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Krankenhausreform muss Versorgung in Zeiten des Fachkräftemangels sichern

Krankenhausreform: Hamburger Krankenhäuser fordern kurzfristige Maßnahmen und grundlegende Weichenstellungen (Hamburgische Krankenhausgesellschaft).



Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft (HKG) fordert anlässlich ihres Hamburger Krankenhaustages, die Krankenhausfinanzierung schnell und verlässlich zu sichern. Es besteht sowohl dringender kurzfristiger Handlungsbedarf als auch grundsätzlicher Reformbedarf des
Finanzierungssystems. Zwei Pandemiejahre lassen die Krankenhäuser wirtschaftlich und personell ausgeblutet zurück. Hinzu kommen die dramatischen Kostensteigerungen der
letzten Monate, die Krankenhäuser - anders als andere Branchen - nicht über
Preisanpassungen weitergeben können. Es bedarf als Sofortmaßnahme
schnellstmöglich eines gesetzlichen Zuschlags zum Inflationsausgleich, um die
wirtschaftliche Schieflage der Krankenhäuser nicht vollständig zum Kippen zu
bringen.

Mit der im Koalitionsvertrag angekündigten Krankenhausreform sollen
mittelfristig grundlegende Änderungen des Finanzierungssystems vorgenommen
werden. Aus Sicht der Krankenhäuser müssen dabei in erster Linie Lösungen für
die großen Kostenblöcke Personal und Investitionen gefunden werden. Die
Unterfinanzierung dieser Bereiche hat in der Vergangenheit maßgeblich den
heutigen Fachkräftemangel mit verursacht. Ein abgesicherter Budgetanteil für
Vorhaltekosten könnte wirtschaftlichen Druck insbesondere von den
Personalkosten nehmen. Die leistungsabhängige Vergütung sollte weiterhin
anteilig über DRG erfolgen. Zudem muss ein ernsthafter Bürokratieabbau in einer
Reform zwingend mitgedacht werden, um das Personal zu entlasten.

Eine Krankenhausreform wird auch nur dann erfolgreich sein, wenn eine Lösung
für eine gesicherte Investitionsfinanzierung in betriebswirtschaftlich
erforderlicher Höhe gefunden wird. Die Investitionslücke – in Hamburg 65 Mio. €
pro Jahr - trägt zur wirtschaftlichen Misere der Krankenhäuser durch
Querfinanzierung von Eigenbeteiligungen und nicht geförderten
Investitionsmaßnahmen bei.

Die Ausgangslage für die angestrebte Krankenhausreform ist denkbar schlecht.
Sie trifft auf personell und wirtschaftlich geschwächte Krankenhäuser, die
durch den unzureichenden Rettungsschirm nach mehr als zwei Jahren Pandemie
schlechter dastehen als 2019. Hier sind noch dringend Korrekturen erforderlich:
der 2%-ige Selbstbehalt der Ganzjahreserlösausgleiche 2021 und 2022, den
derzeit die Krankenhäuser tragen, muss gestrichen werden! Der
Versorgungszuschlag sollte über den 30. Juni 2022 hinaus weitergelten, da er
zielgerichtet den Krankenhäusern zukommt, die COVID-19-Patientinnen und
-Patienten behandeln und dadurch einen höheren Aufwand haben. Auch muss zeitnah
über Maßnahmen für einen möglichen Corona-Herbst nachgedacht werden, damit die
Krankenhäuser wissen, worauf sie sich einstellen können.

Die Inflation verstärkt massiv den wirtschaftlichen Druck auf die
Krankenhäuser. Die Preissteigerungen der vergangenen Monate für Energie,
Lebensmittel, Medikamente, IT-Produkte, Dienstleistungen und Medizinprodukte
u.v.m. können im Finanzierungssystem der Krankenhäuser unterjährig nicht
abgebildet, die Preise nicht erhöht werden. Daher ist kurzfristig ein
Inflationszuschlag erforderlich, um den Krankenhäusern durch das Jahr 2022 zu
helfen.

In der Pandemie ist deutlich geworden, dass die Leistungsfähigkeit der
Krankenhäuser durch die Personalausstattung begrenzt wird. Der Fachkräftemangel
ist in der Pandemie weiter gestiegen. Dieser betrifft längst nicht nur die
Pflege, sondern mit zunehmender Tendenz auch die Ärzte, therapeutische Berufe,
Hebammen und weitere Gesundheitsberufe. Daher müssen bei einer Reform alle
Berufe im Krankenhaus in den Fokus genommen werden. „Dem Fachkräftemangel kann
langfristig nur entgegengewirkt werden, wenn die Arbeitsbedingungen stimmen und
ausreichend Personal vorhanden ist. Voraussetzung hierfür ist eine
Finanzierungssicherheit für dieses Personal“, so Joachim Gemmel. „Beim
Pflegebudget gab es die politische Zusage für eine vollständige Finanzierung
der Pflege am Bett, doch wir erleben in den Budgetverhandlungen etwas völlig
anderes. Außerdem müssen wir durch die schleppenden Verhandlungen die Kosten
für die Pflege über Jahre hinweg teilweise vorfinanzieren. Daher setzen wir uns
für einfachere und berufsgruppenübergreifende Regelungen ein, die weniger
Abgrenzungsfragen und Streit verursachen.“ Das Pflegebudget könne daher nur ein
Instrument des Übergangs zu einer neuen Finanzierungsform des Personals sein,
so Gemmel weiter.

Für die Betriebsbereitschaft und Leistungsfähigkeit eines Krankenhauses ist
eine Mindestausstattung von Personal aller Berufsgruppen Voraussetzung. Für die
Pflege wird diese Mindestbesetzung den Krankenhäusern seit Jahren durch die
Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PPUGV) vorgeschrieben. Die Hamburgische
Krankenhausgesellschaft schlägt vor, dass die Kosten für das betriebsnotwendige
Personal aller Berufsgruppen einschließlich der Pflege sowie weitere Fixkosten
als Vorhaltekosten zu betrachten seien. Diese sollten zukünftig durch ein
garantiertes Grundbudget finanziert werden. Der leistungsbezogene
Finanzierungsanteil wäre weiterhin durch eine anteilige DRG zu vergüten.

Eine regelhafte Anpassung des Personalkostenblocks im Zeitverlauf an die
aktuelle Tarifentwicklung müsse gewährleistet sein.

Ein erster Einstieg in eine solche Vorhaltefinanzierung wurde bereits mit den
Pauschalen für die Notfallversorgung gemacht. Diese sind mit der Anerkennung
der Notfallstufen des G-BA beim jeweiligen Krankenhaus verknüpft und sollen dem
hohen Anteil an Vorhaltekosten in den Notaufnahmen unterstützend Rechnung
tragen. „Daran kann man anknüpfen“, so Gemmel, „wenn man Vergütung an
Strukturen koppeln möchte.“. Auch krankenhausplanerische Tatbestände könnten
als Voraussetzung für pauschale Finanzierungskomponenten herangezogen werden.

Eine Krankenhausreform ist eine große Chance für einen ernsthaften
Bürokratieabbau. Fast die Hälfte der Arbeitszeit verbringen Ärzte, Ärztinnen
und Pflegekräfte mit patientenfernen Tätigkeiten, viele davon nur aus Gründen
der Erlössicherung in den Abrechnungsprüfungen, Qualitätskontrollen und
Strukturprüfungen des Medizinischen Dienstes. „Eine Reform des
Finanzierungssystems bietet die einmalige Chance, einen Großteil dieser
Kontroll- und Misstrauensbürokratie über Bord zu werfen und das medizinische
und pflegerische Fachpersonal wieder für die Arbeit an den Patienten
freizubekommen, eine einfache Maßnahme gegen den Fachkräftemangel“, so Gemmel.

Auf eine tragfähige Lösung warten die Krankenhäuser seit langem in der
Investitionsfinanzierung der Länder. Jahr für Jahr verbleibt den Krankenhäusern
eine Eigenbeteiligung, in jedem Land unterschiedlich hoch, bundesweit von 3,2
Mrd. € pro Jahr, in Hamburg von 65 Mio. € pro Jahr. Dies können Krankenhäuser
nur durch Querfinanzierung aus den ohnehin schon defizitären Betriebserlösen
leisten. Ohne eine Lösung für eine verlässliche Investitionsfinanzierung in
betriebswirtschaftlich notwendiger Höhe von ca. 8 % des Umsatzes wird eine
Krankenhausreform nicht langfristig erfolgreich sein können. Möglicherweise
kann diese Lücke nur durch eine zusätzliche Finanzierungsquelle in einer
zwischen Bund und Ländern geteilten Verantwortung geschlossen werden.

Quelle: Hamburgische Krankenhausgesellschaft, 16.06.2022

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