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BSG-Urteil Az. B 1 KR 13/18 R: Schwarze Tage für die Beatmungsmedizin

BSG-Urteil Az. B 1 KR 13/18 R: Schwarze Tage für die Beatmungsmedizin (Deutsche Krankenhausgesellschaft).



Mit seiner aktuellen Rechtsprechung zu Beatmungsleistungen bei Frühgeborenen hat der 1. Senat des Bundessozialgerichts erneut eine Entscheidung gegen
fundierte medizinische Erkenntnisse getroffen. Dazu erklärt der
Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Georg Baum:
„Die weltweit etablierte HFNC-Therapie (High Flow Nasal Cannula) als besonders
schonendes Verfahren der Atemunterstützung eines Frühchens nicht als der
konventionellen Beatmung gleichwertig anzuerkennen, ist ein weiteres Urteil,
das die Versorgungsqualität außer Acht lässt. Kliniken, die zum Wohle der
kleinsten Patienten möglichst das weniger belastende Verfahren anwenden, werden
in eine finanzielle Schieflage gebracht. Die Kassen, die solche Klagen
anstreben, müssen sich fragen lassen, ob sie nicht selbst zu ökonomischen
Fehlanreizen beitragen.”

Hintergrund ist, dass die Zahl der Beatmungsstunden für die
Vergütungseinstufung im Fallpauschalensystem relevant ist. Während bei der
Festlegung der für die Abrechnung genutzten Kodierrichtlinien und der darin
vorgegebenen Stundenzählung nicht zwischen unterschiedlichen Formen der
Beatmung und der Atmungsunterstützung bei Neugeborenen unterschieden wurde,
verneint nun das BSG die Anerkennung des schonenderen Verfahrens bei der
Zählung der Beatmungsstunden. Für die Krankenhäuser geht es dabei um mehrere
100 Millionen Euro.

Im vorliegenden Fall wurde über die sehr aufwendige Beatmungstherapie sowohl
eines Frühchens mit einem Geburtsgewicht von 1335 Gramm als auch eines fünf
Monate alten Säuglings verhandelt. Beide Patienten wurden in den jeweiligen
Krankenhäusern mit der in der Neonatologie und Neugeborenen-Intensivmedizin
weltweit etablierten HFNC-Therapie behandelt.

In der Hand erfahrener neonatologischer/pädiatrischer Intensivmediziner kann
durch HFNC der Einsatz invasiverer und komplikationsreicherer Beatmungsmethoden
oftmals vermieden werden. Für Fachexperten ist die HFNC aufgrund ihrer
zahlreichen Vorteile aus der Beatmungstherapie von Frühgeborenen, Neugeborenen
und Säuglingen nicht mehr wegzudenken.

„Wieder einmal hat das BSG die Intention der zugrundeliegenden Regelwerke vor
dem Hintergrund eines Vergütungsrechtsstreits zugunsten der Krankenkassen
fehlgedeutet und auch durch Experten vorgetragene medizinische Sachverhalte in
keiner Weise berücksichtigt“, erklärt Georg Baum.

Ein weiteres Verfahren trägt auf ähnliche Weise die irritierende Handschrift
des BSG. In diesem Verfahren wurde die höchstrichterliche Feststellung
getroffen, dass Beatmungsentwöhnungsverfahren bei der Abrechnung nicht
anerkannt werden können, wenn nicht nachgewiesen ist, dass der Patient an die
Beatmung „gewöhnt“ war. Ohne diesen Zustand, so die Ansicht des BSG, sei eine
Entwöhnung nicht gegeben. „Diese in der Fachwelt mit erheblicher Irritation
aufgenommene, fast schon skurril anmutende Interpretation medizinischer
Sachverhalte und Begrifflichkeiten ist eine erschreckende Loslösung der
Rechtsprechung von der täglichen Versorgungspraxis. Solche Urteile
konterkarieren hochspezialisierte Leistungen von Ärzten und Pflegekräften zum
Wohle intensivmedizinisch versorgter Patienten. Die Finanzierung der Entwöhnung
nur bei nachgewiesener Gewöhnung verkennt die medizinischen Zusammenhänge und
setzt völlig falsche Anreize“, so Georg Baum.

Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft, 02.08.2019

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