NRW stellt seinen Uniklinika 100 Millionen Euro zur Verfügung /> DKG fordert abgestimmtes Miteinander von CoVID-19-Bereitschaftsdienst und Regelversorgung BMG Konzept />

BMG-Konzept: Ein neuer Alltag auch für den Klinikbetrieb in Deutschland mydrg.de





groups

BMG-Konzept: Ein neuer Alltag auch für den Klinikbetrieb in Deutschland

BMG-Konzept: Ein neuer Alltag auch für den Klinikbetrieb in Deutschland (Bundesgesundheitsministerium, PDF, 56 kB).



Deutschland hat die Zeit zum Aus- und Aufbau weiterer intensivmedizinischer Kapazitäten wie wenige andere nutzen können. Zugute kommt uns dabei die im europäischen und internationalen Vergleich grundsätzlich sehr hohe Ausstattung von nahezu 34 Intensivbetten auf 100.000 Einwohner. Durch die frühzeitige Aufforderung an die
Kliniken, ab dem 16. März 2020 alle medizinisch nicht zwingend notwendigen planbaren
Aufnahmen und Operationen zu verschieben und damit Behandlungs- und
Intensivkapazitäten in den Kliniken frei werden zu lassen, war es gelungen, bis zu 50 % der
Intensivbetten frei zu halten. Diese werden nun nach und nach zur Behandlung von
COVID-19-Patientinnen und -Patienten genutzt.

Die Kliniken in Deutschland bekommen durch das vom Bundestag bereits beschlossene
COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz eine finanzielle und organisatorische
Planungssicherheit im Umfang von rund 8,5 Milliarden Euro, um den Normalbetrieb
auf das notwendige zu reduzieren, planbare Operationen und Aufnahmen soweit
medizinisch verantwortbar zu verschieben und die Intensiv- und
Beatmungskapazitäten auf eine wachsende Zahl von COVID-19-Patientinnen und -Patienten
vorzubereiten. Die dadurch entstehenden freien Bettenkapazitäten können somit für
Patientinnen und -Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind,
vorgehalten werden. Zudem erhalten Krankenhäuser für einen befristeten Zeitraum eine
Pauschale je durchgeführter voll- oder teilstationärer Behandlung zur Abgeltung von Preis-
und Mengensteigerungen bei der persönlichen Schutzausrüstung.

Mit dem Ziel der Erweiterung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten
mit maschineller Beatmungsmöglichkeit erhalten die Kliniken darüber hinaus für
jedes in dieser Weise zusätzlich eingerichtete Bett einen Betrag von 50.000 Euro
aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Zudem wird für die Krankenhäuser
die Finanzierung des Pflegepersonals wesentlich verbessert.

Einen Überblick über die vorhandenen Intensivkapazitäten gibt online das
Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und
Notfallmedizin e.V. (DIVI) und des Robert Koch-Instituts (RKI). Um zu gewährleisten,
dass insbesondere die Rettungsleitstellen jederzeit über freie Intensivbetten mit
Beatmungsmöglichkeiten informiert sind, wird durch Rechtsverordnung vorgegeben,
dass alle Kliniken täglich eine aktuelle Eintragung ihrer diesbezüglich vorhandenen
Kapazitäten in das DIVI-Intensivregister vornehmen müssen.

Folgende Schritte sind zu tun:
1. In den Krankenhäusern werden die Kapazitäten wegen der Unsicherheiten über
die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie aktuell nicht vollständig genutzt,
obwohl in der Woche nach Ostern der erste Höhepunkt des intensivmedizinischen Bedarfs
in der ersten Welle der Corona-Epidemie erreicht wurde. Die Zahl der
Corona-Neuinfektionen entwickelt sich aufgrund der getroffenen Maßnahmen
derzeit linear. Dies lässt es nach fast sechs Wochen Aufschub und Absage verschiebbarer
planbarer Operationen und Aufnahmen in den Kliniken zu, auch für die Kliniken
schrittweise einen neuen Alltag zu entwickeln und ab Mai einen Teil der Krankenhauskapazitäten
auch wieder für planbare Operationen zu nutzen. Dies ist wichtig, da auch das
Verschieben von dringlichen Eingriffen, etwa bei Tumoren, oder von planbaren Operationen,
etwa zum Hüftersatz, für die betroffenen Patienten gesundheitliches und seelisches
Leid nach sich ziehen.

Eine dauerhafte ausschließliche Priorisierung nur einer bestimmten
Patientengruppe unter Ausschluss anderer Gruppen von Erkrankten lässt sich
insbesondere aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes nicht rechtfertigen.

2. Um trotz der Unsicherheiten über die epidemiologischen Wirkungen der
zwischenzeitlichen gesellschaftlichen bzw. wirtschaftlichen Lockerungen diese
Öffnung anpassungsfähig zu gestalten, gilt es im nächsten Schritt, die
permanente Vorhaltung von COVID19-(Intensiv-)Betten besser und zielgenauer zu
planen. Trotz der Öffnung werden die Kapazitäten für planbare Operationen
weiter begrenzt sein. Daher muss eine Entscheidungsgrundlage entwickelt
werden, nach welchen Kriterien diese Operationen priorisiert werden.

3. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), der DIVI und der
Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) wird folgendes stufenweises Vorgehen empfohlen:

a. Bis auf weiteres wird die von den Krankenhäusern freizuhaltende
Intensivkapazität für COVID-19-Patientinnen und -Patienten auf 25 % der
insgesamt vorhandenen Intensivbetten festgelegt und die OP-Kapazität kann in
einem ersten Schritt zu 70 % für Elektiveingriffe geöffnet werden. Über diese
Vorgabe hinaus sollten die Krankenhäuser in der Lage sein, je nach Pandemieverlauf
innerhalb von 72 Stunden weitere Intensiv- und Beatmungskapazitäten zu organisieren.

b. Planung einer schrittweisen Erhöhung der OP-Kapazität für Elektiveingriffe
um jeweils 10 % alle zwei Wochen bei gleichzeitiger sorgfältiger Re-Evaluation der
vorhandenen regionalen und nationalen Intensivbettenkapazität und der
auftretenden Neuinfektionen. Bei Bedarf Anpassung vor Ort, wenn die 25 %-Grenze
unterschritten wird.

c. Ab einer elektiven OP-Kapazität von 90 % schrittweise Anpassung der
Intensivbetten-Reserve in 5 %-Schritten alle 21 Tage – in Abhängigkeit von der
Zahl der Aufnahmen aufgrund von SARS-CoV-19-Neuinfektionen im Verhältnis zu den
entlassenen Patientinnen und Patienten. Die untere Grenze der
Intensivbetten-Reserve ist dabei abhängig von den Ergebnissen der
epidemiologischen Entwicklung zu definieren.

d. Die Behandlungsrealität in den Krankenhäusern zeigt bei COVID-19-Patienten
ein Belegungsverhältnis von 1:3 bezogen auf die Zahl der im Intensivbereich und
der im Normalbereich behandelten Patienten. Dies gilt es auch bei der
Freihaltung von Kapazitäten in der Normalversorgung, räumlich abgegrenzt von
der Non-COVID-19-Versorgung, zu berücksichtigen.

4. Die AWMF hat zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie eine
Orientierung erarbeitet, nach welchen Kriterien die nicht für
COVID-19-Patientinnen und -Patienten frei gehaltenen Kapazitäten genutzt werden
sollen. Eine Priorisierung ist aufgrund der weiterhin beschränkten Kapazitäten
erforderlich. Hierzu bedarf es einer nachvollziehbaren Entscheidungsgrundlage
und einer transparenten Kommunikation.

Unter der Berücksichtigung von Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für
Chirurgie sollten beispielsweise Operationen bei schnell fortschreitenden
Erkrankungen sowie bei überschaubarer Komorbidität bevorzugt erfolgen. Die konkreten
Entscheidungen können nur die Ärztinnen und Ärzte im Einzelfall
(patientenbezogen) im Verhältnis zu allen anderen Patientinnen und Patienten
vor Ort treffen. Dazu sollte in jedem Krankenhaus ein interdisziplinäres Team
aus allen operativen Disziplinen, Anästhesisten sowie der Pflege die
Entscheidung über die durchzuführenden Operationen treffen. Diese Planung
elektiver Operationen sollte von Woche zu Woche erfolgen.

Darüber hinaus wird empfohlen, vor Aufnahme im Krankenhaus jede Patientin und
jeden Patienten auf das Corona-Virus zu testen und diese auch auf das mögliche
Infektionsrisiko im Krankenhaus hinzuweisen.

5. Es gibt Anzeichen, dass Patientinnen und Patienten in Corona-Zeiten Notfälle
wie Herzinfarkte und Schlaganfälle aber auch Beschwerden aufgrund ihrer bestehenden
chronischen Erkrankungen weniger zum Anlass nehmen, ärztliche Hilfe zu
beanspruchen. Dies führt zu einer Verschlechterung der Versorgung in
Deutschland insgesamt.

Es muss auch in Corona-Zeiten selbstverständlich bleiben, dass die Versorgung
dieser Patientinnen und Patienten höchsten Stellenwert hat. Bürgerinnen und Bürger
müssen neu dafür sensibilisiert werden, dass sie bei solchen Notfällen
ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Die Angst vor einer Corona-Infektion
darf hier nicht überwiegen.

6. Entwicklung eines Stufenkonzepts durch die Länder: Den Ländern wird
empfohlen – soweit noch nicht geschehen – jeweils ein auf ihren regionalen
Versorgungsstrukturen aufsetzendes (Stufen-)Konzept für die Versorgung und
die Vorhaltung der Kapazitäten zu entwickeln. Die Länder können dabei
regional die je Krankenhaus grundsätzlich 25 % vorzuhaltenden Intensivbettenkapazitäten
in geeigneter Weise auch auf andere Krankenhäuser übertragen, etwa um Spezialkliniken
von COVID-19- Patientinnen und -Patienten zu entlasten und dort vermehrt (spezialisierte)
elektive Eingriffe vornehmen zulassen. Die Konzepte sollten folgende Punkte zu umfassen:

a. Festlegung der Krankenhäuser, in denen die o.g. Kapazitäten für
COVID-19-Patientinnen und -Patienten freigehalten werden sollen,

b. Benennung von Krankenhäusern, in welchen vorrangig bzw. erst nachrangig
COVID-19-Patientinnen und -Patienten aufgenommen und behandelt werden sollen,

c. Auswahl von Krankenhäusern, in denen planbare Operationen von Patientinnen
und Patienten mit anderen Erkrankungen vorgenommen werden sollen und

d. Eskalationsstrategie, wie gegebenenfalls die Kapazitäten bei einer wieder
ansteigenden Zahl von im Krankenhaus behandlungsbedürftigen
COVID-19-Patientinnen und -Patienten angepasst werden können, zum Beispiel
durch die Nutzung von Vorsorge- und Reha-Einrichtungen oder durch Bedarfs-
und Notfallkrankenhäuser.

7. Das DIVI-Intensivregister wird aktuell schnellstmöglich zu einem Tool
weiterentwickelt, das anhand bekannter Parameter eine Prognose für den
COVID-19-bedingten Bedarf an Intensivbetten bundesweit und regional für
die nächsten zwei Wochen vorhersagt. Dieses Tool wird vom Bundesministerium
für Gesundheit weiter gefördert und im laufenden Betrieb beständig weiter
verbessert und ausgebaut.

8. Mit dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz wurde ein Expertenbeirat
eingerichtet, um die finanzielle Lage der Krankenhäuser angesichts der
getroffenen Maßnahmen zu begleiten und zeitnah Empfehlungen zur Nachsteuerung
zu geben. Dieser nimmt Ende April seine Arbeit auf.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium, 27.04.2020

« NRW stellt seinen Uniklinika 100 Millionen Euro zur Verfügung | BMG-Konzept: Ein neuer Alltag auch für den Klinikbetrieb in Deutschland | DKG fordert abgestimmtes Miteinander von CoVID-19-Bereitschaftsdienst und Regelversorgung BMG Konzept »

Anzeige: ID GmbH
Anzeige