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Schwangerschaftsdiabetes: Dringender Verbesserungsbedarf und Reform der Mutterschaftsrichtlinien gefordert mydrg.de





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Schwangerschaftsdiabetes: Dringender Verbesserungsbedarf und Reform der Mutterschaftsrichtlinien gefordert

Schwangerschaftsdiabetes: Dringender Verbesserungsbedarf und Reform der Mutterschaftsrichtlinien gefordert (Pressemitteilung).



Obwohl Screenings in der Schwangerenvorsorge festgeschrieben sind, wird ein Schwangerschaftsdiabetes – der sogenannte Gestationsdiabetes (GDM) – hierzulande häufig zu spät oder gar nicht diagnostiziert. Um einen GDM rechtzeitig und besser identifizieren zu können, mahnt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) erneut eine Reform der Mutterschaftsrichtlinien an und
verweist auf eine aktuelle Nature-Publikation, die einmal mehr die Mängel des
derzeitigen Screening-Verfahrens aufzeigt.1 Darüber hinaus fordert die DDG den
GKV-Spitzenverband in einer aktuellen Stellungnahme wiederholt dazu auf,
Blutzuckermessgeräte zur Überwachung von Schwangeren mit GDM verordnungsfähig
zu machen, um Mutter und Kind vor diabetischen Folgeschäden zu bewahren.1
Bereits 2018 hatte die Fachgesellschaft die medizinische und
gesundheitsökonomische Notwendigkeit dieser Maßnahme aufgezeigt.2

In Deutschland hat sich die Erkrankungsrate für einen Schwangerschaftsdiabetes
in den vergangenen 20 Jahren mehr als verfünffacht. Inzwischen erkranken
jährlich etwa 45.000 Frauen daran, was fast sechs Prozent aller
Schwangerschaften entspricht. Meist zeigen sich keine klassischen
Diabetes-Symptome, wie starker Durst oder Harndrang, und die Erkrankung wird
deshalb häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt. „Ein zu spät
oder nicht diagnostizierter GDM kann zu schweren Schwangerschafts- und
Geburtskomplikationen sowie Folgeerkrankungen bei Mutter und Kind führen“,
betont DDG Präsidentin Professor Dr. med. Monika Kellerer. Sie verweist auch
auf das erhöhte Risiko für die Mutter, an einem späteren Diabetes Typ 2 zu
erkranken3. Daher sei eine diagnostische Früherkennung besonders wichtig.

Bereits seit Jahren kritisiert die DDG, dass in Deutschland zu spät und
unzureichend auf GDM getestet wird. Bei dem hierzulande vorgesehenen
zweistufigen Testverfahren trinkt die werdende Mutter im Zeitraum zwischen der
24. und 28. Schwangerschaftswoche eine Lösung mit 50 Gramm Glukose (GCT).
Werden erhöhte Blutzuckerwerte gemessen, folgt ein erneuter Nüchtern-Test mit
75 Gramm Glukose (oGTT). „Leider fallen viele tatsächlich an GDM erkrankte
Mütter in diesem zweistufigen Verfahren aus dem Raster“, bedauert Professor Dr.
med. Ute Schäfer-Graf aus Berlin, Sprecherin der DDG Arbeitsgruppe „Diabetes
und Schwangerschaft“. Denn der erste Test erfolgt unabhängig von der Tageszeit
oder der letzten Nahrungsaufnahme im nicht-nüchternen Zustand. Das Problem
daran ist, dass so diejenigen Frauen mit GDM übersehen werden, die nur in
nüchternem Zustand einen erhöhten Blutglukosewert aufweisen – also etwa ein
Drittel aller Erkrankten.“ Das Diagnostikverfahren – so wie aktuell in den
Mutterschaftsrichtlinien vorgesehen – sollte umgehend überarbeitet werden, da
die Zahl der unerkannten oder zu spät erkannten Fälle von
Schwangerschaftsdiabetes weiterhin zu hoch ist. Seit 2012 ist das Screening auf
Schwangerschaftsdiabetes von den Krankenkassen erstattungsfähig.

„Obwohl seit der WHO-Empfehlung von 2013 bereits 90 Prozent der europäischen
Länder das einstufige Testverfahren präferieren, sieht der G-BA noch immer
keinen Handlungsbedarf für ein Umdenken“, kritisiert Schäfer-Graf. Auch eine
aktuell im Fachjournal „Nature Medicine“ publizierte Studie bestätigt die
Überlegenheit eines primären 75-g-oGTT Tests.4 Sie belegt, dass eine frühe
Risikobewertung notwendig und die bisherige in den deutschen
Mutterschaftsrichtlinien festgeschriebene Standardtestung unzureichend ist, um
Schwangere mit Gestationsdiabetes rechtzeitig zu diagnostizieren und zu
therapieren. Die DDG bekräftigt deshalb erneut ihre Forderung, zugunsten der
Sicherheit der Schwangeren und ihrer ungeborenen Kinder die WHO-Empfehlung auch
in Deutschland umzusetzen.

„Darüber hinaus ist die regelmäßige Selbstkontrolle der Blutzuckerwerte durch
die Patientinnen ein wesentlicher Bestandteil der Therapie eines GDM“, erklärt
Professor Dr. med. Michael Hummel aus München, ebenfalls Sprecher der DDG
Arbeitsgruppe „Diabetes und Schwangerschaft“. Doch bislang sind
Blutzuckermessgeräte für nicht mit Insulin behandelte Frauen leider nicht
erstattungsfähig. „Das ist weder aus medizinischer noch aus
gesundheitsökonomischer Sicht nachvollziehbar“, betont Hummel. In einer
aktuellen Stellungnahme spricht sich die DDG daher wiederholt dafür aus,
Blutzuckermessgeräte für alle GDM-Patientinnen in den Hilfsmittelkatalog des
GKV-Spitzenverbandes aufzunehmen, unabhängig von der Therapieform. „Die im
Vergleich relativ geringen Kosten für die Erstattung eines Messgerätes stehen
in keiner Relation zu den möglichen Folgekosten für das Gesundheitswesen und
Folgeschäden durch Komplikationen bei Mutter und Kind“, sagt DDG Pressesprecher
Professor Dr. med. Baptist Gallwitz. So könne in der frühen Phase des GDM noch
mit Lebensstilinterventionen gegengesteuert werden. Messe die Schwangere jedoch
ihre Blutzuckerwerte nur unregelmäßig, könne sie durch eine Verschlechterung
der Werte schlimmstenfalls insulinpflichtig werden. „Auch in der frühen
Erkrankungsphase ist es also essenziell, dass Schwangere die Blutzuckermessung
selbstständig und ohne eigene Kostenbeteiligung kontrollieren und steuern
können“, so Gallwitz.

Literatur:

1Stellungnahme zur Ermittlung des Fortschreibungsbedarfs für die Produktgruppe
21 "Messgeräte für Körperzustände/-funktionen"

2Gemeinsame Stellungnahme der DDG, der DGGG, des BVND und des BVF zur
mangelnden Verordnungsfähigkeit von Blutzuckermessgeräten bei
Gestationsdiabetes
Dazu:
Pressemitteilung der DDG: Schwangerschaftsdiabetes: regelmäßige
Blutzuckerkontrolle notwendig - DDG fordert vom GKV Spitzenverband
Kostenerstattung für Blutzuckermessgeräte für werdende Mütter

3Hummel, Michael, Diabetes und Schwangerschaft, Deutscher Gesundheitsbericht
Diabetes 2020

4Artzi, N.S., Shilo, S., Hadar, E. et al. Prediction of gestational diabetes
based on nationwide electronic health records. Nat Med 26, 71–76 (2020).
https://doi.org/10.1038/s41591-019-0724-8

S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und
Nachsorge

Quelle: Pressemitteilung, 10.09.2020

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