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Sachverständigenrat Gesundheit zu Krankenhausreform und Digitalisierung

Mutige Krankenhausreform und wirksame Digitalisierung zum gezielteren Einsatz der Fachkräfte im Gesundheitswesen nötig (Sachverständigenrat Gesundheit, PDF, 98 kB).



Seit Jahren wird ein Fachkräftemangel im Gesundheitswesen beklagt. Deutschland habe, so ist oft zu hören, zu wenig Ärztinnen und Ärzte, zu wenig Pflegefachpersonen und andere Fachkräfte. Dabei bewegen sich die deutschen Kennzahlen bei vielen Heilberufen im internationalen Vergleich pro Einwohner im oberen Mittelfeld. Jedoch tragen regionale Fehlverteilung und nicht bedarfsgerechter Einsatz vorhandener Fachkräfte sowie eine erschreckend beschränkte Nutzung digitaler
Technologien deutlich zu den beklagten Engpässen bei.

Anlässlich seiner heutigen Sitzung weist der Sachverständigenrat Gesundheit &
Pflege (SVR) auf zwei aktuelle Reformvorhaben hin, die wichtig sind, um die
Überlastung und Fehlnutzung von Fachkräften abzubauen: die Krankenhausreform
und die Gesetzesentwürfe zur Nutzung von Gesundheitsdaten – das Digital-Gesetz
(DigiG) und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG).

Prof. Michael Hallek, Onkologe und SVR-Vorsitzender: „Der SVR erarbeitet gerade
ein Gutachten zur Fachkräftesituation im Gesundheitswesen. Unsere Analysen
zeigen, dass das Problem sich nicht isoliert von anderen Handlungsbedarfen im
Gesundheitswesen angehen lässt. Gefordert ist ein umfassendes Maßnahmenbündel.
Zu diesem gehört eine echte Restrukturierung der Krankenhauslandschaft in
Deutschland. Ebenso ehrgeizige Maßnahmen zur Digitalisierung der
Gesundheitsversorgung. Wenn diese beiden Vorhaben jetzt wieder bis zur
Wirkungslosigkeit geschreddert werden, werden sowohl die Fachkräfte als auch die
Patientinnen und Patienten darunter leiden.“

Prof. Jonas Schreyögg, Gesundheitsökonom und stellv. Vorsitzender: „Die
Sachverständigenräte für Wirtschaft und Gesundheit haben schon 2018 in einer
gemeinsamen Stellungnahme Strukturreformen in der Krankenhauslandschaft
gefordert. Viele Vorschläge aus dem SVR-Gutachten 2018 wurden im
Koalitionsvertrag und von der Krankenhauskommission aufgegriffen. Es ist traurig,
dass so gut wie alle unsere Empfehlungen fünf Jahre später immer noch aktuell sind.

Wie in anderen Bereichen tritt Deutschland auch im Gesundheitswesen auf der
Stelle. Das mindert letztlich die Qualität und Verfügbarkeit von
Gesundheitsversorgung und Pflege. Das aktuelle Zeitfenster sollte für eine
nachhaltige Reform im Sinne der Patientinnen und Patienten genutzt werden.“
Prof. Melanie Messer, Pflegewissenschaftlerin und stellv. Vorsitzende: „Die Länder
sollten ihre Verantwortung im Bereich der Krankenhausplanung wahrnehmen und
sich untereinander koordinieren. Die Menschen müssen besser darüber informiert
werden, dass eine durchgreifende Krankenhausreform für die Qualität ihrer
Versorgung mehr bringt als das Festhalten an kleinteiligen Strukturen, deren
Rund-um-die-Uhr-Betrieb viele Fachkräfte bindet – oft bei schlechteren Ergebnissen.
Für bestimmte Krankheitsbilder kann in spezialisierten Krankenhäusern eine bessere
Versorgungsqualität erreicht werden – insbesondere weniger Komplikationen und
eine geringere Sterblichkeit. Kleinere Krankenhäuser könnten zukünftig z. B. als
ambulante Versorgungszentren ambulante Eingriffe, ambulante Rehabilitation und
eine kontinuierliche Begleitung bei chronischen Erkrankungen anbieten und so –
wirksamer als in ihrer derzeitigen Ausgestaltung – zu einer guten Versorgung der
Bevölkerung beitragen. Wie in vielen anderen Ländern müssen dafür
Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen eigenverantwortlich heilkundliche
Tätigkeiten ausüben können – in der stationären wie in der ambulanten Versorgung.“

Zu dem anderen großen Reformvorhaben sagte Prof. Hallek: „Zusammen mit einer
echten Krankenhausreform kann eine wirksame Digitalisierung dazu beitragen,
dass die vorhandenen Fachkräfte des Gesundheitswesens die Menschen besser und
effizienter versorgen. So würde durch eine umfassende elektronische Patientenakte
(ePA) das aufwendige Zusammensuchen der patientenspezifischen Gesundheitsdaten wie
Medikation, Impfungen, Allergien, Vorerkrankungen, Labor- und Bildbefunden wegfallen.

Wenn ein Patient eine Ärztin oder einen Arzt aufsucht, wären
über eine vollständige ePA alle versorgungsrelevanten Daten leicht einsehbar.“
Zudem fordert der SVR, eine gesetzliche Basis zu schaffen, damit Gesundheitsdaten
sowohl für gemeinwohldienliche Forschung als auch für die bedarfsgerechte
Steuerung und Weiterentwicklung des Gesundheitssystems zugänglich sind. Solche
Zugänge müssen, streng kontrolliert und informationstechnisch wie strafrechtlich vor
Missbrauch geschützt, ermöglicht werden. Das bringt den einzelnen Patientinnen und
Patienten Nutzen, aber auch der Solidargemeinschaft aller Versicherten.

Die EU-Datenschutzgrundverordnung bietet gute Möglichkeiten – dies sahen die
Ratsmitglieder bei einem Dänemarkbesuch Ende Juni 2023 – die tatsächliche
Sicherheit von Gesundheitsdaten zu erhöhen und sie zugleich verantwortlicher
Nutzung durch die behandelnden Fachkräfte und durch Forschende zum besseren
Schutz von Leben und Gesundheit zugänglich zu machen. Von diesen
Möglichkeiten, so die einmütige Forderung des SVR, sollte auch die deutsche
Gesetzgebung endlich konsequent Gebrauch machen. Und ebenso mutig eine
Krankenhausreform angehen, die ihren Namen verdient, um unser
Gesundheitssystem zukunftstauglich und krisenfest zu machen.

Quelle: Sachverständigenrat Gesundheit, 26.10.2023

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