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AOK Hessen ignoriere den Willen des Gesetzgebers und gefährde damit die Schlaganfallversorgung in Hessen

AOK Hessen ignoriere den Willen des Gesetzgebers und gefährde damit die Schlaganfallversorgung in Hessen (Hessische Krankenhausgesellschaft).



Verschiedene Krankenkassen, insbesondere die AOK Hessen, fordern Vergütungen für Schlaganfallbehandlungen in Millionenhöhe zurück, obwohl der Gesetzgeber genau dies mit dem laufenden
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz verhindern wollte. „Was derzeit in Hessen vorgeht, ist ungeheuerlich. Offensichtlich nehmen es einige
Krankenkassen und insbesondere die AOK Hessen bewusst in Kauf, die in vielen Jahren
aufgebauten Netze zur Schlaganfallbehandlung in Hessen aus rein wirtschaftlichen
Erwägungen zu gefährden oder gar zu zerstören“. Dies ist die Reaktion des Präsidenten der
Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG), Prof. Dr. Dr. Reinhard Wabnitz, auf die
Ankündigung der AOK Hessen, von vielen Krankenhäusern kurzfristig Millionenbeträge
zurückzufordern bzw. zu verrechnen. Seit Wochen sehen sich hessische Krankenhäuser mit
Rückforderungen verschiedener Krankenkassen für Behandlungsfälle seit 2014 konfrontiert,
die längst abgeschlossen und bezahlt waren und zum Teil auch vom Medizinischen Dienst
der Krankenversicherung (MDK) ohne Beanstandungen überprüft worden sind.
Als Begründung verweisen die Krankenkassen auf ein sehr umstrittenes Urteil des
Bundessozialgerichtes (BSG) aus dem Juni dieses Jahres, in dem das BSG den Begriff
„halbstündige Transportentfernung“ völlig überraschend neu interpretiert hat. Als
Voraussetzung zur Abrechnung einer Schlaganfallbehandlung über eine sogenannte
Komplexpauschale muss jede behandelnde Schlaganfalleinheit (Stroke Unit) über
Kooperationsvereinbarungen mit Kliniken, die eine Abteilung für Neurochirurgie und
Neuroradiologie vorhalten, sicher stellen, dass diese speziellen Abteilungen mit dem
schnellsten Transportmittel innerhalb von 30 Minuten erreichbar sind, wenn das
Krankenhaus diese Abteilungen nicht selbst vorhält. Dieses Kriterium wurde in der

Vergangenheit in allen Einrichtungen in Hessen mehrfach mit positivem Ergebnis überprüft,
da alle Beteiligten davon ausgegangen sind, dass mit der „halbstündigen
Transportentfernung“ die Zeit im Transportmittel, also Rettungswagen oder Hubschrauber,
gemeint ist. Das BSG war aber -nicht nachvollziehbar- zu der Auffassung gelangt, dass die
Zeit bereits mit der Entscheidung, dass eine Verlegung stattfinden muss, also schon bevor
das Rettungsmittel bestellt wurde, zu laufen beginne.
Das für die Definition von Qualitätsanforderungen im Krankenhausbereich zuständige
Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), eine Behörde
im Verantwortungsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), hat
zwischenzeitlich klargestellt, dass unverändert mit der halbstündigen Transportentfernung
die Zeit gemeint ist, die der Patient im Transportmittel verbringt. Unbeschadet dessen
fordern einige Krankenkassen - zum Teil ohne weitere Nachprüfungen- von Krankenhäusern,
die in komplexen Fällen Schlaganfallpatienten weiter verlegen müssen, die Vergütung für
alle (!) Schlaganfallpatienten vier Jahre rückwirkend, also ab 2014, zurück.
Auch der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat mehrfach betont, dass das in Rede
stehende Urteil des BSG keine Auswirkungen auf die Vergangenheit haben kann, um nicht
die allgemeine Schlaganfallversorgung in den Flächenländern zu gefährden. Als
Gegenmaßnahme und zum Vertrauensschutz der Krankenhäuser ist in dem laufenden
Gesetzgebungsverfahren zum Pflegepersonal –Stärkungsgesetz (PpSG) eine Verkürzung der
Verjährungsfrist für Forderungen und insbesondere für Rückforderungen von Krankenkassen
vorgesehen. Trotzdem halten die Kassen an ihrer Vorgehensweise fest und versuchen, noch
vor Inkrafttreten des Gesetzes vor Jahren gezahlte Gelder zurück zu holen. Während manche
Kassen zunächst Nachweise eingefordert haben oder den gesetzlich vorgesehenen Klageweg
einhalten, hat die AOK Hessen den Krankenhäusern in der letzten Woche angekündigt, dass
sie die bezahlten Vergütungen für die Altfälle von 2014 bis 2016 ohne weitere Prüfung von
den aktuell offenstehenden und noch kommenden Rechnungen der Krankenhäuser absetzen
wird, auf deren Begleichung diese aus Liquiditätsgründen jedoch dringend angewiesen sind.
Zugleich verlagert damit die AOK Hessen das wirtschaftliche Risiko bis zu eventuellen
Gerichtsentscheidungen auf die Krankenhäuser. Derzeit bekannte Einzelforderungen liegen
zwischen 300.000 Euro und 1,3 Mio. Euro pro Haus. Nach aktueller Schätzung wird der
Gesamtbetrag für AOK-Patienten hessenweit bei über 10 Mio. Euro liegen.
Aus Sicht der Krankenhäuser wird damit ein nicht akzeptables Verständnis für die
Wahrnehmung der Versorgung der Patienten und Versicherten deutlich. „Offensichtlich geht
es der AOK Hessen nicht mehr um eine gute Versorgung ihrer Versicherten gerade in solch
lebensgefährlichen Situationen eines Schlaganfalls, bei denen es auf jede Minute ankommt.
Offenbar geht es ausschließlich um das Eintreiben von Geldern. Den Verantwortlichen
müsste eigentlich sehr wohl bewusst sein, dass sie mit ihrer Vorgehensweise gerade die
Schlaganfalleinheiten in ländlichen Regionen gefährden, denn dort sind die
Transportentfernungen naturgemäß länger“, ergänzt der Geschäftsführende Direktor der
HKG Rainer Greunke.
Für die Erstversorgung von Schlaganfallpatienten ist es besonders wichtig, dass sie sehr
schnell in einer Stroke Unit versorgt werden können, um größerer Folgeschäden durch den
Schlaganfall zu vermeiden. Diese Strukturen wurden in Hessen in den letzten Jahren
geschaffen – nicht nur in Ballungsräumen, sondern auch in den ländlichen Regionen Nord- und
Osthessens ebenso wie im Vogelsberg und im Odenwald. Insgesamt stehen 31 Stroke
Units in Hessen zur Verfügung - einschließlich der zehn großen Krankenhäuser in Hessen, die
neben der Stroke Unit auch Spezialabteilungen für Neurochirurgie und Neuroradiologie
vorhalten. Über 50% der Hirninfarkte in Hessen werden jedoch in den Stroke Units der
übrigen 21 Häuser erstversorgt. Weniger als 2% aller Schlaganfälle müssen bisher aufgrund
der Komplexität der Erkrankung in die zehn großen Häuser weiter verlegt werden. Werden
die Standorte in den ländlichen Regionen faktisch nicht weiter finanziert bzw. in den
finanziellen Ruin getrieben, müssten 98% ihrer Schlaganfallpatienten schon zur
Erstversorgung weiter transportiert werden und wären auf diesen Transporten einem
erhöhten gesundheitlichen Risiko ausgesetzt.
Die klare Forderung des Präsidenten der Hessischen Krankenhausgesellschaft, Prof. Dr. Dr.
Reinhard Wabnitz, an die Krankenkassen, insbesondere an die AOK Hessen, lautet deshalb:
„Stoppen Sie im Interesse der dringend behandlungsbedürftigen Patienten sofort diese
rechtswidrige, unsachgemäße und existenzgefährdende Rechnungskürzungskampagne!“
Die HKG – Ein Kurzporträt
Die Hessische Krankenhausgesellschaft e.V. (HKG) ist der Dachverband der Krankenhausträger in
Hessen, in dem 160 Akutkrankenhäuser des Landes mit zusammen rd. 36.000 Krankenhausbetten
und einer Gesamtbeschäftigtenzahl von knapp 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
zusammengeschlossen sind. Die HKG ist Interessenvertretung der Krankenhäuser in der
gesundheitspolitischen Diskussion, nimmt gesetzlich übertragene Aufgaben im Gesundheitswesen
wahr und unterstützt ihre Mitglieder durch individuelle Beratung

Quelle: Hessische
Krankenhausgesellschaft
, 12.11.2018

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