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Corona-Ausbruch im Potsdamer Bergmann-Klinikum - Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche eingestellt

Corona-Ausbruch im Potsdamer Bergmann-Klinikum - Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche eingestellt (Staatsanwaltschaft Potsdam).



Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat das Ermittlungsverfahren gegen drei leitende Ärztinnen und Ärzte sowie die ehemalige Geschäftsführung wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung im Zusammenhang mit dem Corona-Ausbruchsgeschehen im Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann
(KEvB) mangels Tatverdachts eingestellt.

Tragender Gesichtspunkt für die Einstellung hinsichtlich der Straftatbestände
der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung ist, dass ein
Kausalzusammenhang zwischen Umgang der Beschuldigten mit der COVID-19-Ausbruch
im Krankenhaus und dem Tod oder der Infektion von Patienten im KEvB nicht
nachzuweisen ist. Auch eine Straftat nach dem Infektionsschutzgesetz liegt
nicht vor.

Im Einzelnen:

Im Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH, Potsdam (KEvB), kam es zwischen der
erstmaligen Feststellung eines SARS-CoV-2-positiven Patienten am 08.03.2020 bis
Anfang April 2020 zu einer Häufung von COVID-19-Erkrankungen, wobei 47 Personen
an oder mit einer COVID-19-Erkrankung verstorben sind. Die Landeshauptstadt
Potsdam leitete in der Folge gegen die inzwischen abberufenen Geschäftsführer
der KEvB gGmbH sowie drei Chefärztinnen und Chefärzte
Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das
Infektionsschutzgesetz ein. Da zudem der Verdacht einer Straftat nach dem
Infektionsschutzgesetz bestand, legte die Stadt Potsdam den gesetzlichen
Vorschriften entsprechend die Akten der Staatsanwaltschaft Potsdam vor, die ein
Ermittlungsverfahren einleitete. Soweit es die Infektion von Patienten und
Mitarbeitern sowie den Tod von Patienten an bzw. mit COVID-19 betrifft, wurde
hinsichtlich der Tatbestände der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen
Körperverletzung ermittelt, sowie darüber hinaus auch eine versuchte
Körperverletzung in Betracht gezogen. Hinsichtlich einer möglichen Verbreitung
des Krankheitserregers war zudem ein strafbarer Meldepflichtverstoß nach dem
Infektionsschutzgesetz zu untersuchen.

Die Staatsanwaltschaft Potsdam durchsuchte aufgrund von Beschlüssen des
Amtsgerichts Potsdam die Arbeitsplätze und Privaträume der Beschuldigten. Dabei
wurden eine Vielzahl von Patientenakten, schriftliche und elektronische
Dokumentationen wie Dienstanweisungen und Ablaufpläne sowie die Kommunikation
der Beschuldigten untereinander sowie gegenüber den Mitarbeitern und Dritten
sichergestellt und in den Folgemonaten durch eine Sonderermittlungsgruppe des
Landeskriminalamtes unter Leitung der Staatsanwaltschaft Potsdam gesichert,
gesichtet und ausgewertet. Darüber hinaus wurden auch weitere Erkenntnisse etwa
des Robert-Koch-Instituts und der unabhängigen Expertenkommission zur
Untersuchung des Sars-CoV2-Ausbruchs am KEvB vom 21.12.2020 in die
Sachverhaltsfeststellung und Bewertung einbezogen.

In tatsächlicher Hinsicht hat das Ermittlungsverfahren zwar verschiedene
Anhaltspunkte für Organisations- oder Ausführungsfehler erbracht. Diese
möglichen Versäumnisse begründen jedoch nicht zwingend in jedem Fall einen
Sorgfaltspflichtverstoß, da die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der
ersten Welle der COVID19-Pandemie im Frühjahr 2020 zu berücksichtigen waren.
Insbesondere war zu diesem Zeitpunkt das Wissen über den Erreger und die
Übertragbarkeit noch rudimentär ausgeprägt, so dass etwa die aerosolgebundene
Übertragung gegenüber der Kontaktübertragung unterschätzt wurde. Auch bestanden
nur in geringem Umfang Testmöglichkeiten zum sicheren Nachweis von Infektionen.
Tests konnten aufgrund der geringen Kapazitäten nur zeitverzögert erfolgen. Im
Übrigen war benötigtes Material, wie etwa FFP-Masken zeitweise kaum zu
erlangen. Zudem bestand damals (ebenso wie heute noch) aufgrund der langen
Inkubationsdauer in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen die Möglichkeit
einer (bei Symptomfreiheit und negativem Testresultat) unerkannten Infektion
von Patienten, Mitarbeitern und Dritten mit der Folge, dass bis zum Auftreten
erster Symptome oder einem späteren Testnachweis eine unbemerkte
Weiterverbreitung des Virus stattfinden konnte. Damit begründeten sich bereits
nicht ausräumbare Zweifel an der Möglichkeit der sicheren Beherrschbarkeit des
Ausbruchsgeschehens im KEvB mit den im Frühjahr 2020 vorhandenen Mitteln.

Hinsichtlich der Tatbestände der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen
Körperverletzung war darüber hinaus aus forensisch-kriminalistischer Sicht der
erforderliche Kausalitätsnachweis nicht zu erbringen. Der Nachweis, dass eine
etwaige Pflichtverletzung im Einzelfall auch konkret für die Erkrankung und
ggf. den Tod einer Person ursächlich war, war nicht zu führen. Dabei wurden
aktuelle medizinische Erkenntnisse, vermittelt durch das Brandenburgische
Landesinstitut für Rechtsmedizin sowie Krankenhaushygieniker und Virologen
mehrerer deutscher Institute, berücksichtigt.

Hiernach war in der Frühphase der Pandemie die Erregerbestimmung des
COVID-19-Virus nur relativ grob möglich und eine nähere Klassifizierung
erfolgte mangels Kapazitäten und vorhandenen Wissens über das neue Virus
ohnehin nicht standardmäßig. Als Folge ließ sich nicht sicher bestimmen, wie
die Erregerverbreitung konkret erfolgte, beispielsweise ob bei zwei
COVID-19-positiven Personen der Erreger von Person 1 zu Person 2, von Person 2
zu Person 1 oder von Dritten übertragen worden war. Damit ist der hinreichende
Tatverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung nicht zu
belegen.

In der Folge konzentrierten sich die Ermittlungen auf die Frage, ob die
Beschuldigten möglicherweise unzureichende Schutzmaßnahmen bewusst und gewollt
in Kauf nahmen, etwa aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus. Dies könnte den
Tatbestand der versuchten Körperverletzung erfüllen. Allerdings bot die
detaillierte Auswertung der zahlreichen Unterlagen und Kommunikationsprotokolle
hierfür keine Anhaltspunkte. Vielmehr ließ sich erkennen, dass die
Beschuldigten schon vor Ausbruch der COVID19-Pandemie im Zeitraum Februar 2020
alarmiert waren und erhebliche Anstrengungen unternahmen, um materielle,
personelle und organisatorische Vorbereitungen hiergegen zu treffen.

Schließlich wurde im Ermittlungsverfahren noch untersucht, ob die Beschuldigten
gegen Strafvorschriften des Infektionsschutzgesetzes durch eine nicht
zeitgerechte Meldung des COVID-19- Ausbruchs im KEvB verstoßen haben. Nach § 74
Infektionsschutzgesetz macht sich ärztliches Personal strafbar, das den
Verdacht einer nosokomialen (d.h. im Zusammenhang mit einem
Krankenhausaufenthalt erfolgten) Infektion nicht rechtzeitig und vollständig
dem zuständigen Gesundheitsamt meldet und dadurch die Verbreitung der Infektion
begünstigt. Im vorliegenden Fall bestanden zwar Zweifel an der Rechtzeitigkeit
und Vollständigkeit von Infektionsmeldungen des KEvB an das Gesundheitsamt der
Stadt Potsdam. Jedoch ist hier ein Nachweis der Kausalität zwischen verspäteter
Meldung und weiterer Erregerübertragung nicht zu führen.

Somit konnte hinsichtlich sämtlicher Beschuldigter nach Auswertung der
umfangreichen Beweismittel der hinreichende Tatverdacht einer strafbaren
Handlung im Zusammenhang mit dem COVID19-Ausbruchsgeschehen im KEvB im Frühjahr
2020 nicht nachgewiesen werden. Das Verfahren ist daher eingestellt worden.

Soweit die Möglichkeit verbleibt, dass etwaige verspätete oder unvollständige
Meldungen von Infektionsfällen im Sinne von § 73 IfSG eine Ordnungswidrigkeit
begründen könnten, wird das Verfahren an die Landeshauptstadt Potsdam als
zuständige Bußgeldbehörde zurückgegeben.

Quelle: Staatsanwaltschaft Potsdam, 13.08.2021

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