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Krankenhausreform: DKG zur Auswirkungsanalyse

DKG plädiert für Augenmaß und bringt eigenen Vorschlag in die Krankenhausreformdiskussion ein (Presseinformation).



Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bringt sich mit einem umfassenden Struktur- und Finanzierungsvorschlag in die aktuelle Debatte um eine große Krankenhausreform in Deutschland ein. Am 6. Dezember 2022 hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zusammen mit der von ihm berufenen Regierungskommission ein umfassendes Reformkonzept für
Krankenhäuser in Deutschland vorgestellt. Eine konkrete Auswirkungsanalyse dazu
hatte aber weder die Regierungskommission noch der Bundesgesundheitsminister
vorgelegt. Diese Auswirkungsanalyse hat die DKG beim Forschungsinstitut
Institute for Health Care Business (hcb) in Kooperation mit Vebeto beauftragt.

„Die Auswirkungen des demografischen Wandels erfordern mutige,
zukunftsorientierte Schritte zur Umgestaltung unseres Gesundheitswesens, nicht
nur der Krankenhausversorgung. Es ist unstrittig, dass es nicht möglich sein
wird, in den heutigen Versorgungsstrukturen die notwendigen
Gesundheitsleistungen von morgen zu erbringen. Wir werden die vorhandenen
Strukturen im ambulanten und stationären Bereich nicht unverändert lassen und
sie mit einer ausreichenden Zahl an Fachkräften ausstatten können“, sagt der
DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß.

In ihrer jetzt vorliegenden Auswirkungsanalyse hat hcb in Kooperation mit
Vebeto auf Basis öffentlich zugänglicher Daten die Vorschläge der
Reformkommission geprüft. Datengrundlage waren die Qualitätsberichte der
Krankenhäuser des Datenjahres 2020, die Notfallstufen nach den G‑BA‑Richtlinien
und eine manuelle Prüfung zur Identifikation von Fachkliniken. Auf dieser
Grundlage kommt das Institut zum Schluss, dass von den heute rund 1700
Standorten ca. 630 entweder dem neuen Level 1i zugehörig wären oder keine
Zuordnung zu einem Level bekämen. Darunter fallen viele potentielle
Fachkliniken. Etwa 830 Kliniken wären Level 1n. Würde man dies noch mit der
30-Minuten-Regel kombinieren, würden von diesen ca. 560 weitere Kliniken zu
1i-Einrichtungen. In den beiden oberen Leveln wären es nach dieser Ausführung
noch insgesamt rund 230 Krankenhäuser.

Wie groß die Auswirkungen sind, wenn die Kriterien der Regierungskommission
streng angewendet würden, zeigt sich bei der Verschiebung potentieller
Patientenströme. So müssten sich 52 Prozent aller werdenden Mütter einen neuen
Standort für die Geburt suchen. 56 Prozent der Patientinnen und Patienten in
der interventionellen Kardiologie müssten das Krankenhaus wechseln. In der
Urologie wären es 47 und in der Neurologie 39 Prozent. Andere Leistungsgruppen
hätten ähnliche Ergebnisse. „Wir werden weitere Szenarien durchspielen, um zu
sehen, welche Änderungen der Kriterien welche Auswirkungen haben, zum Beispiel
das Erreichen von Level 2, auch ohne Stroke Unit und ohne Geburtshilfe. Wichtig
scheint mir zudem, dass jede Leistungsgruppe an mindestens einem Standort
innerhalb der für die Leistungsgruppe passenden Region vorhanden ist. Darüber
hinaus brauchen wir Simulationen, um Anpassungsreaktionen der Krankenhäuser zu
antizipieren, worüber wir auch den dazu nötigen Investitionsbedarf abschätzen
können. Damit wird zudem klar, dass wir einen ausreichenden Übergangszeitraum
für die Reform benötigen“, erklärt Prof. Boris Augurzky, hcb-Geschäftsführer
und Mitglied der Regierungskommission.

„Die Auswirkungsanalyse von hcb und Vebeto hat gezeigt, dass der Vorschlag der
Regierungskommission in seiner bisherigen Fassung zu einem sehr tiefen Eingriff
in die Krankenhauslandschaft führen würde. Sehr viele Kliniken würden ihren
bisherigen Auftrag zur Patientenversorgung ganz verlieren oder müssten sehr
weitgehend umgestaltet werden. Derart massive Veränderungen würden zu
erheblichen Verwerfungen führen und sind sicher nicht erforderlich, um die
Krankenhausversorgung zukunftsfest zu machen“, sagt Gaß.

Angesichts der vorgelegten Erkenntnisse appelliert die DKG an die politischen
Akteure der Bund-Länder-Runde zur Krankenhausreform, den Umbau der
Krankenhauslandschaft mit Augenmaß und dem Blick auf die regionalen
Versorgungsbedarfe der Bevölkerung voranzubringen. „Die Einordnung der
Vorschläge der Regierungskommission als radikal und revolutionär, die der
Bundesgesundheitsminister bei seiner Präsentation am 6. Dezember 2022 selbst
vorgenommen hat, bewahrheitet sich bei der Simulation des Konzepts der
Regierungskommission. Aus unserer Sicht müssen deshalb sehr weitgehende
Anpassungen vorgenommen und Länderöffnungsklauseln eingebaut werden, um die
durchaus richtigen Grundgedanken umsetzbar weiter zu entwickeln“, erklärt
DKG-Vorstand Gaß. Diese notwendigen Anpassungen hat die DKG in ihrem Konzept
berücksichtigt. Das Konzept ergänzt aber auch in wichtigen Punkten wie
klinisch-ambulante Versorgung, Investitionsfonds und Notfallversorgung die
Überlegungen der Regierungskommission.

„Die Deutsche Krankenhausgesellschaft respektiert mit ihrem Vorschlag die
verfassungsrechtliche Zuständigkeit der Bundesländer für das wichtige Feld der
Krankenhausplanung und die Gestaltung der regionalen Versorgungsstrukturen. Wir
treffen mit unserem Konzept im Gegensatz zur Regierungskommission keine
ultimative Festlegung, welche Krankenhausstandorte fusioniert, in
Medizinisch-Pflegerische Zentren umgewandelt oder ganz vom Markt genommen
werden müssen. Wir eröffnen mit unserem Konzept Perspektiven für eine auf den
regionalen Versorgungsbedarf abgestimmte Krankenhausentwicklung in allen
Bundesländern und allen Regionen Deutschlands“, so Gaß.

Kernelemente des DKG-Konzeptes sind bundeseinheitliche Leistungsgruppen zur
Krankenhausplanung und ein länderübergreifendes Stufenkonzept zur Einordnung
der Krankenhäuser. Die Schaffung eines finanzstarken Strukturfonds, die
Einführung von Vorhaltefinanzierung, die Offensive zu klinisch-ambulanter
Patientenbehandlung und die Entwicklung Medizinisch-Pflegerischer
Versorgungszentren eröffnen in Verbindung mit dem bundeseinheitlichen
Planungsrahmen der Leistungsgruppen, erstmals seit vielen Jahren eine
realistische Perspektive zur bedarfsgerechten Umwandlung, Fusion und
Weiterentwicklung von Krankenhausstandorten. „Dieser Umbau, der im Ergebnis in
vielen Regionen auch einen Abbau vollstationärer Versorgungsstrukturen und eine
Reduzierung der Anzahl der Krankenhausstandorte bedeuten wird, muss so
gestaltet werden, dass er bei den Bürgerinnen und Bürgern keine Ängste
hervorruft, sondern in einem konstruktiven Miteinander von Politik,
Krankenhausträgern und Krankenkassen die Chancen der Veränderung aufzeigt. Es
gibt eine sehr große Veränderungsbereitschaft bei den Verantwortlichen der
Krankenhäuser, die aber nur dann in konkretes Handeln münden kann, wenn auch
klar ist, welche Zukunftsperspektiven von der Politik angeboten werden“, so
Gaß. In vielen Regionen hätten längst leistungsfähige Krankenhausstandorte mit
attraktiven Beschäftigungsbedingungen durch Fusionen entstehen können, wenn die
dafür notwendigen Investitionsmittel zur Verfügung stünden. Auch die Umwandlung
kleinerer Standorte in Medizinisch-Pflegerische Versorgungszentren ist bis
heute daran gescheitert, dass es weder einen Rechtsrahmen noch eine
Finanzierungsgrundlage dafür gibt.

Die von der Politik wiederholt geforderte Entlastung der Krankenhäuser vom
wirtschaftlichen Druck wird erst durch den Finanzierungsvorschlag der DKG
tatsächlich möglich. Indem Bund, Länder und GKV sich in angemessener Weise an
der ergänzenden Vorhaltefinanzierung, dem Aufbau eines Strukturfonds und der
Finanzierung ambulanter Leistungen an den Krankenhäusern beteiligen, kann das
System tatsächlich konsequent umgestaltet werden. „Der vor uns liegende
Transformationsprozess ist eine Investition in die Zukunft, die man nicht
allein mit einem kleinteiligen Gesetzesprozess schaffen kann“, sagt Gaß.

Wir appellieren an die Bundesländer, im Rahmen ihrer gemeinsamen Beratungen mit
dem Bund dieses Gestaltungskonzept der deutschen Krankenhäuser in all seinen
Aspekten aufzugreifen und auf Basis dieses Vorschlags gemeinsam mit den
Krankenhausträgern zukunftsfähige Versorgungsstrukturen zu entwickeln.

Die Chance ist da und die Erkenntnis bei allen Verantwortlichen gereift, dass
es mit einem mutigen politischen Konzept und einem konsensorientierten Prozess
gemeinsam gelingen kann, zukunftsfähige Strukturen für eine gute
Patientenversorgung und attraktive Beschäftigungsbedingungen in den deutschen
Krankenhäusern zu schaffen. Die Anpassung der Krankenhauslandschaft an diese
Herausforderungen ist deshalb richtig und notwendig, muss aber in der
verfassungsrechtlichen Verantwortung der Krankenhausplanung von den Ländern mit
Blick auf die Versorgungslage in den einzelnen Regionen getroffen werden. Die
Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Krankenhausgesellschaften in den Ländern
und die Krankenhausträger vor Ort sind dazu bereit.

Quelle: Presseinformation, 13.02.2023

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