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Corona: Modellierungsansatz, um regionale Prognosen des Infektionsgeschehens zu berechnen

Corona: Modellierungsansatz, um regionale Prognosen des Infektionsgeschehens zu berechnen (Engbert Lab).



Wie lässt sich die Ausbreitung des Coronavirus darstellen und prognostizieren, wenn man, wie in ländlichen Regionen, nur über wenige Fallzahlen verfügt? Physiker, Kognitionswissenschaftler und Mathematiker des Sonderforschungsbereichs Data Assimilation der Universität Potsdam haben darauf eine Antwort gefunden. Sie nutzen ein Modellierungsverfahren, dessen
Besonderheit in der Kombination von Modell und Methode liegt. Es arbeitet mit
nur wenigen Fallzahlen zuverlässig und eignet sich damit auch für Analysen und
Vorhersagen auf regionaler Ebene, etwa von Landkreisen. Ihre Ergebnisse haben
die Forscher nun auf „medRxiv“ veröffentlicht. Außerdem ist das dynamische
Modell für alle Bundesländer sowie fast alle Stadt- und Landkreise zugänglich
unter: https://engbertlab.shinyapps.io/covid19-dashboard/.

Die aktuelle COVID-19-Pandemie ist – wie in allen betroffenen Ländern, so auch
in Deutschland – geprägt durch einen rasanten Anstieg der Fallzahlen sowie
starke regionale Unterschiede. Daher ist es wünschenswert, neben der
Beobachtung bundes- und landesweiter Trends auch mathematische Modelle für die
Entwicklung in kleineren Regionen zu erstellen. Aufgrund vergleichsweise
geringer Fallzahlen ist dies jedoch normalerweise kaum möglich. Das Potsdamer
Modell kann diese Lücke schließen, wie der Physiker Ralf Engbert, Professor für
Allgemeine und Biologische Psychologie, erklärt: „Wir verwenden ein
epidemiologisches Standard-Modell, allerdings in einer weniger bekannten
stochastischen Version, die sich für die Beschreibung regionaler Dynamik mit
vergleichsweise kleinen Fallzahlen eignet. Durch Verwendung eines Ensemble
Kalman-Filters zeigen wir, dass das Modell gute prognostische Eigenschaften auf
der Landkreis-Ebene besitzt.“

Im sogenannten SEIR-Modell wird die Bevölkerung in vier Gruppen (SEIR)
eingeteilt, wobei die wichtigste Beobachtungsgröße die infizierten Individuen
(I) sind. Alle, die infiziert werden können – bei COVID-19 die gesamte
Bevölkerung –, bilden die Gruppe der Suszeptiblen (S). Ist die Krankheit
überstanden, sind die entsprechenden Personen immun (R = Recovered). Eine nicht
zu erfassende Gruppe bilden diejenigen Individuen, die infiziert wurden, sich
aber noch in der Latenzzeit befinden (E = Exposed), sodass sie keine Symptome
zeigen. Diese Gruppe macht die Vorhersage und Eindämmung der Epidemie so
schwierig, da infizierte Personen bei COVID-19 bereits vor dem Auftreten von
Symptomen selbst infektiös werden und weitere Personen infizieren können.

Das stochastische Modell der Potsdamer Forscher bildet alle vier Gruppen in
ihrer Dynamik ab. Ein besonders wichtiger Modellparameter ist die Kontaktrate,
die bestimmt, wie wahrscheinlich die Infektion eines suszeptiblen Individuums
beim Zusammentreffen mit einer infektiösen Person ist. Mithilfe eines
sogenannten „Ensemble Kalman-Filters“ – ein mathematischer Filter, der für
Probleme mit einer großen Anzahl von Variablen geeignet ist – lässt sich das
Modell an die Zeitreihe der beobachteten Fallzahlen dynamisch anpassen. Wie
sich zeigte, lässt sich das Modell deshalb auch bei relativ kleinen Datensätzen
– etwa einzelner Land- oder Stadtkreise – verwenden.

Für die Veröffentlichung ihres Modells haben die Forscher zwei Vorhersagen
generiert. Die erste entstand unter der aktuellen Situation der Kontaktsperre
und zeigt für die meisten Landkreise einen langsamen Rückgang der
Neuinfektionen. Für die zweite Vorhersage nahmen die Wissenschaftler an, dass
der Ausgangszustand vor der Kontaktsperre wiederhergestellt und alle
einschränkenden Maßnahmen aufgehoben würden. In der Folge zeigt sich für alle
Landkreise ein dramatischer Anstieg der Neuinfektionen.

Beteiligt an dem interdisziplinären Forschungsteam sind neben dem
Kognitionswissenschaftler Engbert und seinem Doktoranden Maximilian Rabe auch
der Psychologe Prof. Dr. Reinhold Kliegl sowie der Mathematiker und Sprecher
des SFB „Data Assimilation“ Prof. Dr. Sebastian Reich, der die Bedeutung des
SFB betont: „Wir glauben, dass wir durch unsere Arbeit die Vorteile von
Großprojekten und fachübergreifenden Forschungsschwerpunkten sichtbar machen
können. Natürlich hoffen wir auch, wie viele andere Kolleginnen und Kollegen an
unserer Universität einen Beitrag zur wissenschaftlichen und gesellschaftlichen
Diskussion um die optimale Bewältigung der COVD-19 Herausforderungen zu
leisten.“

Weitere Informationen:
Zum Preprint des Manuskripts: https://doi.org/10.1101/2020.04.13.20063768
Zum dynamischen Modell: https://engbertlab.shinyapps.io/covid19-dashboard/
Zur Webseite des SFB „Data Assmilation“: https://www.sfb1294.de/news

Kontakt:
Prof. Dr. Ralf Engbert, Professor für Allgemeine und Biologische Psychologie,
E-Mail: ralf.engbert@uni-potsdam.de, Tel.: 0331 977-2140
Prof. Dr.-Ing. Sebastian Reich, Professor für Numerische Mathematik, E-Mail:
sebastian.reich@uni-potsdam.de, 0331 977-1859

Medieninformation 20-04-2020 / Nr. 047

Quelle: Pressemitteilung, 20.04.2020

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