Muss der Gesundheitsminister bald die Scherben einer Versorgungslandschaft aufkehren?
Krankenhaus Rating Report: Sachverständige zeichnen dramatisches Bild (Pressemeldung).
Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser hat sich im Jahr 2021 dramatisch verschlechtert, und auch 2022 und 2023 bleibt die Entwicklung negativ. Das sind die Ergebnisse des „Krankenhaus Rating Reports“, der in Berlin vorgestellt wurde. Noch dramatischer ist allerdings die prognostizierte
Situation für 2024. Rund 80 Prozent der Kliniken werden ein negatives Jahresergebnis verzeichnen. Entscheidend werden dabei die hohen
Personalkostensteigerungen sein, die nur teilweise refinanziert sind. Der
Ratingreport fordert deshalb schnelle Entscheidungen der Politik, um den
laufenden kalten Strukturwandel zu beenden. Zu den Ergebnissen des Reports
erklärt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)
Dr. Gerald Gaß:
„Die Zahlen des ‚Krankenhaus Rating Reports‘ verdeutlichen, dass ohne ein
Vorschaltgesetz zum Inflationsausgleich 80 Prozent der Krankenhäuser mit
negativen Finanzergebnissen Gefahr laufen, die Reform überhaupt nicht mehr zu
erleben. Wir wollen keine Hilfspakte und kein Almosen, sondern die uns
gesetzlich zustehende Refinanzierung der durch die Inflation gestiegenen
Kosten. 2,3 Prozent Erlössteigerung im Jahr 2022 und 4,3 Prozent 2023 bei
gleichzeitig rund 17 Prozent Preissteigerung in diesen beiden Jahren sind
völlig unzureichend. Aktuell häufen die Krankenhäuser jeden Monat rund 600
Millionen Euro neue Schulden an, um die Patientenversorgung aufrechtzuerhalten.
Das wird nicht mehr lange gutgehen.
Der Report stellt auch ein weiteres Mal fest, dass die Investitionsquote in die
Kliniken noch immer viel zu gering ist. Wir beklagen seit Jahrzehnten, dass die
Länder ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach vollständiger Finanzierung der
Krankenhausinvestitionen nicht nachkommen. Das rächt sich jetzt, und wird sich
auch mit einer Reform nicht ohne weiteres Handeln verbessern. Denn die
Strukturanpassungen, die die Reform vorsieht, verlangen neue Investitionen.
Bund und Länder müssen klar benennen, wie die mindestens 25 bis 50 Milliarden
Euro aufgebracht werden, die für die Umsetzung der Reform notwendig sind.
Die Zahlen verdeutlichen, dass die Krankenhäuser mit dem Rücken zur Wand
stehen. Noch nie waren der Anteil der insolvenzgefährdeten Krankenhäuser und
das Ausmaß der negativen Jahresabschlüsse so gewaltig wie im diesjährigen
‚Krankenhaus Rating Report‘. Wenn der Gesundheitsminister und der
Bundesfinanzminister nicht schnellstmöglich Wege finden, die Unterfinanzierung
nachhaltig zu beseitigen, werden dringend notwendige Krankenhäuser in die
Insolvenz gehen. Das wird gravierende negative Folgen für die Versorgung
haben.
Die wiederholte Botschaft des Bundesgesundheitsministers, die Lage der
Krankenhäuser sei dramatisch, aber er könne daran nichts ändern, ist ein
Offenbarungseid. Dem Niedergang der Gesundheitsversorgung tatenlos zuzusehen,
ist letztendlich nichts anders als das Eingeständnis der eigenen
Machtlosigkeit. Würde die Bundesregierung den eigenen Koalitionsvertrag ernst
nehmen und umweltschädliche Subventionen, wie das Dienstwagenprivileg und die
Steuerfreiheit von Flugbenzin abschaffen, stünde ein hoher zweistelliger
Milliardenbetrag zur Verfügung, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung
auch ohne neue Schulden oder zusätzliche Krankenkassenbeiträge abzusichern.
Der Protesttag der Krankenhäuser am 20. Juni ist Ergebnis genau dieses
Prozesses aus anhaltender Unterfinanzierung und kaltem Strukturwandel. Dieser
Prozess ist mittlerweile kein schleichender mehr, sondern ein galoppierender.
Die Insolvenzwelle nimmt weiter Fahrt auf. Wenn die Politik nicht bald handelt,
werden wir sehr bald vor den Scherben einer Versorgungslandschaft stehen.“
Quelle: Pressemeldung, 15.06.2023