pain-Units, kurz CPUs, für eine Verbesserung der Versorgung von Patienten
mit Verdacht auf Herzinfarkt und anderen notfallartigen
Herz-Kreislauf-Ereignissen wie gefährliche Herzrhythmusstörungen und
Herzklappenproblemen hilfreich sein“, so Voigtländer. Die über 320 der von der
Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) zertifizierten CPUs in Deutschland
verfügen über eine 24-Stunden-Herzkatheterbereitschaft an sieben Wochentagen,
sie entstehen aber offensichtlich „in den Regionen, die ohnehin schon gut
versorgt sind, leider aber nicht in den Regionen, die einer solchen Versorgung
eigentlich bedürfen“, heißt es im Herzbericht. Auch beim Blick auf die
Versorgungsdichte mit vertragsärztlichen Kardiologen zeigen sich regionale
Unterschiede: am geringsten ist die Versorgungsdichte in Thüringen mit 36.782
EW pro Kardiologen, Mecklenburg-Vorpommern mit 30.342, Brandenburg mit 28.987
und Schleswig-Holstein mit 26.640. „Ob dies ein Indikator für Lücken in der
ambulanten kardiologischen Versorgung ist und deshalb mit einer höheren
Morbidität und Sterblichkeit korreliert, ist eine spekulative Annahme und
bedürfte fundierter Analysen.“

Auch in der Corona-Pandemie zum Kardiologen in die Klinik oder Praxis
Der Deutsche Herzbericht zeigt, wie wichtig die Inanspruchnahme der
medizinischen Versorgung in Diagnostik, Therapie und Nachsorge im ambulanten
und klinischen Sektor ist, und dies gilt ganz besonders auch während der
Corona-Pandemie. Eine notfallmedizinische Versorgung durch Notarzt und Klinik
erfordern der Herzinfarkt, bösartige Herzrhythmusstörungen, Schlaganfall,
Durchblutungsstörungen des Herzens höherer Dringlichkeit wie Hauptstammstenosen
und die instabile Angina pectoris als Vorstufen des Herzinfarkts sowie die
entgleiste (dekompensierte) Herzschwäche, die hochgradige Aortenklappenstenose
und der Bluthochdrucknotfall. „Diese sind keine aufschiebbaren Krankheitsfälle,
sondern unterliegen auch in der Pandemie weiterhin selbstverständlich der
Notfallversorgung“, so Prof. Voigtländer, der Kardiologe und Intensivmediziner
am Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) Frankfurt am Main ist. Während
des ersten Lockdowns sank allein die Zahl der stationär versorgten akuten
Herzinfarkte um 31 %, das Spektrum auf Durchblutungsstörungen des Herzens
(Ischämien) höherer Dringlichkeit wie Hauptstammstenosen, instabile Angina
pectoris, dekompensierte Herzschwäche, kardiogener Schock und Herzinfarkt
erweitert, kam man sogar auf 42 % weniger stationäre Behandlungen (1).

Senkung der KHK-Mortalität: Neben Apparatemedizin auch dank Prävention
Experten sind sich einig, dass für den kontinuierlichen Rückgang der
Sterblichkeitsrate der KHK neben Fortschritten in Diagnostik und Therapie auch
die Prävention von kardiovaskulären Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck,
Fettstoffwechselstörungen, Diabetes und Übergewicht verantwortlich ist. Aus
diesem Grunde müsse deshalb auch „viel mehr in die kardiovaskuläre Vorsorge
investiert werden“, wie der Herzstiftungs-Vorstand Voigtländer betont. „Neben
Alter und Genetik verursachen die genannten Risikofaktoren die KHK, sind aber
mit Lebensstiländerungen zusätzlich zur Therapie gut beeinflussbar.“

Wieso kann es bei KHK zum plötzlichen Herztod und Herzschwäche kommen?
Herzschwäche: Unmittelbar nach Symptombeginn eines Herzinfarkts zählt jede
Minute. Denn aufgrund des vollständigen Verschlusses eines Herzkranzgefäßes
durch einen Thrombus wird das betroffene Herzmuskelareal von der Sauerstoff-
und Nährstoffzufuhr abgeschnitten und stirbt unwiederbringlich ab: „Time is
Muscle“. Je mehr Zeit bis zur Alarmierung des Rettungsdienstes (112) und zur
medizinischen Infarkt-Versorgung im Krankenhaus verstreicht, wo der Kardiologe
das verschlossene Herzkrankgefäß durch einen Herzkatheter wiedereröffnet und
somit die Durchblutung des Herzmuskels wiederherstellt, nimmt der Herzmuskel
mehr Schaden: eine Herzmuskelschwäche droht.

Plötzlicher Herztod: Unmittelbar eingeleitet wird der plötzliche Herztod vor
allem durch das plötzliche Auftreten der bösartigsten Herzrhythmusstörung, dem
Kammerflimmern. Welche Rolle spielt die KHK bei der Entstehung dieses
Kammerflimmerns? Bei der KHK kommt es infolge einer langjährigen
Herzkranzgefäßerkrankung zu Verengungen oder zum vollständigen Verschluss der
Herzkranzgefäße (Herzinfarkt). Wie Benzinleitungen versorgen sie den
„Lebensmotor“ Herz mit sauerstoffreichem Blut. Sind die Herzkrankarterien
verengt, bekommt der Herzmuskel nicht mehr ausreichend sauerstoffreiches Blut.
Diese Minderversorgung wiederum stört das Reizleitungssystem des Herzens, das
die elektrische Erregungsausbreitung und -rückbildung für das Zusammenziehen
und Erschlaffen des Herzmuskels und damit seine Pumpfunktion steuert. Es kann
dadurch zu unkontrolliert kreisenden Erregungen in den Herzkammern bei
Frequenzen mit über 350 Schlägen pro Minute kommen (Kammerflimmern). Das Herz
pumpt nicht mehr: Herzstillstand.

Der Deutsche Herzbericht wird von der Deutschen Herzstiftung zusammen mit den
ärztlichen Fachgesellschaften, den Deutschen Gesellschaften für Kardiologie
(DGK), für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) sowie für
Kinderkardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) alljährlich herausgegeben.
Der Deutsche Herzbericht 2020 ist kostenfrei zum Download (PDF) erhältlich
unter: www.herzstiftung.de/herzbericht

Quelle: Download, 22.06.2021

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