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Kontextfaktoren im AOP-Katalog: Alles nur ein großes Missverständnis!?

AOP-Kontextfaktoren: Alles nur ein großes Missverständnis!? (Kaysers Consilium, PDF, 139 kB).



Pünktlich vor Heiligabend 2022 wurde von der Selbstverwaltung der neue dreiseitige AOP-Vertrag mit Katalog und Anlagen für das Jahr 2023 vorgestellt. In diesem überarbeiteten Katalog wurden wichtige Inhalte aus dem IGES-Gutachten eingebaut, die aufgrund von Zeitdruck und/oder Unwissenheit der
verantwortlichen Verhandlungspartner nur in Teilen oder sogar sinnentstellend das eigentliche Vorhaben umsetzen. Für den OPS-Katalog 2023 wurden von den ca. 2500 neu vorgeschlagenen,
potentiell ambulanten OPS-Kodes (z. B. laparoskopische Cholezystektomie,
Appendektomie, vaginale Geburt) nur ein Bruchteil von 208 OPS-Kodes aufgenommen
– die beispielhaft genannten OPS-Kodes nicht!
Insbesondere die Geltendmachung von Kontextfaktoren für die vollstationäre Aufnahmeindikation
(§8 des AOP-Vertrages) führt allerdings zu einer großen Verwirrung
und Unsicherheit. Wussten die Handelnden nicht, was sie tun? Sind sie sich
der Folgen bewusst? Oder sind sie der Krankenhauspraxis so weit entrückt?
Es kommt zu demselben Umsetzungsproblem wie bei der tagesstationären Abrechnung:
Dokumentationsvorgaben und Abrechnungsregeln liegen dazu bis heute
nicht vor! Solche Fehler werden nicht nur zu einem wahnsinnigen Chaos in deutschen
Notfall- und Aufnahmestationen und in der Abrechnung führen, sondern verlangen
vorab Antworten auf zahlreiche Fragen, die seit Jahrzehnten offen sind:
 Was ist formal eine medizinische Begründung (MBEG) für eine vollstationäre
Aufnahmeentscheidung? Reichen nicht weiterhin die Nebendiagnosen nach
§301 als Zeichen der Komorbidität und/oder der Komplikation? Wo steht im
Sozialgesetzbuch, dass fallindividuelle Prosatexte zu verschicken sind?
 Wird diese MBEG direkt mit der ersten Rechnung übersandt? Darf oder muss
ich das? Lässt es das KIS- bzw. §301-Verfahren überhaupt zu? Gilt die Rechnung
dann als gestellt? Ab wann läuft die Zahlungsfrist für Krankenkassen?
 Die MBEG-Prüfung liegt zeitlich vor die PrüfvV. Welche rechtlichen Konsequenzen
ergeben sich daraus? Lässt es der Datenschutz zu, diese Informationen
mit der Krankenkasse auszutauschen? Wo steht das?
 Wann gilt die Aufnahmeentscheidung im Kontext zur sozialen Situation?
Prüft das dann der MD oder die Mitarbeiter/-innen der Krankenkasse? Bisher
weigerte sich der MD häufig, die sozialen Aspekte zu beurteilen. Muss er das
jetzt tun? Macht das der MD dann ggf. vorab als sozialrechtliche Fallberatung?
Oder erst im Rahmen der PrüfvV?
 Wie verhält es sich mit der leistungsrechtlichen Entscheidung nach Abschluss
der MD-Prüfung, wenn dieser nur medizinische Aspekte prüft und
die Kasse den sozialen Aspekt? Strafzahlungen und Prüfquotenanrechnung?
 Wer übernimmt die rechtliche Verantwortung für die häusliche Versorgung?
Wer organisiert diese? Sind jetzt auch die Krankenkassen in der Pflicht?
 Wer darf eigentlich eine medizinische und/oder soziale Begründung der stationären
Aufnahmeindikation bzw. der Kontextfaktoren verfassen (Beispiel:
Kognitive/Motorische Tests)? Arzthelfer/innen; Psychologen …?
 … und zahlreiche weitere juristische und abrechnungstechnische Fragen
bleiben offen.
Anscheinend war sogar den Akteuren der Selbstverwaltung klar, dass sie auch
dieses Mal mit ihrer kurzfristigen, nicht durchdachten Bekanntgabe Kritik ernten
würden. Sie hatten deshalb für dieses neue Umsetzungsmerkmal eine Schonfrist
bis zum 15. Februar 2023 in den §115b eingebaut.
Was sollen also nach §8 des §115b SGB V Kontextfaktoren sein?
(1) Allgemeine Tatbestände, bei deren Vorliegen die stationäre Durchführung von
Leistungen gemäß § 115b Absatz 1 Satz 3 SGB V erforderlich sein kann (im
Folgenden Kontextfaktoren), sind Anlage 2 zu entnehmen. Die Kontextfaktoren
dienen der Begründung einer stationären Durchführung von Leistungen nach §
3 dieses Vertrags, die regelhaft ambulant erbracht werden können. Das Vorliegen
eines Kontextfaktors nach Satz 1 ist ausreichend für die Begründung einer
stationären Durchführung einer Leistung nach § 3. …
(Anm.: Für die erste Nacht. Und dann?)
(2) Die Kontextfaktoren sind vom Krankenhaus zu dokumentieren und im Rahmen
der Abrechnung eines vollstationären Krankenhausfalles nach § 301
SGB V zu übermitteln. … (Anm.: Vor, mit oder nach der 1. Rechnung)
(3) Liegen abweichend von den in Anlage 2 genannten Kontextfaktoren medizinische
Gründe oder soziale Gründe vor, die dazu führen, dass die Versorgung
des Patienten in der Häuslichkeit nicht sichergestellt werden kann und dadurch
der medizinische Behandlungserfolg gefährdet ist, so sind diese Gründe bei einer
stationären Durchführung der Leistung nach Anlage 1 fallindividuell darzustellen.
(Anm.: Reichen ICD-, OPS-Kodes? ASA-Kriterien? Prosa-Text?)
Im Klartext bedeutet dieses Gesetz für 2023:
Möchte ein Krankenhaus für einen Patienten Operationen aus dem AOP-Katalog
nach §301 SGB V vollstationär abrechnen, muss es bei der Rechnungsstellung
nachweisen, dass der Patient bei der Aufnahme entweder
a) mindestens einen Kontextfaktor aufweist oder
b) eine fallindividuelle Darstellung der vollstationären Indikation erhält.
Bedeutung für die Umsetzung im Krankenhaus:
Sind Sie und Ihre Mitarbeiter/-innen aus den Fachabteilungen und der Abrechnung
darauf vorbereitet? Wer entscheidet wann über die Versorgungsform?
Ab dem 15.02.2023 gestellte Rechnungen für behandelte Patienten ohne Nachweis
a) oder b) werden nach unserer Einschätzung von den Krankenkassen abgelehnt!
Und dann? Dürfen Sie den Fall nach §115b ambulant abrechnen (Anmeldung!)?
Welche Kontextfaktoren gibt es also für das Jahr 2023?
1. Patient bei Aufnahme Alter 1 bis 365 Tage und/oder
2. Patient wird beatmet > 0 Stunden nach DKR 2023 und/oder
3. Pflegegrad 4 oder 5 nach OPS-Kode und/oder
4. (Sehr) schwere Motorische/Kognitive Funktionseinschränkung
ICD U50.40/41; U50.50/51; U51.20/21/22 und/oder
5. Beidseitige OPS (2023 nur best. Augen-OP) und/oder
6. Ophtalm. Begleiterkrankungen (nur best. Augen-OP) und/oder
7. K6 2023 ICD nicht ambulant* (Erläuterung beachten!) und/oder
8. K2 2023 OPS stationär** (Erläuterung beachten!)
Und jetzt beginnt das Verständnisproblem für die Diagnosen und OPS-Kodes,
die 2023 als Kontextfaktoren dienen (sollen):
* Aus dem Bereich der sogenannten Kontextfaktoren des IGES-Gutachtens hat
man für den §115b nur die Diagnosen „ICD nicht ambulant“ herausgesucht, die
aufgrund von statistischen Auswahlkriterien in einer retrospektiven Datenanalyse
den potentiell ambulanten OPS-Kode von vorneherein ausschließen lassen.
Beispiel: Man wollte im Gutachten nicht, dass ein Patient, der aufgrund einer
Hirnblutung (ICD I61.5: Intrazerebrale intraventrikuläre Blutung) zusammenbricht
und dabei eine Handfraktur erleidet, die operativ mit einem potentiell ambulanten
OPS-Kodes versorgt wird, in die weitere Datenauswertung einfließt. Deshalb erschufen
die IGES-Gutachter/-innen einen Kontextfaktor „K6 ICD nicht ambulant“.
Dieses Tabellenblatt K6 aus dem IGES-Gutachten wurde nun (mit 2 ICD-Ausnahmen)
komplett für den AOP-Katalog 2023 übernommen, um einige andere Katastrophendiagnosen
ergänzt und verfügt über solche Diagnosen wie plötzlicher
Herztod, Beulenpest, Kammerflimmern, Botulismus und Ebola und gangränöse
Hernien, die aus besagten Gründen in dieser K.O.-Liste stehen.
[...]

Quelle: Kaysers Consilium, 12.02.2023

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